FOR THE PEOPLE
FOR EDVCATION
FOR SCIENCE
LIBRARY
or
THE AMERICAN MUSEUM
OF
NATURAL HISTORY
✓
Centralbiatt
für
Mineralogie, Geologie und Paläontologie
in Verbindung mit dem
Neuen Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie
herausgegeben von
M. Bauer, Fr. Frech, Th. Liebisch
in Marburg, in Breslau, in Berlin.
Jahrgang 1913.
Mit zahlreichen Figuren im Text.
STUTTGART.
E. Schweizerbart’sclie Verlagsbuchhandlung
Nägele & Dr. Sproesser
1913.
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Alle Rechte, auch das der Übersetzung, Vorbehalten.
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Druck der K. Hofbuchdruckerei Zu Gutenberg (Klett Hartmann), Stuttgart.
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Inhalt.
Original-Mitteilungen an die Redaktion.
Seite
Ändert. Hermann: Inoceramus inconstans Woods und verwandte
Arten. Mit 2 Textfignren 278. 295
Andree, K.: Reine Translation oder abnorme Knickung beim Stein-
salz ? 696
Arrhenius, Sv ante: Widerlegung der physikalischen Einwände
gegen die Kohlensäuretheorie 582
Backlund, Helge: Ueber chemische Veränderungen in mechanisch
deformierten Gesteinen 593. 634
Balss, Heinrich: Ueber fossile Galatheiden. Mit 1 Textiigur . 155
Bauer, Max: Berichtigung 25
Baumhauer, H. : Ueber die goniometrischen Verhältnisse, Aetz-
erscheinungen und Symmetrie des Natroliths. Mit 7 Textfiguren 304
Beger, P. J. : Lamprophyre im Lausitzer Granitmassiv 457
B e re k , M. : Zur Messung der Doppelbrechung hauptsächlich mit Hilfe
des Polarisationsmikroskops. Mit 7 Textfiguren . . 388. 427. 464
— Berichtigung und Nachtrag zu meiner Mitteilung „Zur Messung
der Doppelbrechung usw.“ 580
Berichtigung 192. 288
Beut eil, A. : Die Zersetzung des Hauerits an der Luft und die da-
durch hervorgerufene Einwirkung auf Silber und Kupfer. Mit
3 Textfiguren 758
Boeke, H. E: Bemerkung über die Theorie von J. Johnston bezüg-
lich des Verhaltens fester Stoffe unter ungleichförmigem Druck 321
Born, Axel: Ueber neuere Gliederungsversuche im estländischen
höheren Untersilur 712
Brouwer, H. A. : Neue Funde von Gesteinen der Alkalireihe auf
Timor 570
Busz, K. und F. W. Rüsberg: Mineralogisch-chemische Unter-
suchungen an Olivin- und Melilithkristallen in Hochofen-
schlacken 625
Cornelius, H.P. : Geologische Beobachtungen im Gebiete des Forno-
gletschers (Engadin) 246
D e e c k e , W. : Georg Böhm f 289
— Paläontologische Betrachtungen. III. Ueber Echinoiden . 498. 526
Diener, C. : f Friedrich Teller 119
Doelter, C. und E. Dittler: Bauxit oder Sporogelit? 193
Doss, Bruno: Das Vorkommen von freiem Schwefel in Sapropelen 490
— Ueber die Herkunft des Naturgases auf der Insel Kokskär
im Finnischen Meerbusen nebst Bemerkungen über die Ent-
stehung der Insel 601
Endeil, K.: Ueber Granatamphibolite und Eklogite von Tromsö
und vom Tromsdaltind. Mit 1 Textfigur 129
— Ueber die Entstehung tertiärer Quarzite bei Herschbach im
Westerwald 676
Erdmannsdörffer. 0. H. : Ueber Koenenit von Sarstedt. Mit
1 Textfigur 449
Fischer, Herrn.: Ein mariner (?) Oolitli aus Zentralafrika . . 112
Freudenberg, W. : Flephas primigenius Fraasi Dietrich und die
schwäbische Hochterrasse 475. 646
Friedländer, Immanuel: Ueber vulkanische Erscheinungen am
Aetna und in Japan 379
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M!> <0
Sette
Gaäl, St. v.: Kurze Antwort auf den PÄVAi’schen (?) Artikel (Sar-
matischer Dacittuff etc.) 405
Gagel, C. : Ueber das Alter der Moräne am Emmerleff-Kliff und die
Beweiskraft der „Leitgeschiebe“ für das Alter der Moränen . 215
Gans, R. : Ueber die chemische oder physikalische Natur der kolloidalen
wasserhaltigen Touerdesilikate . . . . • 699. 728
Geinitz, E. : Zur Verdeutschung des Wortes „Drumlin“ 676
Goldschmidt, V.: Ueber Indikatoren zur mechanischen Gesteins-
analyse und spezifischen Gewichtsbestimmung . • 39
Goldschmidt, V. M , J. Rekstad, Th. Vogt: Zu Herrn J oh.
Koenigsberger’s geologischen Mitteilungen über Norwegen . 324
Grünling, F.: Maucherit Ni3 As2, ein neues Nickelmineral aus den
Kobaltrücken des Mansfelder Kupferschiefers 225
Heeger, W. : Ueber die mikrochemische Untersuchung fein ver-
teilter Carbonate im Gesteinsschliff 44
Hennig, Edw. : Ueber Urgon in Deutsch-Ostafrika 81
He ritsch. Franz: Melongena Deschmanni R.Hoernes — Melongena
Botlcyana J. Knett 303
— Zur Geologie des Jesenkoberges (Westlicher Bacher) .... 610
— Die zeitliche Trennung der Deckenschübe in den Ostalpen . . 614
Hoel, Adolf: Notiz zu K. Schneider: „Die vulkanischen Erschei-
nungen der Erde“ 498
Hoffmann, Guido: Vergleich des unteren Dogger im Schwäbischen
Jura mit dem von Hannover. Mit 1 Textfigur 470
Hopmann, P. Michael: Einige Bemerkungen über die Einschlüsse
im Leucit-Tuff der Kappiger-Ley • 722
Horn, Max: Vorläufige Mitteilung über den ladinischen Knollenkalk-
komplex der Südalpen 508
Hundt, Rudolf: Die Eiszeit im Frankenwalde. Mit 5 Textfiguren 146
— Eine Ergänzung zu „Organische Reste aus dem Untersilur
des Hüttchenberges bei Wünschendorf an der Elster“ 180
Huene, Friedrich von: Ad notam 480
— Ueber die reptilführenden Sandsteine bei Eigin in Schottland 617
Jooss, Carlo H. : Ueber Limnaea ( Limnaea s. str.) turnt a Klein
emend. Jooss. Mit 8 Textfiguren 58
Kaiser, E.: Ueber die ARRHENics’sche Theorie der Eiszeiten . . . 769
Kaemmerer, Paul: Versuch zu einer neuen Deutung der Struktur
des Meteoreisens von Carthage (Tennessee). Mit 6 Textfiguren 17
— Weitere Studien über die Struktur des Meteoreisens von Car-
thage (Tennessee). Mit 6 Textfiguren 261
Kessler, P.: Zur jüngeren geologischen Geschichte der Bitliynischen
Halbinsel 1
Killig, Fr.: Ueber eine Umwandlung von Phyllit in ein dichtes
Paragonitgestein von der Korundlagerstätte am Ochsenkopf in
Sachsen 203
Kittl, Erwin: Beobachtungen an geschmolzenem Bronzit. Mit
1 Textfigur 450
Koen igs b e r g e r , J. : Nachtrag zur Notiz über einen anortbositi-
schen Gneis von Norwegen 25
— Antwort auf die Bemerkungen der Herren V. M. Goldschmidt,
J. Rekstad, Th. Vogt 520
— Notiz über kristalline Schiefer in Spanien 642
Kormos, Th.: Kleinere Mitteilungen aus dem ungarischen Pleistocän 13
— Zur Kenntnis der Pleistocänablagerungen in der Umgebung von
Tata (Ungarn) 109
Kowarzik, Rudolf: Ueber zwei neue bisher nicht beschriebene
Funde des Moschusoclisen aus dem belgischen Diluvium . . . 178
Inhalt.
V
Seite
Kraus, E. H. und C. W. Cook: Die Kristallformen des Jodyrits
von Tonopah, Nevada 385
Laub mann, 11 : Ueber Pseudomorphosen von Quarz nach Kalkspat
aus den Flußspatgängen am Wölsenberg in der Oberpfalz . . 353
Lazarevic, M. : Zu Tüöan’s „Bauxitfrage“ 258
— Nochmals „Zu Tlcan’s Bauxitfrage“ . . • 600
Leidhold, CI.: Ueber angeblich gegenwärtige tektonische Be-
wegungen in der Insel Hiddensee (Rügen) 139
Ueber ein Vorkommen von Fossilien in den Hunsrückschiefern
der Gegend nördlich von Oberstein 652
Leitmeier, H.: Bemerkungen über die Unterschiede in den Angaben
von Schmelzpunkten der Silikate 513
Löffler, Richard: Ergänzende Beiträge zur Kenntnis des Grund-
gebirges im Ries 752
Maier, W. : Berichtigung über die korundhaltigen Hornfelse der
Kontaktzone des 11t. Tibidabo bei Barcelona 26
Mare es, Friedrich v. : Jura und Kreide in der Umgegend von
Sarstedt. Mit einer geologischen Skizze 346
Meyer, Erich: Die Diskordanz diluvialer Ablagerungen im Sam-
land und im Fläming 561
Meyer, Hermann L. F. : Kalkalgen im Wellenkalk der Rhön . . 402
— Ueber den Zechstein im Spessart und Odenwald. Mit einer
Kartenskizze 742
Michel, H. : Der Klinoenstatit der Meteoriten 161
— Ueber das Auftreten von Rhönitbasalten im Böhmischen Mittel-
gebirge. Mit 2 Textliguren 195
— Urausscheidungen und Einschlüsse im Sodalithsyenit von der
Hradlischka westlich Großpriesen a. d. Elbe 767
Mitteilungen aus dem Mineralogischen Institut der Universität Bonn :
20. Hopmann, P. Michael: Einige Bemerkungen über die
Einschlüsse im Leucit-Tuff der Kappiger-Ley 722
Monsen, Astrid: Ueber die Packung tertiärer, diluvialer und
rezenter Sande und das Porenvolumen von Sandsteinen . . . 242
Mügge, 0.: Ueber die Größenordnung der Gravitations-Anisotropie
in Kristallen. Mit 1 Textfigur 33
— Zweckmäßige Indikatoren aus Glas 133
Mylius, H.: Entgegnung an A. Tornquist. Mit 1 Textfigur . . . 252
Nacken, R. : Vergleich der optischen und der thermischen Methode
zur Bestimmung von Schmelztemperaturen. Mit 2 Textfiguren 328
Naumann, M. : Knickung der Würfelfläche bei Steinsalz als eine
Folge „reiner“ Translation. Mit 1 Textfigur 698
Noetling, Fritz: Die Packung losen Sandes 681
01 bricht, K. : Neue Beobachtungen im Diluvium der Umgebung
von Hannover. Mit 6 Textfiguren 51
Oppenheim, Paul: Zur Altersfrage des bei Teschen am Karpathen-
rande überschobenen Tertiärs 85
Osann, A.: Petrochemische Untersuchungen. I. Teil. Mit 4 Text-
figuren 481
Pävai-Vajna, Franz von: Ueber sarmatischen Dacittuff in
der Umgebung von Nagyenyed nebst einigen Bemerkungen zur
Arbeit des Herrn St. Gaal. Mit 3 Textfiguren .... 164. 209
Quiring, H. : Eifeldolomit und alttriadisclie Verebnung 269
Rack, Georg: Beiträge zur Petrographie von Flores. Mit 2 Text-
figuren 134
— Ueber das gegenseitige Verhalten des Zinnchloriirs und der
Chloride des Kaliums und Natriums beim Kristallisieren aus
dem Schmelzfluß. Mit 2 Textfiguren 373
VI
Inhalt.
Seite
Renz, Carl und Fritz Frech: Beiträge zur Geologie von Hellas
und der angrenzenden Gebiete. 20. Carl Renz: Geologische
Studien im Artemisiongebirge (Grenze von Arkadien und Argolis) 338
— Beiträge zur Geologie von Hellas und der angrenzenden Ge-
biete. 22. Carl Renz: Geologische Untersuchungen in Epirus 534
Rose, H. : Ueber die kristallographische Orientierung von Muscovit-
spaltungsplatten mit Hilfe der Biegungs- und Aetzfiguren. Mit
2 Textfiguren 657
Rosic.ky, V. und St. J. Thugutt: Epidesmin, ein neuer Zeolith 422
Rüsberg, F. W. : Ueber Augit und Wollastonit in Hochofenschlacken 689
Schneider, Karl: Die vulkanischen Erscheinungen der Erde . . 102
Schöndorf, Fr: Ueber positive Strandverschiebungen im Oberen
Jura des südöstlichen Deisters 438
Schroeder, Henry: Das Vorkommen der Gattung Lophiodon in
der Braunkohle Sachsens . 351
Schumoff-Deleano, Vera: Einige Versuche über das Zusammen-
kristallisieren von Diopsid und Jadeit. Mit 1 Textfigur . . 227
Schwa rtz, Friedrich: Ueber das Auftreten des Geruches beim
Reiben von Mineralien 660
Schwarz, M. v. : Zwei neue Modelle der Dichtebestimmungsivage.
Mit 1 Textfigur 565
Sch wiet ring, Fr.: Bemerkungen zu den Untersuchungen von
C. Viola über die Totalreflexion des Lichtes an einem Kristall 577
Semper, Max: Berichtigung 27
— Zur eocänen Geographie des nordatlantischen Gebiets .... 234
Sigmund, Al.: Anatas in den Niederen Tauern 666
Simionescu, J. : Megcdosaunis aus der Unterkreide der Dobrogea
(Rumänien). Mit 1 Textfigur 686
Slavik, F. : Adolf Hofmann f 721
Sokol, R. : Ueber das Sinken der Elbe-Ebene in Böhmen während
der Diluvial- Akkumulation. Mit 2 Textfigureü 91
— Nachtrag zu „ Ueber das Sinken der Elbe-Ebene etc.“ .... 122
So eil n er, J. : Ueber das Auftreten von Essexit im Kaiserstuhl . . 230
— Ueber Leucitneplielintinguaitporphyr aus dem Kaiserstuhl . . 367
Spengler, E : Einige Bemerkungen zu E. Haug: Les nappes de
charriage des Alpes calcaires septentrionales, 3 eme partie,
le Salzkammergut 272
— Der angebliche Hauptdolomit bei Gosau 616
— Zur Systematik der obercretacischen Nautiliden 115
Stahl, W. : Pisolithe. Mit 1 Textfigur 337
Stremine, H. : Ueber das Verhalten des Cimolits vor dem Lötrohr
mit Kobaltsolution. Entgegnung an St. J. Thugutt .... 313
Tep p n e r , Wilfried: Testudo Eiedli R. Hoerxes. Mit 1 Textfigur 381
Thiel, G. : Ueber das Vorkommen von Kohlensäure in Kohlenflözen 683
Tschirwinsky, W. : Zur Frage über die Identität des Podolits
und Dahllits. Mit 1 Textfigur 97
Tue an, Fran: Zur Bauxitfrage 65
— Zu Tucan’s „Bauxitfrage“ 387
— Bauxit in neuem Licht 495
— Zur Kenntnis des mehligen Siliciumdioxyds von Milna auf der
Insel Braö in Dalmatien mit besonderer Berücksichtigung der
Bauxitfrage. Mit 3 Textfiguren 668
— Zur Wherry’s Nomenklatur • 768
— Wieder „Zu Tuüan’s Bauxitfrage“ 768
Uhlig, J. : Ueber das Löslichkeitsschema KCl, MgCL und Wasser
(Carnallitscliema) bei 50°. Mit 1 Textfigur 417
van der Veen, A.L. W.E.: Die Beweglichkeit d. Silbers in Zinnobererde 257
Inhalt.
VII
Seite
Yolz, W. : Oberer Jura in West-Sumatra. Mit 5 Textfiguren . . 753
Wagner. Georg: Beiträge zur Kenntnis des oberen Hauptmuschel-
kalks in Elsaß-Lothringen. Mit einer Kartenskizze . . .551. 584
Walther, Karl: Ueber ein Vorkommen von Epidotadinole und
gefritteten Sedimenten aus dem Süden der Republik Uruguay.
Mit 2 Textfiguren 68
Weber, M. : Beispiele von Priinärschieferung innerhalb der böhmi-
schen Masse. Mit 2 Textfiguren 772
Wept'er, E.: Ueber das Vorkommen von „ Cyprina islandica “ im
Postpliocän von Palermo. 173
Westphal, Otto: Beitrag zur Kenntnis der optischen Verhältnisse
des Periklas. Mit 1 Textfigur 516
Wetze 1. W. : Untersuchungen über das Verhältnis von Chalcedon
und Quarzin zu Quarz 356
Wlierry, Edgar T. : Zur Nomenklatur der Mineralvarietäten und
Kolloidmineralien 518
Wich mann, Arth.: Ueber sogen. Pisolithe aus dem Mansfelder
Flüzgebirge 457
Wilckens, Otto: Zur Benennung der alpinen Ueberschiebungs-
decken 435
Wulff, Georg: Grundlagen der Kristallröntgenogrammetrie. Mit
2 Textfiguren 260
Zimmermann, Ernst: Die Culmfauna von Hagen i. W. Einige
Bemerkungen zu dem gleichlautenden Aufsatz des Herrn Nebk 397
Neue Instrumente und Beobachtungsmethoden.
Berek, M. : Mineralogischer Demonstrationsapparat. Mit 3 Text-
figuren 181
Korr eng, E. : Ueber die Herstellung von Dünnschliffen und Dauer-
präparaten aus salzartigen, aus dem Schmelzfluß kristallisierten
Stoffen 408
Leiss, C : Mineralogisches Demonstrationsmikroskop mit Tischrevolver.
Mit 2 Textfiguren 558
Miigge, 0.: Bemerkungen zum Wiilfing’schen Demonstrationsmodell
für einfache Schiebungen 123
Wülfing, E. A. : Demonstrationsmodell für sogen, einfache Schie-
bungen. Mit 6 Textfigureu 28
Besprechungen.
Abderhalden, Emil: Fortschritte der naturwissenschaftlichen
Forschung 592
Beckenkamp, J. : Statische und kinetische Kristalltheorien. Erster
Teil: Geometrische Eigenschaften der Kristalle und deren Ver-
anschaulichung durch geometrische Strukturbilder 413
Brauhäuser, M. : Die Bodenschätze Württembergs 191
Brauns, R. : Mineralogie • 288
Cohen. Ernst: Jacobus Hekricus van’t Hoff. Sein Leben und
Wirken 285
Doelter, C. : Handbuch der Mineralchemie 160. 688. 784
Dreher, 0.: Das Färben des Achats 319
Duparc, Louis et Alfred Mounier: Traite de technique minera-
logique et petrographique 656
Farrell, J. H. : Practical Field Geology, including a Guide to the
SightRecognition of One Hundred Twentv Common or Important
Minerals by Professor A. .1. Moses 352
Gratacap, L. P. : A Populär Guide to Minerals 128
VIII Inhalt.
Seite
Günther, C. Godfrey: The Examination of Prospects 352
Henniger, Karl Anton: Die Metalle nach Vorkommen, Gewin-
nung, Verwendung und wirtschaftlicher Bedeutung 224
van’t Hoff, J. H.: Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse
der ozeanischen Salzablagerungen, insbesondere des Staßfurter
Salzlagers 286
Lewis. J. Volney: Determinative Mineralogy with Tables for the
Determination of Minerals bv Means of their Chemical and
Physical Cliaracters 320
Lienau, Detlev: Die Entstehung der Ackerböden, erläutert an
den geologisch- agronomischen Verhältnissen in der Provinz
Sachsen , im Herzogtum Anhalt und in den Thüringischen
Staaten 287
Linclc, Gottlob: Grundriß der Kristallographie für Studierende
und zum Selbstunterricht 592
Phillips, Alexander H. : Mineralogy. an Introduction to the
Theoretical and Practical Study of Minerals 127
Rinne, F. : Allgemeine Kristallographie und Mineralogie 591
— Elementare Anleitung zu kristallographisch-optischen Unter-
suchungen vornehmlich mit Hilfe des Polarisationsmikroskops 318
Rogers, Austin F. : Introduction to the Study of Minerals . . . 624
Sigmund, Alois: Die mineralogische Abteilung 512
Wein schenk, E. : Petrographisches Vademecum 688
Versammlungen und Sitzungsberichte.
Londoner Mineralogische Gesellschaft 126. 189. 412. 590
Miscellanea.
Akademische Ferienkurse in Hamburg. Vom 24. Juli bis 6. Aug. 1913 384
Beschluß der akademischen Behörden der schwed. Universität Lund,
um die Mittel zur Erbauung eines neuen Geolog, meteorol.
Institutes in Lund heim schwedischen Reichstag nachzusuchen 720
Ferienkurse Jena. Vom 4.— 16. August 1913 224
Geologische Aufnahme des Duppauer Gebirges im nordwestl. Böhmen 448
Personalia.
Baltzer, A
. . . 720
Ivoert, W
. . . 256
Böhm, G.
. . . 224
Kossmat, F.
. . . 688
Cellier, J. S.
. . . 352
Laspeyres, H. ....
. . . 512
C'boffat, P
. . . 784
Pompeckj, J. F. ...
Corstorphine, G. S. . .
. . . 352
Potonie, H
. . . 784
Credner, H
. . . 512
Redlich, K.
Dyhrenfurth, G. ...
. . . 752
Riemann, K
. . . 256
Fleury, E
. . . 784
Rimann, E
. . . 64
Fuchs, A
. . . 256
Salomon, W
. . . 320
Haas, H
. . . 592
Slavik. F
. . . 288
Hennig, E.
. . 384
Stille. H
. . . 352
Hibsch, J. E.
. . . 448
Sustschinsky, P. P. . .
Holzapfel, E
. . . 416
Volz, W.
. . . 192
Jezek, Boh
. . . 288
Weigel. 0
. . . 160
Keßler, P
. . . 96
Wilckens, 0.
. . . 512
Kit tl, E
. . . 384
Zambonini. F
. . . 784
König, G. A
. . . 192
Druckfehlerberichtigung
128. 320
Sachregister.
IX
Sachregister
zum Centralblatt für Mineralogie etc. 1913.
Die Original-Mitteilungen sind kursiv gedruckt.
Achat, Färbung 319.
Achsenwinkel, optischer, Bestimmung
in Dünnschliffen 190.
Ackerböden, Entstehung 287.
Adinole, Uruguay, südl., Epidot- 68. 77.
.1 dular. St. Gotthard. Schmelztemperatur
333.
Albit, Pfitschial, Schmelztemperatur 333.
Alkalitrachyt, Timor 571.
Allgäuer Juraklippen 252.
Alpen
1 'berschiebungsdecken 435.
nördliche Kalk-, Decken 272.
östliche zeitliche Trennung der Decken-
schübe 614.
südliche, ladinischer Knollenkalkkom-
plex 508.
Älttriadische Verebnung und Eifeldolo-
mit 269.
Aluminatsilikate, kolloidale wasserhaltige,
chemische oder physikalische Natur
700. 728.
Amphibolit, Tromsö und Tromsdaltind,
Granat- 129.
Anatas, Gatschiberg im Sölktal, Niedere
Tauern 666.
Andalusit, Kappiger-Ley, Einschluss im
Leucittuff 723.
Andesit
Flores, Augit-, Augit-Olivin- und
Hypersthen-Augil 135.
Jesenkoberg, (Westl. Bacher) 611.
Anisotropie. Gravitation s-, der Kristalle,
Größenordnung 33.
Anorthit. Schmelztemperatur 331.
Anorthositischer Gneis, Norwegen 25.
Aniozonit, Wölsenberg (Oberpfalz) 353.
Apparat zu mineralogischen Demonstra-
tionen 181.
siehe auch Polarisations mikroskop.
Aragonit, Mansfeldcr Flözgebirge, in
Pisolithen 337.
Archosuchier, siehe Pseudosuchier.
Arrhenius’ Theorie der Eiszeiten 582.
769.
Artenbildung durch pseudospontane Eco-
lution 27.
Artemisiongebirge, Hellas 338.
Ätzfiguren am Muscovit, zur kristallo-
graphischen Orientierung 657.
Aufschmelzungszone der Erdkruste 326.
521.
Augit in Hohofenschlacken 689.
JBasall
Hessen 25.
Böhmisches Mittelgebirge, Bhönit 195.
Uruguay, südl., und Kontakt 70.
Bauxit
Definition 495.
Natur 65.
kroatischer Karst 258. 387. 600. 768.
und Sporogelit 193.
Bauxitf rage und mehliges Si02 von Milna
Insel Bra£, Dalmatien 668.
Bestimmende Mineralogie von J. Yoi-
ney Lewis 320.
Biegungsfigur, siehe Druckfigur 657.
Bithynische Halbinsel, Geol. 1.
Böhm, Georg, Nekrolog 289.
Böhmen, Elbe-Ebene, Sinken während der
Diluvial- Akkumulation 91 .
Böhmische Masse, Primärschieferung 772.
Bronzit, geschmolzener 450.
siehe auch Enstatit und Klino-
enstatit.
Cambrium, Spanien, Gesteine 642.
Camptonit, Timor 577.
Carbon, Hagen i. B\, Fauna des Culm
397.
Carbonate mikrochemische Untersuchung
feinverteilter, in Gesteinsschliffen 44.
Carnallit, Zersetzung beim Umkristalli-
sieren 323.
Carnallitschema 417.
Cavloccschuppe, Engadin 247.
Chalcedon und Quarzin, Verhältnis zu
Quarz 356.
Chemische Analyse, quantitative, von
Mineralien und Gesteinen 656.
Chemische Veränderung in mechanisch
deformierten Gesteinen 593. 634.
Chinesische Wagschalen und Gewichte
aus Amethvst für Edelstcinhändler
190.
X
Sachregister.
Cimolit, Verhallen v. d. L. mit Kobalt-
solution 313.
Cölestin , Zentralafrika 113.
Cricetulus phaeus, Pleislocän Velebit-
gebirge 15.
Crislobalit und Tridymit aus Quarz ent-
standen 680.
Culrn, Hagen i. ll\, Fauna 397.
Cyanüglimmerschiefer , Kappiger-Ley,
Einschlüsse im Leucittuff 723.
? Cylindrella silesiaca, Wellenkalk. Rhön
' 404.
Cyprina islandica. Postpliocän, Palermo
173.
Dacit . Jesenkoberg (westl. Bacher) 611.
Dacittuff
Nagyenyed, sarmatisch 164. 209.
Siebenbürgen, sarmatischer 405.
Dahllit, Identität mit Podolit 97.
Dauerpräparate aus salzartigen , aus dem
Schmelzfluß kristallisierten Stoffen
408.
Decken, nördl. Kalkalpen 272.
siehe Alpen.
Deckenschübe, Ostalpen, zeitliche Tren-
nung 614.
Deformierte (mechanisch) Gesteine, che-
mische Veränderungen 593. 634.
Deister, siidöstl., Strandverschiebungen im
Oberjura 438.
Demonstrationsapparat, mineralogischer
181.
Devon .
Eifel, Dolomit und alttriadische Ver-
ebnung 269.
Oberstein a. d. Nahe, Fossilien im
Hunsrückschiefer 652.
Diabas, Uruguay, sü dl., und Kontakt 72.
Diapositivprojektion, Apparat 187.
Diasporbauxit 65.
Dichte. Wage zur Bestimmung 565.
siehe auch spezifisches Gewicht und
Indikatoren.
Dictyodora Zimmermanni, Untersilur,
Wünschendorf a. Elster 180.
Diluviale Wirbeltierfauna, Steinheim-
Murr 475. 646.
Diluvium
Hannover 51.
Norddeutschland, Diskordanz der
Schichten im Samland und im
Fläming 561.
siehe auch Quartär, Glazial etc.
Diopsid, Zusammenkristallisieren mit
Jadeit 227.
Disthen siehe Cyanit.
Dogger, Schwaben und Hannover, Ver-
gleichung des unteren 470.
Dolomit, mikrochemische Unterscheidung
von Kalkspat in Dünnschliffen 44.
Dolomitfazies des Zechsteins, Spessart und
Odenwald 747.
Dolomitfrage, Hauptmuschelkalk in El-
saß-Lothringen 584.
Doppelbrechung
Messung 580.
Messung mit Hilfe des Polarisations-
mikroskops 388. 427. 464.
Druck, ungleichförmiger, Theorie J.
Johnston's bezüglich des Verhaltens
fester Stoffe 321.
Druckfigur, kristallographische Orien-
tierung beim Muscovit 657.
Drumlin , Verdeutschung in Drümmel 676.
Drümmel, Verdeutschung von Drumlin
676.
Dünnschliffe
Apparat zur Herstellung 126.
aus salzartigen aus dem Schmelzfluß
kristallisierten Stoffen 408.
Duppaucr Gebirge. Böhmen, geologische
Aufnahme 448.
Dynamometamorphose
chemische Veränderung in mechanisch
deformierten Gesteinen 593. 634.
Hardangerdecke , Norwegen 327.
Echinoiden 498. 526.
Eifeldolomit und alttriadische Verebnung
269.
Einfache Schiebungen, Demonstrations-
modell 28.
Eisenkiesknolle 190.
Eiszeit, Frankenwald 146.
Eiszeiten. Theorie von Arrhenius 582 . 769.
siehe auch Glazial.
Eklogit, Tromsö und Tromsdaltind 129.
Elbe-Ebene, Böhmen, Sinken während der
Diluvial- Akkumulation 91. 122.
Elephas antiquus, meridionalis, primi-
genius und trogontherii, Diluvium,
Steinheim- Murr 475. 646.
— primigenius Fraasi und die schwäb.
Hochterrasse 475. 646.
Emmerief f -Kliff, Sylt, Alter der Moräne
215.
Enantiomorphismus und optische Ak-
tivität der Molekular- und Kristall-
struktur 189.
Enstatit, Meteoriten 161.
siehe auch Bronzit u. Klinoenstatit.
Eocän, nordatlantisches Gebiet, Geo-
graphie 234.
Epidesmin 422.
Epidotadinole, siidl. Uruguay 68. 77.
Epidot schiefer, Uruguay., siidl. 73.
Epirus, Geologie 534.
XI
Sachregister.
Eruptivgesteine, böhmische Masse, pri-
märe Schieferung 772.
Erzlagerstätten, Spessart und Odenwald,
Manganerze 749.
Essexil, Kaiserstuhl 231.
.Faulschlamm mit freiem Schwefel 490.
Fayalit, Kristalle in Ilohofenschlacken
625.
Feldspate, Schmelztemperaturen 331.
Felsitporphyr, Südpatagonien und Feuer-
land, chemische Veränderungen hei
mechanischer Deformation 593.
Fläming, siehe Diluvium.
Flores, Gesteine der Insel 134.
Flüssigkeiten. Indikatoren zur Bestim-
mung des spezif. Gewichts 39. 133.
Flußspat, Zentralajrika 113.
Flußspatgänge, 11 ’ölsenberg (Ober pfalz),
Pseudomorphosen von Quarz nach
Kalkspat 353.
Fornogletscher, Engadin, Geologie 246.
Frankenwald. Eiszeit 146.
Frankolit, Beziehungen^: u Podolit etc. 101.
Frittung der Sedimente, südliches Uru-
guay 6S.
Gahbro, Tromsö 129.
Galatheiden, fossile 155.
Galatheites, Jura 138.
Gangunterschiede. Bestimmung mittels
des Polarisationsmikroskops 464.
Gasquelle , Kokskär - Insel , Finnischer
Meerbusen, brennende 601.
Gefrittete Sedimente, Uruguay, siidl. 68.
Gegenwärtige tektonische Bewegungen,
Hiddensee (Rügen) 139.
Geologische Aufnahmen, Karten etc.,
Böhmen, Duppauer Gebirge 448.
Geruch beim Reiben von Mineralien 660.
Gewicht, spezifisches Indilcatoren zur Be-
stimmung von Flüssigkeiten 39. 133.
siehe auch Dichte.
Glazial
Frankenwald Eiszeit 146.
Norddeutschland, Diskordanz der
Schichten im Samland und im Flä-
ming 561.
Sylt. Aller der Moräne am Emmerleff-
J Kliff 215.
siehe auch Eiszeit.
Gleitflächen, siehe Schiebungen, ein-
fache.
Gletscher, siehe Fornogletscher.
Glimmer, siehe Muscovit.
Glis glis, Pleistocän, Ungarn 14. 15.
Gneis
chemische Veränderung in mechanisch
deformiertem 593. 634.
böhmische Masse, Schieferung 772.
Gneis
Norwegen, anorthositisclier 25.
Südpatagonien und Feuerland 596.
Gneisbildung, Europa 326. 523.
Gösau, angeblicher Hauptdolomit, kein
Fenster 616.
Granat
Umkristallisieren 323.
Kappiger-Ley, Einschlüsse im Leucil-
tuff 723.
Granatamphibolit, Tromsö und Troms-
daltind 129.
Granit
Bachergebirge, Steiermark 613.
Fornogletscher, Engadin 248.
Sumatra, Alter 757.
Granitmassiv, Lausitz. , Lamprophyre 457.
Granitmylonit, Hardangerjökelen 524.
Graphische Bestimmung von Winkeln
und Indizes in Zonen 190.
Gravitations-Anisotropie der Kristalle ,
Größenordnung 33.
Griechenland
Artemisiongebirge 339.
Epirus, Geologie 534.
Hauerit, Zersetzung an der Luft und Ein-
wirkung auf Silber und Kupfer 758.
Hauptdolomit, Gosau, angeblicher 616.
Hauptmuschelkalk, Elsaß-Lothringen 551.
584.
Hebungen, gegenwärtige, Hiddensee (Rü-
gen) 139.
Hellas, Artemisiongebirge 338.
Hiddensee (Rügen), gegenwärtige tek-
tonische Bewegungen 139.
Hochterrasse, schwäbische und Eleplias
primigenius Fraasi 475. 646.
Hoff, Jacobus Henricus van’t, Ne-
krolog von Ernst Cohen 285.
Hof mann, Adolf, Nekrolog 721.
Hohofenschlacken
mit Augit und Wollaskmit 689.
mit Olivin und Melilith 625.
Hornfels, Mt. Tibidabo bei Barcelona,
korundhaltiger 26.
Hunsrückschiefer, nördl. Oberslein, Fos-
silien 652.
Ilmenit, Binnenthal, Lengenbachstein-
bruch 126.
Indikatoren
für das spezifische Gewicht von Flüssig-
keiten 39.
aus Glas 133.
Indizes und Winkel in Zonen, graphische
Bestimmung 190.
Inoceramus balticus, crassus, Schloen-
bachi u. var. cripsioides, Walters-
dorfensis und Weisei 295 ff.
XII
Sachregister.
Inoceramus inconstans undverwandte
Arten 278. 295.
— inconstans var. plana 284.
Jadeit, Zusammenkristallisieren mit
Diopsid 227.
Jesenlcoberg ( westlicher Bacher), Geo-
logie 610.
Jodyrit, Tonopali, Nevada, Krist. 385.
Jura
Galatliea 155.
Deister, oberer, Strandverschiebungen
im südöstlichen 438.
Deutsch-Osiafrika, fehlt 81.
Epirus 535.
Sarstedt 347.
Schwaben und Hannover, Vergleichung
des unteren Doggers 470.
Sumatra, oberer, des westlichen 753.
Juraklippen, Allgäuer und Vorarlber-
ger 252.
Kalkalgen, Wellenkalk, Rhön 402.
Kalkolivin, Kristalle in Hohofenschlacken
628.
Kalkspat
Kristalle aus einem Wasserbehälter
127.
mikrochemische Unterscheidung von
Dolomit in Dünnschliffen 44.
Wölsenberg (Oberpfalz), Quarz, pseudo-
morph nach K., in den Flußspat-
gängen 353.
Kalkspatkompensator 427. 469.
siehe auch Kompensator.
Kämmererit, Unst (Shetlandsinsel) 591.
Kappiger-Ley, Laachtr See, Einschlüsse
im Leucittuff 721.
Keil, doppeltbrechender, Farbenfolge 580.
Iieratophyr, Timor 571.
Kersantit, Lausitzer Granitmassiv 457.
Kieselsäure, siehe auch Siliciumdioxyd.
Kieselsäuremineralien, Noneegen 325.
520.
Klinoenstatit, Meteoriten 161.
Knollenkalkkomplex, ladinischer Süd-
alpen 508.
Kohlenflöze enthalten Kohlensäure 683.
Kohlensäure in Kohlenflözen 683.
Kohlensäuretheorie von Arrhenius , Wider-
legung der E. Kaysef sehen Einwände
582. 769.
Kokslcär- Insel, Finnischer Meerbusen,
Naturgas und Entstehung 601.
Kolloidale wasserhaltige Tonerdesilikate,
chemische oder physikalische Natur
699. 728.
Kolloidmineralien, Nomenklatur 518.
768.
Kompensator , neuer 390.
Kompensatoren 427.
ältere 388.
siehe auch Kalkspatkompensator.
Koenenit, Sarstedt 449.
Kontakt, Tromsö und Tromsötind, Gra-
natamphibolit und Marmor 132.
Kontaktbildungen
Mt. Tibi dabo bei Barcelona 26.
Uruguay, siidl., Epidotadinole 68.
Kontaktmetamorphose, Hörtekollen, Nor-
wegen 531.
Korund, Kappiger-Ley, Einschluss im
Leucittuff 723.
Korundhaltiger Hornfels, Mt. Tibidabo
bei Barcelona 26.
Kreide
Inoceramus inconstans und verwandle
Arten 295.
Porosität der Sandsteine 245.
Deutsch-Ostafrika, Urgon 81.
Dobrudscha (Rumänien), Megalosaur
rus in der unteren 686.
Epirus 536.
Gosau 616.
Indien, Systematik der Nautiliden der
oberen 115.
Jesenkober g (westl. Bacher) 613.
Sarstedt 346. 348.
Kristall, Totalreflexion des Lichts 577.
Kristalle
geometrische Eigenschaften und deren
Veranschaulichung durch geometr.
Strukturbilder 413.
Größenordnung der Gravitafions- Aniso-
tropie 33.
Kristalline Schiefer, Spanien 642.
Kristallmodell. Apparat zum Schneiden
nach V. Goldschmidt 190.
Kristallographie
von Linck 592.
von Rinne 591.
und Kristalloptik, graphische Me-
thoden 126.
Kristallographisch-optischer Demonstra-
tionsapparat 181.
Kristallstruktur, sichtbar gemacht durch
Röntgenstrahlen 590.
Kristall- und Molekularstruktur, opt.
Aktivität und Enantiomorphismus
189.
Iiristallröntgenogrammetrie 260.
Kristalltheorien, statische und kinetische
413.
Labradorit, St. John's Point, Co. Down
126.
Ladinischer Knollenkalkkomplex , Süd-
alpen 508.
Lamprophyr, iMusitzer Granitmassiv 457.
Sachregister.
XIII
Lausitzer Granitmassiv, Lamprophyre 457.
Lcucitphoml ithtu ff, Kappiger-Ley.
Laacher See, Einschlüsse 722.
Leucittinguait porphyr, Ihringen. Kaiser-
stuhl 367.
Limnaea turrita Klein emend. Joos nebst
rar. Millen und var. lacusMformis
(T. slagnaloides) , Obenniocän, Ober-
sehicaben 58.
Lophiodon, Braunkohle Sachsens 351.
Löslichkeitsschema KCl, Mg CI., und
Hasser ( Carnallitschema ) 417.
Ludwigia sehndensis, unterer Dogger,
Hannover 473.
Manganerze, Odenwald und Spessart, im
Zechst et n 749.
Manganfayalit, Kristalle in Hohofen-
schlacken 626.
Maucherit, Mansfelder Kupferschiefer-
rücken 225.
Mechanisch deformierte Gesteine, chemi-
sche Veränderungen 593. 634.
Megalosaurus in der Unterkreide, Do-
brudscha ( Rumänien ) 686.
Melaphyr, Uruguay, südl., und Kontakt
70.
Meldith, Kristalle in Hohofensclüacken
625. 631.
Melonaena Deschmanni und Rotkyana
303.
Metamorphose
böhmische Maße 784.
siehe auch Kontakt-, Dynamometa-
morphose etc.
mechanische, siehe deformierte Ge-
steine.
Meteoreisen, Cartliage, Tennessee , Struk-
tur 17. 261.
Meteoriten
Klinoenstalil 161.
Baroti (Pendschab, Indien), Sept.
1911. 590.
Microtus ratticeps, Löß, Alf old 15.
Mikrochemische Untersuchung fein ver-
teilter Carbonate in Gesteinsdünn-
schliffen 44.
Mikrophotographischer Apparat 181.
Mikroskop, siehePolarisationsmikroskop.
Minenlchemie, Doelter 169.
M inevallager statten,
England. Cornwall, Virtuous Lady-
Grube bei Tavi stock 126.
Montgomeryshire 412.
siehe auch Erzlagerstätten.
Mineralogie
L. P. Gratacap 128.
Alexander H. Phillips 127.
siehe auch bestimmende Mineralogie.
Mineral Varietäten, Nomenklatur 518. 768.
Molekular- und Kristallstruktur, opt.
Aktivität und Enantiomorphismus
189.
Moschusochsen, Diluvium, Belgien 178.
Muschelkalk
Elsaß- Lothringen, Haupt- 551. 584.
Rhön, Kalkalgen im Wellenkalk 402.
Mitsamt, kristallographische Orientierung
mittels Biegungs- und Aetzfiguren
657.
Mylonit 599. 637 .
Hardangerjökelen, Granit- 524.
Myriopora Verbeeki, oberer Jura, West-
Sumatra 754.
XatroUth. Krislallform und Aetzerschei-
nungen 304.
Naturgas. Insel Kokskär im Finnischen
Meerbusen 601.
Nautüiden, Systematik der obercrelaci-
schen 115.
Nekrolog
Friedrich Teller 119.
Hofmann, Adolf 721.
van’t Hoff von E. Cohen 285.
Nomenklatur der Mineralvarietäten und
Kolloidmineralien 518. 758.
Nordatlantisches Gebiet, eoeäne Geo-
graphie 234.
Norwegen
Geologie 324. 520.
— , Kritik J. Königsbergers 324.
Olivin, Kristalle in Hochofenschlacken
625.
Oolith, Zentralafrika, mariner (?) 112.
Optische Aktivität und Enantiomor-
phismus der Molekular- und Kri-
stallstruktur 189.
Ovibos moschatus, Diluvium , Belgien 178.
Packung losen Sandes 242. 681.
Parcigonit, Ochsenkopf in Sachsen, ent-
standen aus Phyllit 203.
Periklas, optische Verhältnisse 516.
Perm
Eigin, Schottland, fossil führende Sand-
steine 617.
Odenwald und Spessart, Zechslein 742.
Permutit 748.
Petrochemische Untersuchungen 481.
Phonolithtuff siehe Leueitphonolithtuft.
Phosphorit, Podolien und ähnliche Mine-
ralien 97.
Phyllit, Ochsenkopf in Sachsen, Umwand-
lung in ein dichtes Paragonitgestein
203.
Pisolith, Mansfelder Flözgebirge 337. 457.
Pleistocän,
Ungarn 13.
XIV
Sachregister.
Pleistocän
Ungarn , Umgegend von Tata 109.
siehe auch Quartär.
Podolit , Podolien. Identität mit Dahllit 97.
Polarisationsmikroskop
Messung der Doppelbrechung 427.
elementare Anleitung von Rinne 318.
Porphyrit, Jesenkoberg (wesll. Bacher),
Gänge 610.
Porphyroidformation, Südpalagonien und
Feuerland, chemische Veränderungen
bei mechanischer Deformation 593.
Postpliocän, Palermo, Cyprina islandica
173.
siehe auch Quartär.
Primärschieferung innerhal bder böhm.
Masse 772.
Projektion, siehe stereographische Pro-
jektion 413.
Projektionsapparat- mikroskopischer 1S2.
Pseudomorphose. Quarz und Kalkspat,
W olsenberg (Oberpfalz) in den Fluß-
spatgängen 353.
Pseudomorphosen, Spateisenstein nach
Flußspat und Schwerspat, Tavistock
126.
P scudospontane Evolution, Artenbildung
27.
Pseudo suchier, Vorfahren der Ptero-
saurier und Vögel 480.
Quartär
Packung diluvialer und rezenter Sande
242. 681.
Belgien, Moschusochse 178.
Bithynische Halbinsel 1.
Böhmen, Sinken der Elbe-Ebene wäh-
rend der Diluvial- Akkumulation 91.
Frankenwald, Eiszeit 146.
Hannover, Diluvium 51.
Iiokskär- Insel, Finnischer Meerbusen
601.
Kroatien, Karst, Fauna 17.
Norddeutschland , Diskordanz diluvialer
Schichten im Samland und im
Fläming 561.
Palermo, Cyprina islandica im Post-
pliocän 173.
Schwaben, Hochterrasse, Schotter und
Elephas primigenius Fraasi 475. 646.
— , Steinheim- Murr, diluviale Wirbel-
tierfauna 475. 646.
Ungarn, Pleistocän 13. 109.
siehe auch Postpliocän u. Pleistocän.
Quarz
U eher gang in Tridymit und Crislo-
balil 680.
Verhältnis zu Quarzin und Chalcedon
356.
Quarz
Wölsenberg (Oberpfalz), Pseudomor-
phose nach Kalkspat in den Fluß-
spatgängen 353.
Quarz in und Chalcedon, Verhältnis zu
Quarz 356.
Quarzit Herschbach (Westerwald), ter-
tiärer, Entstehung 676.
Quarzitsandstein, Uruguay, südlich, ge-
f rittet 78.
Rehgehörn, pleistocäner Süßwasserkalk,
Süttö 16.
Reiben von Mineralien, Geruch 660.
Reptil führender Sandstein, Eigin, Schott-
land 617.
Rhönitbasalt, Böhm. Mittelgebirge 195.
Ries, Grundgebirge 752.
Röntgenstrahlen machen die Kristall-
struktur sichtbar 590.
Salzablagerungen, ozeanische, Bildung
nach van’t Hoff 286.
siehe auch Steinsalz.
Salzartige Stoffe , aus dem Schmelzfluß
kristallisiert 408.
Salzkammergut, Decken 272.
Samland, siehe Diluvium.
Sand, Packung des losen 681.
Sande, Packung tertiärer, diluvialer und
rezenter 242.
Sandstein
Porenvolumen 242.
Uruguay, gefrittet 78.
Sanidin, Laacher See, Schmelztempera-
tur 335.
Sanidinit, Kappiger-Ley, im Leucittuff
725.
Sapropele mit freiem Schwefel 490.
Schafberggruppe, Tektonik 272.
Schiebungen, einfache, Demonstrations-
modell 28. 123.
Schlacken , siehe auch Hohnfen-
schlacken.
Schleif äpparat 126.
Schmelzpunkte der Silikate, Unterschiede
in den Angaben 513.
Schmelztemperatur, Sanidin, Laacher See
335.
Schmelztemperaturen, Vergleichung der
optischen und der thermischen Me-
thode zur Bestimmung 328.
Schwefel, freier, in Sapropelen 490.
Sedimente, gefritteie, südl. U ruguay 68.
Shonkinitisch-theralilische Gesteine, Ti-
mor 573.
Siebenschläfer, Pleistocän, Iiöszeg. Un-
garn 14.
Silber, Pfalz, Beweglichkeit in Zinnober-
erde 257.
Sachregister.
XV
Siliciumdioxyd, Milna, Insel Brau, Dal-
matien, mehliges, Beziehung zur
Bauxitfrage 6 68.
Silikate, Unterschiede in der Angabe der
Schmelzpunkte 513.
Sülimanit, Kappiger-Ley, Einschluss im
Leucittuff 723.
Silur
Esthland. Gliederung des höheren Unler-
712.
II iittehenberg bei Wünschendorf a. El-
ster, Dictyodora Zimmermanni und
Palaeodictyum Eiseleanum ISO.
Sodalithsyenit Hradlischka westl. Groß-
priesen a. Elbe, Urausscheidungen
und Einschlüsse 767.
Spateisenstein, Tavistock , Pseudomor-
phosen nach Flußspat und Schwer-
spat 126.
Spessartit, Lausitzer Granitmassiv 462.
Spezifisches Gewicht von Flüssigkeiten
Indikatoren zur Bestimmung 39.
Indikatoren aus Glas 133.
siehe auch Dichte.
Sporogelit und Bauxit 193.
Sporogelitbauxit 65. -
Staffelil, Beziehung zu Frankolit etc. 101.
Staurolithglimmerschiefer, Kappiger-Ley,
Einschlüsse im Leucittuff 7 23.
Steiermärkisches Landesmuseum, Graz,
Mineralogische Abteilung 512.
Steinsalz, Translation 696. 698.
siehe auch Salz.
Stereographische Projektion, neuer Trans-
porteur 413.
Slrandver Schiebungen, Oberjura, südöstl.
Deister 438.
SlrontianU, Mansfdder Flözgebirge, in
Pisolithen 337.
Strukturbilder zur Veranschaulichung
der geometrischen Eigenschaften
der Kristalle 413.
Sumatra, Geologie 753.
Sumbava, Gesteine, Osann' sehe Werte
139.
Syenit, siehe auch Sodalithsyenit.
Sglt. Alter der Moräne des Emmerleff-
Iiliff 215.
Teller, Friedrich, Nekrolog 119.
Temperatur der Atmosphäre, abhängig
vom COz-Gehalt der Luft 583. 769.
Terra rossa, siehe Bauxitfrage.
Terrasse, siehe auch Hochterrasse.
Tertiär
Packung der Sande 242. 681.
Epirus 536.
Herschbach, Westerwald, Entstehung
von Quarziten 676.
Tertiär
Nordatlantisches Gebiet, eoeäne Geo-
graphie 234.
Sachsen, Lophiodon in der Braun-
kohle 351.
Siebenbürgen, uniersarmaiischer Dacil-
tuff 405.
Teschen, am Karpathenrande über-
schoben 85.
Ungarn, Nagyenyed , sarmatisch 164.
209.
Testudo Riedli Sotzka-Schichten, Trifail
381.
Theralitisch-shonkinitische Gesteine, Ti-
mor 573.
Timor, Gesteine der Alkalireihe 570.
Titaneisen, siehe llmenit.
Tone, siehe Tonerdesilikate und Alu-
minatsilikate.
Toner desilikate, kolloidale wasserhaltige,
chemische oder physikalische Natur
699. 728.
Topas, Neu-Braunschweig (Kanada),
Kristallhabitus 590.
Totalreflexion des Lichts an einem
Kristall 577.
Trachyt, siehe auch Alkali trachyt.
Transporteur , neuer stereographischer 413.
Trias
Eifel, alttriadische Yerebnung und
Eifeldolomit 269.
Eigin, Schottland, fossilführende Sand-
steine 617.
Elsaß- Jjothr innen , Hau 'plwiuscJiclIccilk
551. 584.
Epirus 544.
nördliche Kalkalpen 272.
Ithön Kalkalgen im Wellenkalk 402.
Südalpen, ladinischer Knollenkalkkom-
plex 508.
Tridymit und Cristobalii aus Quarz
entstanden 680.
Tromsö, Granatamphibolit u. Eklogit 129.
Tundrafauna, Köszeg, Ungarn 14.
Ueberschiebungsd ecken, Alpen 435.
Urgon, Deutsch-Ostafrika 81.
Vogelarten , neue pleistocäne, Felsnische
Puskaporos bei Hamor, Ungarn 13.
Vorarlberger Juraklippen 252.
Vulkane, Systematik und Nomenklatur
von Ii. Schneider 104.
Vulkanische Erscheinungen
Aetna und Japan 379.
der Erde 102.
Wage zur Dichtebestimmung 565.
Wagschalen und Gewichte, chinesische,
aus Amethyst, für Edelsteinhänd-
ler 190.
XVI
Sachregister.
Wasserhaltige kolloidale Tonerdesilikate ,
ehern, und physik. Natur 699. 728.
Wellenkalk, Rhön, Kalkalgen 402.
Wherry’s Nomenklatur, siehe Nomen-
klatur.
Winkel und Indizes in Zonen, graphische
Bestimmung 190.
Wollastonit in Hohofenschlacken 689. 694.
Württemberg. Bodenschätze 191.
Zechstein, Spessart and Odenwald 742.
Zeolithe, siehe Tonerdesilikate, wasser-
haltige, kolloidale.
Zinnchlorür, Verhalten zu K CI und Na CI
beim Kristallisieren aus dem Schmelz-
fluß 373.
Zinnobererde, Pfalz, Beweglichkeil des
Silbers 257.
Zinnstein , Zwillinge 126.
P. Kessler, Zur jüngeren geologischen Geschichte etc.
1
Original-Mitteilungen an die Redaktion.
Zur jüngeren geologischen Geschichte der Bithynischen
Halbinsel.
Von P. Kessler.
Überblickt man von irgend einer Höhe Bithyniens das Land,
so sieht man sofort, daß man sich auf einer ehemaligen Ebene
befindet, die den Eindruck eines Berglandes nur durch die mehr
•oder minder tief eingeschnittenen Täler erweckt. Philippson
schildert diesen Eindruck . den er auf dein Gipfel des Bulgurlu
(auch Biijük Tscliamlidja genannt) empfangen hat, mit folgenden
Worten 1 :
„Wenn man von dem kahlen Gipfel des Berges nach Norden
blickt, könnte man sich auf eine Höhe unseres Rheinischen Schiefer-
gebirges versetzt glauben, so völlig stimmen die Formen und
Farben der Landschaft überein. L
Den Hauptgrund dieser Ähnlichkeit anführend fährt er fort:
„Auch hier entspricht die Oberfläche nicht dem verwickelten
Faltenbau, sondern bildet, wenn wir uns die Erosionstäler zu-
geschiittet denken, eine fast ebene Hochfläche von 200 — 300 nt
Meereshöhe , die von unserem Standpunkt etwas nach Norden an-
steigt, nur hie und da von einer flachen runden Kuppe oder Rücken
überragt , wo ein härteres Gestein , namentlich Quarzit , auftritt.
Es ist eine typische Denudatiousfläclie.“
Wohl alle Geologen und Geographen , die das Land bereist
haben, haben denselben Eindruck gehabt ; ich erwähne nurFrrzNER2
und Cvijic3 4.
Auch auf der europäischen Seite des Bosporus läßt sich diese
Fläche ungefähr in' derselben Höhe nachweisen, und zwar hat die
Einebnung in gleicher Weise Devon und Tertiär betroffen +. Be-
reits 1870 gab Hochstetter5 an, daß auf dieser Hochfläche im
Belgrader Wald (nördlich Konstantinopel) hauptsächlich aus Quarz,
1 Geologische und geographische Wahrnehmungen auf einer Orient-
reise. Sitzungsber. Naturhist. Ver. preuß. Rheinlande usw. 1897. p. 20.
2 Forschungen auf der Bithynischen Halbinsel. Rostock 1903. p. 137.
3 Grundlinien der Geographie und Geologie von Macedonien und Alt-
serbien. Ergänzungsheft 162 zu Petermann’s Mitt. p. 376.
4 Philippson a. a. 0. p. 25.
5 Die geologischen Verhältnisse des östlichen Teiles der europäischen
Türkei. Jahrb. k. k. Geol. Reichsanst. 1870. 20. p. 365.
Centralblatt f. Mineralogie etc. 1913.
1
2
P. Kessler, Zur jüngeren
aber auch Kieselschiefer, Hornstein und Jaspis bestehende Schotter
in etwa 10 m Mächtigkeit liegen1. Man könnte daher leicht ver-
anlaßt sein, die Gerolle und die Einebnung einem sehr breiten
alten Flußlaufe , den man als Urbosporus ansehen könnte , zuzu-
schreiben. Damit steht jedoch im Widerspruch, daß auch in weit
nach Osten gelegenen Teilen der Bithynischen Halbinsel sich so-
wohl die Hochfläche wie die Geröllablagerungen feststellen lassen.
Sie nehmen jedoch nicht durchweg dieselbe Höhenlage ein, so daß
man gezwungen ist, entweder ursprüngliche Ablagerung in ver-
schiedenem Niveau oder nachträgliche Störungen anzunehmen.
Beide Möglichkeiten zieht auch Philippson in Betracht, wenn auch
nur für das beschränkte Gebiet im Nordosten des Bosporus; dort
läuft ein etwas über die übrige Fastebene sich erhebender Rücken
rechtwinkelig zum Schichtstreichen von West nach Ost der Küste
des Schwarzen Meeres entlang. Trotzdem er aus verschieden
harten Gesteinen besteht, hat er eine fast ebene Oberfläche.
Sehr viel bedeutendere Höhenunterschiede zeigen sich weiter
im Osten der Halbinsel, doch stets haben die Bergzüge eine ab-
geflachte Oberfläche und auch die höheren unter ihnen sind häufig
mit Schotter bedeckt. Die Bergzüge des Devons , die der Trias
und die der Kreide zeigen hierin keinerlei Unterschied.
Da aber diese abgeflachten Bergformen nicht nur in zwei
oder drei , sondern in mehreren verschiedenen Höhenlagen Vor-
kommen, möchte ich ihren Niveauunterschied zum größten Teile
eher auf nachträgliche Verschiebungen bezw. verschieden starke
Hebung zurückführen , als sie als Reste ursprünglich verschieden
hoher Denudationsflächen ansehen, wenn ich auch nicht bestreiten
will, daß auch hier vielleicht primäre Unterschiede Vorkommen
können. In manchen höheren Bergen, vor allem in denen, deren
Höhe aus Quarzit besteht , wird man wohl auch Härtlinge zu
erblicken haben.
Nach dem bisher Gesagten ist also die Bithynische Halbinsel
eine alte Peneplain, die ungleichmäßig gehoben wurde. Die Zeit
der Bildung dieser Peneplain ist nicht ohne weiteres klar. In
den Schottern sind bisher auf asiatischer Seite keine Versteine-
rungen gefunden worden mit Ausnahme eines Kieselholzes 2. Auf
dieses eine Fossil , dessen Bestimmung mißlich ist und das schließ-
lich auch eingeschwemmt sein kann, eiue Zeitbestimmung zu gründen,
scheint mir nicht angebracht.
1 Schon Tchihatcheff, Asie mineure Abt. 4. 3. p. 393, erwähnt die
Gerolle, sowohl von der europäischen Seite von der Umgegend von Pirgos
im Belgrader Wald, wie von der asiatischen von Arnautkiöi und anderen
Punkten beider Seiten, ist sich aber über ihre Herkunft und Stellung
keineswegs im klaren.
2 Kessler, Zum geologischen Aufbau der Bithynischen Halbinsel.
Dies. Centralbl. 1909. p. 6'57.
geologischen Geschichte der Bithynischen Halbinsel. 3
Die Schotter bestehen hauptsächlich aus Quarzit und Kiesel-
schiefer. Die Schotter vom Belgrader Wald, die gleiche Zusammen-
setzung haben und wohl auch nach ihrer Lage als gleichaltrig
anzusehen sind, wurden von Hochstetter den Belvedereschottern
des Wiener Beckens wegen ihrer lithologischen Ähnlichkeit gleich-
gestellt. Ich halte es für äußerst gewagt, Flußablagerungen so
weit entfernter Gebiete wegen ihres gleichen Aussehens gleiches
Alter zuzuerkennen und möchte vorziehen, das Alter der Schotter
vorläufig unbestimmt zu lassen.
Eine Peneplain kann sich nur in einem Gebiete bilden, das
von der Erosionsbasis nur durch minimalen Höhenunterschied ge-
trennt ist. Die Niveauverschiebung gegen die jetzige Erosions-
basis muß in ihrem Maximum so viele Meter betragen, wie jetzt
die höchsten Reste der Peneplain sich über das Meer erheben.
Daß aber die Verschiebung der Erosionsbasis nicht allein durch
ein Sinken des Schwarzen Meeres veranlaßt, sondern auch, und
wohl hauptsächlich, auf ein Auf steigen der alten Peneplain zurück-
zuführen ist, scheint mir durch die verschiedene Höhenlage, bezw.
durch das im folgenden noch zu zeigende Fallen der Peneplain nach
Norden, mindestens sehr wahrscheinlich. Wäre das letztere allein
durch eine Senkung im Norden, nicht auch durch eine Hebung
im Süden veranlaßt, so hätte in der Vorzeit das Schwarze Meer,
die Erosionsbasis, einen ebenso hohen Stand gehabt haben müssen,
wie jetzt die Rücken der abradierten Höhen liegen, müßte es also
ungefähr 600 m höher gestanden haben als jetzt. Dafür lassen
sich aber keinerlei Beweise anführen. Es muß vielmehr eine
Hebung der Peneplain angenommen werden.
Die höchsten Höhen liegen im allgemeinen im Süden der
Halbinsel. Unmittelbar vom Golfe von Ismid steigen sie bei Hereke
bis zu 600 m an. Hat man den steilen Anstieg überwunden, so
stellt man oben auf einem fast ebenen Gelände, in das nur einzelne
tiefe nach Süden verlaufende Täler eingeschnitten sind. Nacli Norden
senkt sich im allgemeinen die Fastebene; die Höhe der Bergflächen
in der Nähe des Schwarzen Meeres beträgt im Höchstfälle nur-
mehr etwa 150 — 200 m. Doch auch hier sind Ausnahmen. So
steigt der Kurudju Tepe, den ich aus eigener Anschauung nicht
kenne, nach der dem Buche von Fitzner beigegebenen Karte bis
zu 600 m an.
Daß trotz vereinzelter Ausnahmen die Senkung nach Norden
ziemlich regelmäßig ist, beweist die Richtung aller größeren
Wasserläufe. Die nach Süden mündenden Bäche haben alle ihren
Ursprung nahe der Südküste, während z. B. der Giök Su, der in
das Schwarze Meer mündet, seine Quelle nur etwa 3 km nördlich
des Golfes von Ismid hat.
Die Wasserscheiden zwischen den nach Norden und nach Süden
fließenden Bächen sind meist niedrig. So liegt die Wasserscheide
1*
4
P. Kessler, Zur jüngeren
zwischen dem östlich Pendik in den Golf von Ismid mündenden
Biijük Dere und dem nach Norden in den Riwa Dere abfließenden
Domus Dere nur in etwa 100 m Meereshöhe, während sich ringsum
die Höhen bis auf über 200 m erheben. Die nach Süden mündenden
Bäche scheinen also räuberisch in das Gebiet der nach Norden
entwässernden eingedrungen zu sein. In früherer Zeit haben
demnach die nach Süden laufenden Bäche eine noch geringere Länge
gehabt als jetzt.
Trotzdem haben viele von ihnen ein unverhältnismäßig breites
Tal. Zwischen Daridja und Hereke mündet ein Bach, das Dil
Dere, der nur etwa 1 1 km lang ist und den man 3 oder 4 km
vor seiner Mündung zur Not noch überspringen kanu. Sein in
die Kreide nnd Triasschichten eingeschnittenes Tal ist trotzdem
weit über 1 km breit. Es scheint mir klar, daß dieser Bach nicht
das breite Tal gebildet haben kann , selbst wenn man andere
klimatische Verhältnisse in der Vorzeit annimmt. Da aber ganz
allgemein, wie gesagt, die nach Süden abfließenden Bäche in das
Gebiet der nach Norden fließenden Vordringen, muß auch er früher
einen noch kürzeren Lauf und wahrscheinlich eine noch geringere
Wassermenge gehabt haben. Von dem nach Norden fließenden
ebenfalls Biijek Dere heißenden Bach, der in seinem weiteren
Verlauf als Riwa Dere zum größten Wasserlauf der Halbinsel
wird, oder vielmehr von einem seiner Nebenbäche, trennt ihn nur
eine niedrige Schwelle, da beide Bäche durch ein 4 km breites
sanftes Tal zwischen den Ortschaften Denlisli, Airan und Djumakiöi'
verbunden sind L Doch auch das Biijiik Dere bezw. sein Neben-
bach kann nicht das Tal des Dil Dere gebildet haben, da für ihn
im Süden nur ein Niederschlagsgebiet von wenigen Kilometern
vorhanden gewesen wäre, das auch unter den günstigsten Um-
ständen niemals die nötigen Wassermassen geliefert hätte, um ein
derartiges Tal auszutiefen. Es bleibt also nur die einzige Mög-
lichkeit , daß dieses Tal bereits gebildet wurde , als die topo-
graphischen Verhältnisse der Halbinsel noch ganz anders waren.
Nur ein Fluß mit sehr viel größerer Wassermenge, was in diesem
Falle gleichbedeutend mit einem längeren Lauf erscheint, kann
dieses Tal ausgetieft haben. Wäre der Fluß von Norden ge-
kommen, so müßte eine Umkehrung der Höhenverhältnisse in der
Art stattgefunden haben, daß früher der nördliche Teil der Halb-
insel ein höheres Niveau eingenommen habe, als der südliche.
Für eine derartige schaukelnde Bewegung der ganzen Halbinsel
um ihre Längsachse haben wir keinerlei Anhaltspunkte. Kam
der Fluß von Süden, so kann er das Tal nur gebildet haben, als
an Stelle des jetzigen Golfes von Ismid noch ein Land lag, das
zu seinem Niederschlagsgebiet gehörte.
v. d. Goltz , Anatolische Ausflüge. (Zit. nach Fitzxer, a. a. 0.)
geologischen Geschichte der Bithynischen Halbinsel. 5
Nun hat Hörnes in neuerer Zeit gezeigt1 2, daß der alte
Flußlauf des Bosporus nicht wie der jetzige Meeresstrom sein
Wasser von Nord nach Süd, sondern in umgekehrter Richtung
ergoß. Im Süden hat also höchstwahrscheinlich zu dieser Zeit
das Marmarameer noch nicht bestanden, sondern an seiner Stelle
hat ein Festland gelegen. Auf dieses haben ja viele Forscher,
teilweise auch aus anderen Gründen, deren Anführung hier zu
weit führen würde, geschlossen.
Man kann daher sehr wohl annehmen, daß das vorhin er-
wähnte Flußtal der bithynischen Halbinsel ebenfalls aus einer Zeit
stammt, in der der Golf von Ismid noch nicht gebildet war.
Stimmt diese Annahme, so muß man auch auf dem der
bithynischen Halbinsel jenseits des Golfes von Ismid gegenüber-
liegenden Festlande noch jetzt einen Fluß, oder wenigstens ein
Flußtal linden, das in der südlichen Verlängerung des erwähnten
Flußtales liegt.
Gegenüber der Mündung des Dil Dere liegt in noch nicht
3 kin Entfernung von der Nordküste des Golfs das etwa 6 km
nach Norden vorspringende Dil Burnu. Von der Mündung des
Baches aus gesehen schiebt es sich wie ein schmaler niedriger
Wall zwischen den westlichen und östlichen Teil des Golfes von
Ismid. Man bleibt bei seinem Anblick keinen Augenblick darüber
im Zweifel, daß es im wesentlichen aus ganz jungen Anschwem-
mungen besteht, wenn auch nach Tchihatcheff 2 eine kleine Stelle
mit anstehendem festen Gestein vorkommt. In der Tat mündet
an der einen Seite der Landzunge das Yalak Dere, das, etwas
nördlich des Isnik Giöl (Giöl = See) entspringend, einen Lauf von
über 20 km hinter sich hat. Dieser Wasserlauf scheint sehr
wohl imstande gewesen zu sein, das Tal des ihm jetzt gegenüber
mündenden Baches in seinem Oberlauf auszutiefen.
Inwieweit sich ähnliche Beobachtungen an anderen Bächen
Bithyniens machen lassen, ist mir nicht bekannt. Ein Beibringen
anderer Beispiele wäre jedenfalls sehr wünschenswert.
Wir kommen aber auch so zu dem Schluß , daß die alte
Peneplain der Halbinsel samt dem gegenüber liegenden Teil des
kleinasiatischen Landes zuerst gehoben wurde, und daß dann erst
der Einbruch des Golfes von Ismid erfolgte. Nach Osten sehen
wir den Golf in den Sabandjasee verlängert, der etwa 36 m über
dem Meeresspiegel liegt und ungefähr 17 km westlich des Golfes
von Ismid beginnt. Da seine Erstreckung ebenfalls Ost-West ist
und er in der Verlängerung des Golfes von Ismid liegt, darf man
annehmen, daß er an denselben Spalten wie dieser abgesunken ist.
1 Die Bildung des Bosporus und der Dardanellen. Sitzungsber. kais.
Akad. Wien, math.-naturw. Klasse. 118. Abt. I. Juni 1909.
2 Asie mineure. Abt. 4. 3. p. 395.
6
P. Kessler, Zur jüngeren
Die anatolische Balm benutzt zwischen dem Gotr und dem See
ein Tal. das sich an seiner höchsten Stelle nur wenige Meter über
den Spiegel des Sabandja erhebt. Der Sabandja wird jetzt nach
Nordosten durch den Tscliark Su in den Sakaria entwässert, es
ist aber wohl kaum ein Zweifel möglich, daß dieses Tal einen
alten Abfluß des Sees in den Golf von Isinid darstellt, da eine
Verbindung in umgekehrter Richtung äußerst unwahrscheinlich
erscheint.
Der Sakaria fließt jetzt etwa 6 km östlich des Sabandjasees
nach Norden und liegt auf ungefähr gleicher Höhe wie dieser See.
Das Land zwischen See und Fluß ist flach, so daß die Vermutung
nahe liegt, daß der Sakaria einst in den Sabandja geflossen sei
und durch diesen seinen Abfluß in den Golf von Ismid genommen
habe. Mächtige Schottermassen , die nach Tchihatcheff 1 am
Ostende des Sees liegen, nach Westen aber an Mächtigkeit ab-
nehmen und schließlich auskeilen, scheinen die Vermutung zu
bestätigen. Demnach hat wahrscheinlich der nach demselben
Autor im Unterlauf enge Sakaria seinen Abfluß nach Norden erst
in junger Zeit gefunden.
Verlegungen der Flußläufe scheinen im Osten des Sabandja,
wenn auch nur in geringem Maße noch in jüngster Zeit statt-
gefunden zu haben. Die Justinianbrücke, die einst über den
Tscliark Su ging, führt jetzt mehrere hundert Meter vom Fluß
entfernt über trocknes Land1 2 3. So interessant und wichtig die
alten Verhältnisse des Sakaria und seiner Nebenflüsse für die
Frage der Entstehung des Golfs von Ismid wäre, muß ich mich
auf diese wenigen Worte beschränken, da icli diesen Teil Bithyniens
nicht durch eigene Anschauung kenne und die Literaturangaben
gar zu dürftig sind, um irgend welche Schlüsse zu ziehen. Ganz
ungewiß erscheint mir, nach welcher Richtung der Sakaria vor
Entstehung des Golfes von Ismid abgeflossen ist, da hier, will
man auch nur eine einigermaßen gesicherte Hypothese aufstellen, das
1 a. a. 0. p. 395.
2 Nach der Darstellung der FiTZNER’schen Karte. Anders ist die
Darstellung in Meyer’s „Türkei“ p. 392: ,3 km nördlich von Bahnstation
Hamidieh liegt die alte Brücke des Sophon . . ., 561 n. Chr. vom Kaiser
Justinian erbaut und jetzt noch fast vollkommen erhalten; sie führt an-
geblich über ein verlassenes Bett des Sangarios , der jetzt als Sakaria
3 km westlich von der Brücke vorüberiließt. Da aber in diesem Falle
die Wellenbrecher der Brücke auf der der Strömung entgegengesetzten
Seite liegen, ist es wahrscheinlicher, daß der Fluß ehemals das Schwarze
Meer nicht erreichte, sondern nördlich von Adabasar in einer westlichen
Kurve unter der Brücke hindurchfloß und sich durch den See von Sabandscha
in den Golf von Ismid ergossen hat. Es ist aber auch möglich, daß
Justinian den Strom in dieser Weise ablenken wollte . . . Unter der Brücke
hindurch fließt jetzt der Tschark Su . . .“
geologischen Geschichte der Bithynischen Halbinsel.
Kartenmaterial vollkommen versagt. Gerade diese Frage wäre
aber zur Feststellung der geologischen Geschichte des östlichen
Teils Bithyniens von großer Wichtigkeit.
Mag nun der Sakaria in den Sabandja geflossen sein oder
nicht, ein breiter alter Flußlauf verbindet jedenfalls den Sabandja
mit dem Golfe von Ismid. Nur entweder ein Tieferlegen der
Erosionsbasis des Tscliark Su oder eine Erhöhung der Schwelle
zwischen dem Sabandja und dem Meere kann die Entwässerung
des Sabandja nach Norden eingeleitet haben, vielleicht mag auch
beides Zusammentreffen. Tatsächlich sehen wir im Gebiete des
Golfes von Ismid jetzt Anzeichen niedrigeren Wasserstandes als er
ihn früher hatte.
An vielen Stellen läßt sich eine, allerdings nicht ganz regel-
mäßige Terrasse an der Südküste der Halbinsel verfolgen, deren
Höhe ich leider nicht in Meterzahl angeben kann, die aber, falls
es sich nicht um zwei verschiedene Terrassen handelt, was ich
jedoch nicht glaube, im Osten höher liegt, als im Westen. Ebenso
spricht der Zuwachs an Land längs des ganzen Golfes für eine
negative Strandverschiebung in jüngerer Zeit.
Fitzxeh1 führt schlagende Beispiele für Landzuwachs im Osten
des Golfes in großer Zahl au. Ich will nur hervorheben, daß die
ganze Ebene von Ismid, deren Niederschlagsgebiet im ganzen
höchstens 400 qkm umfaßt, während sie selbst etwa 35 qkm mißt,
aus jüngsten Ablagerungen besteht. Das weit in den Golf hinaus-
geschobene Delta des Yalak Dere habe ich bereits erwähnt. Aber
auch weiter im Westen sehen wir bei Tuzla, wie sich zwischen
die alten Gesteine des Festlandes und die des St. Georgkaps junge
Schwemmassen gelegt haben, die nun beide verbinden 2.
Trotzdem hat der Golf von Ismid noch beträchtliche Tiefen,
die stets der Südseite näher liegen als der Nordseite. Vier Ab-
schnitte lassen sich im Golfe unterscheiden:
1. Der östlichste von der Ebene von Ismid bis zur Ein-
schnürung beim Kavak Burnu; die größte Tiefe ist 22 in, die
größte Breite 5 km.
2. Der breitere Teil von hier bis zum Dil Burnu, dem
Drepanon der Alten, mit 100 m größter Tiefe und 10 km
größter Breite.
3. Der Teil bis zur Enge zwischen Dardja Burnu und
Tschatal Burnu mit 110 m größter Tiefe zwischen den beiden Kaps.
4. Der äußere Teil, im Westen mit Tiefen über 1000 m.
Viel langsamer fällt der Meeresgrund an der Nordküste der
bithynischen Halbinsel ab. Im allgemeinen läuft die — 20 m-
Kurve in 4 — 5 km Entfernung von der Küste. Trotzdem also
1 a. a. 0. p. 54.
* Toüla, Geologenfahrten am Marmarameere. p. 11.
8
P. Kessler, Zur jüngeren
der Abfall viel flacher ist und bei weitem größere Wasserläufe
in das Schwarze Meer als in den Golf von Ismid münden, hat
sich keiner der Flüsse ein Delta in das Meer vorbauen können.
Im Gegenteil, einige enden an Limanen und Buchten.
Um festzustellen, ob diese Verhältnisse allein durch ein An-
steigen des Spiegels des Schwarzen Meeres oder auch durch ein
Sinken der Nordküste der bithynischen Halbinsel eingetreten sind,
müssen weitere Gebiete in Betracht gezogen werden.
Am Schwarzen Meere lassen sich die Limane vom Asowschen
Meer längs der Nordküste und Westküste bis zum Bosporus und
dessen Umgebung verfolgen.
Am Bosporus selbst liegen einige Limane, von denen der
bekannteste das Goldne Horn ist, das den auf etwa 7 km Er-
streckung überschwemmten Unterlauf des Kiathane Su und Alibey
Su darstellt. Ferner sind die westlich von Konstantinopel in das
Marmarameer mündenden Buchten von Kiitschiik- und Biijük-
Tschekmedje Limane.
An der Südküste der Krim, im Osten und Süden des Schwarzen
Meeres fehlen die Limane. An den Vorbergen des Kaukasus enden
nach Hörnes 1 sogar die Täler hoch oben an einem Steilabfall.
Daraus könnte man wohl den Schluß ziehen, daß das ganze Gebiet
um das Schwarze Meer in jüngerer Zeit eine Bewegung derart
durchgemacht habe, daß sich der westliche und nordwestliche Teil
gesenkt, der östliche und südöstliche sich gehoben habe. Damit
in Übereinstimmung zu stehen scheint, daß die Verbindung des
Schwarzen Meeres mit dem Kaspischen durch die Manytschmeer-
enge in einer gewissen Zeit des Quartärs noch bestanden hat,
jetzt aber unterbrochen ist. Diese Bewegung des Schwarzen
Meeres müßte sich zeitlich durch die Ablagerungen an den Limanen
feststellen lassen. Man wird wohl kaum bezweifeln, daß die
sämtlichen Limane ziemlich gleichaltrig sind. Der Miusliman, an
der Nordküste des Asowschen Meeres, westlich von Taganrog, ist
nach den Untersuchungen Sokolows2 in braune Mergel und
Lehme und tiefer in Ablagerungen mit Päludina diluviana und
anderen Südwasserformen, von denen ich hier nur Dreissensia
rostriformis nennen will, eingeschnitten. Nimmt man die Schichten
mit Päludina diluviana als altglacial oder auch vielleicht prä-
glacial an, so muß das Einschneiden der Flüsse nicht unwesentlich
jünger sein, da sie ja auch noch die diese bedeckenden mächtigen
braunen Mergel durchschnitten haben.
Das tiefe Einschneiden der Flußtäler an der Nordküste
Bithyniens, das die Ursache zur Bildung der kleinen Limane war,
1 a. a. 0. p. 17.
1 Der Miusliman und die Entstehungszeit der Limane Südrußlands.
Verli. d. russ. kaiserl. Mineralog. Ges. in St. Petersburg. 2. Ser. 40. 1902.
(Zit. nach Hörnes p. 19.)
geologischen Geschichte der Bithynischen Halbinsel.
9
fällt also wahrscheinlich auch in diese Zeit. Die Senkung des
Landes oder das Ansteigen des Wasserspiegels, das die Täler
unter Wasser gesetzt hat, muß also noch in jüngerer Zeit er-
folgt sein.
Sprechen, wie oben gezeigt, die Verbreitung der Limane im
Westen des Schwarzen Meeres und das Fehlen aller Anzeichen
einer positiven Strandverschiebung im Osten anscheinend für eine
Senkung im Westen und eine Hebung im Osten, so scheinen sich
doch Einwände geltend machen zu lassen.
Der wichtigste ist die Verbreitung der Dreissensia rostri-
formis auf dem Grunde des Schwarzen Meeres. Diese kommt heute
subfossil in Tiefen bis zu 800 m vor. Man darf aus ihrer Dick-
schaligkeit, die auf ein Leben im seichten Wasser deutet, schließen,
daß entweder seither der Spiegel des Schwarzen Meeres gestiegen
sei, oder der Boden sich gesenkt habe. Die Dreissensia soll nun
nach Hörnes1 ringförmig die größten Tiefen des Schwarzen
Meeres umschließen. Wäre das wirklich so, daß die Verbreitung
der Dreissensia an bestimmte Isobathen gebunden wäre 2, so spräche
das allerdings gegen jede einseitige Bewegung am Schwarzen
Meere. Tatsächlich sagt aber auch Hörnes, daß die Dreissensien
sich in verschiedenen Tiefen finden. Eine von Andrussow gegebene
Karte 3 des Schwarzen Meeres zeigt nun allerdings drei Stellen
mit Dreissensia rostriformis zwischen den Isobathen von 100 und
500 Faden, aber auch eine bei — 30. Als beim Miusliman über
dem jetzigen Wasserspiegel liegend ist vorhin schon ein Punkt
erwähnt worden. Noch weitere Daten führt Hörnes nach Andrussow
an und zwar die Tiefen von 48, 50, 53, 105, 240, 363, 387
Faden (zu 6 Fuß). Ich glaube daher, daß man aus der Ver-
breitung der Dreissensia keinerlei Schlüsse auf gleichmäßiges
Steigen des Wasserspiegels oder gleichmäßiges Sinken des Unter-
grundes ziehen darf.
Unter den Gründen, die für eine Hebung im Osten sprechen,
wurde das Enden der Täler hoch über dem Wasserspiegel er-
wähnt. Hörnes4 führt dieses nicht auf jüngere Hebung zurück,
sondern darauf, daß „die Zerstörung des Landes durch das Meer
hier so rasch eingreift, daß sie der Erosion voraneilt.“ Wenn
aber das Steigen des Wasserspiegels die Überschwemmung der
Limane veranlaßt hätte, ist nicht einzusehen, warum am Tieflande
von Kolchis , an dem nur verhältnismäßig unbedeutende Flüsse
münden, ein bedeutender jüngerer Landzuwachs stattgefunden hat.
1 a. a. 0. p. 15.
1 Sokolow, Über die Entstehung der Limane Südrußlands. Memoires
du comite geologique. X. 4. 1895. p. 96. (Zit. nach Hörnes p. 15.)
3 La Mer Noire. Guide des excursions du VII Congres g6ol. Intern.
1897. XXIX.
4 a. a. 0. p. 17.
10
P. Kessler. Zur jüngeren
Immerhin mögen auch erhebliche Schwankungen des Wasser-
spiegels durch klimatische Einflüsse erfolgt sein, aber die Haupt-
ursaclie des Ertrinkens der alten Flußtäler scheint mir eine Senkung
im Westen des Schwarzen Meeres zu sein.
Ich glaube, daß man die Verhältnisse vom Schwarzen Meer
auch auf die bithynisclie Halbinsel übertragen darf und annehmen
kann, daß sie zur selben Zeit wie die russischen Limane eine
Senkung erfahren hat. Ob auch hier die Senkung im Westen
stärker war als im Osten, erscheint mir nicht ohne weiteres sicher.
Doch scheint mir folgendes dafür zu sprechen. Zurzeit als der
Bosporusfluß das Ägäische Festland nach Norden entwässerte,
bestanden, wie oben gezeigt, auch bereits die Flüsse Bitli3rniens,
vor allem das Eiwa Dere. Die Flüsse der europäischen Halbinsel,
deren Hebungsvorgänge wohl etwas anders verliefen als die der
asiatischen, fließen nach Südosten, mündeten also in den Bosporus-
fluß. Jetzt ist im Schwarzen Meer die 50 m-Isobathe von der
Riwamündung nur wenige Kilometer weiter entfernt, als von dem
Eingang der Bosporusstraße in das Schwarze Meer. Die Erosions-
basis der nach Süden fließenden Flüsse auf europäischer Seite
muß also mindestens ungefähr ebenso hoch gelegen haben als
die der bithynisclien. Nun haben die bei Büjiik und Kiitschiik-
Tschekmedje (18 und 35 km westlich Konstantinopel ) mündenden
Flüsse große Limane, die an der bithynisclien Nordküste münden-
den nur unbedeutende. Da ihre Länge und die Höhe ihrer ehe-
maligen Erosionsbasis ungefähr dieselbe ist, wenn letztere für die
bithynisclien nicht noch niedriger lag, scheint mir die verschiedene
Limanenbildung sich nur durch verschiedene Senkung erklären zu
lassen. Allerdings könnte man einwenden, daß die Buchten von
Kütschük- und Büjiik-Tschekmedje in das niedere Gelände der weichen
Tertiärmergel eingeschnitten sind, während das Riwa Dere am
Steilabfall der harten Devonschiefer sich nur ein schmales Tal graben
konnte. Aber das Goldne Horn ist ja in dieselben Devonschiefer
des Steilabfalls der Perafläche eingeschnitten. Allerdings könnte
auch die ehemalige Nordküste, an der sich größere Limane be-
funden hätten , durch die kräftigere Brandung des Schwarzen
Meeres nach Süden verlegt worden und die Limane so zerstört
sein; aber an der europäischen Siidküste müßten trotz geringerer
Brandung ähnliche Vorgänge stattgefunden haben, da hier weit
weichere Gesteine anstehen.
Noch ist die Frage zu erörtern, ob die Überschwemmung der
Flußtäler vor oder nach dem Einbruch des Golfs von Ismid statt-
gefunden hat. Keinerlei gehobene marine oder auch süße Ab-
lagerungen — das Eindringen des Meeres braucht nicht mit dem
Niedergehen des Golfes zusammenzufallen — aus jüngerer Zeit geben
uns an der Siidküste Bithyniens hierüber Aufschluß. Zwar ist
auch auf dem Grunde des Bosporus und des Marmarameeres Breis-
geologischen Geschichte der Bitbynischen Halbinsel.
11
sensia rostriformis gefunden worden , so eine Verbindung eines
einstigen süßen Marmarabeckens mit dem Schwarzen Meer durch
ein bereits versunkenes Bosporustal beweisend, wenigstens nach
der Anschauung vieler Autoren, ob sie aber auch subfossil im
Golfe von Ismid vorkommt, ist mir nicht bekannt. Jedenfalls
glaube ich nicht, daß man die noch jetzt zahlreichen Erdbeben
an der Südküste der bithyuischen Halbinsel als Beweis des ganz
jungen Einbruchs anführen kann, denn nach dem oben ausgeführten
scheint sein ganzes Gebiet gerade in der Hebung begriffen zu
sein oder war es wenigstens vor kurzer Zeit.
Möglicherweise hat die Hebung des ganzen südlichen Gebietes,
die ja bereits vor Anlage der Flußtäler der bithynischen Halb-
insel bestanden und diesen ihre Richtung vorgeschrieben hat, seither
nicht zu wirken aufgehört, wobei allerdings im Westen nur eine
äußerst schwache Hebung eingetreten sein kann, da sonst das
Gefälle des Bosporus nach Norden stärker sein müßte. Im Osten
scheint sie kräftiger zu sein und hebt nun, nachdem der Ein-
bruch des Golfs von Ismid zur Ruhe gekommen ist, samt dem übrigen
Gebiet auch die von seinem Wasser bedeckte Fläche.
Ferner bleibt noch die Frage offen, wann das Mittelmeer mit
dem Schwarzen Meere in Verbindung trat. Wohl gleichzeitig mit
der Überflutung der Limane und in ursächlichem Zusammenhang
mit der Senkung, die ihre Überflutung hervorgerufen hat, drang
das Mittelmeer in den Pontus ein und brachte sein Salzwasser
bis weit in die Mündungen der alten Flüsse, in denen nun
Austern, Pecten und andere Seetiere leben konnten ü Es liegt
natürlich sehr nahe, den niedrigen Wasserstand, bei dem das allein
möglich war, nur auf klimatische Ursachen zurückznführen, da ja
auch heute die großen Binnenmeere der abflußlosen Gebiete viel-
fach ihren Spiegel unter dem des Meeres haben. Es scheint mir
aber, als habe auch im Schwarzen Meere selbst eine Senkung
gewirkt. Im Pontus läßt sich, wie bereits gesagt, das Bett des
Bosporusflusses bis zur 200 m-Isobathe verfolgen. Auf der etwa
16 km weiten Entfernung von der Isobathe 50 bis zur Isobathe
100 fällt der alte Lauf mit ungefähr 3 zu Tausend. Auf der
6 km weiten Entfernung von der Isobathe 100 bis zur Isobathe
200 aber mit dem ganz abnormen Gefäll von ungefähr 1,7 zu
100. Ein derartiges Gefälle hätte allerdings vielleicht bei einem
schnellen Sinken des Spiegels des Pontus entstehen können, wäre
aber bald wieder geringer geworden. Aber auch im Süden des
Marmarameeres kann man das Bett des Ägäischen Flusses bis
unter die 100 m-Linie verfolgen. Hier ist es ausgeschlossen, die
tiefe jetzige Lage anders als durch Senkung zu erklären und ich
Sokolow, a. a. 0. p. 103. (Zit. nach Hörnes a. a. 0. p. 23.)
12
P. Kessler, Zur jüngeren geologischen Geschichte etc.
Marmarameer und Ägäis
nach Hörnes
Bithynische Halbinsel und
benachbarte Gegenden
Fluviatile Ablagerungen am Helles-
pont mit der Pikermi-Fauna,
wahrscheinlich gleichzeitig mit den
Schotterablagerungen imBelgrader
Wald hei Konstantinopel. Beginn
der Entwässerung des ägäischen
Festlandes gegen den Poutus.
Das alte gefaltete und verworfene
Gebiet der Bithynischen Halbinsel
und des Bithynischen Festlandes
ist allmählich zur Peneplain ge-
worden.
Paludinenseen auf dem ägäischen
Festland, Bildung der Dreissensien-
und Cardienschichten von Gallipoli.
Der ägäische Fluß bildet die oberen
„reifen“ Täler der Dardanellen und
des Bosporus.
Die Peneplain hebt sich allmählich,
und zwar im Süden stärker als im
Norden. Beginn der Herausbildung
der nach Norden fließenden Flüsse.
Einschneiden der canonartigen Tiefen
des Bosporus und der Dardanellen,
des Goldenen Horns und anderer
Limantäler (Kütschük- undBiijük-
Tschekmedje). Beginn des Ein-
bruchs der Ägäis, Eindringen des
Mittelmeeres vom Süden her.
Vertiefung der Flußtäler.
Auch der nördliche Teil der Ägäis
geht zur Tiefe. Eindringen des
hochstehenden Mittelmeeres in die
Dardanellen , das Marmarameer
und den Bosporus. Hochliegende
mediterrane Ablagerungen an den
Dardanellen und an der Nordküste
des Marmarameeres.
Einbruch des Ismider Grabens. Kurze
Bäche bilden sich an seiner Nord-
küste und dringen räuberisch in
das Gebiet der nach Norden fließen-
den älteren Bäche vor, teilweise
ihr Bett benutzend. Eindringen des
Mittelmeers. Senkung im west-
lichen Teil der Halbinsel. Über-
schwemmung des Bosporus und
anderer Flußtäler durch Senkung
im Westen.
Übergang in die heutigen Ver-
hältnisse; Ausbildung der oberen
ausgesüßten und der unteren
salzigen Gegenströmung im Bos-
porus, welche immer weniger im-
stande ist, das Gleichgewicht her-
zustellen.
Durch starken Landzuwachs und ge-
hobene Küstenterrassen zeigt sich
eine Hebung im Süden, besonders
im Südosten der Halbinsel.
Th. Kormos, Kleinere Mitteilungen a. d. ungar. Pleistocän. 13
glaube, daß mau ebenso auch am Pontus junge Senkung als Ur-
sache der tiefen Lage des alten Flußlaufes annehmen kann. Man
wird wohl dieser Senkung, die wahrscheinlich zeitlich und ursächlich
mit der Senkung des ganzen westlichen Schwarzen Meergebietes
zusammenfiel , neben klimatischen Einflüssen den niederen Stand
des Schwarzen Meeres zu damaliger Zeit zuschreiben müssen.
Im wesentlichen nur auf klimatische Einflüsse will Hörnes die
Verschiebungen im Stande des Pontus zurückführen uud darin kann
ich ihm nach allem bisher ausgeführten nicht beistimmen. Das
ändert aber nicht, daß sich die zeitliche Folge der Vorgänge, wie
ich sie aus der Morphologie der bithjmischen Halbinsel geschlossen
habe, mit der von Hörnes für das Marmarameer und die Ägäis
gegebenen gut vereinbaren läßt. Die Einordnung der Vorgänge
in die geologischen Zeiträume, die noch nicht ganz geklärt zu
sein scheint, will ich bei dem Vergleiche mit der Darstellung von
Hörnes 1 lieber weglassen, ebenso wie den an derselben Stelle
gegebenen Überblick über die Geschichte des Schwarzen Meeres,
bei dem sich der "Widerspruch mit meiner Auffassung allzusehr
geltend macht.
Nicht eine erschöpfende Darstellung der jüngeren geologischen
Geschichte Bithyniens sollen die vorangehenden Zeilen geben,
sondern nur ein paar Schlüsse aus der Morphologie sollten gezogen
werden. Auch diese sehe ich keineswegs als unumstößlich an.
Neuere Untersuchungen können vielleicht manches in anderem
Lichte erscheinen lassen , für manches aber auch neue Beweise
bringen. Nur weniges ist bisher zur geologischen Untersuchung
Bithyniens geschehen und genauere Untersuchung wäre dringend
wünschenswert.
Kleinere Mitteilungen aus dem ungarischen Pleistocän.
Von Dr. Th. Kormos.
1. Neue Vogelarten aus der Felsnische Puska-
poros bei Hämor.
Herr Oberlehrer W. Capek, der bekannte mährische Orni-
thologe, hatte die Freundlichkeit, neuerdings wieder mehrere aus
der Felsnische Puskaporos bei Hämor (Kom. Borsod) stammende
Vogelreste zu untersuchen. In diesem Material befinden sich —
abgesehen von Arten , welche aus dieser Nische bereits bekannt
sind1 2 — mehrere Vögel, die von hier bisher nicht nachgewiesen
waren. Ich kann über folgende Arten berichten :
1 a. a. 0. p. 63.
2 Th. Kormos, Die pleistocäne Fauna der Felsnische Puskaporos bei
Hämor. Mitteil. a. d. Jahrb. k. ung. geolog. Eeichsanst. Bd. XIX. H. 3.
14
Tb. Kormos,
1. Falco peregrinus Tunst.
2. Numenius (phaeopus L. ?)
3. Coturnix coturnix L.
4. Anas boscas L. «rul
5. Mer g us albellus L.
Mit diesen 5 Arten , welche in der pleistocänen Vogelfauna
Ungarns durchweg neu sind, hat sich die Zahl der aus der Puska-
poros bekannten Vogelarten auf 35 erhöht.
2. Noch etwas über die Tundrafauna von Köszeg.
Dieses Thema wurde von mir unlängst etwas näher be-
sprochen *. Das Material meiner diesbezüglichen Untersuchungen
stammt aus den Händen des Herrn kgl. Ungar. Reichsgeologen
E. v. Maros, der dasselbe im Jahre 1904 sammelte. Dem Letzt-
genannten gelang es damals unter anderem auch einige wohl-
erhaltene Reste (7 Unterkieferhälften und 1 Schädelbruchstück) des
Halsbandlemmiugs ( Dicrostonyx torquatus foss. Nhrg.) zu sammeln,
eines Tieres, welches für die hocharktischen Tundren charakte-
ristisch ist.
Während des vergangenen Jahres bot sich mir Gelegenheit,
diesen interessanten Fundort mit meinem Freund v. Maros be-
suchen zu können. Derselbe befindet sich in dem — am Sza-
böhegy gelegenen — SAYBOLD’schen Phyllitbruch, wo wir diesmal,
außer einigen von hier bereits bekannten Arten , auch Reste
anderer Tiere vorfanden. Es sind das:
Putorius nivalis L.
Microtus nivalis Martins
„ grcgalis (Pallas)
Lcpus europaeus (Pallas) und
Cr ex er ex (L.)
aus dem Stamm der Vertebraten und
Fruticicola slrigella Drap.
Eulota fruticum Müll, und
Taehea vindobonensis Fer.
von den Mollusken.
Durch einen eigentümlichen Zufall konnten wir bei dieser
Gelegenheit gar keine Lemmingreste antreffen.
3. Ein pleistocäner Schlupfwinkel des Sieben-
schläfers.
Ebenfalls bei Köszeg, im Gneisbruch unterhalb der Kalvarie,
im Gyöngyösbachtal fanden wir die Spuren eines pleistocänen
Schlupfwinkels des Siebenschläfers (Glis glis L.). In diesem Stein-
1 Th. Kormos, Über eine arktische Säugetierfauna im Pleistocän
Ungarns. Dies. Centralbl. 1911. p. 300 — 303.
Kleinere Mitteilungen aus dem ungarischen Pleistocän.
15
hrucli entdeckten wir nämlich eine mit Bohnerz ausgefüllte verti-
kale Spalte , aus welcher die Knochenreste dieses Nagetiers in
großer Anzahl zutage kamen. Knochen anderer Tiere sind uns
von hier nicht zu Händen gelangt. Deshalb und weil an dieser
Stelle auch benagte und ganz fossil aussehende Haselnüsse vor-
liegen , ist es klar , daß die Siebenschläfer im Pleistocän hier
hausten.
4. Glis glis L. aus dem Pleistocän des Komitats
Komärom.
Herr H. Horusitzky, kgl. Chefgeologe, sammelte im Jahre
1900 bei Baromlak (Kom. Komärom) in einer Tiefe von 3 m
aus dem — unter den Lößschichten gelagerten — Sand nebst
einigen Mollusken (Succinea oblonga Drap., Limnaeus stagnälis L.,
Bithynia ventricosa Gray und Sphacrium corneum Müll.) mehrere
Nagetierknochen (3 Femora, 1 Tibia, 3 Ilei). Dieselben lagen
bisher unberührt in unserem Museum, bis ich unlängst Gelegen-
heit hatte, die Stücke zu untersuchen. Nun kann ich aber mit-
teilen , daß die erwähnten Knochen ohne Ausnahme den Sieben-
schläfer (Glis glis L.) repräsentieren.
5. Das erste Vorkommen des Microtus ratticeps
Keys, et Blas, im Löß des Alföld.
Herr kgl. Chefgeologe P. Treitz sammelte im Jahre 1902 um
die Lößkeller der Gemeinde Solt (Komitat Pest) aus dem Löß
eine Anzahl kleiner Knochen , welche aber zu näheren Unter-
suchungen größtenteils nicht geeignet sind. Unter diesen Resten
befanden sich jedoch auch zwei Unterkieferbruchstücke , dessen
eines von einem Hamster ( Cricetus cricetus L.), das andere aber
von Microtus ratticeps Keys, et Blas, herrührt. Letzterer ist be-
kanntlich ein nordisches Tier, welches sich als Relikt aus der
Glazialperiode in Ungarn (Csallököz) bis zum heutigen Tage er-
halten hat.
Aus dem ungarischen Pleistocän ist dieses Tier schon mehr-
fach nachgewiesen (Höhlen von Novi und O-Ruzsin , Höhlen des
Biikkgebirges , Köszeg), wurde aber im Löß des Alföld (große
ungarische Ebene) bisher nicht gefunden. Dieser Fund zeigt uns
deutlich , daß die weit ausgedehnten Lößdistrikte des ungarischen
Alföld in faunistischer Hinsicht noch viel des Interessanten bieten
werden.
6. Cricetulus phaeus (Pallas)? am Fuße des Velebit-
geb irge s.
Herr Prof. Dr. A. v. Dügen entdeckte im Jahre 1910 bei
Carlopago in Kroatien (Komitat Lika-Krbava) eine Knochenbreccie
und hatte die Freundlichkeit, mir von diesem einige Belegstücke
zur Untersuchung zu übergeben. Der Fundort befindet sich in
dem Punta Tatina genannten Tal.
Die untersuchten Stücke bestehen aus einem fest verkitteten
16 Th. Kormos, Kleinere Mitteilungen a. d. Ungar. Pleistocän.
Kalksteinmaterial und zeigen hier und dort Knochenspuren. Durch
Zerschlagen der Breccienstücke gelang es mir , mehrere Knoclien-
bruchstücke und kleine Zähnchen los zu lösen, unter welchen ich
einen kleinen Teil aus dem Unterkiefer eines Marder -artigen
Kaubtieres, einen halben oberen Hirschzahn, Zähne und
Unterkieferbruchstücke zweier — bisher näher nicht bestimmten —
Microtus- Arten , einen sehr eigentümlichen und mir gänzlich un-
bekannten wurzeligen Zahn eines W ü li lmaus- artigen Tieres,
einen zahnlosen , linken Unterkieferast eines Cricetulus , und das
Pygale einer großen Schildkröte (Testudo?) feststellen konnte.
Letzteres hat viel Ähnlichkeit mit jenem meiner großen plioeänen
Art (Testudo?) von Polgärdi.
Der erwähnte Unterkiefer eines Cricetulus zeigt so große Ähn-
lichkeit mit jenem des von verschiedenen Punkten Ungarns be-
kannten fossilen C. pliacus Pallas , daß ich denselben — wenn
auch keine Zähne vorhanden sind — in den Formenkreis dieses
kleinen Steppenhamsters verweisen zu dürfen gedenke. Sollte sich
an dieser Stelle ein ausgiebigeres Material vorfinden, so dürften bei
dem Vergleich noch die Arten C. arenarius (Pallas), C. songarus
(Pallas) und hauptsächlich C. atticus Nhrg. mit in Betracht ge-
zogen werden. Meines Wissens ist das Vorkommen im Pleistocän
bei Carlopago das südlichste dieser Tiergruppe. Letzterer Um-
stand, sowie auch die übrigen Beziehungen dieser Fauna verdienen
wohl eine weitere Beachtung.
7. Ein interessantes Rehgehörn aus dem pleisto-
cänen Süß wasser kalk von Süttö.
Herr kgl. Sektionsgeologe Dr. A. Liffa erfreute mich im ver-
gangenen Jahre durch ein — in dem Aprili’schen Kalksteinbruch
bei Süttö — gefundenes interessantes Rehgehörn. Dasselbe ist
ein abgeworfenes Stück, von welchem der größte Teil der Stange
fehlt. Letztere ist oberhalb der Rose 36 mm breit und 30 mm
dick, also breit und flach. Die Augensprosse zeigt schon an der
Stangenbasis die Tendenz zur Abzweigung. In einer Höhe von
54 mm über die Rose sehen wir einen breiten Sattel, aus welcher
die 00 mm lange Augensprosse, mit der Stange einen sehr spitzeu
Winkel bildend , steil emporragt. Auf dem Gehörn selbst sind
keinerlei Spuren einer Verletzung oder gar Abnormität zu sehen.
Die niedrige Stellung der Augensprosse einerseits, die Länge und
die steile Richtung derselben anderseits verleihen diesem Gehörn
ein besonderes Interesse. Das sind nämlich Charaktere , welche
bei dem heutigen Rehgehörn nur in den seltensten Fällen Vor-
kommen, die aber unserem Stück ein gewisses, Dicroceras- ähnliches
Aussehen verleihen. Bei dem mioeänen Dicrocerus ist das Gehörn,
wie bekannt, meist zweispitzig, d. i. „Gabler“ und die Verzweigung
der Sprossen beginnt knapp oberhalb der Rose. Bei dem Reh
dagegen steht die Basis der Augensprosse in den meisten Fällen
P. Kaemmerer, Versuch zu einer neuen Deutung etc.
17
sehr hoch an der Stange, so daß das Gehörn von Siitt« in dieser
Hinsicht eine Mittelstellung zwischen Capreolus und Dicrocerus eiu-
nimmt. Ich denke wohl nicht irre zu gehen, wenn ich behaupte,
Maß uns diese Erscheinung einen interessanten Fall des Ata-
vismus zeigt.
8. Neuere Beiträge zur Fauna des kroatischen
Karstes.
Ich habe bereits über meine Ausgrabungen Bericht erstattet,
durch welche im Jahre 1911 die ersten Spuren des pleistocänen
Urmenschen im Karstgebiete zum Vorschein kamen '. Die Höhle,
wo diese Ausgrabungen stattfanden , liegt in der Umgebung der
Gemeinde Lokve, am Slemeberg, in einer Höhe von 864 m ii. d. M.
und ist in meinem zitierten Aufsatz eingehender beschrieben. Im
Sommer 1912 setzte ich hier die Ausgrabungen fort , doch das
Ergebnis war jetzt unzureichend. Es stellte sich heraus, daß
der Urmensch sich in dieser Höhle nur vorübergehend aufhielt
und hier kein beständiges Heim hatte. Auch die Fauna ist sehr
arm , denn außer den sehr häufigen Bärenknochen sammelte ich
das erstemal nur einige, allenfalls sehr interessante Pantherreste.
Meine diesjährigen Arbeiten werden an der Fauna nicht viel ändern,
es ist aber immerhin erwähnenswert, daß bei dieser Gelegenheit
ein oberer rechtsseitiger Nagezahn eines Murmeltieres ( Arctomys
marmota Schreb?) und ein Tarsometatarsus eines Alpenschnee-
huhus ( Layopus mutus Montin) zum Vorschein kamen. Das Murmel-
tier ist bei Krapina in zahlreichen Überresten gesammelt worden,
für das Karstgebiet ist aber sein Vorkommen im Pleistocän neu.
Ebenfalls neu, ja sogar für Kroatien und Slavonien überhaupt, ist
meines Wissens das Vorhandensein eines Alpenschneehuhns in
dieser Fauna.
Versuch zu einer neuen Deutung der Struktur des Meteor-
eisens von Carthage (Tennessee).
Von Paul Kaemmerer in Dresden.
Mit G Textüguren.
Bei der Durchsicht der Meteoreisen-Sammlung im Kgl. Mineralog.
Museum zu Dresden fiel ein Stück des 1840 gefundenen Eisens1 2
von Carthage (Tennessee), das bisher als Oktaedrit mit
1 Kormos, Die ersten Spuren des Urmenschen im Karstgebiete. Mit
Taf. II u. Fig. 15 — 17. Mitteilungen aus der Höhlenforschungskommission
d. ung. geol. Gesellsch. Jahrg. 1912. Heft 1. p. 97.
- Troost, Description of three varieties of Meteoric Iron. 1. Meteoric
Iron from Carthage, Smith County, Tennessee. Am. Journ. (2.) 2. p. 356 f.
1846. Wegen der übrigen Literatur über das Meteoreisen von Carthage
vergl. E. A. Wülfing, Die Meteoriten in Sammlungen, p. 64. 1897.
Centralblatt f. Mineralogie etc. 1913. 2
18
P. Kaemraerer, Versuch zu einer neuen Deutung
mittleren Lamellen* 1 registriert war, durch die eigenartige
Anordnung der Lamellenspuren auf der Hauptschnittfläche auf, die
sich scheinbar mit der angenommenen Oktaedritstruktur nicht ver-
einigen ließ. Herr Dr. Schreiter, der mich hierauf aufmerksam
machte, regte mich zu einer Entscheidung der Strukturfrage an.
Herr Geheimrat Prof. Dr. Kalkowsky stellte mir in liebenswürdiger
AVeise die beiden im Museum vorhandenen Stücke des Eisens von
Carthage, ferner ein Stück aus der Sammlung des Mineralogischen
Instituts der Kgl. Techn. Hochschule zu Dresden zur Verfügung;
ebenso wurde mir die vorhandene Literatur zugänglich gemacht.
Für alles Entgegenkommen möchte ich auch an dieser Stelle meinen
Dank aussprechen.
Da zunächst vermutet wurde, das vorliegende Eisen könnte
zu dem Typus gehören, den F. Rinne bei dem Meteoreisen von
Goamus, Farm Gibeon, D.-S.-AV. -Afrika, als Tesseraoktaedrit
beschrieben hat2, so wurde dieses Stück aus der Leipziger
Sammlung zum Vergleich erbeten. Es wurde in dankenswerter
Weise bereitwilligst zur Verfügung gestellt, erwies sich aber als
gauz anders geartet wie das hier vorliegende. Das Eisen von
Carthage ist also jedenfalls kein Tesseraoktaedrit.
Fig. 1. Lage der vier Lamellenscharen.
Die Betrachtung des Eisens zeigt, daß die Kamazitlamellen
vier Haupt scharen bilden , also parallel vier verschiedenen
Ebenen laufen und auf jeder Schnittfläche im allgemeinen vier
verschiedene Richtungen der Lamellenspuren erkennen lassen. Unter
den vollständigen Kristallformen der Holoedrie des regulären Systems
findet sich nun allerdings nur das Oktaeder als die Form, die
aus vier verschieden gerichteten Ebenen aufgebaut ist. Dennoch
ergibt eine andere Überlegung, daß das vorliegende Eisen kein
Oktaedrit sein kann. Eine der seitlichen Begrenzungs-
flächen (Fig. 1, AB CD) ist nämlich nahezu einer Lamellen-
schar parallel, zeigt demgemäß nur drei Spurenrichtungen.
Eine von diesen Spuren nun steht annähernd senkrecht
1 Auskunft über Strukturarten der Meteoreisen gibt E. Cohen,
Meteoritenkunde. 1894 — 1905.
1 F. Rinne, Ein Meteoreisen mit Oktaeder- und AVürfelbau (Tessera-
oktaedrit). N. Jahrb. f. Min. etc. 1910. I. p. 115.
der Struktur des Meteoreisens von Carthage (Tennessee).
19
auf der Hauptschnittfläche des Eisens (Fig. 1 , C D E F) ;
diese selbst zeigt wieder vier Spurenrichtungen, je zwei nahezu
senkrecht zueinander. Wäre also die Struktur oktaedritisch , so
müßte die seitliche Begrenzungsfläche einer Oktaeder-
fläche parallel, die Hauptschnittfläche zu einer
Oktaeder kante senkrecht stehen, d. h. parallel einer Fläche
des Rhombendodekaeders sein. Untersucht man aber, welche
Spuren entstehen, wenn ein Oktaeder nach der Fläche des Rhomben-
dodekaeders geschnitten wird, so ergeben sich nur drei ver-
schiedene Spuren. Diese bilden, wie sich durch Rechnung oder
Konstruktion leicht ermitteln läßt, ein gleichschenkliges Dreieck
mit den Basiswinkeln 54° 45'. Hat nun auch die Schnittfläche
nicht ganz genau die Lage der Dodekaederfläche, so ist doch eine
solche Abweichung, wie sie die Spurenrichtungen auf der Haupt-
fläche des Eisens gegen die oben genannten Richtungen aufweisen,
ausgeschlossen. Auch die Verfolgung der Übergangswinkel
der Lamellen an den Kanten läßt bald erkennen, daß hier eine
Anordnung nach Oktaeder flächen nicht vor liegt.
Fig. 2. Grundriß des Eisens I mit Lamellenspuren.
Da somit der Oktaedrittypus für das Meteoreisen von Carthage
nicht angenommen werden kann, so muß der Versuch gemacht
werden, die Anordnung der Lamellen unter einem anderen
Gesichtspunkte zu deuten.
Die Durcharbeitung verschiedener Möglichkeiten brachte mich
schließlich auf den Gedanken, daß die Lamellen des Eisens parallel
zu Flächen des Rhombendodekaeders gehen könnten. Dieser
Annahme stand zunächst im Wege, daß bei einem solchen Dode-
kaedertypus die Schnittflächen mehr Spuren zeigen müßten, als
vorhanden waren. Das nähere Studium zeigte dann, daß man eine
Erklärung der Struktur geben kann, wenn dem Aufbau des Eisens
ein Rhorabendodekaeder zugrunde gelegt wird, bei dem nur
die Zonen von zwei Hauptachsen ausgebildet sind, die Zone der
dritten Hauptachse aber fehlt, oder nur gelegentlich ganz
untergeordnet zur Geltung kommt. Wenigstens hat sich diese An-
nahme unter allen Möglichkeiten am besten bewährt. Ich gehe
nun etwas näher darauf ein.
Es lagen, wie erwähnt, drei Stücke des Eisens zur Unter-
2*
20
P. Kaemmerer, Versuch zu einer neuen Deutung
suchung vor. Das größte (I) hat die in Fig. 2 gezeichnete
Grundfläche und eine Höhe von durchschnittlich 0,9 cm. Die
Lamellenbreite schwankt zwischen reichlich 3 mm und 1 mm.
Außer der Ober- und Unterfläche bieten auch die nach AC und
AB geschnittenen Seitenflächen die WiDMANNSTÄTTEN’schen Figuren
dar. Der Taenit begleitet in ganz schmalen Bändchen den Kamazit ;
stellenweise ist er gar nicht zu Anden. Risse linden sich nach
allen Lamellenrichtungen hie und da ; das System der Lamellen
ist nicht ganz ungestört und macht einen sehr groben Eindruck.
Wesentlich das gleiche gilt von dem Stück II, das ein Teil-
stiick von I zu sein scheint, den Begreuzungsflächen nach zu ur-
teilen. Seine Grundfläche ist nur viel kleiner (Fig. 3) und es hat
fünf künstliche Flächen mit WiDMANNSTÄTTEN’schen Figuren.
Das Stück III ist eine anders als die vorigen orientierte Platte
mit lauter künstlichen Seitenflächen, von denen zwei zur Ober-
fläche schief, zwei nahezu senkrecht gehen. Den Grundriß zeigt
Fig. 4. Die Höhe ist etwa 5 mm.
Wo die Grobheit der Lamellen die Winkelmessuug zu un-
sicher machte, konnten mit Vorteil die zu den Lamellenspuren
parallelen Liniensysteme in den Plessitfeldern als Ersatz heran-
gezogen werden.
Ich erwähnte oben, daß die Hauptfläche von I und II nahezu
senkrecht steht zu einer in der einen Seitenfläche als Spur auf-
tretenden Kante. Deutet mau diese Kante nach der neuen Auf-
fassung als eine Dodekaederkante (die Kante c auf AB CD in
Fig. 1), so muß nun die Hauptfläche einer Oktaederfläche parallel sein.
Wird aber ein vollständiges Rhombendodekaeder nach einer
Oktaederfläche geschnitten , so entstehen 6 Spuren verschiedener
Richtung, von denen jede mit den benachbarten Winkel von 30°
bildet. Da nun nach unserer Annahme die Zone einer der Haupt-
achsen fehlen soll, so erhält man in diesem Falle nur vier Spuren-
richtungen, die der Reihe nach die Winkel 60°, 30°, 6 0°,
30° miteinander bilden. Diese vier Spuren zeigen sich nun tat-
sächlich auf der Hauptfläche des Eisens. Da diese, wie erwähnt,
Fig. 3. Grundriß des Eisens II
mit Lamellenspuren.
Fig. 4. Grundriß des Eisens III
mit Lainellenspuren.
der Struktur des Meteoreisens von Carthage (Tennessee).
21
nur angenähert die Lage einer Oktaederfläche hat, haben die
Winkel der Spuren natürlich nicht genau die oben genannten
Werte; sie liegen aber in der Nähe und auch die Größenänderung
erfolgt in dem gleichen Sinne. Aus der Abweichung ergibt sich
nun wieder die Möglichkeit, die Lage der Schnittfläche genauer
zu bestimmen, worauf ich noch eingehen werde. Was ferner
die liier gemachte Annahme stützt , ist der Umstand , daß die
Übergänge der Lamellenspuren an der Schnittkante tatsächlich in
der entsprechenden Weise stattfinden. Fig. 5 a stellt ein solches
„offenes“ Dodekaeder dar, bei dem die Zone der senkrechten Haupt-
achse fehlt. Es sind nur die vier Flächen a, b, c, d mit ihren
parallelen Gegenflächen vorhanden. Hat die vordere Fläche in
Fig. 1 etwa die Lage der Fläche d, so würde die Hauptfläche,
parallel einer Oktaederfläche, etwa die vier stark gezeichneten
Spuren auf a, b, c und d hervorbringen, während die punktierten
Spuren fehlen würden. Fig. 5 b zeigt die Platte der Fig. 1 zum
Vergleich mit dem Dodekaeder orientiert. Wie man sieht, ergeben
Lage der Hauptschnittfläche der Eisen I und II gegen das
unvollständige Dodekaeder.
sich die richtigen Übergänge der Spuren an der Kante C D hier aus
der Lage der Dodekaederflächen.
Bei genauer Absuchung waren übrigens auf jedem der Stücke
einige wenige und kurze Lamellenspuren zu finden , die sich im
Sinne der fehlenden Flächen dem ganzen System einzufügen schienen.
Die genauere Bestimmung der Lage der Hauptschnittflächen
zu den Flächen des Dodekaeders bezw. zum Achsensystem kann auf
die Verfahren gegründet werden, die für die oktaedrischen
Meteoreisen von A. Brezina1 2 und A. Himmelbauer 2 ausgearbeitet
worden sind. A. Brezina hat die Aufgabe rechnerisch behandelt
1 A. Brezina , Meteoritenstudien II. Über die Orientierung der
Schnittflächen an Eisenmeteoriten. Denkschr. d. K. Akad. d. Wissensch.,
math.-nat. Kl. 44. p. 121. 1882.
2 A. Himmelbauer, Orientierung von Schnittflächen an Meteoreisen.
Min.-petr. Mitt. 28. p. 153. 1909.
22
P. Kaemmerer, Versuch zu einer neuen Deutung
und für die Oktaedrite eine Tafel aufgestellt, aus der man mit
Hilfe der gemessenen Winkel der Lamellenspuren auf der Schnitt-
fläche die Lage dieser Fläche gegen das Achsensystem ermitteln
kann. Dieses Prinzip läßt sich natürlich auch auf das Dodeka-
eder übertragen. Die analytische Geometrie bietet die Formel,
aus der man den Winkel zweier Geraden im Raum berechnen
kann, wenn diese Geraden selbst durch die Gleichungen der sie
erzeugenden Ebenen gegeben sind. Ist etwa die Gerade Cj dar-
gestellt durch die beiden Ebenengleichungen :
y = mz + a
x = nz + b
eine andere Gerade G2 durch :
y = pz + c
x = qz + d,
so ergibt sich der Winkel </> zwischen G, und G2 aus:
1 + mp + nq
COS (f —
V (1 + nP + n2) (1 + p* + q2).
Z. B. ist x + y + z = 0 die Gleichung für die Oktaeder-
fläche (111). Die Dodekaederflächen (101) und (011) haben die
Gleichungen x + z = 0 und y -f- z = 0. Die Schnittgerade von
(111) und ( 1 0 1 ) wäre dann:
i (y = o
die von ( 1 1 1 ) und (011):
II.
y = — z>
x = 0
Hieraus folgt:
COS (f> I, II =
V 4
= = + l
Daher cp 1,11=60° bezw. 120°.
Es ist das der Winkel der Spuren a und b in Fig. 1 oder
Fig. 5 auf der Hauptschnittfläche.
Mit Hilfe dieser Formel könnte man also auch, wie A. Brezina
für das Oktaeder, für das Dodekaeder eine Tafel aufstellen, die
die Winkel der Schnittgeraden angibt, die bei wechselnder Lage
einer Ebene auf dieser von den sie schneidenden Dodekaederflächen
hervorgebracht werden.
Die allgemeine Lösung der Aufgabe , aus den auf der
Schnittfläche gemessenen Spurenwinkeln die Lage der Fläche gegen
die Achsen zu bestimmen, bietet algebraische Schwierigkeiten. Diese
können aber entweder auf die oben geschilderte Weise nach
A. Brezina oder auch so umgangen werden, daß man das graphische
Verfahren von A. Himmelbauer auf das Dodekaeder überträgt.
der Struktur des Meteoreisens von Carthage (Tennessee}.
23
A. Himmelbauer arbeitet mit dem WuLFp’schen stereo-
graphischen Netz unter einer Kugelprojektion des Oktaeders, die
auf durchsichtigem Papier gezeichnet ist. Er ermittelt den Pol
der Schnittfläche als den Schnittpunkt mehrerer Kurven, „Isoklineu“
genannt. Es gibt eine Keihe von Ebenen, auf denen die Schnitt-
geraden mit zwei bestimmten Oktaeder flächen immer den gleichen
Winkel bilden. Die zu dieser Ebenenreihe gehörigen Pole liegen
auf einer rIsoklineK.
Diese Isoklinenmethode läßt sich offenbar vom Oktaeder
sofort auf das Khombendodekaeder übertragen. Ich habe das bei
der vorliegenden Aufgabe ausgeführt, um so mehr, als die leider
X
Fig. 6.
Poltigur von zwei Zonen des Rliombendodekaeders (a, b, c, d), geschnitten
durch eine Oktaederfläche o und zwei an den Eisen I — III vorkommende
andere Flächen s, und s2.
nicht große Genauigkeit, mit der sich die Winkelmessungen an
den Lamellenspuren anstellen ließen, die rechnerische Mühe der
Tafelmethode nach A. Brezina nicht gelohnt hätte.
In der Fig. 6 ist zunächst die Polflgur des Rhombendodeka-
eders gezeichnet, wie es Fig. 5a entspricht, mit fehlender Zone
der Vertikalachse, a, b, c, d bedeuten die vier Flächen; A, B, C, D
ihre Pole. X, Y, Z bezeichnen die positiven Richtungen der Achsen.
Die in Fig. 5 a als schneidende Fläche angenommene Oktaederfläche
( 1 1 1 ) ist dann durch o mit dem Pol 0 dargestellt.
Die Ebene s, mit dem Pol S, ist die nach dem isoklinen
Verfahren genauer bestimmte Hauptschnittfläche der Eisen I und II.
24
P. Kaemmerer, Versuch zu einer neuen Deutung etc.
Diese Platten sind nicht genau planparallel ; die gezeichnete Fläche
hat die Lage, wie sie etwa den Mittelwerten der gemessenen
Spuren winkel entspricht: a, b = 50°, b, d = 32 °, «^ d, c= 59 °,
c, a = 39°. Diese Lage ist charakterisiert durch die Winkel
S1X=62°, S, Y = 52 S, Z = 5 1 0 gegenüber der etwas abweichen-
den Lage der Oktaederfläche 0, die bestimmt ist durch OX = OY
= OZ = 54° 45'.
Die Figur enthält schließlich noch die Hauptfläche s2 des
Eisens III mit dem Pol S2. Die Lage dieser Fläche ließ sich
ebenfalls graphisch durch die Isoklinen bestimmen mit Hilfe der
gemessenen Winkel der Lamellenspuren. Es fand sich im Mittel:
«£a, b = 50 °, b, c= 39°, ^ c, d=70°; d, a = 21°.
Daraus ergibt sich die Lage des Pols S2 derart, daß an-
nähernd S2 X = 8 1 °, S2 Y = 71 ü, S2 Z = 2 1 0 ist.
Die Spuren auf den Seitenflächen zeigten Eiclitungen , die
nach meiner Beobachtung mindestens qualitativ den Forderungen
genügten, die sich theoretisch auf Grund der graphischen Dar-
stellung an sie stellen ließen, besonders in bezug auf die Art
des Übergangs an den Kanten.
Nach alledem ordnet sich also auch das Stück III der An-
nahme unter, daß die Kamazitlamellen im Meteoreisen
von Carthage den Flächen zweier Hauptachsenzonen
des ßhombendodekaeders parallel gehen, während die
dritte Zone höchstens ganz untergeordnet auftritt.
Was sonstige Beobachtungen über dodekaedrische Lamellen
in Meteoreisen anlangt , so hat A. Brezina 1 au den Eisen von
Tazewell, Ballinoo, Narrabura-Creek, Augustinowka
und Joe Wright2 festgestellt, daß dem Bestandteil Schreibersit
die Anordnung nach Dodekaederflächen zukommt und daß dabei
häufig der Kamazit den Schreibersit als Wickelkamazit umgibt.
Speziell am Eisen von Augustinowka wurden wulstiges Anschwellen
der Balken und breiter Wickelkamazit bemerkt. Mit dieser wulstigen
Verbreiterung ist wohl dasselbe bezeichnet, was beim vorliegen-
den Eisen von Carthage als Grobheit der Lamellen auffällt.
Jedenfalls würde sich nun zunächst die Frage erheben, ob
die dodekaedrische Struktur des Meteoreisens von
Carthage, die hier nachzuweisen versucht wurde, auch auf die
Orientierung des Schreibersits zurückzuführen ist, oder ob
der Kamazit selbständig sich in dieser Anordnung ausgebildet hat.
Möglicherweise könnte auch gerade nur in den vorliegenden
Stücken des Eisens das Dodekaeder herrschen, während in anderen
Partien Oktaedrit-Struktur vorhanden wäre.
1 A. Brezina, Über dodekaedrische Lamellen in Oktaedriten. Sitz.-
Ber. d. K. Akad. d. Wissenscli. in Wien. 113. 1904. I. p. 577—583.
2 Über diese Vorkommnisse vergl. E. Cohen , Meteoritenkunde IIL,
p. 258; 286; 262; 387. 1905.
J. Koenigsberger, Nachtrag etc. — M. Bauer, Berichtigung. 25
Zusammenfassung.
Das Meteoreisen von Carthage (Tennessee) wurde bisher
als Oktaedrit mit mittleren Lamellen registriert. Die im
Kgl. Mineralog. Museum zu Dresden befindlichen Stücke dieses
Eisens zeigen aber auf den Schnittflächen Systeme von Lamellen-
spuren, die sich mit Oktaedrit- Struktur nicht vereinigen lassen.
Die Versuche , die zu anderer Deutung der Struktur gemacht
wurden, ergaben, daß sich die Beobachtungen am besten mit der
Annahme erklären lassen, daß die Anordnung der Lamellen
parallel zwei Zonen des Rhombendodekaeders ist.
Im Hinblick auf andere Vorkommnisse von dodeka-
edrischen Lamellen (vergl. p. 24) wird die Frage zu er-
heben sein, ob und in welcher Weise der Schreibe rsit am
Aufbau des Meteoreisens von Carthage beteiligt ist.
Nachtrag zur Notiz über einen anorthositischen Gneis von
Norwegen.
Von J. Koenigsberger in Freiburg in Br.
In der Fundortsbezeichnung des anorthositischen Gneises (Cen-
tralbl. 1912. No. 19) ist infolge einer Schliffverwechslung ein
Irrtum unterlaufen. Der Gneis ist am Harjangenfjord bei Narvik
uud nicht am Eidsfjord, Seitenarm des Hardangerfjord, gefunden.
Der Gneis bei Eidsfjord entspricht einem granitisch-syenitisclien
Magma mit Biotit, überwiegendem Mikrolin, etwas Quarz und sein-
wenig Oligoklas ; er steht also nicht im direkten Gegensatz zu dem
Granit von Fossli. Die Adern des anorthositischen Injektions-
gneises am Harjangenfjord bei Narvik bestehen dagegen aus Biotit,
etwas Muscovit , beide idiomorph , und weit überwiegend aus
Andesin-Plagioklas , nach dem Albitgesetz verzwillingt. Quarz
und Kalifeldspat scheinen völlig zu fehlen. Das von diesen Adern
injizierte Gestein besteht aus nichtverzwillingtem Oligoklas-Andesin,
Quarz, Biotit, Hornblende und Erzen und selten etwas Orthoklas.
Berichtigung.
Von Max Bauer in Marburg.
Herr Walter Boese in Berlin hat in seiner Arbeit: Petro-
graphisclie Untersuchungen an jungvulkanischen Ergußgesteinen
von Säo Thome und Fernando Poo 1 die basaltischen Gesteine
von Fernando Poo mit denen in Niederhessen verglichen. Er
schreibt auf Grund meiner vorläufigen Berichte in den Sitzungs-
1 W. Boese, N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXXIV. 1912. p. 317.
26 W. Maier, Berichtigung über die korundhaltigen Hornfelse etc.
berichten der Berliner Akademie. 41. 1900 2 resp. 1024 und 44.
1903. p. 1 resp. 992. „Was den mineralogischen Aufbau anbelangt,
so sind die hessischen Feldspatbasalte am häufigsten „ganz normal
aus Plagioklas, Augit und Magneteisenerz zusammengesetzt, meist in
der gewöhnlichen Weise Olivin in größeren oder geringeren Mengen
enthaltend , zuweilen auch ohne diesen in allen möglichen Über-
gängen“ (1. c. 1900), im Jahre 1903 berichtet M. Bauer jedoch,
„daß olivinfreie Basalte noch nicht nachgewiesen seien“.
Danach könnte es scheinen , als ob zwischen meinen beiden
Mitteilungen ein Widerspruch bestände. Dies ist jedoch nicht
der Fall. Wie aus deren p. 2 zu ersehen ist , bezieht sich die
erste Mitteilung von 1900 auf das ganze Gebiet zwischen Schwalm
und Fulda bis etwa auf die Höhe von Ziegenhain als südliche
Grenze. In diesem Gebiet sind einige wenige olivinfreie Basalte
gefunden worden. Die zweite Mitteilung von 1 903 behandelt nur
das weit beschränktere Gebiet ringsum die Stadt Homberg a. Efze
(p. 1, resp. 992). In diesem engeren Umkreis war damals kein
olivinfreier Basalt bekannt und dasselbe gilt meines Wissens auch
heute noch.
Berichtigung über die korundhaltigen Hornfelse der Kontakt-
zone des Mt. Tibidabo bei Barcelona.
Von W. Maier in Tuttlingen.
In meiner Inaug.-Diss. „Die Kontaktzone des Mt. Tibidabo
bei Barcelona" beschrieb ich am Schlüsse des über die Hornfelse
handelnden Abschnittes Quarzbiotitmuscovithornfelse als Gesteine
von mattem, blauschwarzem Aussehen, die sehr zähe und dicht
sind und von den sonst herrschenden Cordierithornfelsen abweichen.
Besonders interessant erwiesen sie sich durch reichlichen Gehalt
an Turmalin und Korund.
Herr V. M. Goldschmidt in Kristiania hatte nun die Freundlich-
keit, mich auf die Unwahrscheinlichkeit der Paragenesis Quarz —
Korund aufmerksam zu macken. Wiederholte konoskopische
Prüfung der als Quarz angesprochenen Körner, die allerdings
durch deren geringe Größe sehr erschwert wird, ließ erkennen,
daß die überwiegende Mehrzahl der Körner, von denen einzelne
Zwillingslamellen zeigen, optisch zweiachsig und positiv ist.
Manche der Körner erwiesen sich aber als optisch negativ und
besaßen kleinen Achsenwinkel. Die Prüfung wurde sowohl durch
Herrn Goldschmidt als durch mich vorgenommen. Quarz kann
soweit nicht vorliegen, sondern die Mehrzahl der Körner ist Albit
und der Rest wohl Cordierit. An Stelle der Bezeichnung Quarz-
biotitmuscovithornfels muß also albitfiihrender Hornfels treten.
Als solcher nimmt er nunmehr keine singuläre Stellung mehr ein,
sondern ist mit den im Anhang beschriebenen albitfiihrenden
M. Semper, Berichtigung.
27
Kalksilikathornfelsen zu vereinigen, zwischen denen (wie beschrieben)
linsenförmig eingesprengt nahezu reine Albitgesteine , aber auch
solche gefunden wurden, die außer Biotit u. Lithionglimmerblättchen
reichlich Titanit, Korund und Kassiterit führen.
Berichtigung.
Von Max Semper in Aachen.
In meinem Aufsatz über Artenbildung durch pseudospontane
Evolution (dies. Centralbl. 1912. p. 140) streifte ich die Dis-
kussion über Steinmann’s geologische Grundlagen der Abstam-
mungslehre und führte dabei (1. c. p. 149, Fußnote) eine Be-
merkung Pompeckj's als Beispiel eines mehr hitzigen als treffenden
Schlages an. Es dürfte sicherlich niemand, der sich mit Brachio-
-poden beschäftigt, wirklich und bewußt den Stiel der Brachiopoden
„funktionell dem Siplio der Zweischaler gleichstellen“ wollen,
sondern wenn etwas Derartiges sich als Meinung eines Autors zu
ergeben scheint, so kann das nur Folge einer gewissen Hastigkeit
der Ausdrucksweise sein. Inzwischen hat Herr Pompeck.t mich
freundschaftlich darauf aufmerksam gemacht, daß nicht er, sondern
daß Herr Steinmann sich dieser Mißdeutbarkeit ansgesetzt hat.
Leider hatte ich bei der Niederschrift meines Aufsatzes unter-
lassen, die betr. Stelle (Geologische Grundlagen etc. p. 184) noch-
mals aufzuschlagen und muß jetzt gestehen, dass ich aus dem
Wortlaut dort auch nichts anderes herauslesen kann , als was
Pompeckj herausgelesen hat. Hoffentlich wird eine zweite Auf-
lage der „Grundlagen“ über die wirkliche Meinung aufklären.
Herrn Ew. Wüst verdanke ich die Kenntnis eines Auf-
satzes von L. Dödeklein (Phylogenetische Betrachtungen. Biolog.
Centralbl. VII. 1888. p. 395 ff.). Danach führt die Betrachtung
von Entwicklungsreihen bei fossilen Säugern zur Annahme einer
erblich wei’denden und dann im Weiterverlauf das Maximum der
Nützlichkeit überschreitenden Entwicklungstendenz, also zu einer
Theorie, die ich als die der pseudospontanen Evolution zu be-
zeichnen vorschlug. Wenn demgemäß eine andere Fußnote meines
Aufsatzes (1. c. p. 142), die freilich nichts als ein Hinweis auf
das Vorhandensein älterer, inhaltlich identischer Theorien sein sollte
und nicht im entferntesten auf Vollständigkeit abzielte, nun um
den Namen Döderlein’s und dann auch Eimer’s erweitert werden
muß, so erfährt sie dadurch keine Veränderung des Inhalts, denn
die Ausdrücke „Zweckmäßigkeit“ oder „Nützlichkeit“ sowie
„Tendenz“ zu einer bestimmt gerichteten Entwicklung sind ent-
schieden stark teleologisch belastet und deshalb wohl besser zu
vermeiden. Indessen bedaure ich, von diesem Aufsatz nicht früher
erfahren zu haben, wie mir überhaupt zoologische Literatur hier
28
E. A. Wülfing,
fast nur durch Zufall bekannt wird ; es wäre vielleicht nicht zweck-
los gewesen, den Einfluß zu analysieren, den die Beschaffenheit
des fossilen Forschungsmaterials (Säugetiere — Bracliiopoden) auf
die Auffassung der Tatsachen und auf die Begriffsbildung ausübt.
Neue Instrumente und Beobachtungsmethoden.
Demonstrationsmodell für sogen, einfache Schiebungen.
Von E. A. Wülfing in Heidelberg.
Mit 6 Textfiguven.
In dies. Centralbl. 1912 p. 417 beschreibt 0. Mügge zwei Mo-
delle zur Demonstration einfacher Schiebungen, die vor allem eine
konkrete Vorstellung von den Elementen dieser Deformation geben
und sie eindeutiger und schneller verständlich zu erklären ver-
mögeii, als es mit bloßen Worten in Kürze geschehen könnte. Es
läßt sich an diesen Modellen zeigen , was man unter erster und
zweiter Kreisschnittebene , was man unter Gleitungsachse oder
Schiebungsrichtung, und vor allem, was man unter reziproken
Schiebungen zu verstehen hat. Auch läßt sich demonstrieren, auf
welche Weise sich bei der sogen, einfachen Schiebung ein Kreis
rein äußerlich in eine Ellipse umwandelt.
Wenn nun auch das Modell in seinen Endzuständen vor und
nach der Umwandlung in der Tat für das schnelle Begreifen der
Schiebungselemente , besonders im triklinen System , wofür es ja
gebaut ist, Vorteile bietet, so kann dieser pädagogische Wert viel-
leicht nicht in demselben Maße betont werden in bezug auf die
Art und Weise , wie diese Endzustände erreicht werden , nämlich
durch gesetzmäßiges Übereinanderhingleiten von Tafeln. Wir
wissen allerdings nichts darüber , wie sich der innerliche Vor-
gang der homogenen Deformation abspielt, können aber doch be-
haupten , daß er nur nach den äußeren Umrissen zu einem Ge-
bilde führt, wie es in dem MüGGE’schen Modell nach Verschiebung
der Holzlamellen zustande kommt. Denn diese verschobenen La-
mellen sind mit dem in seiner ursprünglichen Lage gebliebenen
Holzklotz immer noch von derselben kristallographischen Orien-
tierung; es ist eine treppenförmige Wachstumsform entstanden,
aber keine Zwillingsbildung eingetreten. Diese wird nur dadurch
rein äußerlich erreicht, daß die Gleitung bis zu einer bestimmten
Grenze gegangen ist, nicht früher aufgehört hat und nicht weiter ging.
Schon die dem innerlichen Prozeß durchaus nicht gerecht
werdenden alten Bezeichnungen wie „Schiebung“ oder „einfache
Schiebung“ oder „Gleitung“ mögen genug Verwechslung hervor-
gerufen haben. Ein Modell aber, welches tatsächlich eine Gleitung
Demonstrationsmodell für sogen, einfache Schiebungen.
29
im gewöhnlichen Wortsinn benutzt, kann gar leicht irrtümliche
Vorstellungen weiter verbreiten oder befestigen und ist daher,
vom pädagogischen Standpunkt aus betrachtet, einer Ergänzung-
zugänglich. In der Tat handelt es sich bei dem , was man bei
Kristallen als Gleitung zu bezeichnen pflegt, nirgends um das, was
man sonst im Leben eine Gleitung nennt. Niemals sehen wir an den
sogen. Gleitflächen der Kristalle, daß sich Materie an Materie
gleitend vorbeibewegt, wie der Schlitten auf dem Eise gleitet,
oder wie sich der Kolben der Dampfmaschine an der Zylinderwand
fortschiebt. Anders ist es bei den von der Zwillingsfläche etwas
weiter entfernt liegenden Teilen; diese erfahren allerdings gegen
den in Kühe gebliebenen Kristall eine Fortschiebung. Keineswegs
aber geschieht dies dadurch, daß benachbarte Kristallbausteine
aneinander vorbeigleiten. Dieses Fehlen jeglicher Gleitung bei den
sogen. Gleitflächen der Kristalle auch bei einem Modell zu betonen,
scheint mir , wie gesagt, pädagogisch nicht unwichtig, da sonst
gar leicht eine Verwechslung zwischen Translation und „Gleitung“
angebahnt wird , wie sie infolge der unglücklichen Bezeichnung
oft genug schon vorgekommen sein mag. Auch die Umwandlung
ein und desselben Kreises in verschiedene Ellipsen, wie sie an
den MüGGE’schen Modellen möglich ist, könnte zu Verwechslungen
Veranlassung geben.
Derartige Bedenken haben mich beschäftigt und zur Kon-
struktion eines Modells geführt, das als Ergänzung der Mügge-
schen Modelle betrachtet werden mag.
Zunächst wurde dabei an eine Deformation der Kri-
stallbausteine selbst gedacht. Es wurde also bei Kalk-
spat der Prozeß in der Ebene der Schiebung durch Bau-
steine von parallelogrammatischem Querschnitt (Winkel
= 109° 8', Kantenlänge 30 : 37,8) dargestellt, die sich
mit Hilfe von passenden Gelenken in den Ecken der
Parallelogramme deformieren lassen , wie das in Fig. 1 a
bis 1 e schematisch angedeutet ist. Man müßte aber dann
annehmen , daß der Baustein des Kalkspats oder sein
Raumgitter — oder wie man den letzten integrierenden
Bestandteil eines Kristalls nennen will — während der
Zeit der Deformation folgende kristallographische Wand-
lungen erlebt: Aus seiner rhomboedrischen Symmetrie
würde der kohlensaure Kalk in monokline , darauf in
rhombische, dann abermals in monokline und schließlich
wieder in rhomboedrische Symmetrie übergehen. Er wäre
also während der kurzen Zeit der Deformation in jeder
Schicht zwar immer noch kohlensaurer Kalk, aber kein
Kalkspat geblieben, sondern müßte vorübergehend mono-
kliner und auch rhombischer kohlensaurer Kalk gewesen
sein. Diese Vorstellung ist sicherlich nicht als einfach zu
bezeichnen, ganz abgesehen davon, daß dahingestellt
bleiben möge, ob sie den Tatsachen entsprechen kann.
Solange wir über die inneren Vorgänge der Umwandlung
nichts Näheres zu sagen wissen , werden wir wohl gut tun , die
Eigenschaften der Bausteine des kohlensauren Kalks auch während
der kurzen Zeit der Deformation genau so wie vorher und nach-
her anzunehmen und in der Lagerung dieser Bausteine gegen-
einander das bestimmende Moment bei der Neubildung zu suchen.
Bei dieser Überlegung kann man an die alte Vorstellung von der
Hemitropie ankniipfen und die üblichen Modelle zur Demonstration
der Zwillingsbildung in eine große Zahl von Einzelhemitropien
zerlegen. Ich lasse also von dem nachfolgend beschriebenen
Modell 1 die Zwillingsbildung nicht an der starren Einheit einer
ganzen Schicht eintreten , sondern nehme sie an den einzelnen
Kristallbausteinen mittelst Drehung um 180° vor und erreiche
damit die Verdeutlichung einer Schiebung der von der „Gleitfläche“
weiter abstehenden Teile, ohne daß irgendwo zwischen den
benachbarten Bausteinen etwas von Schiebung oder Glei-
tung eingetreten wäre.
Das in den Figuren 2 bis 6 in der Ebene der Schiebung ab-
gebildete Modell enthält 4 X -1 Täfelchen, die im folgenden als Kri-
stallbausteine bezeichnet werden mögen. Ihre Umrisse entsprechen
dem symmetrischen Querschnitt eines Kalkspat-Grundrliomboeders,
also dem Querschnitt, der bei einem regelmäßig gewachsenen
Rhomboeder durch eine Polkante und die kurze Diagonale der
gegenüberliegenden Rhomboederfläche geht. Die Richtung dieser
Polkante, also auch die Fläche des nächststumpferen Rhomboeders,
liegt im Modell vertikal, und die Richtung der kurzen Diagonale
steigt bei Fig. 2 nach rechts an, zeigt sich bei den Figuren 3, 4
und 6 geknickt und fällt bei Fig. 5 nach rechts ab. Die Bau-
steine sind mit ihren rechten und linken Nachbarn durch leicht
drehbare Achsen verbunden. Diese Achsen stehen senkrecht auf
der sogen. Gleitfläche, also bei Kalkspat senkrecht auf der Rhombo-
ederfläche (0112). Jeder Baustein kann sich in keiner Weise,
um dies noch einmal zu betonen, gegen seine Nachbarn rechts und
links verschieben oder gleitend fortbewegen , er kann sich einzig
und allein um die angegebenen Achsen drehen. Die Vorstellung
von der vermeintlichen leichten Gleitung nach (0112) ist also hier
durch die Vorstellung von der leichten Drehbarkeit um 1 80 0 um
die Senkrechte auf (0112) ersetzt worden. Ob damit der wahre
innere Vorgang dargestellt ist, bleibt außerhalb der Diskussion.
Es bleibt hierbei auch unerklärt , warum diese Drehung nur um
180° erfolgt und nicht in einer Zwischenlage stehen bleibt. Jeden-
falls zeigt sich kein Widerspruch in der Orientierung der Teile
vor und nach der Verschiebung mit den in Wirklichkeit be-
obachteten homogenen Deformationen.
1 Das Modell wurde auf der Naturforscherversaminlung in Münster
im September d. J. der Abteilung für Mineralogie etc. vorgeführt.
Demonstrationsmodell für sogen, einfache Schiebungen.
31
In dem Modell, das den Querschnitt durch nur eine Schicht
von Bausteinen darstellt, liegen alle Drehachsen in einer einzigen
vertikalen, aber in lauter verschiedenen horizontalen Ebenen, und
zwar liegen bei Fig. 2 die rechten Drehachsen immer höher, bei
Fig. 5 immer niedriger als die linken.
Zunächst wird durch zwei vertikale Glasplatten , die in dem
galgenförmigen Rahmen stecken und deren innen abgeschrägte
Fig. 3.
1.
■SBSS
Fig. 6.
Enden kan der Linie rechts zu erkennen sind , alles in fester
Lage gehalten. Nach ihrem Zurückziehen nach links um eine
Bausteinkolonne können die Drehachsen der rechten Bausteine
in Tätigkeit treten und die erste Vertikalreihe zum Umklappen
bringen (vergl. Fig. 3 mit Fig. 2). Dadurch ist die Zwillings-
bildung eingetreten; eine Verschiebung irgendwelcher Teile inner-
halb der 4X4 Bausteine hat aber bis jetzt nicht stattgefunden.
Erst wenn nach dem weiteren Zurückziehen der haltenden Glas-
32
E. A. Wülfing, Demonstrationsmodell etc.
platten die zweite Vertikalreihe umklappt (Fig. 4), findet für die
erste schon ningeklappte Vertikalreihe eine Abwärtsbewegung in
Gestalt einer Parallelverschiebung statt. Das Maß dieser Ver-
schiebung ist bekanntlich ein ganz bestimmtes und erfolgt pro-
portional dem Abstand von der Zwillingsebene , ist also um so
größer, je weiter die umgeklappten Bausteine nach links fort-
schreiten (vergl. Fig. 2 mit Fig. 5).
Diese Parallelverschiebung der weiter voneinander abstehenden
Kristallteile ist sicherlich Veranlassung gewesen , bei dieser Um-
wandlung überhaupt von einer Schiebung oder gar von einer
Gleitung zu reden. Daß es sich im Grunde aber doch um etwas
ganz anderes handelt, dazu soll das Modell eine leicht faßbare
Vorstellung geben.
Schließlich kann man auch an dem Modell die Art der Ent-
stehung von Hohlräumen (den KosE’schen Kanälen) demonstrieren.
Man muß nur das Umklappen der Bausteinreihe nicht gleichmäßig
ausführen, sondern manche Bausteine bei dem Akt der Hemitropie
überspringen , wie das in Fig. 6 zu erkennen ist. Besonders be-
quem lassen sich derartige Stellungen erreichen, wenn man nach
Entfernung der Glasscheiben das ganze Modell horizontal auf einen
Tisch legt und dazu die Fußplatte über den Tisch hinausragen
läßt, ein Verfahren, das zur Demonstration der Zwillingsstellungen
vor einem kleineren Zuhörerkreise auch ganz zweckmäßig ist.
Um aus der Stellung der Fig. 2 in die der Fig. 4 überzugehen,
schiebt man die beiden rechten Bausteinreihen über den Rand des
Tisches hinaus , bewegt den rechten mit B bezeichneten Balken,
leicht nach oben oder unten drehend, zur Seite und erreicht so
die Stellung der Fig. 4. Darauf klappt man von der zweiten und
dritten Vertikalreihe die untere Hälfte nach unten , während man
die obere Hälfte stehen läßt. Auf diese Weise bildet sich eine
symmetrisch gelegene Öffnung, die sich mehrfach verändern und
wie in Fig. 6 auch unsymmetrisch gestalten läßt.
Das Modell hat eine Höhe von 30 cm und steht auf einer
Grundplatte von 45 cm Länge und 10 cm Breite. Die Firma
Dr. F. Krantz in Bonn hat die Herstellung übernommen.
Heidelberg, den 22. Oktober 1912.
0. Miigge, Ueber die Größenordnung etc.
33
Original-Mitteilungen an die Redaktion.
Ueber die Grössenordnung der Gravitations- Anisotropie
in Kristallen.
Von 0. Mügge in Göttingen.
Mit 1 Textfigui-.
Mackenzie1 hat. 1894 die Frage aufgeworfen, ob die An-
ziehung, welche ein Kristall (Kalkspat) auf eine andere Substanz
ausübt, von der Lage der letzteren zu seiner optischen Achse ab-
hängt, so daß er in der einen Richtung so wirken würde, als
wäre er von größerer Masse als in der andern. Es würde sich
das durch eine Abweichung vom NEwroN’schen Gesetz bemerklicli
machen , indem eine Kugel aus anisotroper Substanz nicht mehr
so anzielien würde , als wäre ihre Masse in ihrem Mittelpunkte
konzentriert. Daraufhin unternommene Versuche ergaben zwar,
daß die Anziehung von Kalkspatkristallen auf Blei und andere
Kalkspäte unabhängig von der Orientierung der Achse des Kalk-
spates war, indessen gestatteten die Versuche nur Abweichungen
von mehr als 0 o der Gesamtanziehung zu erkennen.
Genauere Versuche haben darüber später J. H. Poynting und
P. L. Gray2 angestellt. Sie beruhen auf der Erwägung, daß,
wenn eine Anisotropie im Schwerefelde bei Kristallen existiert,
zwei kristalline Massen eine richtende Wirkung aufeinander aus-
üben müssen und daß man eine solche in der Tatsache finden
könnte , daß Kristalle beim Wachsen Teilchen aus ihrer Mutter-
lauge in orientierter Stellung auf sich niederschlagen. Durch
Versuche konnten indessen auch sie eine Anisotropie nicht nach-
weisen , es ergab sich vielmehr , daß die Anziehungen zwischen
zwei Quarzkugeln bei paralleler und gekreuzter Lage ihrer Haupt-
achsen nicht mehr als 1 : 16500 voneinander abweichen können.
Die folgenden Bemerkungen sollen zeigen, daß eine Anisotropie
der Schwere zwar zu erwarten , ihre Größenordnung aber eine
ganz außerordentlich kleine ist.
Fig. 1 soll einen Querschnitt durch einen Kristall von qua-
dratischem Umriß vorstellen, in welchem die kleinsten Teilchen —
1 Mackenzie, John Hopkins Univ. Circulars. 13. p. 76. 1894. (N.
Jahrb. f. Min. etc. 1901. I. -380-.)
" J. H. Poynting und P. L. Gray, Phil. Trans. Roy. Soc. London.
A. 192. p. 245. 1899. (N. Jahrb. f. Min. etc. 1. c.)
Centralblatt f. Mineralogie etc. 1913.
3
34
0. Mügge, Ueber die Größenordnung
der Kürze halber im folgenden Molekeln genannt — , netzförmig-
parallel den Seiten des Quadrats angeordnet sind ; der Querschnitt
liege in einem Erdradius und AB sei dem Schwerpunkt der Erde
zugewandt. Senkrecht zur Zeichnungsebene mögen der in der
Figur angedeuteten gleichartige Gitterebeuen in gleichen Abständen
aufeinander folgen , wir betrachten aber nur eine dieser Ebenen,
welche also der Dicke von nur einer Molekelschicht entsprechen
soll. Der Querschnitt Fig. 1 betrage 1 cm2, auf seiner Seite A B
mögen sich m+ 1 Molekeln befinden, auf der Seite AC (in der
Richtung des Erdradius) dagegen (n + 1) Molekeln. Wir wählen
als Längeneinheit — — cm , dann befinden sich also die Teilchen
auf AB in einem Abstande von n Einheiten, die auf AC im Ab-
n+i
3
2
stände von m Einheiten , die Länge des Erdradius , oder genauer
der Abstand zwischen der mittleren Molekel der Reihe A B und
dem Schwerpunkt der Erde (gemessen in unserer sehr kleinen
Einheit) betrage r.
Setzen wir das Produkt aus der Masse einer Molekel und der
Masse der Erde gleich 1, so ist die Anziehung für die mittlere
Molekel der Reihe A B proportional für die anderen Molekel der
Reihe A B ist ihr Abstand vom Schwerpunkt der Erde um einen
kleinen Betrag größer als r, dieser ist aber verschwindend klein,
auch gegenüber dem Abstand zweier benachbarter Molekelreihen
parallel AB. Die Gesamtanziehung zwischen allen Molekeln der
Reihe AB einerseits und der im Schwerpunkt der Erde vereinigt
gedachten Masse der Erde anderseits beträgt daher (m + 1) .
Für alle Molekeln der nächsten A B parallelen Reihe beträgt
der Gravitations-Anisotropie in Kristallen.
35
dagegen die Anziehung (m + 1)
1
(r -f m)2
ebenso (m +1)
(r -f 2 m)
usw. bis (m + 1)
für die dritte Reihe
1
(r + n . m)2
Die Summe der Anziehungen für sämtliche Molekeln der La-
melle in der Stellung, wo sich der Schwerpunkt der Erde auf der
in der Mitte von A B errichteten Normalen befindet , wollen wir
2'm nennen, sie beträgt demnach:
1)^, + ^ _j_ mj2 + _|_ 2 m)2 (r _|_ n . lry ]•
Kehrt man die Seite A C der kristallinen Lamelle dem Schwer-
punkt der Erde zu, indem man die Lamelle um ihren geometrischen
Mittelpunkt um 90 0 in der Ebene der Zeichnung dreht, so beträgt
die Anziehung für die Molekeln der ersten Reihe (n + 1) y-, für die
zweite Reihe (n 4- 1) — , ... usf. , für die letzte Reihe (n +
v ' (r + n)2 ’ v 1
— ; . Die Gesamtanziehung in der Richtung senkrecht A
(r -(- m . n)2
welche wir — n nennen wollen, ist also:
1)
C,
-yn-(n-fl)[y+ (r y n)2 + (l.J2n}* +
(r + m. n)
]
Machen wir nun die Annahme, daß m— IO8 ist, was un-
gefähr den Dimensionen der Molekel entspricht , daß dagegen der
Abstand der Molekeln in der Richtung A C zehnmal so groß sei
(in den meisten Fällen ist vermutlich der Unterschied der Ab-
stände erheblich geringer!), also n = 1 07, so wird r, der Radius
der Erde, der in Zentimetern von der Größenordnung IO8 ist, in
unserer Einheit gleich 108 X 107 X Iß8 = 1023 zu setzen sein.
Es liegen also für ^m und .^n zwei, praktisch genommen, un-
endliche Reihen vor, über welche ich meinem verehrten Kollegen
C. Runge folgende Mitteilungen hinsichtlich ihrer oberen und
unteren Grenzwerte verdanke:
„Es ist:
r r + m r (r + m) ^ r2 ^
ebenso :
1
r +
m
2“
1
1
r + m r + 2 m (r + m) (r + 2 m)
1
i m
r+^
<
(r + m)2
1
<
l(r + m)2 ■
r +
3m
ebenso :
3*
36
0, Mügge, lieber die Größenordnung
1 1 m
r-f-2m r-|-3m (r -f- 2 m) (r + 3 in)
m m 1 1
< (r'4- 2m)* <frXS^_||V= ■ 3m '
usw.
(r + 2m)!-(|)' r +
folglich, wenn man summiert:
T 1 fl l_ , l _i -|
r r + (n + l)m Lr2 (r 4- m)2 ' (r+2m)2 ' ' ' ' (r + n . m)2 J
<
(r-f-m)2 (r+2m)2
1 1
m r + (n + i)m
oder nach Multiplikation mit
n + 1 m 1
m + 1
r r -- ( I 1 % f 1 I 1 I 1 1
n + 1 <(in+ jLr2 + (r + m)l + (r + 2mpi“‘"(r_+n.m)2J
1 + m
<
n + 1 m + 1
r ‘ r
Durch Vertauschung von m und n erhält man ebenso — n.
Nach Umformung der oberen und unteren Grenzwerte in
(m + 1) (n + 1) / ^ (m + 1) (n + l)
r* + r . m . n -f- r ,
< — in <
r* r . m . n —
2n + 1
und
(m ~t~ 1) (n ~4~ 1) vn (m -f- 1) (n -j~ 1) .
r2 4- r . m . n 4- r . n ^ — , 2 m -(- 1
r-4-r.m.n — n-
erkennt man, daß die unteren Grenzwerte, wir nennen sie N m u
und Nun, von — m und N n sich nur unterscheiden durch den
letzten Summanden des Nenners. Ist, wie in Fig. 1 angedeutet,
m n, so gilt ersichtlich
4 m u < 2nu.
Die oberen Grenzwerte, 2mo und Nno, unterscheiden sich
ebenfalls nur durch den letzten Summanden des Nenners. Die
Differenz dieser beiden Summanden ist:
2 n 4- 1 2 in -f 1
m2 — . n2,
ihr Vorzeichen ist identisch mit dem von
2 n . m1 -f mJ — 2m. n2 — n2 = (m — n) (2 m . 11 -(- m -f- n).
Ist also m > n, so ist nV > 2 m^~-1 . n2 und für die oberen
Grenzen gilt
2mo >2no.
der Gravitations-Anisotropie in Kristallen.
37;
Die Grenzen von 2'n liegen also zwischen denen von — m
und die größtmögliche Anisotropie der Gravitation liegt also
zwischen den beiden Werten
J m o : 2 n u > 1 und 2mu:2no<l,
Durch Einsetzen der Werte aus I und II erhält man hierfür
2mo
Anu
r- + r . nt . n -f- r . n
r . m . n -f- r . n
r1 + r . m . n —
2 n -f 1
r2 -f- r . m . n —
n .
m-
4
Da r sehr groß ist gegenüber m und n, kann man in erster
m2
Annäherung — r- vernachlässigen, und erhält so :
Arno r2-+-r.m.n-f-r.n
An u , n . m2
r2 -f- r . m . n —
Setzt man hierin r = 1023, m = 1 08, n = 107, so entsteht:
Amo _ 1023 + 10,ä + 101
Anu ~ 1023 + 10lä — 0.5
oder, wenn man jetzt auch 0,5 vernachlässigt:
Amo _ 10'6+ 103 + 1
Anu — IO16 = 103
Analog entsteht
Amu _ 10,5+ 107
A n o _ 1 0 1 io 7-f 1
Die Anziehung in beiden Richtungen stimmt also bis auf
mindestens eine Einheit der 15. Dezimale überein, so daß einst-
weilen keine Hoffnung besteht, die Differenz nachzuweisen. Das
Verhältnis kann sich möglicherweise der Einheit noch viel stärker
nähern, da ja die beiden Grenzwerte von— n zwischen denen von
— m liegen; absolute Gleichheit tritt ein, wenn m und n beide
unendlich werden, eine Anisotropie ist aber zu erwarten,
wenn die Kristalle tatsächlich aus diskreten Teilchen
aufgebaut sind. Wenn m = n < oo ist, werden zwar die
Anziehungen in der Richtung der Normalen von AB und AC ein-
ander gleich, nicht aber in den zwischenliegenden Richtungen,
auch nicht bei regulären Kristallen. Die Anziehung wird hier
z. B. in der Richtung einer AViirfelkante etwas verschieden sein
von der in der Richtung der Würfelflächendiagonalen , indessen
müßte die Anisotropie noch erheblich geringer ausfallen als in
dem berechneten Beispiel , da hier m : n = yA ist. Ähnliches gilt
für Anziehungsrichtungen in der Basis hexagonaler, tetragonaler
und trigonaler Kristalle.
Mit der Geringfügigkeit der Gravitations-Anisotropie mag es
Zusammenhängen , daß eine Abhängigkeit der kristallographischen
38
0. Mügge, Ueber die Größenordnung etc.
Orientierung aufgewachsener Kristalle von der Schwere niemals
beobachtet ist l.
Eine Verschiedenheit der Anziehung in Richtung und Gegenrich-
tung ist nicht zu erwarten, solange die Molekeln als Kugeln angesehen
werden dürfen ; nimmt man aber die Molekeln selbst als azentrisch
an , so wird allerdings eine solche auftreten können , aber ihre
Größenordnung müßte noch kleiner sein, als vorhin abgeleitet2 * * * *.
Man kann fragen , ob nicht in dem Falle , daß auch r sehr
klein, aber immerhin noch groß gegenüber m und n ist, also bei
der Anziehung kleiner Kugeln von isotropem oder quasiisotropem
Material auf „Kristallkeime“ von molekularen Dimensionen eine
stärkere Bevorzugung gewisser Richtungen der Keime hinsichtlich
der Anziehung eintreten kann. (Solche Verhältnisse wären z. B.
denkbar bei der Verdichtung meteorischer Staubmassen , die sich
in großer Entfernung von anderen Himmelskörpern befinden und
also ihrer Anziehung entzogen sind, aber in die Nähe gröberer
Staubteilchen geraten.) Setzt man dementsprechend z. B.
r = 10‘, in = 10, n = 3,
(dann ist also die Kantenlänge des quadratischen Blättchens gleich
I0X3X 10 ~ 8 cm = 3 X 10~7 cm und seine Entfernung vom
Schwerpunkt des anziehenden gröberen Staubteilchens r= 10 — 3 cm
= 0,01 mm), so lassen sich .jetzt nicht nur Grenzwerte von .i m
und 2u, sondern letztere selbst noch berechnen. Aber man findet
auch jetzt noch keine Abweichung zwischen beiden, welche über
1 : 5 Millionen hinausginge und erst für m = 10, n = 3 und
r= 1000 weicht das Verhältnis beider um 1:1 00« >0 von der
Einheit ab. Dann ist aber die Entfernung des feineren Stäubchens
vom Schwerpunkt des größeren schon submikroskopisch , nämlich
1 Eine merkliche Einwirkung der Schwere auf die Winkel der Kri-
stalle durch ungleiche Anziehung der unteren und oberen Molekelschichten
scheint nach Obigem auch ausgeschlossen , nicht aber eine Deformation
durch das Gewicht des Kristalls selbst. Eine solche ist sogar von Bre-
zina (Sitzungsber. Wien. Akad. 64. p. 297. 1871) behauptet und Brauns
(N. Jahrb. f. Min. etc. 1887. I. p. 145) hat dies durch Messungen an re-
gulären Oktaedern von Bleinitrat zu erhärten gesucht. Indessen könnten
die beobachteten Abweichungen von den theoretischen Winkelwerten auf
der Beeinflussung der Lage von Vizinalflächen durch die (von der Schwere
abhängigen) Strömungen der Mutterlauge beruhen. Entscheidende Mes-
sungen müßten nicht an gewachsenen , sondern an Spalt- oder andern,
nur von der Struktur abhängigen Flächen angestellt werden.
2 Zwar ist festgestellt, daß manche Kristalle mit polaren Achsen
das eine Ende derselben hinsichtlich der Aufwachsung bevorzugen, in-
dessen ist dieses Ende keineswegs immer das untere oder obere (d. h. dem
Erdmittelpunkt nähere oder fernere); es kann dies vielmehr, wie Johnsen
(N. Jahrb. t'. Min. etc. Beil.-Bd. XXIII. p. 278. 1907) hervorgehoben, mit
der verschiedenen Lösungsgeschwindigkeit in Richtung und Gegenrichtung
dieser Achse Zusammenhängen.
Y. Goldschmidt, Ueber Indikatoren etc.
39
nur 0,1 fi. Kristalline, raumgitterartige Struktur wird also eine
kristallographische Orientierung infolge des Gesetzes der Massen-
anziehung erst bei nahezu molekularen Abständen und Dimensionen
der anziehenden Massen bewirken können.
Man könnte geneigt sein zu schließen, daß bei den eingangs
■erwähnten Versuchen demnach keine Aussicht sei , eine merkliche
Anisotropie zu finden. Indessen sind die vorstehenden Betrach-
tungen auf jene Versuche nicht ohne weiteres anwendbar. Es
liegen bei ihnen wesentlich kompliziertere Verhältnisse vor ; einmal
weil bei einem Teil der Versuche beide Massen anisotrop waren,
zweitens weil die Entfernung ihrer Mittelpunkte nicht groß war
gegenüber ihren Dimensionen nnd also die Voraussetzung nicht
mehr zutrifft, daß alle Punkte einer Reihe der ersten Masse, wie
AB in Fig. 1 merklich gleich weit vom Mittelpunkt der zweiten
entfernt und somit die Anziehungsrichtungen für alle Teilchen
auch nicht mehr einander parallel sind.
Ueber Indikatoren
zur mechanischen Gesteinsanalyse und spezifischen
Gewichts-Bestimmung.
Von V. Goldschmidt in Heidelberg.
In diesem Centralbl. 1912. p. 508 publiziert G. Linck ein
hübsches nnd nützliches Kästchen mit
Indikatoren zur Bestimmung des spezifischen Gewichts
von Flüssigkeiten,
und bemerkt dazu in der Einleitung:
„Man kommt häufig in die Lage, sich eine Lösung von bekanntem
spezifischen Gewicht herzustellen , oder das spezifische Gewicht eines
Körpers annähernd bestimmen zu müssen. Da es aber umständlich und
zeitraubend ist, dies mit der hydrostatischen Wage auszuführen, so hat
man sich vielfach Indikatoren hergestellt, die aber meist zu weite Ab-
stände zwischen den einzelnen Skalenteilen zeigen und meines Wissens
nicht in den Handel kamen.“
Linck’s Indikatoren sind 24 Würfelchen aus Glas in einem
Kästchen. Preis bei Krantz in Bonn 20 Mk. Sie haben folgende
spezifische Gewichte :
No. Sp. G.
1
No.
Sp. G.
No.
Sp. G
No.
Sp. G.
No.
Sp. G.
No. Sp. G.
1 2,240
|5
2,480
9
2.617
13
2.870
17
3,180
21 3,350
2 2.330
6
2,518
10
2,690
14
2,935
18
3.205
22 3,480
3 2,387
, 7
2.550
11
2,750
15
3,040
19
3,240
23 ! 3,530
4 2,410
8
2,576
12
2,785
16
3,110
20
3,275
24 3,555
40
V. Goldschmidt,
Solche Indikatorenkästchen sind sehr nützlich. Wenn irgend
einer, so bin icli ihrer Vorzüge bewußt; denn ich selbst habe
(1881) die Indikatoren mit diesem Namen und zu dem gleichen
Zweck, wie Linck ihn darlegt, in unsere Wissenschaft eingeführt.
1880 übergab ich ein solches Kästchen mit dem Aufdruck:
Indikatoren zur mechanischen Gesteinsanalyse
dem Mineralogischen Institut der Universität Heidelberg, 1883 ein
ebensolches der Geologischen Reichsanstalt in Wien. Die beiden
dürften sich dort noch vorfinden.
Im Jahre 1893 übernahm der Mechaniker P. Stoe in Heidel-
berg die Herstellung und den Verkauf solcher Indikatorenkästchen.
Sie finden sich in seinem Katalog angezeigt. Seit einigen Jahren
führen sie auch Dr. F. Krantz in Bonn und R. Fuess in Berlin
in ihrem Katalog.
Der Preis war ursprünglich 16 Mk. Er stieg mit der An-
zahl der Indikatoren auf 20 Mk. Von den durch P. Stoe her-
gestellten Indikatorenkästchen wurden bisher ca. 200 verkauft.
Da diese Tatsachen der Aufmerksamkeit Linck’s entgangen
sind (wie aus dessen oben zitierter Bemerkung hervorgeht), so
darf wohl angenommen werden , daß sie auch anderen unbekannt
geblieben sind. Es möge daher gestattet sein , einige diesbezüg-
liche Stellen hier abzudrucken und einige Ergänzungen zuzufügen.
Wir lesen N. Jahrb. f. Min. etc. 1881. Beil.-Bd. I. p. 215:
„Um der Lösung jederzeit ein bestimmtes spezifisches Gewicht geben
zu können, bediene ich mich statt der mißlichen Verdünnung mit be-
rechneten Wassermengen der folgenden Methode :
Man stellt eine Reihe von Mineralien her, deren spezifisches Gewicht
man genau bestimmt hat und benützt sie zur Einstellung der Lösung auf
bestimmte Dichte als Indikatoren. Durch diese markiert man nach
einem auf die mikroskopische Untersuchung resp spezifische Gewichts-
bestimmung gegründeten Plan die Grenzpunkte, zwischen denen man die
Ausfällung vornehmen will. Hat man z. B. zu trennen: Augit, Horn-
blende. Oligoklas. Orthoklas, so führt man als Indikatoren ein: Labrador
und Albit. Es fällt beim Einträgen in die konzentrierte Lösung sofort
der Augit. Beim Verdünnen bis zum Ausfallen des Labrador sinkt alle
Hornblende zu Boden. Vor oder mit Albit fällt dann der Oligoklas und
nur der Orthoklas bleibt suspendiert. Durch eine größere Zahl von In-
dikatoren kann man die Grenzen beliebig eng ziehen und die reinen
Körner von Zwischenprodukten freier halten.“
Verliandl. geol. Reichsanst. Wien. 1883. p. 68 :
Die hier zu betrachtenden Indikatoren sind Körner von bestimmtem
spezifischem Gewicht, die, in eine schwere Lösung eingelegt, bei deren
allmählicher Verdünnung bis zu einem gewissen Punkte eben suspendiert
erscheinen und dadurch das augenblickliche spezifische Gewicht der Lösung
anzeigen. Sie sind dazu bestimmt, die Grenzen zu markieren, zwischen
Ueber Indikatoren zur mechanischen Gesteinsanalyse etc.
41
denen man die Abscheidung von Gesteinselementen in schweren Lösungen
vornehmen will und dürften sich zu diesem Zweck allgemein einführen.
Für den Petrograplien ist es daher erforderlich , eine Leihe richtig be-
stimmter Indikatoren zur Hand zu haben, von der er. wie aus einem Ge-
wichtssatz, die Körner entnehmen kann. Jeder kann sich nach Bedarf
eine solche Reihe hersteilen , doch ist die Beschaffung des Materials, die
Ausführung der spezifischen Gewichtsbestimmungen eine zeitraubende
Arbeit, zu der sich nicht jeder entschließt, und wäre es daher jedenfalls
wünschenswert, wenn man solche Indikatorensätze gleich fertig kaufen
könnte.
Um dies einzuleiten, der Sache einmal greifbare Gestalt zu geben
und die eventuellen Schwierigkeiten zu beseitigen . habe ich eine Anzahl
solcher Indikatorenkästchen selbst hergestellt und dürfte die Mitteilung
der Gesichtspunkte von Interesse sein , die bei einer solchen Zusammen-
stellung maßgebend waren.
Grenzen. Die obere Grenze wurde durch die Maximaldichte der
Jodidlösung bestimmt, da mir nur diese zurzeit zu Gebot stand. Wer mit
schwereren Lösungen arbeitet, muß die obere Grenze entsprechend hinauf-
rücken. Als untere Grenze habe ich den Schwefel (2,07) genommen. Dar-
unter sind petrographisch wichtige Mineralien kaum zu finden. Leichter
sind der Mellit, einige Opale und Zeolithe, die Kohlen und Harze usw.
Intervalle. Dieselben sollen im allgemeinen ca. 0,05 betragen,
jedoch in dem petrographisch wichtigsten Gebiet (2,55 — 2,75) etwas enger
sein (ettva 0,03). Hierin wurde eine Gleichmäßigkeit noch nicht erzielt,
da noch nicht genug Mineralien und Fundorte auf ihr spezifisches Gewicht
geprüft wurden.
Die Zahl der Indikatoren ergibt sich aus Grenzen und Inter-
vallen. Es wurden vorläufig 20 aufgenommen, jedoch in dem Kästchen
noch 5 Räume freigelassen, damit sich jeder nach Bedarf einige zufugen
könne.
Material. Es war zunächst die Frage, ob natürliche Indika-
toren (Mineralien) oder künstliche zu nehmen seien. Von letzteren
kommen namentlich Glasflüsse in Betracht. Diese haben in der Tat
manche Vorzüge, namentlich den, daß man ihnen jedes beliebige spezifische
Gewicht geben und so gleichmäßige Intervalle herstellen kann. Die
glatte Oberfläche, die man durch Guß erzielt, sowie der muschelige Bruch
gestatten nicht das Festsetzen von Luftblasen. Sie sind frei von Sprüngen
und Poren und homogen. Dem Übelstand , dass man ihren Rang nicht
unmittelbar am Aussehen erkennt, könnte man durch verschiedene Faibe
und Form begegnen. Auch beabsichtige ich , einmal eine solche Reihe
herzustellen, sobald es die Zeit erlaubt.
Nicht homogene künstliche Indikatoren, etwa hergestellt
durch mechanische Verbindung eines schweren und eines leichten Materials,
möchte ich nicht empfehlen , da jede Beschädigung oder Abnutzung das
spezifische Gewicht ändert.
Natürliche Indikatoren (Mineralien). Bei ihnen ist auf folgendes zu achten :
Unangreifbarkeit durch die Lösung ist natürlich erstes Erfordernis.
So sind z B. für Borowolrramatlösung die Carbonat® Dicht zu gebrauchen, während sie
von der Jodidlösung nicht angegriffen werden. Metalle sind zu vermeiden.
Homogenität ist an sich nicht erforderlich, denn es muß für jedes Indikator-
korn, sozusagen persönlich, das spezifische Gewicht bestimmt worden sein; doch ist sie
42
V. Goldschmidt,
erwünscht, damit, wenn der Indikator auch beschädigt wird (und das kann leicht ge-
schehen, ohne daß man es merkt), sein spezifisi hes Gewicht nicht verändert werde.
Dichtigkeit. Der Indikator darf nicht porös und nioht locker sein, damit die
Flüssigkeit nicht eindringe und ein edrungei e Flüssigkeit von anderer Dichte als die
umgebende, oder ein getrocknete, den Indikator falsch mache.
Härte und Festigkeit sollen möglichst groß sein, denn von ihnen hängt die
Dauerhaftigkeit ab.
Glatte Oberfläche ist sehr wesentlich, da sich in die Unebenheiten der Ober-
fläche Luftblasen einklemmen, die auch bei gutem Umrähren sich nicht entfernen. Am
besten sind in dieser Beziehung Stücke mit vollkommener Spaltungsfläche, spiegelnder
Kristalloberfläche oder glasig muscheligem Bruch.
Das Aussehen der Körner soll möglichst charakteristisch sein, so daß man sofort
das Mineral erkennt und eine Verwechslung nicht stattfinden kann.
Größe. 8tarke Erbsengroße ist die geeignetste, so daß das Korn sich mit der
Pinzette noch bequem fassen läßt und doch deuilich, wie eine Fahne unter dem Gesteins-
pulver hervorragt.
ReichlichesVorkommen des Minerals und leiohte Beschaff barkeit ist natür-
lich wünschenswert, damit Mühe und Kosten der Herstellung möglichst gering ausfallen.
Es dürfte sich empfehlen, nicht nur zu dem Korn eine Etiquette zu legen, auf der
das spezifische Gewicht nebst Name und Fundort verzeichnet sind, sondern auch dem
Ganzen ein Inhaltsverzeichnis beizageben, damit, wenn eine Angabe verwischt wird oder
verloren geht, nicht eine neue spezifische Gewichtsbestimmung erforderlich wird.
Seit der ersten Einführung- vor nun mehr als 30 Jahren sind
meine Indikatorenkästchen stetig verbessert, die Zahl der Indika-
toren vermehrt und immer passeudere nach Eigenschaften und
Intervallen ausgesucht worden.
Jedes Indikatorkorn liegt in einem Fach, das zugleich die
Angabe von Name und spezifischem Gewicht des Indikators ent-
hält. Dasselbe Verzeichnis ist in den Deckel des Kästchens ein-
geklebt. Die neuesten Kästchen enthalten zugleich , wo nötig,
eine Aufzeichnung der Form und Farbe des Indikators, so daß er
eicht erkannt werden kaun.
Material zu den Indikatoren. Schon in der oben ab*
gedruckten Publikation von 1883 wurde die Frage diskutiert, ob
natürliche Indikatoren (Mineralien) oder künstliche (Gläser) zu
nehmen seien und die Ausführung von gläsernen Indikatoren in
Aussicht genommen. 1896 besprach ich die Frage mit Dr. Schott
in Jena und erhielt damals und auch in späteren Jahren
Gläser aus den Vorräten von Schott & Gen. für die Indikatoren-
kästchen.
Damals wurde aufs neue die Frage erwogen, ob es besser
sei, alle Indikatormineralien durch Gläser zu ersetzen. Ich gab
aber dem aus Mineralien und Gläsern gemischten Satz den Vorzug
aus Gründen , die mir auch heute noch maßgebend sind. Einige
dieser Gründe mögen hervorgehoben werden.
Ueber Indikatoren zur mechanischen Gesteinsanalyse etc. 43
1. Die natürlichen wie die gemischten Indikatoren sind nach
ihrem Aussehen (auch ohne Nummer) kenntlich. Das ist beim
Arbeiten angenehm.
2. Der Arbeitende kann seine Skala nach oben und unten
erweitern, sowie durch Einschiebung ergänzen. Dafür sind in
meinem Kästchen Plätze freigelassen.
Es wird aber jeder gern den Indikatorensatz, mit dem er ar-
beitet, seinen Wünschen und Bedürfnissen anpassen.
3. Die schweren Gläser sind nicht unempfindlich gegen den
Angriff der Lösung. Linck hebt dies in seiner von Krantz aus-
gegebenen Gebrauchsanweisung hervor.
Bei den natürlichen Indikatoren sind gerade unter den schwersten
die widerstandsfähigsten.
4. Es erscheint am besten, für einen Indikatorensatz die Vor-
teile der natürlichen und der künstlichen Indikatoren zugleich
auszunutzen.
Allerdings muß durch den Hersteller der Kästchen (nicht
durch den Käufer) für jedes Indikatorkorn das spezifische Gewicht
bestimmt werden. Dies läßt sich nur dann mit Vorteil durch-
führen, wenn von, jedem Indikator, sei er künstlich oder natürlich,
eine größere Zahl in der schweren Lösung gleichzeitig suspen-
dierter Körner zur Verfügung steht. Es war nicht leicht, das
passende Material zu beschaffen. Dem Käufer und Benutzer der
Indikatoren ist es aber nicht wesentlich, wie der Hersteller die
Schwierigkeiten überwunden hat.
In meinen Kästchen ist die Zahl der Indikatoren nicht ganz
gleich. Sie richtet sich nach dem spezifischen Gewicht des
verfügbaren Materials , das so ausgewählt wurde , daß die Ab-
stände möglichst gleichmäßige sind. Danach schwankt die Zahl
der Indikatoren im Kästchen zwischen 30 und 36. (In Linck’s
Satz 24.)
Ein solches Kästchen enthält beispielsweise 34 Indikatoren
mit den folgenden spezifischen Gewichten.
No.
Sp. G.
No. Sp. G.
No.
Sp. G.
No. Sp. G.
1 No.
Sp. G.
No.
Sp. G.
1
2,060
1
7 2,311
13
2.531
19 , 2,699
25
2,962
31
3,147
2
2,148
8 2,363
14
2,552
20 2,720
26
2,981
32
3,189
3
2,164
9 2,404
15
2,570
21 2,740
27
3,013
33
3.224
4
2,209
10 2,448
16
2,612
22 2,762
28
3,044
34
3,295
5
2,252
11 2,476
17
2,646
23 2,883
29
3,058
—
—
6
2,298
12 2,492
18
2,661
24 2,936
30
3,091
—
—
44
W. Heeger,
Es ist erfreulich, daß durch Linck’s Publikation wieder auf
die Nützlichkeit solcher Indikatorensätze für mineralogische und
petrographische Untersuchungen hingewiesen wurde und es ist zu
wünschen , daß dieselben in beiderlei Ausführung zur Förderung
unserer 'Wissenschaft beitragen möchten.
Heidelberg, August 1912.
Ueber die mikrochemische Untersuchung fein verteilter
Carbonate im Gesteinsschliff.
Von W. Heeger in Jena.
Im folgenden sollen einige Mitteilungen gemacht werden über
die Erkennung und deutliche Scheidung von Calcit und Dolomit
in Schliffen solcher Gesteine, die sie in feinster Verteilung und
nebeneinander enthalten können, und ferner über die gleichzeitige
Feststellung der Teilnahme von FeO an ihrer Zusammensetzung.
Sehr allgemein wird zur Unterscheidung von Calcit und Dolo-
mit im Dünnschliff die sogenannte „LEMBERG’sche Lösung“ 1 an-
gewandt, eine wässerige Lösung von Al Cl3 zusammengekocht mit
Blauholzextrakt, unter deren Einwirkung sich auf CaC03 ein
blau violett gefärbter Lack von Al(OH)3 bildet. Da aber bei
feinerer Verteilung des Calcits dieser Lack nur schlecht oder gar-
nicht haften bleibt, müßte die Verwendung dieses Reagenses in
vielen Fällen zu Irrtümern Veranlassung geben. Dies letzte gilt
auch für die bekannte „LixciUsche Lösung“2 3 — NH4-Pliosphat
mit verdünnter Essigsäure — . deren Wirkung auf dem Nieder-
schlag einer schützenden Decke von Struvit, d. i. Mg-N ^-Phos-
phat, auf dem Mg-haltigen Carbonat beruht, während der Calcit
von der Essigsäure weggelöst wird. — Zur Erkennung auch fein
verteilter calcitischer Massen, z. B. auch der aus zersetzten Sili-
katen gebildeten, gibt indessen Lemberg 3 noch eine Reaktion als
dienlich an, die nach geeigneter Anwendung von AgNG3 erst
zur Bildung vonAg2C03 führt und schließlich durch Einwirkung
von K„Cr04 auf eine Fällung von Ag„ Cr 04 hinausläuft. — Die
Reaktion scheint sehr empfindlich, die klare rote Farbe des
Ag2Cr04 an allen Stellen, wo CaC03 lag, wird außerordentlich
deutlich sichtbar. Aber nun bemerkt schon Lemberg selbst als
einen allgemeinen Übelstand aller solcher chemischen Methoden,
besonders wenn, wie hier, die Lösungen längere Zeit und bei
1 Vergl. Zeitschr. d. deutsch, geol. Gesellsch. 1888. p. 857 — 859. —
Ebenda 1892. p. 824.
- Vergl. Abhandlungen z. geol. Spezialkarte v. Els.-Lothr. III, 1.
p. 17. (Ber. üb. d. XVI. Vers, des oberrh. geol. Ver.)
3 Lemberg, Mikrochem. Untersuchungen einiger Mineralien. Zeitschr.
d. deutsch, geol. Gesellsch. 1892. p. 231.
Ueber die mikrochemische Untersuchung etc.
45
erhöhter Temperatur einzuwirken haben, daß sich diese iu Risse
•ziehen, infolgedessen nicht genügend auswaschen lassen und mit
anderen Lösungen in Wechselwirkung treten, daher auch gerade
bei dieser Methode eine Verifizierung des Carbonats durch eiue
Säureprüfung nicht zu umgehen sei. Das macht ohne weiteres
verständlich, daß diese Methode in locker und fein gefügten Ge-
steinen zur ersten Auffindung vonCaC03 usw. nichtsehr bequem
ist. — Es sind nun noch eine ganze Reihe anderer Unter-
scheidungsarten bekannt geworden, teils zur flüchtigen Erkennung1
der Mengenverhältnisse von CaO und MgO, teils zu quantitativer
Trennung und auch für die mikroskopische Prüfung. Auf diese
letzten muß ich hier im Hinblick auf die danach zu erörternde
Methode etwas näher eingehen : Eine von Fr. Hinden 2 im Jahre
1904 als „neu“ bezeiclmete Methode durch Braunfärbung des
Calcits unter Einwirkung von Fe Cl3-Lösung, eventuell in Verbin-
dung mit der „Säureprüfung“, geht, wie Thugutt3 dargetan hat,
•auch schon auf den Altmeister all dieser mikrochemischen Metho-
den, Lemberg4, zurück. Sie hat den großen Nachteil, daß natür-
lich etwa schon vorhandene Fe-Hydroxydmassen außerordentlich
störend wirken müssen ; und dieser Nachteil bleibt bestehen, wenn
man das Fe-Hvdroxyd durch (N H()„ S in schwarzes FeS über-
führt, ja es wird unter Umständen durch vorhandene Erzkörner,
organische Substanzen usw. die Schärfe des Bildes noch mehr
beeinträchtigt5 6 7. Lemberg hat daher, um zugleich bessere Dauer-
präparate zu erhalten , schließlich das Fe S noch durch Be-
handlung mit Ferri cyankalium , K3Fe(CN)fi, in Turnbulls-Blau,
Fe3 [Fe (C N)fi]0 , übergeführt Bedenkt man noch, daß wegen
der leichten Oxydierbarkeit des FeS alles möglichst rasch er-
folgen muß , was eine oft erwünschte genaue Überwachung der
einzelnen Vorgänge ausschließt , so wird man schließlich gegen-
über solch mehr oder weniger umständlichen Methoden es vor-
ziehen , sich wenigstens für die Gesteine , wo Calcit nur in
kleinsten Körnchen vorhanden sein kann, auf die Behandlung mit
geeignet verdünnten Säuren zu beschränken.
Der mikrochemische Nachweis des Fe 0 nach einer zuerst
von K. Krech ' angegebenen Methode führte mich nun nach ver-
1 Z. B. Cornu, Dies. Centralbl. 1906. p. 550; vergl. ferner 2 Hinden.
2 Fr. Hinden, Neue Reaktion zur Unterscheidung von Calcit und
Dolomit. Verhandl. d. Naturf. Ges. in Basel 1904. 15. (2.) 201. Referat
hierüber von M. Bauer im N. Jahrb. f. Min. etc. 1905. I. p. 23.
3 Dies. Centralbl. 1905. p. 265.
4 Zeitschr. d. deutsch, geol. Gesellscli. 1887. p. 489 ff.
5 Zeitschr. d. deutsch, geol. Gesellsch. 1888. p. 357.
6 Zeitschr. d. deutsch, geol. Gesellsch. 1892. p. 823.
7 K. Krech, Beitrag zur Kenntnis der oolithisclien Gesteine des
Muschelkalks um Jena. Inaug.-Diss. Jena. Auch: Jahrb. d. K. Preuß,
geol. Landesanst. 1909. I. p. 59 — 133.
46
W. Heeger,
scliiedenen Versuchen, gegründet auf die Tatsache eines geringen
FeO-Gehaltes in den meisten Gesteinscarbonaten, zu einer in sehr
vielen Fällen brauchbaren Unterscheidungsart von Calcit und
Dolomit und zur deutlichen Sichtbarmachung auch kleinster car-
bonatischer Teilchen.
Krech behandelte, um nachzuweisen, daß ein Dolomitmineral
in von ihm untersuchten Gesteinen Fe-haltig sei, den Schliff mit
einer frisch bereiteten Ferricyankaliumlösung, der er einige Tropfen
verdünnte HCl — es soll noch keine sichtbare C 02-Entwicklung
auftreten — zusetzte. „Unter ihrer Einwirkung färbten sich die
Dolomitkörner deutlich blau .... Calcit dagegen nicht“ ....
„wenngleich Geduld nötig ist“ l.
Bei den Versuchen , dies Reagens überhaupt zur Unter-
scheidung von Calcit und Dolomit brauchbar zu machen , zeigte
sich nun, daß hinsichtlich der Mengenverhältnisse der daran be-
teiligten Stoffe gerade das Umgekehrte als das oben angegebene
dienlicher ist: Ist das betreffende Carbonat durch die HCl nur
genügend angegriffen, dann reicht die geringste Spur von Ferri-
cyankalium aus, um die Blaufärbung zu bewirken. Als ziemlich
allgemein brauchbar erwies sich eine Lösung, in der auf
etwa 2 — 3 ccm ungefähr ^ HCl einige Tropfen Ferri-
cyankaliumlösung zugesetzt waren. Mit noch stärker
verdünnter HCl oder mit Essigsäure verläuft die Reaktion be-
sonders für den Dolomit zuweilen unbequem langsam.
Im folgenden seien die bisherigen Resultate kurz zusammen-
gefaßt :
Der Verlauf der Reaktion wird u. d. M. verfolgt. Ist
Calcit vorhanden, so muß sich wegen der für dies Carbonat ja
noch immer starken Säure sofort auch eine noch ziemlich lebhafte
CO,-Entwicklung bemerkbar machen. Sind die calcitischen Massen
sofort in großer Verbreitung erkannt, so empfiehlt sich wohl, das
Reagens gleich oder nach wenigen Sekunden abzuspülen, um die
weitere Auflösung zu verhüten. Zugleich hat sich das Carbonat
intensiv blau gefärbt, wenn es nicht vollkommen Fe-frei ist,
worauf ich noch (p. 50) zurückkommen w'erde.
Bei der von Lemberg erwähnten langwierigen Behandlung,
die schließlich auch auf Turnbulls-Blau hinauslief, bemerkt jener
bereits, daß sich, indem der blaue Farbstoff schwindet, kleine
weiße Stellen in den blauen Feldern bilden. Sind nun aber die
Calcitkörner kleiner oder liegen sie nicht eng beieinander, wie
z. B. oft , w'enn wir es mit calcitischem Füllmaterial in Sand-
steinen zu tun haben , so braucht man bei der neuen Methode
nicht so ängstlich zu sein. Es verschwindet zwar bei längerer
1 1. c. p. 68. 1.
Ueber die mikrochemische Untersuchung etc.
47
Einwirkung das Carbonat bald vollkommen und die Stelle wird
isotrop, aber die blaue Farbe bleibt bei nicht allzu heftigem
Abspiilen liegen und bedeckt, bei kleinem Korn, das ganze Feld.
— Mit dieser Methode ließen sich auch äußerst fein verteilte1
carbonatische Massen ermitteln, indem oft unter einem oder wenigen
sich bildenden Bläschen ein blaues Pünktchen zu beobachten war,
oft mitten zwischen anderem — dolomitischen — Carbonat den
Calcit verratend oder wenigstens das Carbonat1 zwischen den
in so feiner Verteilung ja ähnlich bunt irisierenden Glimmern,
Gipsen usw. , wo es- dem Auge allein entgehen mußte , und um-
gekehrt : Erkennung von Glimmer , Gips usw. zwischen Carbonat.
(Färben sich z. B. auf dem klastischen Material in Sandsteinen
auch staubförmig verteilte dünnste Mengen blau, so wird man wohl
nicht fehlgehen, sie für feinste, beim Schleifen verriebene Massen
anzusprechen.)
Ist nun Dolomit oder ein anderes schwerer angreifbares
Carbonat als CaC03 bezw. (Ca, Fe)C03 vorhanden, so wirkt das
Reagens allmählich, je nach der Angreifbarkeit des betreffenden Car-
bonats , ohne Gasentwicklung oder Auflösung. Wir beobachten
u. d. M., bis uns die Färbung — gelblichgrün infolge der Durch-
sicht durch den Tropfen der Lösung — kräftig genug erscheint :
dies ist oft schon nach einer Minute oder weniger, oft erst nach
^ Stunde oder mehr der Fall, doch ist sie selbst dann noch nicht
so intensiv blau wie sofort bei Calcit, im Gegenteil fast immer
etwas trüb. Es macht sich eben hier die auch bei Behandlung
nur mit Säure besonders nach dem Trocknen zu beobachtende
Trübung durch Bildung von Chloriden — bei LmcK’scher Lösung'
statt dessen Struvit — bemerkbar. Zu beachten ist, daß her-
nach durch das Trocknen die Intensität des besonders im auf-
fallenden Lichte schönen Blaus noch wesentlich steigt. — Während
nun bei Calcit mit dem Auf hören der C02-Entwicklung auch die
Färbung beendet ist, fehlt ein solches Kriterium beim „unlös-
lichen“ Dolomit: Sicher ist, wenn die Färbung sehr bald erscheint,
aber auch nach vielleicht 10 Minuten kaum stärker geworden
ist, daß dann nichts weiter zu erwarten und somit ein nur ge-
ringer Fe-Gelialt vorhanden ist. Geht sie indessen immer weiter
und führt schließlich bei übertrieben langer Dauer zu einem tief-
dunkelblauen Lack, so muß man auf höheren Fe-Gehalt schließen.
Es liegt nun nahe anzunehmen, je höher der Fe-Gehalt, desto
langsamer würde die Färbung beginnen, weil der Fe-Gehalt die
„Löslichkeit“ der Carbonate herabzudrücken scheint. Und in der
Tat fand sich des öfteren eine Übereinstimmung dieser Ansicht
mit dem analytischen Befunde. Aber es hat sich herausgestellt,
daß man auch bei baldigem Beginn der Anfärbung nicht ohne
Vergl. hierzu noch hier p. 50.
48
W. Heeger,
weiteres auf geringen Fe-Gelialt schließen darf. Denn dieser
Anfangspunkt des Sichtbarwerdens der Einwirkung ist ja. außer-
ordentlich stark durch physikalische Eigenschaften beeinflußt:
Korngröße, feine Zerreißung, die, wie längst experimentell er-
wiesen *, die Löslichkeit erhöht, Rauhigkeit der Oberfläche, Spal-
tungstracen — kurz, alle die Oberflächenenergie beeinflussenden
Eigenschaften der Minerale müssen die Wirksamkeit der Säure
auf das Carbonat verändern, wie sich denn die Reaktion auch
immer an all den locis minoris resistentiae zuerst bemerkbar
macht. Sie veranschaulicht demnach vor allem auch die Angreif-
barkeit des betreffenden Carbonates.
Weitere Erfahrungen verdanke ich einigen Versuchen, die
von Herrn GnüxBERG-Jena an Schliffen von quantitativ analysierten
Mineralien vorgenommen wurden : Es zeigte sich hier, daß bei
eigentlichem „ Dolomit“ ein geringer Unterschied im Fe-Gehalt
auf deu Anfangspunkt der Sichtbarwerdung der Anfärbung nicht
merklich verschiebend einwirkt, so daß wohl aus der verschiedenen
Intensität der Färbung nach der gleichen Zeit der Eiuwirkung auf
annähernd proportional verschiedenen Fe-Gehalt geschlossen werden
darf. Im allgemeinen waren bei GrCnberg’s Versuchen „ Calcit “ in
wenigen Sekunden, „Dolomit“ und „Aukerit“ in 5 Minuten völlig-
gefärbt, .Magnesit“ und _ Braunspat ' begannen sich nach ^ Stunde
zu färben; anderseits dauerte es wieder bei einem „ Anker it“ mit
20°/oFeC03 etwa 30 Minuten, bis eine einigermaßen sichtbare
Färbung erzielt wurde.
Ich glaube daher doch, daß im ganz frischen Zustand auch
bei den „Dolomiten" ein höherer Fe-Gehalt den Beginn der An-
färbuug verzögern wird. Sobald aber das Carbonat auch chemisch
schon etwas angegriffen ist, wird die Widerstandsfähigkeit be-
deutend herabgedrückt: So ließ sich des öfteren dort, wo sich
aus dem Dolomit Fe-Hvdroxyd ausgeschieden hatte, eine bedeutend
schnellere Anfärbung feststellen, als bei noch unzersetztem Mineral,
so daß sich daraus der zunächst paradox klingende Schluß ergibt,
daß dies „Fe O-Reagens“ bisweilen das FeO am schnellsten anzeigt,
wo das wenigste FeO vorhanden ist.
Eine besonders interessante Erscheinung ist das Auftreten
von mehr oder weniger zonar verlaufender Verschiedenheit oder
überhaupt von Inhomogenitäten in der Einwirkung, wie sie
sowohl von Grünberg an Mineralschliften, wie von mir bei car-
bonatischem Füllmaterial in Sandsteinen gefunden wurden: Im
letzteren Fall blieb bisweilen um einen mittleren sofort gefärbten
Kern mit scharfer Grenze ein äußerer Rand fast oder ganz un-
gefärbt, ging aber doch auch gleich in Lösung, was nur auf
verschiedene Verteilung und z. T. vollkommenes Fehlen von Fe-
Vergl. W. Ostwalu, Zeitschr. f. phys. Chemie etc. 1900. p. 495 — 503.
lieber die mikrochemische Untersuchung etc.
49
Gehalt zurückzufüliren ist. Verfällt bei solchen „Verwachsungen“
alles bald der Auflösung, so ist es ziemlich unwahrscheinlich,
daß „Dolomit“ beteiligt ist, zumal, wie Grünberg nachgewiesen
hat, CaFeC206 immer noch leichter löslich ist als CaMgC2 06.
Es sei aber bemerkt, daß sich ganz ähnliche Verwachsungen auch
im Dolomit in denselben Gesteinen finden1. Ob auch Verwach-
sungen von „Calcit“ und „Dolomit“ 2 Vorkommen, wie sie andere
mit „LEMBERG’scher Lösung“ nach gewiesen haben sollen, gelang
mit dem Reagens bisher nicht einwandfrei festzustellen, obwohl
schon durch sofortige Wiederabspülung oder Verwendung schwächerer
Säure eine bessere Überwachung des Vorgangs ermöglicht wurde.
Es ist zunächst zu bedenken, falls es wirklich innige Verwach-
sungen verschiedener Carbonate, die sich nicht bloß durch ihren
Gehalt an FeO unterscheiden, gibt, daß dann natürlich die an dem
leichter angreifbaren Teile einsetzende Auflösung sich auch auf
den anderen leichter verpflanzen wird, also dieser Teil dann auch
leichter der Auflösung und somit der Einwirkung irgendwelcher
Reaktionen verfallen muß, als wenn er allein bestände. — Ander-
seits ist es nicht ausgeschlossen, daß gei’ade lediglich der Wechsel
im FeO-Gelialt zu Täuschungen Veranlassung gibt. Ich glaube
z. B. auch, wenn Lemberg meint, daß der Fe C 03-Gehalt während
nur kurzer Einwirkung bei der Fe C13-(N H4)2 S-Methode nicht
störe, doch, daß es gerade auf diesen zurückzuführen ist, wenn
bei seiner Weiterbehandlung mit Ferricyankalium die mit Turn-
bulls Blau bedeckten Stellen nicht gleichmäßig gefärbt wurden,
sondern hier „hellblaue und dunkelblaue Stellen“ abwechselten.
Gerade dort, wo eben die chemischen Verhältnisse nicht so
gleichmäßig und einfach sind, gibt die neue Methode, die nicht
erst Fe zuführt, sondern den meist ab ovo vorhandenen Fe-Gehalt
der Carbonate benutzt, hierüber wenigstens einen gewissen Auf-
schluß. Es hat sich durch Vergleichsversuche so gut wie einwand-
frei erwiesen, daß, wo die Behandlung mit „LEMBERG’scher Lösung“
oder auch der „AgN 03 — K2 Cr 04-Methode“ eine nicht gleichmäßige
Wirkung hervorrief, wie zonare oder sogar gesprenkelte , bis-
weilen auch „schriftgranitische“ Verteilung, daß in diesen Ge-
steinen eben Kriställchen vorliegen, die, scheinbar homogen, an
verschiedenen Stellen verschiedenen Fe-Gehalt aufweisen. Manch-
mal zeigen sich solche Inhomogenitäten auch schon durch geringe
Triibungs- oder Farbenunterschiede ohne weiteres an, ferner auch
durch auffällige Auslöschung zwischen + Nicols 3.
1 Vergl. Heeger, Petrogenet. Stud. üb. d. unt. u. mittl. Btsdst. i.
östl. Thür. Inaug.-Diss. Jena. 1912.
2 Vergl. Heeger, 1. c. Coomäraswämy , Q. J. G. S. 1902. p. 412.
Skeats, Q. J. G. S. 1905. PI. X.
3 Vergl. auch K. Krech, 1. c. p. 69 u. Hef.ger, 1. c.
Centralblatt f. Mineralogie etc. 1913.
4
50 W. Heeger, Ueber die mikrochemische Untersuchung etc.
Bei ganz feinem Korn 1 wird sich wohl überhaupt eine
ganz einwandfreie Unterscheidung, ob Calcit oder Dolomit vor-
liegt, kaum verwirklichen lassen. Schon mechanische Zerreibungen,
z. B. in Sandsteinen durch klastischen Quarz, oder auch nach-
trägliche vielleicht beim Schleifen entstandene Kratzer machen
sich sofort durch schnelle Anfärbung bemerkbar: Da wird sich
manches Mal auch aus Dolomit, selbst bei der schwachen Säure,
C 02 entwickeln. Man kann dann nur noch ans Analogien
schließen.
Tritt überhaupt keine Färbung auf, was sich in Gesteins-
schliffen an einigen Calcitkörnern ausnahmsweise beobachten ließ
— bei Dolomit bisher noch nicht — , so scheint es in diesen Ge-
steinen immer so, als ob es sich um eine Neuausscheidung nach
einer mehr oder weniger weit fortgeschrittenen Auflösung handelt.
So fanden sich Fe-freie Umwachsungen um abgerundete Fe-haltige
Kerne. Die Umwandlungen fanden offenbar unter Bedingungen
statt, unter denen Fe" nicht mehr bestehen konnte; es wurde zu
Fe'" oxydiert, infolgedessen bei dem Wiederabsatz des CaC03
nicht wieder mit aufgenommen und hinterblieb als Hydroxyd.
[Anmerkung: Da sich auch in dem von Krech untersuchten
Gestein der Calcit nicht färbte, handelt es sich dort vielleicht ebenso um
eine Neuausscheidung. Daß hier bei Zerstörungen „nur Dolomit der Auf-
lösung verfiel“ 2, ist mit obiger Ansicht ebenfalls zu vereinbaren, während
Kr. ungewöhnliche Lösungsbedingungen annebmen zu müssen glaubt. —
Ganz etwas Ähnliches — frischen Calcit neben stark zerfressenem Dolo-
mit — fand ich in einem Buntsandsteinkonglomerat3. — Vielleicht ban-
delt es sich ferner auch bei den von Kr. beschriebenen „Pseudomorphosen
von Aggregaten nach Individuen“ 4 um Ausscheidung von Ca C 0,-Kriställ-
chen an der Stelle ursprünglicher größerer Fe-Dolomitkristalle ; denn
auch hier fehlt die Begleitung von Fe-Hydroxyd nicht, und die gute primär-
rhomboedrische Umgrenzung der Aggregate spricht für Dolomit.]
Läßt sich nach allem Gesagten aus dieser mikrochemischen
Methode, namentlich bei Beachtung der Zeitdauer und möglichster
Gleichartigkeit der geprüften ‘ Stellen in physikalischer Hinsicht,
immerhin bis zu einem gewissen Grade ein Schluß auf die Stärke
der Beteiligung von Fe neben der Unterscheidung, ob Calcit oder
Dolomit vorliegt, fällen, so ist doch an eine Benutzung solcher
Arten von chemischen Einwirkungen auch zu quantitativen
Trennungen nur mit Vorsicht heranzugehen, wie es Htnden für
die Fe Cl3-Methode vorschlägt und neuerdings Mahler a mit einer
1 Man beachte auch die enorme Vergrößerung bei Skeats, 1. c.
Taf. XII Fig. 1.
2 Krech, 1. c. p. 69.
3 Vergl. Heeger, 1. c.
4 1. c. p. 66 u. T. VI. 1.
ä Inaug.-Diss. Freibnrg 1906.
K. Olbriclit, Neue Beobachtungen im Diluvium etc.
51
Cu-Nitratlösung ausgefiilirt hat: Dies mag für im Laboratorium
hergestellte reine Präparate bei gleichen Zeiträumen der Einwir-
kung einwandfreie Resultate liefern, wie sich kürzlich bei Unter-
suchungen von K. Spangenberg 1 mit gutem Erfolge gezeigt hat ;
aber bei natürlichen Carbonaten werden oft, ohne daß man es
ahnt, allerhand Beimengungen, also vor allem, wie gezeigt, die
gerade hier benutzten Fe-Salze, je nach ihrem Prozentsatz auf
die Energie der Reaktion und somit auf deren Leistung in be-
stimmter Zeit einen stark verschiebenden Einfluß ausüben müssen.
Die Vorteile dieses „Ferricyankalium-Säure-Reagenses“ für
m ikrochemische Untersuchungen indessen seien , abgesehen
von der jederzeit rasch erzielten Gebrauchsfertigkeit — die „Lem-
BERG’sclie Lösung“, umständlich herzustellen, läßt bekanntlich leicht
nach — noch dahin zusammengefaßt, daß sich in ihm die „Säure-
prüfung“, die Prüfung ob Calcit oder Dolomit, deren Sichtbar-
machung durch Anfärbung, d. h. in manchen Fällen überhaupt
das Auffinden von Carbonat, endlich der Nachweis des FeO und
der durch den Fe-Gehalt etwa bedingten Inhomogenitäten in einer
einzigen, bei gewöhnlicher Temperatur in ihrer Wirkung schnell
genug sichtbar werdenden Reaktion vereinigen.
Jena, Mineralogisches Institut, Oktober 1912.
Neue Beobachtungen im Diluvium der Umgebung
von Hannover.
Von K. Olbricht.
Mit 6 Textfiguren.
Im Jahre 1910 hatte ich Gelegenheit, die Aufschlüsse in der
glazialgeologisch noch wenig bekannten Umgebung von Hannover
zu begehen. Über die Ergebnisse dieser Untersuchungen habe
ich kurz im Globus berichtet (I.) und kam zu folgenden An-
schauungen :
Die AVürm Vereisung (dritte Vereisung des Landesanstalt)
überschritt in zwei großen Zungen noch das Allertal, ihre Sandr
liegen dicht im Norden der Stadt Hannover vor mehreren End-
moränenbögen. Das ostwestlich gerichtete Leinetal von Hannover bis
Wunstorf ist wahrscheinlich durch den Rand des Würmeises bedingt;
vorher floß die Leine — wie Schotter zeigen — in der breiten
wiesenbedeckten Senke, die heute von der Wietze benutzt wird1 2.
1 Inaug.-Diss. Jena 1912.
2 In einer Arbeit über „äußere Jungendmoränen in Norddeutschland“
(Zeitschr. f. Gletscherkunde. 1912. p. 250 usw.) kommt Werth zu einer
Begrenzung, die der Wirklichkeit nicht immer entspricht. Da seine Arbeit
zudem stellenweise auf nicht hinreichender Orts- und Literaturkenntnis
aufgebaut ist, werde ich an anderer Stelle auf dieselbe zurückkommen.
4*
52
K. Olbricht, Neue Beobachtungen
Außerhalb des vom Würmeise bedeckten Gebietes stehen die
stark eisenschüssig verwitterten Ablagerungen der älteren Riß-
vereisung an, sie bestehen aus liegenden Sanden, denen eine Grund-
moräne aufgelagert ist, die meist sandig verwittert ist, ohne je-
doch von jüngeren Decksanden überschüttet zu sein. Daraus schloß
ich schon früher, daß die eiszeitlichen Gletscher beim Vorrücken
mächtige Sande aufschütteten, diese dann mit einer Grundmoränen-
decke bedeckten , die zumeist noch heute die Oberfläche bildet,
ohne von jüngeren Decksanden überschüttet zu sein. Daraus sich
ergebende Folgerungen über den Aufbau des typischen Diluvial-
protils habe ich schon vor Jahren gezogen und formuliert (II.
p. 613). Ihre Bewahrheitung würde um so wichtiger werden, als
durch sie auch die von Passarge (III. p. 257 usw.) aufgestellte
These, daß den vier alpinen Schottern nur zwei Vereisungen zu
entsprechen brauchen, als durchaus hypothetisch hingestellt werden
müßte.
Die Schichten dieser älteren Vereisung werden von einer
Lößdecke überkleidet und sind mehrfach zu Moränen wällen auf-
gepreßt. Eine Mehrteilung des älteren Diluviums ist nicht un-
möglich, aber durch keinerlei zwingende Aufschlüsse zu beweisen.
Im Sommer dieses Jahres konnte ich meine Studien neu auf-
nehmen und mehrfach erweitern. Es gelang mir nicht nur, zahl-
reiche neue Moränenwälle aufzufinden, sondern auch die Lößgrenze
genauer festzulegen. Einen kurzen Auszug aus diesen Beobach-
tungen habe ich schon kurz an anderer Stelle gegeben (IV.) und
im Diluvium der Umgebung von Hannover.
53
durch eine Karte erläutert. In den folgenden Zeilen möchte ich
noch etwas eingehender auf diese Beobachtungen zurückkommen,
da sie für das Verständnis der Glazialgeologie dieser Gegend
nicht unwichtig sind.
Westlich von Springe liegen zu beiden Seiten der nach
Münder führenden Landstraße mehrere Hügel, die durch ihren
Sandreichtum schon auf dem Meßtischblatt dieser meist aus festem
Gestein aufgebauten Gegend auffallen. Die Begehung zeigt, daß
diese nach allen Seiten hin abfallenden Hügel die Erosionsreste
eines zungenförmig angeordneten Moränenwalles sind (Fig. 1).
Mehrfach ist dieser durch tiefe Gruben aufgeschlossen. Es ergibt
sich folgendes Gesamtbild: Über mächtigen, oft gestauchten Sanden
mit eingelagerten Tonlinsen lagern eisenschüssig verwitterte Schotter,
die z. T. offenbar nur Umlagerungsprodukte sind, die Decke wird
von Resten einer Grundmoräne gebildet. Die Schichten sind mehr-
fach stark gestört, so daß die Sande Linsen in den Schottern
bilden. An den Flanken liegen Lößlehme, die bis zu 2 m mächtig
werden, jedoch die höchsten Spitzen frei lassen. Es handelt sich
hier um sehr schön erhaltene Reste von Aufpressungsmoränen,
die an einem zungenförmigen Eisrande entstanden und sich wahr-
scheinlich zur Zeit eines lokalen Vorstoßes während der Abschmelz-
zeit bildeten.
Weitere, bis zu 15 m Tiefe aufgeschlossene Endmoränenwälle
linden wir im Norden von Hachmühlen. Den hier aufgeschlossenen
gefalteten Sanden und Kiesen ist eine stark zementierte Schicht
eingelagert, die möglicherweise einer älteren Vereisung entspricht.
Einen wundervollen Moränenwall bildet das im Westen von
Münder sich erstreckende Massiv des Eilenberges, das weithin das
Landschaftsbild beherrscht und bis 40 m die Umgebung überragt.
Die tiefsten Aufschlüsse liegen bei Hamelspringe in 130 m
Meereshöhe. Hier liegen als Basis kalkhaltige, stark zementierte
Schotter (Fig. 2 ) mit zahlreichen eingesprengten
nordischen Geschieben. Diese Schotter wer-
den als Bausteine abgebaut und von einer
deutlichen, zu ihrem Einfallen diskordant ver-
laufenden Oberfläche abgeschnitten. Über
dieser deutlich erhaltenen alten Oberfläche
folgen mächtige Sande, Schotter und Grund-
moränen, wobei die oft wenig geschichteten Schotter offenbar nur
Umlagerungsprodukte und eine Fazies der Grundmoräne darstellen.
An den Flanken lagern Lösse, die in den westlich sich anschließenden
Ziegeleigruben mehrere Meter mächtig werden. Wir haben es
hier offenbar mit den Ablagerungen von zwei Vereisungen zu tun,
die — wie sich auch Herr Professor Hauthal überzeugen konnte —
nachträglich zu einem Moränenwall aufgepreßt wurden. Die Be-
gehung der zahlreichen Aufschlüsse des teilweise nur mit Gräsern
Alter Schotter
Fig- 2.
54
K. Olbricht, Neue Beobachtungen
bewachsenen Eilenbergs zeigt , daß dieser bis auf den höchsten
Gipfel (+ 186 m) aus meist gestauchten Schottern besteht, also
einen deutlichen Moränenwall darstellt, der die stattliche Höhe
von mehr als 40 m erreicht. Wie dieser früheren Beobachtern
— • namentlich Spethmann — entgehen konnte , ist mir unver-
ständlich.
Weitere Moränenwälle finden wir bei Einbeck hausen.
Sie markieren einen Eisrand, der einem Gletscher entsprach, der
durch die tiefe Senke zwischen dem Nordmannsturm und der
Hohen Warte den Deister querte.
Die Vereisung, welche diese Moränenwälle schuf, kann sich
also nicht mehr sehr weit nach Süden erstreckt haben , da sie
so auffallend von den Formen des Untergrundes beeinflußt wurde.
Das paßt zu den Anschauungen Grupes (V.), nach denen das
Rißeis bei Hameln bis an die Weser reichte und im Leinetal noch
bis in die Alfelder Gegend ihre Grundmoräne hinterließ. Viel-
leicht gehören zu dem Zuge dieser Endmoränenreste auch die Kies-
hügel bei Banteln im Leinetal.
Auch hier haben wir wieder den Fall vor uns, daß der
äußerste Rand von Vereisungen nicht immer durch Moränenwälle
bezeichnet werden braucht, diese vielmehr zumeist lokalen Vor-
stößen — kleinere Klimaschwankungen? — während der Ab-
schmelzzeit ihre Entstehung verdanken a.
Wir haben es also in unserem Gebiete mit den Ablagerungen
von zwei Vereisungen zu tun, von denen die der jüngeren Riß-
vereisung sich bis Alfeld und Hameln ausdehnen, während die der
älteren Mindelvereisung nur an einer Stelle (bei Hamelspringe) in
Gestalt alter, stark zementierter Schotter erhalten sind. Der sich
zwischen beide schiebenden Interglazialzeit entspricht die Ver-
festigung der älteren Schotter und die Herausbildung der Dis-
kordanz. Diese Untersuchungen harmonieren durchaus nicht mit
den Anschauungen Schucht’s über den Lauenburger Ton (VI.),
passen aber so gut zu den Beobachtungen in Thüringen und
anderen Gebieten, daß es wohl unbedingt nötig erscheint, den
Lauenburger Ton in mindestens zwei Unterabteilungen , zwischen
die sich eine Vereisung schiebt, zu zerlegen. Ich erinnere hier-
bei ebenfalls an mein Übersichtskärtchen der norddeutschen Ver-
eisungen (VII.).
Lößlehme bedecken im Süden von Hannover (vergl. Kärtchen)
in breiten Streifen das Flachland, das hier fast waldlos ist und
von üppigen Ackerländern eingenommen wird (vergl. auch Karte
in IV, wo die Pflanzendecke eingezeichnet ist) und reichen weit
hinein in die Gebirge, hier meist die Senken erfüllend, während
die Kämme lößfrei sind.
Vergleiche hierzu die vorige Anmerkung.
im Diluvium der Umgebung von Hannover.
oa
Ein schöner Lößaufschluß befindet sich bei Einbeckhausen
(Fig. 3), wo die Lösse bis 6 m Tiefe aufgeschlossen sind und mit
deutlich erkennbarer Diskordanz über den glazialen Schichten
Fig. 3.
liegen.
Schon die Übersichtskarte zeigt, daß die Lösse in größter
Erstreckung sich im Windschatten des Deisters erhalten haben
und weiter nördlich, wo ungehemmt die Westwinde wehen können,
fehlen. Die heutige Nordgrenze der Lösse ist also meines Er-
achtens nicht die Grenze der ehemaligen Löß-
verbreitung überhaupt, sondern diese reichte
einst viel weiter nach Norden. Dies schloß
ich zum ersten Male aus der Verbreitung der
Mergelsande , die meines Erachtens nichts
anderes als umgelagerte Lösse sind. Ebenso
deutete ich zum ersten Male die Feinsande des
Fläming und die Flottlehme der Lüneburger Heide als Lösse und be-
wies dies auch durch Auffinden einer Dreikanterschicht, die dem kar-
tierenden Geologen Stoller der Landesanstalt entgangen ist (X.
p. 52). Die Feinsande des Fläming hält auch schon Linstow für
Lösse, während die Flottlehme der Heide von StoLLER immer noch
als Eissedimente erklärt werden, obgleich über ihre Lößnatur ge-
wichtige Zweifel gar nicht mehr bestehen können (X. p. 52 usvv.).
In Fig. 4 habe ich nach den Aufnahmen der Landesanstalt
die Flottlehme der Heide in eine Höhenkarte eingetragen. Ein-
mal fällt es uns auf, daß diese Flottlehme im Windschatten des
Siising liegen, zugleich erkennen wir ihre ganz eigenartige streifen-
förmige Anordnung, die offenbar nicht die ursprüngliche Ver-
breitungsgrenze ist. Die Karte zeigt eigenartige Gesetzmäßig-
keiten. Die Flottlehme sind überall an den Stellen abgetragen,
wo durch tiefe Täler die Winde ungehindert wehen können, nur
so lassen sich die eigenartigen, nach Osten zu spitz zulaufenden
Einbuchtungen erklären, die deutlich den Tälern folgen ; die Karte
zeigt dieses besser, als langatmige Beschreibungen.
56
K. Olbricht, Neue Beobachtungen
Die Entstehung des Flottlehmgebietes weist auf Grund der
Aufnahmen folgende Geschichte auf :
Lange Zeit nach dem Abschmelzen der Gletscher werden auf
Erosionsdiskordanzen Lösse aufgeweht (X. p. 52), deren Verbrei-
tung offenbar ehemals eine viel größere war. Auf die Lößzeit
folgt eine Zeit — oder mehrere? — , in der die Lösse unter dem
Einfluß der für das heutige Klima kennzeichnenden Westwinde
zum großen Teil wieder abgetragen werden. Dies muß in einer
Übergangszeit geschehen sein, als die Westwinde schon wehten,
aber die Pflanzendecke noch nicht den Boden vor jeder Abtragung
schützte. Heute werden unter dem Einfluß der Pflanzendecke die
ehemaligen Formen erhalten. Eine ähnliche Anordnung zeigen
auch die Feinsande des Fläming (Fig. 5).
Diese Folgerungen aus den Lößgebieten der Heide und der
Umgebung von Hannover werden sicher auch für die übrigen Löß-
Belzig
Treuenbrietzen
Jüterbog
Fig 5 '
1W00000.
gebiete Geltung haben. Es wäre hierfür unbedingt nötig, daß
unter einheitlicher Leitung und mittelst Rundschreiben an Löß-
kenner der verschiedenen Teile Europas zuerst einmal die Be-
arbeitung einer großzügigen Übersichtskarte der Lößverbrei-
tung in Angriff genommen würde.
Meine Anschauungen möchte ich in folgenden Sätzen kurz
präzisieren :
1. Lösse entstehen nicht am Rande der abschmelzenden
Gletscher, sondern sind durch nicht zu gering zu veranschlagende
Erosionsdiskordanzen von den glazialen Ablagerungen getrennt.
2. Sie entstanden auch nicht unter dem Einfluß des heutigen
Klimas, da dieses durch seine Pflanzendecke jede Abtragung ver-
hindert.
3. Es bleiben nur Trockenzeiten über, die zeitlich nicht
mit den Vereisungen zusammenfallen. In diesen war offenbar
zeitweise auch die Ausdehnung des europäischen Kontinentes eine
viel größere , wie die belgischen und nordfranzösischen Lösse es
andeuten. Vielleicht war Europa zeitweise seewärts durch die
200 m-Tiefenlinie begrenzt und in diesem großen Kontinente
konnte in trockeneren Zeiten eine ausgedehnte Lößbildung ein-
setzen.
4. In den Übergangszeiten zwischen dem kontinentalen und
im Diluvium der Umgebung von Hannover.
57
atlantischen Klima wurden die Lösse bis auf wenige an besonders
geschützter Stelle erhaltenen Reste abgetragen.
5. Da offenbar nicht nur der weitaus größte Teil der Lösse
nach seiner Ablagerung wieder abgetragen wurde, sondern auch
die Grenzen der Ablagerungsgebiete in den einzelnen Zeiten sich
nicht immer deckten, ist es durchaus nicht notwendig, daß überall
mehrere durch Laimenzonen getrennte Lößbildungen vorhanden
sein müssen. Es ist sogar wahrscheinlich, daß die älteren Lösse
Verbreitung der Lösse bei Hannover.
1:750000
in noch viel größerem Umfange abgetragen wurden, als die jüngeren,
so daß ein Vorhandensein mehrerer Lösse an ein und derselben
Stelle sogar ein Ausnahmefall sein wird. Von solchen Gebieten
aus muß dann unbedingt die Gliederung der Lösse ausgehen.
6. Die Abtragung der Lösse wird besonders auf fluvio-
glazialem und fluviatilem Wege erfolgt sein. Auf erstere
Weise entstanden die Mergelsande; fluviatile Umlagerungsprodukte
stellen wahrscheinlich die Aulehme dar.
Litteraturverweis.
I. K. Olbricht : Das Diluvium in der Umgebung von Hannover.
Globus 1910. p. 277 usw.
II. K. Olbricht : Neuere Beobachtungen usw. Dies. Centralbl. 1910.
p. 609 usw.
58
Carlo H. Jooss.
III. Passarge : Physiologische Morphologie. Hamburg 1912.
IV. K. Olbricht : Das Landschaftsbild der LTmgebung Hannovers. Han-
noverland 1912. p. 218.
V. Grube : Zur Frage der Terrassenbildungen im mittleren Flußgebiete
der Weser usw. Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1904. p. 470 usw.
Derselbe: Die Flußterrassen des Wesergebietes usw. Ebenda 1912.
p. 265 usw.
VI. Schucht : Der Lauenburger Ton als leitender Horizont usw. .Tahrb.
d. k. preuß. geol. Landesanst. 1908. p. 130 usw.
VII. K. Olbricht : Einteilung und Verbreitung der glazialen Ablage-
rungen in Norddeutschland. Dies. Centralbl. 1911. p. 507 usw.
VIII. K. Olbricht : Grundlinien einer Landeskunde der Lüneburger Heide,
p. 23 oben.
IX. K. Olbricht: Über das Klima der Postwürmzeit. Dies. Centralbl.
1909. p. 599.
X. K. Olbricht : Die Blätter Bevensen . Bienenbüttel usw. Ebenda.
1912. p. 9 usw.
Breslau am 20. 12. 12.
Ueber Limnaea (Limnaea s. str.) turrita Klein emend. Jooss.
Von Carlo H. Jooss in Stuttgart.
Mit 8 Textfiguren.
In seinen Land- und Süßwasser-Conchylien der Vorwelt er-
wähnt Sandberger in dem Kapitel „Binnenmollusken der Ober-
miocänschichten“ auf p. 582 eine Limnaea aus der Gruppe der
stagnalis, welche er in einem Exemplar, dem aber die Spitze fehlt,
1872 am Deutschliof entdeckt habe und die in Bruchstücken auch
von Mundingen bekannt sei. 1877 fand dann Herr Professor
Dr. Konrad Miller, Stuttgart, die gleiche Art in einem voll-
ständigen Exemplar im Obermiocän von Mörsingen und benannte
dieselbe vorläufig Limnaea stagnaloides n. sp., ohne sie jedoch unter
diesem Namen bisher zu veröffentlichen’. Seitdem wurden noch
einige weitere Stücke von dieser so seltenen Art in unserem Ober-
miocän gefunden , so daß dieselbe nun genauer untersucht und
verglichen werden konnte , wobei sich folgendes herausstellte :
1 Trotzdem wurde dieser Name von den Herren Hauptmann W. Kranz,
Swinemünde, und Pfarrer Dr. Th. Engel, Eislingen, in die Fachliteratur
eingefiibrt. (Vergl. hierüber: Kranz, W., Stratigraphie und Alter der
Ablagerungen bei Unter- und Oberkirchberg , südlich Ulm a. D. Dies.
Centralbl. 1904. p. 537 u. 550; ferner: Engel. Th, Geognostischer Weg-
weiser durch Württemberg. 3. Auf!. Stuttgart 1908. p. 534, 540, 560.
p. 540 führt Engel die von Miller L. stagnaloides benannte Art sogar
aus den brackischen Schichten am Hochsträß an, worin dieselbe in Wirk-
lichkeit gar nicht vorkommt.)
60
Carlo H. Jooss,
Die vorliegenden Exemplare sind zweifellos aus-
gewachsene Stücke der seither als kleine, schlanke
Art angesehenen Limnaea turrita Klein1, und die
Kenntnis der letzteren beruhte bis jetzt nur auf
unvollständigen Stücken. Bei zwei meiner Exemplare
waren nämlich aus Versehen die Gehäusespitzen , bestehend aus
den 4-1- bezw. 5 ersten Windungen abgebrochen worden und dabei
war mir die große Ähnlichkeit dieser Gehäusespitzen mit L. turrita
Klein aufgefallen. Ein Vergleich mit den beiden Originalexemplaren
Klein’s, welche sich in der hiesigen Kgl. Naturaliensammiung be-
finden, hatte dann die vollkommene Übereinstimmung ergeben. Außer-
dem konnte aber auch festgestellt werden, daß die beiden Original-
exemplare Klein’s nur Bruchstücke (aus den 4f bezw. 5 ersten
Umgängen bestehend) sind, die, nach Analogie mit den oben er-
wähnten Gehäusespitzen, zweifellos derselben Art wie die letzteren
angehören, d. h. daß diese Art also die eigentliche L. turrita Klein
darstellt, welche demnach erst jetzt richtig bekannt wird.
Limnaea turrita ist höchstwahrscheinlich ein direkter Vor-
läufer unserer rezenten Limnaea ( Limnaea s. str.) stagnalis L. Sie
scheint zur Obermiocänzeit, ähnlich wie L. stagnalis in der Gegen-
wart, einen größeren Formenkreis besessen zu haben, wenigstens
lassen sich unter dem vorliegenden Materiale deutlich mehrere
Formen unterscheiden, die nun hier beschrieben werden sollen.
1. Limnaea turrita Klein emend. Jooss, Typus, Fig. 1 — 1 a.
Dieser gleicht auffallend der var. vulgaris Wstld. unserer rezenten
L. stagnalis L. und unterscheidet sich von dieser nur durch langsamere
Aufwindung und etwas stärkere Wölbung der Umgänge, welche durch
etwas tiefere, mehr wagrecht verlaufende Nähte voneinander getrennt
sind. Von der var. vulgaris Wstld. wurden in Fig. 2 — 2 a und
3 — 3 a zwei Exemplare zum Vergleich mitabgebildet. Das erstere
(Original in coli. Jooss.) wurde in den mittelpleistocänen Sauer-
wassersanden am Sulzerrain in Cannstatt-Stuttgart gefunden, während
das letztere (Original ebenfalls in coli. Jooss.) aus dem Achensee
in Nordtirol stammt. Die Diagnose der typischen Form ist:
Schale fest, kaum merklich schlitzförmig genabelt, Gewinde
verlängert, spitz, Umgänge 7 — 8, durch mäßig tiefe Nähte getrennt,
langsam und regelmäßig anwachsend , mit feinen , von kräftigen
Blinzeln in gleichmäßigen Zwischenräumen unterbrochenen Streifen
bedeckt, letzter Umgang so hoch als die übrigen zusammengenommen,
Mündungsachse schief, zur Gehäuseachse einen spitzen Winkel bildend,
Mündung länglich eiförmig, Mündungshöhe ca. die Hälfte der
Gesamthöhe betragend, Mundränder scharf, durch eine dünne, breite
Schwiele verbunden, Spindel verdreht. H. 27 — 31 mm1, gr. Br.
13 — 14 mm, Mh. 14 — 15 mm, Mbr. 8 — 9 mm.
1 Jalneshefte d. Ver. f. vaterl. Naturkunde in Württemberg. IX. Bd.
Jahrg. 1853. p. 220. Taf. V Fig. 17.
Ueber Limnaea (Limnaea s. str.) turrita Klein emend. Jooss. ßl
Vorkommen: Ziemlich selten im S^/rana-Horizont — den
kalkigen Mergeln mit Melanopsis kleini Kurr — am Deutschhof
bei Pflummern, äußerst selten im Sylvana- Kalk von Mörsingen bei
Zwiefalten (Original in coli. Johner, Riedlingen) und Mundingen
bei Ehingen.
Neben dem Typus finden sich dann in Mörsingen, ebenfalls als
große Seltenheit, Übergangsformen (eine solche wurde in Fig. 4 — 4 a
abgebildet, das Original befindet sich in coli. Miller.) zu
2. Limnaea turrita Klein emend Jooss, var. milleri nov. var.
Fig. 5 — 5 a und 6 — 6 a. Diese zeigt dem Typus gegenüber folgende
Unterscheidungsmerkmale: Gewinde verkürzter, letzter Umgang
höher und bauchiger, Mündungshöhe fast § der Gesamthöhe betragend.
Leider fehlen den beiden abgebildeten Exemplaren die Anfangs-
windungen , so daß sowohl die Zahl der Umgänge als auch die
Höhe des Gehäuses bei denselben nur schätzungsweise angegeben
werden kann. Erstere mag — nach Analogie zweier weiterer,
etwas beschädigter Exemplare — 7 — 8, letztere 30 — 3 1 mm be-
tragen haben. Gr. Br. 15 — 16 mm, Mh. 19 — 21 mm, Mbr. 8 — 9 mm.
Ich benenne diese Varietät nach meinem verehrten ehemaligen
Lehrer, Herrn Professor Dr. Konrad Miller in Stuttgart.
Vorkommen: Sehr selten im S^/va»«-Kalk von Mörsingen
(Fig. 5 — 5 a, Original in coli. Jooss.) und im Sande mit Helix
(Otala) sylvana Klein von Biberach a. d. Riß (Fig. 6 — 6 a, Original
ebenfalls in coli. Jooss).
Eine weitere, zweifellos auch hierher gehörende Form unter-
scheide ich als
3 .Limnaea turrita Klein emend. Jooss, mut. lacustriformis
nov. mut. Fig. 7 — 7 a. Cliar. : Gewinde stark verkürzt, zusammen-
geschoben, letzter Umgang ziemlich bauchig, oben schwach gekantet.
Runzeln kräftig hervortretend, Mündung ca. § der Gesamthöhe ein-
nehmend. Leider fehlen bei dem abgebildeten Stück ebenfalls die An-
fangswindungen, so daß die Zahl der Umgänge und die Gehäusehöhe
bei demselben nur abgeschätzt werden können. Erstere dürfte
zwischen 6| und 7\ geschwankt, letztere ca. 2 1 mm betragen haben.
Gr. Br. 13,2 mm, Mh. 13 mm, Mbr. 7,75 mm.
Vorkommen : Äußerst selten im Sylvana- Kalk von Mörsingen.
(Original in coli. Johner, Riedlingen.)
Die var. lacustriformis erinnert lebhaft an die var. lacustris
Stüder unserer rezenten L. stagnalis L., von welcher in Fig. 8 — 8 a
ein Exemplar zum Vergleich mitabgebildet wurde, das vom Boden-
seeufer bei Bregenz stammt. (Original in coli. Jooss.) Sie unter-
scheidet sich jedoch von der var. lacustris Studer besonders durch
1 Zur Bezeichnung der Maße gebrauche ich von jetzt ab folgende
Abkürzungen: H. = Höhe, gr. Br. = größte Breite, Mh. = Mündungshöhe,
Mbr. = Mündungsbreite, D — Dicke.
62
Carlo H. Jooss,
geringere Dimensionen der Schale , gewölbtere Umgänge und die
Form und Stellung der Mündung. Wie die var. lacustris ist sie
wohl eine Form des bewegten Wassers1.
Limnaea turrita Klein einend. Jooss, Typus nebst var. milleri
und mut. lacustriformis wurde bis jetzt nur im Obermiocän Württem-
bergs beobachtet. Was die seither als L. turrita Klein von ver-
schiedenen Autoren aus dem Obermiocän von Undorf bei Regens-
burg a. D.2, dem Mittelmiocän von Sansan (dep. Gers.)3 und dem
Untermiocän des Mainzer Beckens4 erwähnten, kleinen Limnaeen be-
trifft, so glaube ich jetzt, daß es sich hier keinenfalls um .Tugend-
formen von L. turrita Klein einend. Jooss oder eine ihrer Va-
rietäten handelt , sondern daß unter dem oben erwähnten Namen
seither die Jugend- oder noch wahrscheinlicher die Trockenformen
anderer Limnaea- Arten zusammengeworfen wurden.
1 Die var. lacustris Studer lebt nach Geyer („Unsere Land- und
Süßwasser-Mollusken“. Stuttgart 1909. p. 74) an den flachen Ufern bewegter
Seen. Die Gehäuseform der var. lacustris läßt sich biologisch wohl fol-
gendermaßen erklären: Um durch den Wellenschlag nicht von seinem
Aufenthaltsort losgerissen und ans Ufer gespült zu werden , bedarf das
Tier einer größeren Adhäsionsfläche, es muß daher den letzten Umgang
seines Gehäuses entsprechend erweitern. Um ferner den Wellen möglichst
wenig Angriffsfläche zu bieten, bleibt das Gehäuse kleiner und das Gewinde
wird mehr zusammengeschoben. Die stärker als beim Typus ausgeprägten
Anwachsstreifen der Umgänge dürften ihre Erklärung vielleicht in dem
durch das Anklammern bedingten größeren Aufwand an Muskelkraft finden?
2 Vergl. hierüber: v. Ammon, L. , Ein Beitrag zur Regensburger
Tertiärfauna. Correspondenzblatt d. zool.-mineralog. Ver. zu Regensburg.
27. Jahrg. 1873. p. 189. — Clessin, S., Die tertiären Binnenconchylien von
Undorf. Ebenda. 31. Jahrg. 1877. p. 38. — Clessin, S., Die Conchylien der
obermiocänen Ablagerungen von Undorf. Malakozool. Blätter. N. F. Bd. VII.
1884. p. 88. — Clessin, S., Die Conchylien etc. Berichte d. naturw. Ver.
zu Regensburg. IV. Heft für die Jahre 1892 — 1893. p. 25. — Clessin, S.,
Die Conchylien etc. Ebenda. XIII. Heft für die Jahre 1910 — 1911. p. 12.
3 Sandberger, F., Die Land- u. Süßwasser-Conchylien d. Vorwelt. Wies-
baden 1870 — 75. p. 581. Taf. XXVIII Fig. 26— 26b. — Bourguignat, S.R.,
Histoire malacologique de la colline de Sansan. Bibliothöque de Fecole des
liautes etudes; Sect. de Sciences nat. T. XXII. 1881. Art. No. 3. p. 117.
pl. 6 fig. 200—201.
4 Böttger, 0., Die fossilen Mollusken der Hydrobienkalke von Buden-
heim bei Mainz. Nachrichtsblatt d. deutschen Malakozool. Ges. 40. Jahrg.
1908. p. 153. — Jooss, C. H„ Die Molluskenfauna der Hydrobienschichten
des Hessler bei Mosbach-Biebrich. Jahrbücher d. Nassauischen Ver. f. Naturk.
in Wiesbaden. 64. Jahrg. 1911. p. 71. No. 44. — Wenz, W., Die unteren
Hydrobienschichten des Mainzer Beckens, ihre Fauna und ihre strati-
graphische Bedeutung. Notizblatt d. Ver. f. Erdkunde u.‘d. Großh. geol.
Landesanstalt zu Darmstadt f. d. Jahr 1911. IV. Folge. 32. Heft. p. 157.
No. 11. — Fischer, K,, und Wenz, W., Verzeichnis und Revision der
tertiären Land- und Süßwasser-Gastropoden des Mainzer Beckens. Neues
Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXXIV. 1912. p. 490.
lieber Limnaea (Limnaea s. str.) turrita Klein einend. Jooss. 63
Den Herren Professor Dr. Kon n ad Miller , Stuttgart , und
Verwaltungsaktuar Alfred Johner, Riedlingen a. D., welche mir
die in ihren Sammlungen befindlichen Exemplare von L. turrita Klein
emend. Jooss bereitwilligst zur Untersuchung anvertrauten, ferner
Herrn Professor Dr. Eberhard Fraas, welcher mir in liebenswür-
digster Weise die Untersuchung der in der hiesigen Kgl. Naturalien-
sammlung befindlichen KLEiN’schen Originalexemplare von L. turrita
gestattete, sowie Herrn Oberlehrer D. Geyer, Stuttgart, welcher
mich in bekannt freundlicher Weise mit rezentem Vergleichsmaterial
unterstützte, sei an dieser Stelle nochmals herzlichst gedankt.
Literatur.
1853. Limnaeus turritus Klein, Jahreshefte d. Ver. f. vaterl. Naturkunde
in Württemberg. JX. Jahrg. p. 220. Taf. V Fig. 17.
1874. Limnaeus turritus, Sandberger, Die Land- und Süßwasserconchylien
d. Vorwelt. p. 581. Taf. XXVIII Fig. 26-26 b.
1874. Limnaeus sp., Sandberger, Die Land- und Süßwasserconchylien d.
Vorwelt. p. 582.
1877. Limnaeus stagnaloides Miller in schedulis.
1883. Limnaeus turritus, Engel, Geognostischer Wegweiser durch Württem-
berg. I. Aufl. p. 286.
1896. Limnaeus turritus. Engel, Geognostischer Wegweiser durch Württem-
berg. II. Aufl. p. 406.
1904. Limnaeus stagnaloides. Kranz, Dies. Centralbl. 1904. p. 537 u. 550.
1908. Limnaeus stagnaloides . Engel, Geognostischer Wegweiser durch
Württemberg. III. Aufl. p. 534 u. 560.
1908. Limnaeus turritus, Engel, Geognostischer Wegweiser durch Württem-
berg.
III. Aufl.
p. 564.
Figurenerklärung.
Fig. 1 — 1 a.
Limnaea
turrita Klein emend. Jooss, Typus, Obermiocän,
Mörsingen.
„ 2-2 a.
V
stagnalis L. var. vulgaris Wstld. , mittleres Plei-
stocän, Cannstatt-Stuttgart.
„ 3-3 a.
V
stagnalis L. var. vulgaris Wstld, rezent, Achensee,
Nordtirol.
„ 4— 4 a.
»
turrita Klein emend. Jooss , Übergang zur var.
milleri Jooss, Obermiocän, Mörsingen.
„ 5 — 5 a.
71
turrita Klein emend. Jooss, var. milleri Jooss, Ober-
miocän, Mörsingen.
„ 6 — 6 a.
n
turrita Kl. emend. Jooss, var. milleri Jooss, Ober-
miocän, Biberach a. d. Riss.
» 7— " a.
7)
turrita Klein emend. Jooss, var. lacustriformis
Jooss, Obermiocän, Mörsingen.
„ 8-8 a.
7)
stagnalis L. var. lacustris Stüder, rezent, Boden-
seeufer bei Bregenz.
64
Carlo H. Jooss, lieber Limnaea etc. — Personalia.
Berichtigung.
In meiner „Vorläufigen Mitteilung über eine vermutlich alt-
tertiäre Schneckenfauna aus dem Ries“, dies. Centralbl. 1911,
Heft 3, p. 88 — 91, sind einige Berichtigungen nötig, es soll heißen:
p. 89, Linie 8, „ein eigenes Subgenus“ statt „eine eigene Sektion“.
„ 89, unten in der Anmerkung, sind die Artennamen von
„P. bohemica Böttger“ auf Linie 10 bis „P. mal-
leolata Sandb.“ auf Linie 12 zu streichen. (Vergl. hier-
über auch Jahreshefte d. Ver. f. vaterl. Naturkunde in
Württemberg. 68. Jalirg. 1912. S. 164, unten, An-
merkung 2.)
90, Linie 15, „Limnaea pachygaster“ statt „Limnuspachygasler“.
32, „Dunker“ statt „Duncker“.
„im unteren Untermiocän Südfrankreichs“ statt
„im oberen Oligocän Südfrankreichs“.
39, beide Male „Noulet“ statt „Moulet“.
44, „Ericia schneidi“ für „Ericia schneidti“.
2, „Schneid“ für „Schneidt“.
5, 6 „in den oberen Horizont der unteren Süß-
wasserkalke, also ins oberste Oligocän, zu ver-
weisen.
C. H. Jooss, Stuttgart.
90,
merkung
Linie 15,
90,
» 32,
90,
* 34,
90,
n 39,
90,
„ 44,
91,
„ 2,
91,
„ 4,
Personalia.
Angenommen: Professor Dr. J. F. Pompeckj in Göt-
tingen einen Ruf als Nachfolger von Professor Dr. E. v. Koken
in Tübingen.
Berufen: Dr. Eberhard Rimann, Privatdozent für Minera-
logie und Geologie an der Technischen Hochschule in Dresden,
von der Regierung der Vereinigten Staaten von Brasilien als Nach-
folger von Professor E. Hussac an die Geologische und Minera-
logische Landesanstalt in Rio de Janeiro für den Posten eines
Chefmineralogen und Petrographen.
I
P. Tucan, Zur Bauxitfrage.
65
Original-Mitteilungen an die Redaktion.
Zur Bauxitfrage.
Von Fran Tucan in Zagreb (Agram. Kroatien».
1.
E. Dittler und C. Doeltek haben in diesem Centralblatte1
und der Kolloid-Zeitschrift 2 ihre Untersuchungen über die Bauxit-
frage publiziert, die meiner Meinung nach einer Richtigstellung
bedürfen. Die beiden Autoren vertreten die Ansicht, daß Bauxit
kein Gestein, sondern ein Mineral sei. Neben den zwei kristalli-
sierten Tonerdehydraten: Diaspor und Hydrargillit (Gibbsit), exi-
stiert noch ein amorphes Tonerdehydrat: Bauxit, und diese drei
Tonerdehydrate bilden zusammen mit Limonit , Roteisen , Kaolin
»Ton) Gesteine. Die Gesteine, welche Diaspor als Hauptmenge ent-
halten, bezeichnen erwähnte Autoren nach dem Vorgänge P. Kruschs
als Diasporite, und demnach könne man analog Gesteine mit vor-
wiegendem Gibbsit als Gibbsitite bezeichnen. Die aus Diaspor
und Gibbsit mit Eisenoxyden , Kaolin bestehenden Massen fassen
die beiden Autoren als Kristalloid-Alumolithe zusammen. Kolloid-
Alumolithe bezw. Bauxite seien ihrer Meinung nach jene Gesteine,
deren Hauptmasse aus Bauxit besteht.
Diesen Ansichten möchte ich nicht beipflichten. Nach den
umfangreichen Untersuchungen an vielen Bauxiten und an Terra
rossa, die Professor M. Kispatic und ich durchführten 3, geht un-
zweideutig hervor , daß wir im Bauxit ein Mineralgemenge vor
uns haben. Bauxit ist eine Gesteinsart, deren Haupt-
gemengt eil aus Tonerdehydrat, Al2 03.H.20 besteht.
In den meisten Fällen ist dieses Tonerdehydrat eine kolloide
Modifikation des Diaspor s, die Professor M. Kispatic
als Sporogelit bezeichnete. Nach der überwiegenden Menge
des Sporogelits oder Diaspors kann man von Sporogelitbauxit
oder D i as p orba u xi t sprechen. Sporogelitbauxite sind viel ver-
1 E. Dittler und C. Doelter, Zur Charakteristik des Bauxits. Dies.
Centralbl. 1912. p. 10. — Zur Nomenklatur der Tonerdehydrate. Ibidem.
1912. p. 104.
2 E. Dittler und C. Doelter . Die Anwendung der Kolloidchemie
auf Mineralogie und Geologie. Bauxit ein natürliches Tonhydrogel. Kol-
loid-Zeitschrift. 9. 1911. p. 282.
3 Fr. Tijüax, Terra rossa, deren Natur und Entstehung. N. Jahrb.
f. Min. etc. Beil.-Bd. XXXIV. p. 401. — M. Kispatic , Bauxite des kroa-
tischen Karstes und ihre Entstehung. Ibid. p. 513.
Centralblatt f. Mineralogie etc. 1913. 5
66
F. Tucan,
breiteter als Diaspovbauxite, und wenn die letzteren verkommen,
enthalten sie immer Sporogelit in ziemlicher Menge. Hydrargillit
erscheint nach bisherigen Untersuchungen in Bauxiten nie in
solcher Menge, daß man von Hydrargillitbauxiten sprechen könnte.
Höchstens könnte die Rede von h y d r ar g i 1 1 i t f üh r e n den
Sporogelit- bezw. Diasporbauxiten sein.
Auch die Bezeichnung „Woclieinit“ und „Kljakit“ sind un-
richtig , da das Material , welches man mit diesen Benennungen
bezeichnet, nichts anderes ist als echter Bauxit.
2.
Ebenso werden nach unseren Untersuchungen die Ansichten
von F. Cornu und M. Lazarevic1 über den Bauxit und seine
„Adsorptionsverbindungen“ hinfällig, da Bauxit keine „voll-
kommen homogene2 und isotrope“ Masse ist und da
sein Si0.3- u nd Ti02- Gehalt von mechanisch beige mengten
Quarz- (und einem mehligen Si02, dann von einem
Kieselsäuregel, Si 02 . 2 H., 0) und Titan mineralen (haupt-
sächlich Rutil) h e r r ü h r t. (Vergl. auch meinen Aufsatz im
Beil.-Bd. XXXIV. p. 427.) P2 0- , CaO und S03, welche Bestand-
teile man in manchen Bauxitanalysen anfiihrt, stammen unzwei-
deutig von Apatit, Calcit, Gips und Anhydrit, welche
Minerale ich im unlöslichen Rückstände der Kalke und Dolomite
und in der Terra rossa gefunden habe. Gerade so ist es mit
der Vanadinsäure, welche in einigen Bauxiten konstatiert
wurde: sie kann von Vanadinmineralen stammen, obgleich
dieselben bis jetzt in Bauxiten (und Terra rossa) noch nicht ge-
funden wurden.
3.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich nur einige Worte über
die Adsorptionsverbindungen im Mineralreiche sagen. Mit der
Deutung dieser Verbindungen muß man überhaupt sehr umsichtig
1 F. Cornu und M. LazareviÖ, Adsorptionsverbindungen im Mineral-
reiche. Kolloid-Zeitschr. 4. 1909. p. 295.
2 Cornu und Lazareviö schreiben: „U. d. M. erweisen sich die eisen-
reichen Bauxite vollkommen homogen und isotrop, weshalb angenommen
werden muß, daß hier kein mechanisches Gemenge vorliegt. Sehr viele
Bauxite enthalten ferner , abgesehen von Si 02 , das wohl sicher in Form
von Tonerdekieselsäuregel vorhanden ist, P206, V20s, S03, CaO. Die Phos-
phorsäure ist sicher adsorptionsartig gebunden, da Übergänge zum reinen
Aluminiumphosphat bekannt sind. Die Vanadinsäure, welche gleichfalls
häuüg vorkommt, spielt entweder eine analoge Bolle wie die Phosphor-
säure, oder liegen Gelgemenge, entstanden aus entgegengesetzt elektrisch
geladenen Hydrosolen, vor, oder aber es handelt sich um Gelgemenge im
Sinne des CASSius’schen Purpurs. Viele Bauxite enthalten ferner Titan-
säure. Auch diese Vorkommen erscheinen u. d. M. vollkommen homogen.“
Zur Bauxitfrage.
67
sein, da man aus chemischen Analysen keinen Schluß auf dieselben
ziehen kann. Viele (amorphe) Minerale enthalten z. B. in solcher
Menge Kieselsäure, daß man dieselben sehr leicht als kieselsaure
Verbindungen zusammenfassen könnte. Als ein gutes Beispiel für
einen solchen Fall führe ich die chemische Analyse eines weißen
Bauxits von Skocaj im kroatischen Karste an :
SiO, . . . .
. . . 44.48
Ti 02 . . . .
. . . 1.20
A1.,03 . . .
Fe2 0, . . .
. 0,51
CaO....
. . . 0.89
H„0 . . . .
. . . 13.98
00, ... .
. . . 0.75
100.05
Aus der angeführten Analyse kann man nur den Schluß
ziehen, daß wir es hier mit einem wasserhaltigen Aluminiumsili-
kate zu tun haben. Und auch nach den mikroskopischen Unter-
suchungen müßten wir schließen, daß vor uns ein solches vorliege.
Und doch ist dem nicht so , denn nach genauen Untersuchungen
besteht dieser Bauxit aus Sporogelit, welchem eine ziemlich
große Menge (32'49°/o) des mehligen Si02 mechanisch bei-
gemengt ist. Dieses Si02 aber können wir dann im Präparate
u. d. M. nicht wahrnehmen, weil es in so feinem Staube vorkommt,,
daß man es neben Sporogelit nicht bemerken kann. Daß ein
solches Si02 in der Natur als eine selbständige Verbindung wirk-
lich existiert, habe ich schon bei einer anderen Gelegenheit be-
wiesen1 2. Wenn ich mit diesem Bauxite dieselben Löslichkeits-
versuche wie mit jenem mehligen SiO, unternehme, so erziele ich
ganz dieselben Resultate. Ein Teil der Si02 (11 • 99°/o) ist im
Sporogelit auch als Kieselsäuregel, Si 02 . 2 H, 0 mechanisch ad-
sorbiert.
Daß man die Homogenität eines Minerals mikroskopisch nicht
immer bestimmen kann , geht aus folgendem Beispiele klar her-
vor. Ich habe einen Bauxit von Grgin brieg (in Kroatien) ana-
lysiert. Die Analyse ergab :
Si 02 23,53
Alj Os 25,69
Fe203 38,23
CaO 0,18
Glühverlust .... 12,30
99,93 3
1 Mit Spuren von Mn 0, Mg 0, Li, 0, Xa2 0 und K, 0.
2 Fr. Tcöan : Ein mehliges Siliciumdioxyd. Dies. Centralbl. 1912.
p. 296.
3 Mit Spuren von Ti02, Li, 0, Na, 0. K, 0.
5*
68 K. Walther, Ueber ein Vorkommen von Epidotadinole und
Was kann man aus dieser Analyse entnehmen? Liegt hier
ein Eisenaluminiumsilikat oder ein mechanisches Gemenge vor?
Wenn man das zur Analyse benützte Material u. d. M. unter-
sucht, so erweist es sich als eine vollkommen homogene und iso-
trope Masse. Und doch ist dies kein homogenes Material, sondern
«in typisches mechanisches Gelgemenge. Auf optischem Wege
können wir nicht zwei amorphe (kolloide) Substanzen
eine von der anderen unterscheiden, wenn dieselben
miteinander Vorkommen. So ist z. B. Sporogelit, der nur
ein wenig Hämatogelit (Fe203) als adsorbiertes Gelgemenge ent-
hält, dem reinen Hämatogelit u. d. M. vollkommen gleich. Ebenso
ist vollkommen reiner Sporogelit demjenigen, der über 40 °/o meh-
ligen Si02 enthält, gleich, usw'.
Und so sind gleich dem Bauxit meiner Meinung nach auch
viele amorphe Minerale, welche man heute als wasserhaltige Alu-
miniumsilikate betrachtet, nichts anderes als Tonerdehydrate
mit verschiedenen mechanisch adsorbierten Gelgemengen.
Zagreb (Agram), Min.-petrogr. Institut, 1912.
Ueber ein Vorkommen von Epidotadinole und gefritteten
Sedimenten aus dem Süden der Republik Uruguay.
Von Karl Walther in Montevideo.
Mit 2 Textfiguren.
In einer früheren Veröffentlichung 1 2 war schon kurz von einem
Vorkommen die Rede, das den südlichsten Vorposten der brasilisch-
uruguayischen „Gondwana-Formation“ bildet. Die Zuweisung jenes
isolierten Vorkommens von Piedras de Afilar östlich Monte-
video zum hangenden Teile der permo-mesozoischeu Uberdeckung,
<1. h. zu den Säo Bento-Sclri ehten , ergab sich wesentlich aus der
Art der Lagerung dieser Bildungen, ein Horizontieruugsverfähren,
das sich aus dem Fossilmangel der Schichten und dem Fehlen des
wichtigen Vergleichshorizontes , der sogen. Serra Geral-Effusiv-
decken, ergab.
Es soll nun im folgenden auf Grund einer petrographischeu
Beschreibung 1 versucht werden, für jene stratigraphische Behaup-
tung eine neue Stütze aufzustellen und so das Fehlen des Ver-
gleichshorizontes zu ersetzen.
1 K. Walther, Über Transgressionen der oberen „Gondwana-For-
mation“ in Südbrasilien und Uruguay. Dies. Centralbl. 1912. p. 398.
2 Dieselbe stützt sich sowohl auf die von mir gesammelten Stücke,
als auf Teile einer Sammlung von uruguayischen Gesteinen, die durch
Herrn A. Fi.ossdorf in Buenos Aires zusammengebracht und von Herrn
Dr. A. Gallinal der Geologischen Abteilung der Landwirtschaftlichen
Hochschule hier geschenkt wurde.
gefritteten Sedimenten aus dem Süden der Republik Uruguay. 69
Wie erwähnt, zeichnen sich die in einer Anhöhe isoliert aus
dem Diluvium herausragenden, z. T. in einem Steinbruche auf-
geschlossenen Schichten von Piedras de Afilar petrographisch durch
eine starke sekundäre Verhärtung aus, „derzufolge die Tonschiefer
stellenweise ihre Schichtung verlieren und die weißlichen und
rötlichen Sandsteine massigen quarzitischen Charakter annehmen“
(1. c. p. 404). Dabei wurde daran erinnert, daß C. Guillemain 1
den genannten petrographischen Charakter einer Silifizierung zu-
geschrieben habe, und der Gedanke ausgesprochen, daß dieser
Vorgang mit der reichlichen Emanation von kieseligen Lösungen
in analogen Vorkommen in Einklang stehen würde. Die Be-
schaffenheit einer Anzahl Schliffe der vorliegenden Gesteine weist
jedoch, wie gezeigt werden soll, auf eine andere Art der Um-
wandlung hin.
Die mesozoischen, nach SW einfallenden Sedimentgesteine von
Piedras de Afilar setzen sich von oben nach unten aus z. T. fein-
sandigen sonst tonigen Schiefern2 3, hellen Quarzitsand-
steinen und rötlichen Sandsteinen zusammen. Über die
Mächtigkeit dieser Abteilungen läßt sich leider nichts aussagen,
da Karten bis auf die Übersichtskarte der Republik in 1 : 500 000
fehlen und die Aufschlüsse mit Ausnahme des von den Sand-
steinen eingenommenen Gebietes sehr mangelhaft sind. Letztere
stehen in den höheren Teilen der genannten Anhöhe an, während
die Schiefer an der Westseite der Höhe größtenteils von Lehm
bedeckt sind und nur vereinzelt in Wasserrissen zutage treten.
I. Geologische Beschreibung.
Es ist möglich, daß sich innerhalb der Schiefer ein
jüngerer, rein pelitischer, und ein älterer, fein-psammitischer zu den
Sandsteinen überleitender Horizont unterscheiden lassen würde,
wenn die Aufschlüsse besser wären. Man beobachtet nämlich an
einer Stelle, die näher dem Haugenden des Sandsteins gelegen ist,
ein etwas gröberes Gesfeinskorn bei lichtgrauer matter Färbung.
Die Schichtung ist fast gänzlich verschwunden und markiert sich
nur noch durch eine schwache Streifung. Im Gegensätze zu diesen
schwach sandigen Bildungen zeigen sich an anderer Stelle dunkle
Tonschiefer mit schwachem Glanz, deren Fissilität z. T. besser
erhalten geblieben ist, die aber einen stark gealterten „paläo-
1 Der erste Versuch einer geologischen Karte von Uruguay. Peter-
mann’s Mitteilungen. 1910. IU p. 306.
3 Ich gebrauche hier vorläufig diesen Ausdruck — obwohl die Ge-
steine teilweise fast massigen Charakter haben — mit Hinsicht darauf,
daß dieser erst sekundär erworben wurde. Weiter unten bei der Be-
schreibung des mikroskopischen Befundes soll eine Bezeichnung eingefiihrt
werden, die durch Hervorkehrung des am meisten bezeichnenden Gesteins-
komponenten dem augenblicklichen Zustande besser gerecht wird
70 K- Walther, Ueber ein Vorkommen von Epidotadinole und
zoischen“ Habitus aufvveisen, der von demjenigen der analogen Bil-
dungen in der älteren „Santa Catharina-Formation“ merkbar absticlit.
Man denkt bei diesen Beobachtungen unwillkürlich sofort an
Beeinflussung durch die Hitzewirkung eines benachbarten Eruptiv-
gesteins, da von einer Umwandlung durch mechanische Kräfte bei
den zwar aufgerichteten , aber keineswegs gefalteten Sedimenten
keine Rede sein kann. Seltsamerweise läßt sich jedoch bei dem
Vorkommen nahe der Bahnlinie außer einigen losen Bröckchen
stark verwitterten basischen Eruptivgesteins nichts nach weisen,
was die Umwandlung der Tonschiefer hätte verursachen können.
Bei einem anderen Fundpunkte zeigt sich dagegen ein massen-
haftes Vorkommen eines schmutzig dunkelgrünen, spezifisch schweren
und äußerst zähen Eruptivgesteins, das in zahlreichen kugeligen
Gebilden von Faust- bis über Kopfgröße den Boden bedeckt und
auch in Blöcken — offenbar dem Ausstreichen geringmächtiger
Gänge — in der Nähe ansteht.
Wir haben es hier mit einem Mitgliede jener Diabas-Melaphyr-
familie zu tun, deren Eruption in teils gang- teils deckeu-
förmiger2 Gestalt in die Zeit der hangenden Säo Bento-Schichten
1 Vergl. als Beispiel hierzu C. Güillf.main, Zur Geologie Uruguays
Zeitschr. d. Deutsch, geol. Gesellsch. 63 1911. Monatsber. p. 208. Fig. 3.
2 Vergl. hierzu K. Walther, Über permotriassische Sandsteine und
Eruptivdecken etc. N. Jalnb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXXI. worauf auch
hinsichtlich der hier gewählten Definition der Begriffe Diabas und Mela-
phyr, sowie die Ausscheidung des Begriffes Basalt aus der Alkalikalkreihe
hingewiesen sei (1. c. p. 600). Als einziger Rest der Basaltfamilie bliebe
der Dolerit (in der Mehrzahl seiner Vorkommen), auf dessen nahe Ver-
wandtschaft mit intersertalen Diabasen A. Schwantke wiederholt hin-
gewiesen hat (z. B. dies. Centralbl. 1910 p. 673). Den Rest dieser Do-
lerite - ■ Diabase würde man als doleritartige (intersertale) Basalte und die
Alkalidiabase als diabasartige Basalte z. T. mit intersertaler Struktur zu
bezeichnen haben, während die Vorkommen „echter“ Basalte mit „pazi-
fischem“ Charakter bei dem „Trapp“ E. Weinschenk's unterzubringen
wären. Es würde sich auf diese Weise verhalten
Basalt bezw. diabasartiger Basalt Porphyrischer Diabas
Intersertalem Basalt, z. T. diabasartig Diabas
. Trapp . Melaphyr
und - . -U. und — Vf
Dolerit lholent
Die Unterbringung der Alkalidiabase bei den „Basalten“ halte ich
für vorteilhafter als die bei den Essexiten und Theralithen. 0. H. Erd-
mannsdörffer, der die Namen Essexit- und Theralith-Diabas vorschlägt
(Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. 1907. Monatsber. p. 16) gibt selbst an,
daß diese Gesteine sich zum Essexit und Theralitb verhalten wie die
Diabase zu den Gabbrogesteinen. Diabas sensu stricto bliebe also ein
Alkalikalkgestein ebenso wie Melaphyr und Trapp. Die BRÖGGER’sche
Bezeichnung Essexitmelaphyr halte ich deshalb nicht für glücklich. Wie
unabhängig ein „echter“ Diabas vom geologischen Alter und von me-
chanischer Beeinflussung sein kann, wird im folgenden gezeigt werden.
gefritteten Sedimenten aus dem Süden der Republik Uruguay.
71
fällt und deren Neigung zu kugeliger Absonderung ich 1. c. er-
wähnt habe.
Aber auch dieses diabasartige gangförmige Gestein kann die
geschilderte Umwandlung nicht hervorgerufen haben, denn ab-
gesehen davon, daß es gerade bei dem erstgenannten Vorkommen
bis auf geringe Spuren fehlte, weist der andere Fundpunkt eiuen
nur stark gealterten Tonschiefer auf, dessen Schichtung jedoch
nahezu erhalten blieb. Zudem zeigt sich mit aller Deutlichkeit,
daß der Einfluß des gangförmigen Eruptivgesteins begreiflicher-
weise ein ganz beschränkter wenn auch sehr intensiver war : er
reichte nur auf ein bis zwei Handbreiten in den Tonschiefer und
wandelte diesen in ein äußerst hartes, muschelig und scharfgratig
brechendes hornfelsähnliches Gestein um1. Seine Farbe, ein
gelbliches Grün, läßt es schon makroskopisch als ein Epidot-
gestein erkennen. Die ursprüngliche Fissilität des Tonschiefers
ging ganz verloren und markiert sich lediglich noch durch eine
Art Maserung, die, im frischen Gestein kaum sichtbar, bei der
Verwitterung hervortritt. An der Oberfläche überzieht sich das
Gestein mit einer bis 1 mm starken, schwach erdigen weißlichen
Rinde, die durch blasser gefärbtes Gestein allmählich in den gelb-
grünen Hornfels überführt. Wo in dieser hellen Rinde sich noch
eine schmale bräunliche Zone wenig unterhalb der Oberfläche be-
findet, dürfte es sich um eingedrungene limonitische Substanz
handeln, zumal da diese Erscheinung nur an den Schichtköpfen
auftritt. Beide Vorgänge rufen eine Lockerung hervor, derart,
daß am Ausstreichen die ursprüngliche Schichtung wieder sicht-
bar wird.
Die Unterlagerung des Tonschiefers durch den Quarzit-
sandstein ist nicht aufgeschlossen. Mit seinem Beginn wächst
der Böschungswinkel der Anhöhe merklich. Er ist ein einfachen
weißliches oder durch Fe-Verbindungeu rötlich gesprenkeltes sein-
hartes Gestein , das vorübergehend in Montevideo zum Pflastern
benützt wurde, eine Verwendung, von der aber, da sich das Ma-
terial als sehr klüftig erwies, wieder Abstaud genommen wurde.
Wegen seiner Härte ragt das Gestein überall gratartig aus dem
Boden heraus, der begreiflicherweise sehr nährstoffarm, trocken
und wenig tiefgründig ist und infolgedessen außer dürftigem Gras-
wuchs nur Kaktuspflauzen trägt.
Unter dem Quarzit befindet sich, durch den erwähnten Stein-
bruch aufgeschlossen, ein massiger Sandstein, der in seiner
1 Leider läßt sich dieses Produkt nirgends im Kontakt mit dem
Eruptivgestein nachweisen, sondern findet sich nur in dessen nächster
Umgebung in losen, sehr verschieden großen Stücken. Dies deutet wohl
darauf hin, daß der Kontakt-„Hof“ an Durchmesser sehr variiert, ja viel-
leicht stellenweise sich gar nicht gebildet hat.
K. Walther. Heber ein Vorkommen von Epidotadinole und
72
rötlichen Farbe und seinem ziemlich feinen Korn an 1. c. von
mir aus dem Norden des Landes beschriebene Gesteine erinnert.
Seine Bestandteile sind allerdings weit inniger zementiert, doch
reicht seine Härte nicht an die des oben geschilderten Quarzit-
sandsteins.
II. Ergebnisse der mikroskopischen Untersuchung.
1. Diabas.
U. d. M. erkennt man, wie das wenig frische Gestein vor-
wiegend aus uralitischer blaßgrüner Hornblende gebildet wird,
deren (nicht starker) Pleochroismus sich zwischen schwach bläulich-
grün nach c, gelblichgrün nach b und fast farblos nach ü bewegt.
Das Mineral zeigt keine kristallographische Begrenzung, sondern
bildet zerfaserte Individuen, die pinselartig endigen und auf diese
Weise innig verbunden sind, eine Erscheinung, welche die große
Zähigkeit des Gesteins erklärt. Die Fasern sind meist verbogen
und verquetscht, was auf Volumzunahme bei der Uralitisierung
hindeutet. Welchen Ursachen dieser Prozeß in unserem Falle
zuzuschreiben ist, mag nur negativ dahin entschieden werden, daß
es sich dabei nicht um gebirgsbildende Vorgänge gehandelt haben
kann, wie ohne weiteres aus der bereits angegebenen Lagerung
der umgebenden Schichten hervorgeht. Auch an kontaktmetamorphe
Einflüsse durch eine — in der Tiefe steckende und gänzlich hypo-
thetische — granitische Masse ist nicht zu denken, so sehr unser
Gestein makro- und mikroskopisch einem deutschen Gestein, das
auf diesem Wege entstand1 2, ähnlich ist. Denn sowohl nach den
Untersuchungen C. Guillemain’s 2 als auch nach meiner eigenen
Kenntnis der hiesigen geologischen Verhältnisse gehört der Granit
als verbreitetster Repräsentant der intrusiven Bildungen ausschließ-
lich dem sogen. Grundgebirge an und findet sich nicht in jüngeren
Schichten. Man muß daher hier wohl an eine durch postvulka-
nische Prozesse bedingte Gesteinszersetzung denken, wie E. Wein-
schenk es bei der Grünsteinbildung und Saussuritisiernng nebst
Uralitisierung tut3. — Die Menge des zwillingsgestreiften F el d -
1 „Hornblendegestein vom Knoblauchsberg im Erzgebirge“ aus der
Sammlung von 7 H Gesteinen und Dünnschliffen als Belegstücke für Kon-
taktmetamorphose. Herausgegeben von Dr. F. Krantz in Bonn, beschrieben
von Prof. Dr. W. Brohns.
2 1. c. p. 208.
8 Allgemeine Gesteinskunde. 2. Aufl. p. 150. Es möge im Zusammen-
hänge hiermit daran erinnert sein , daß A. Schwantkk (dies. Centralbl.
1910. p. 174) den immer noch nicht erklärten hohen Gehalt an Natrium,
der für den Diabaskontakt oft so bezeichnend ist, als Begleiterscheinung
der Eruption aufgefaßt wissen möchte. Ob die Na-Injektion gleichzeitig
mit der Eruption erfolgte oder nicht, vielmehr zusammen mit der Er-
gefritteten Sedimenten aus dem Süden der Republik Uruguay. 7R
spats ist scheinbar nicht groß, es ist jedoch zu bedenken, daß
dieses Mineral einerseits vielfach in Klinozoisit um ge wandelt und
von der „schilfigen'* Hornblende (die gleichfalls das genannte
sekundäre Mineral lieferte) häufig förmlich überwuchert wurde.
Anderseits entgeht der Feldspat oft dadurch der Beobachtung, daß
er pseudomorph durch chloritische Substanz mehr oder weniger
verdrängt wurde. Welches Glied der Plagioklasreihe vorliegt,
läßt sich unter diesen Verhältnissen optisch natürlich nicht defi-
nieren. — Ilmenit bezw. titanhaltiger Magnetit ist im frischen
Gestein sicher reichlich vorhanden, in den vorliegenden Präpa-
raten ist das Mineral zum größten Teil in Leukoxen übergeführt,
wobei am restierenden Metall Schalenbau mehrfach gut hervortritt.
2. Epidotschiefer.
Schon aus der obigen Erwähnung vom Vorkommen eines
epidotreichen hornfelsartigen Kontaktproduktes wird man ersehen
haben, daß der früher gebrauchte Ausdruck toniger bezw. san-
diger Schiefer einen chemischen Komponenten außer acht läßt,
der für den in Rede stehenden stratigrapliischen Horizont in
hohem Maße charakteristisch ist: das Calcium. Dieses Element
findet sich — wie im folgenden Abschnitt zu zeigen sein wird —
in dem Hornfelse ebenso wie in den „Schiefern“ in großer Menge
als Silikat in der Form von Angehörigen der Epidotgruppe. Ich
behalte also das Grundwort „Schiefer“ bei, obwohl, wie oben
schon gesagt wurde, nur ein Teil der Gesteine seine Fissilität
behalten hat, und füge als Bestimmungswort den charakteristischen
Bestandteil Epidot hinzu.
Das Korn der Epidotschiefer ist mit einer Ausnahme — die,
wie zu Anfang bereits gesagt, vielleicht einem tieferen Horizont
angehört — das sehr feine pelitischer Bildungen, wodurch be-
kanntlich die mineralogische Definition der Komponenten bedeutend
erschwert wird.
In jenem etwas gröber klastischen Gesteine enthüllt sich
schon bei der Anfertigung des Schliffes die sekundär verloren
gegangene Schichtung. Es zeigt sich u. d. M., daß sie bedingt
wurde durch Lagen gröberen Materials, unter dem in erster Linie
natürlich Bröckclien von Quarz, dann aber auch von zwillings-
gestreiftem Feldspat und vereinzelt von Epidot zu beobachten
starrung des Magmas und postvulkanisch — wie bei A. Schwantke aus
der Anführung der Zeolithisierung und „juveniler“ Emanationen hervor-
geht— , ist in unserem Falle belanglos. Im Falle einer nach der eigent-
lichen Eruption erfolgten Na-(und Si 02-)Zufuhr würde sich auch der
Widerspruch gegen die herrschende Meinung klären, wonach im normalen
Intrusivgesteinskontakt der chemische Bestand sich wesentlich nicht ändert
(man vergl. hierzu 0. H. Eromannsdörfker in dies. Centralbl. 1910. p. 797)..
74 K. Walther, lieber ein Vorkommen von Epidotadinole und
sind. Die Erhaltung dieses gröberen Materials erhellt aus dem oben
über die fast ungestörte Lagerung des Gesteinskomplexes Gesagten.
An der Zusammensetzung der Epidotschiefer insgesamt be-
teiligen sich — außer Quarz und nicht näher zu deutender, in
winzigen rostbraunen Körnchen auftretender ferritischer Substanz
die Komponenten: chloritisches Mineral, Epidot und kohlige Substanz.
Ob sich unter den allerorts reichlich vorhandenen farblosen
oder schwach gefärbten glimmerähnlichen Blättchen außer den
cli loritischen Bestandteilen auch ein Mitglied der Glimmer-
familie verbirgt, kann ich mit Sicherheit nicht sagen. Auch die
Zurechnung zu einer bestimmten Spezies der erstgenannten Sili-
kate stößt auf Schwierigkeiten. Auf den Biotit als Ausgangs-
material derselben 1 dürften schon die massenhaft vorhandenen,
z. T. in deutlichem Zusammenhänge mit den chloritischen Blätt-
chen stehenden limonitischen Körnchen deuten.
Hinsichtlich der Anordnung des in Rede stehenden Minerals ver-
dient hervorgehoben zu werden, daß in zwei parallel zur Schichtung
gerichteten Schliffen neben basalen auch große Mengen leistenförmiger
Blättchen sich linden, die in zwei nahezu senkrecht zueinander
verlaufenden Systemen angeordnet sind. Eine Erklärung hierfür
vermag ich nicht anzugeben. Ferner zeigt sich, daß in dem-
selben Gestein sich eine Art schwacher Fleck- oder Knoten-
struktur mikroskopisch dadurch ausspricht, daß der Glimmer ver-
einzelt zu kleinen Häufchen Zusammentritt. Sie bestehen, wie
man bei starker Vergrößerung erkennt, aus parallel ungeordneten
und zusammen auslöschenden Blättchen, deren Ebene senkrecht
zur Schichtung liegt. Eine Anreicherung kohliger Substanz in
diesen Flecken — - wie dies aus den Granitkontakthöfen bekannt
ist — läßt sich jedoch nicht feststellen.
Die leistenförmigen Blättchen des Minerals sind meist farblos,
etwas größere Individuen zeigen jedoch mehrfach eine schwache
Färbung und geringen Pleochroismus zwischen gelblichgrün par-
allel den Spaltrissen und fast farblos senkrecht hierzu. Im
Gegensätze zu den flächenförmigen weisen die farblosen, Spalt-
risse führenden Schnitte lebhafte Interferenzfarben auf, bei gerader
Auslöschung und positivem Charakter der Zone. Gefärbte pleo-
chroitische Individuen dagegen sind außerordentlich schwach
doppelbrechend. Basale spaltrißfreie Blättchen , die z. T. aus-
gebleicht und schwach lichtbrechend sind, z. T. sich bei gelb-
grüner Färbung durch geringe Doppelbrechung verraten, geben
im konvergenten polarisierten Licht häufig ein gutes Achsenbild
mit negativem Charakter der Bisektrix und zugehörigem Achsen-
winkel von beträchtlicher Größe.
1 Vergl. H. Rosenbusch, Mikroskop. Physiograpliie. 4. Aufi, II, 2.
p. 131 1.
gefritteten Sedimenten aus dem Süden der Republik Uruguay. 75
Der faserige Charakter der leistenförmigen Chloritblättcheu
und ihre meist höhere positive Doppelbrechung unterscheiden sie
von einer der gleich zu schildernden Varietäten der Epidot-
gruppe. Die Angehörigen derselben häufen sich in dichten,
z. T. wenig durchsichtigen körnigen Massen an und stellen dem
Studium infolge außerordentlicher Kleinheit der Individuen be-
trächtliche Schwierigkeiten entgegen , so daß man stets eine
4 — öOOfache Vergrößerung benötigt. Hervorzuheben ist, daß in
zwei Gesteinen außer den regellos verteilten Kriställchen und
Körnchen noch eine Anordnung gleicher, sehr feiner und schwei-
durchsichtiger Produkte in langgezogenen, unregelmäßig gestalteten
und gewundenen parallel gerichteten Bändern zu beobachten ist.
Schon aus ' dieser Anordnung, mehr aber noch aus erhalten ge-
bliebenen Resten des ursprünglichen Minerals läßt sich schließen,
daß man es hier mit einer Verdräugungspseinlomorphose von
Epidot nach Chlorit zu tun hat, analog wie dies nach Biotit
bekannt ist.
Es sind mindestens zwei Ausbildungsweisen des Calcium-
silikates vorhanden und es ist bemerkenswert, daß sie stets in
der Art miteinander verwachseu sind, daß das fast ausschließlich
in körnigen Aggregaten auftretende Mineral den Kern, die immer
kristallographisch begrenzte Varietät aber die äußere, an dem-
selben Kristall vielfach sehr ungleichmäßig starke und stellen-
weise fehlende Umhüllung bildet (s. Fig. 1 ’). Ersteres besitzt.
auch au den dünnsten Stellen des Schliffs meist deutlich gelbe
Farbe und, soweit die eben genanute Eigenschaft eine Beobach-
tung darüber zuläßt, hohe Doppelbrechung. Vereinzelt — in
erster Linie in dem oben erwähnten gröber klastischen , Ton-
schiefer“ — sind die Individuen etwas größer und schwach pris-
matisch begrenzt bei negativem Charakter der Prismenzone.
Interessanter als die eben geschilderte typisch pistazitische
Varietät ist die andere — wenn es sich in der Tat nur um eine
1 Mir. dem AnBE'schen Apparate bei 5001'acher Vergrößerung ge-
zeichnet. Hierbei beträgt die Höhe des Kriställchens ca. 7 mm. Die
Abbildung zeigt den nicht seltenen Fall, daß die idiomorphe Umhüllung,
die in ihrer Orientierung keine ersichtliche Beziehung zu den umschlossenen
Körnern aufweist, diese nicht gänzlich umhüllt. Das vorliegende Indivi-
duum ist relativ gedrungen ; im allgemeinen sind die Kristalle stärker
nach der Vertikalachse (s. u.) gestreckt.
76 K. Walther, Ueber ein Vorkommen von Epidotadinole und
handelt — , deren Zurechnung zu einer bestimmten Abart auf
Schwierigkeiten stößt. Die Ausbildung des Minerals in winzigen,
aber doch sehr scharfen Kristallen ist prismatisch, wobei die In-
dividuen hie und da pyramidal endigen, meist jedoch einer kri-
stallographischen terminalen Begrenzung entbehren. Als Selten-
heit linden sich Schnitte nach der Symmetrieebene (s. die bei
gleicher Vergrößerung gezeichneten Fig. 1 und i ’), die nach der
Vertikalachse gestreckt sind und lebhaft an die entsprechenden
Schnitte des Cerepidots erinnern1 2. Eine Spaltbarkeit ist an den
klinopiuakoidalen Sektionen nicht zu beobachten, dagegen weisen
die übrigen Kristalle trotz winziger Dimensionen vielfach deut-
liche Risse parallel ihrer Zone auf. Den Grad der Spaltbarkeit
in diesem Sinne — nach der Basis — erkennt man daraus, daß
größere Individuen hie und da an den Enden ausgefranst sind
und hierbei zahlreiche sekundäre Kriställchen liefern.
Die Farbe des Minerals ist vereinzelt blaß bläulickgrün,
meist ist es jedoch farblos. Als Seltenheit treten stärker gefärbte
größere Individuen auf, die sich dann stets durch deutlichen
Pleochroismus auszeichnen. Derartige Kristalle sind parallel zur
vorwiegenden Längsrichtung, d. h. also zu b, schwach grünlich
bis fast farblos, während sie senkrecht hierzu graugrüne Farbe
zeigen.
Während das Brechungsvermögen des Minerals ziemlich be-
trächtlich ist, weist die Doppelbrechung sehr geringe Werte auf.
Die stets normalen Interferenzfarben reichen höchstens bis zu
einem schwach weißlichen Ton, zeigen jedoch meistens ein dunkles
Grau, wenu sie nicht fast isotrop erscheinen. Der Charakter der
Doppelbrechung der makrodiagonalen Zone ist negativ, derjenige
der nach c gestreckten Kristalle positiv. Während erstere be-
kanntlich gerade auslöschen, läßt sich bei den klinopinakoidalen
Schnitten unter Anwendung der „teinte sensible“ eine minimale
Schiefe nach vorn, d. h. im stumpfen Winkel ß feststellen.
1 Das der letzteren Abbildung zugrunde liegende Kriställchen hat
bei 500facher Vergrößerung eine Höhe von ca. 13,5 mm. Da die Schnitte
natürlich nur annähernd klinopinakoidal geführt sind , entsprechen die
Winkel nicht den beim Epidot festgestellten.
2 Rosenbüsch- Wülfing, Mikroskopische Physiographie. 4. Aufl. p. 287.
Fig. 145.
gefritteten Sedimenten aus dem Süden der Republik Uruguay. 77
Diese Eigenschaft läßt eiuen Teil der schwach doppelbrechen-
deu Kriställchen mit Sicherheit als Klinozoisit erkennen.
Möglicherweise bilden die nach c gestreckten Individuen nur eine
Abart der nach der Symmetrieachse prismatischen Kristalle, eine
Variabilität, die bei den Angehörigen der Epidotgruppe nicht
besonders auffällt.
Die Verteilung der allenthalben in beträchtlichen Mengen
vorhandenen kohligen Substanz ist gleichmäßig bis auf ein
Vorkommen, in dem sich eine schwache Anhäufung des Pigments
in einzelnen unregelmäßigen Flecken konstatieren läßt.
3. Epidotadinole.
Dieses ' Gestein, das, wie oben gesagt wurde, eine schmale
Koutaktzone an einem Diabase bildet, setzt sich, im Dünnschliff
betrachtet, neben Quarz aus Epidot, Calcit und Strahlstein zu-
sammen. Schon unter der Lupe zeigen sich auf der angeschliffenen
Fläche, besonders wenn man sie anfeuchtet, regelmäßig verteilte
dunklere Punkte, die das Gestein sprenkeln. Im Schliff, dessen
Herstellung wegen der außerordentlichen Härte des Materials sehr
zeitraubend ist und der besonders dünn sein muß, um vollkommen
durchsichtig zu sein, erkennt mau, daß die bei reflektiertem Lichte
dunkleren Punkte im hindurchgehenden Lichte farblos sind. Sie
bestehen — analog wie es bei Spilositen bekannt ist — haupt-
sächlich aus Quarzkörnern. Ob sich unter diesen auch ein albi-
tischer Feldspat versteckt, konnte bei der Kleinheit der Individuen
optisch nicht festgestellt werden. Ich bestimmte daher chemisch
den Alkaligehalt des Gesteins im Aufschluß nach J. Lawrence
Smith. Die Summe von K20 und Na2 0 belief sich jedoch nur
auf 3,fi8°/0, ein gesteigerter Gehalt von Albit ist deshalb nicht
vorhanden.
An der Zusammensetzung der hellen Flecken beteiligen sich
vereinzelte Epidotkörner sowie dasjenige Mineral, das besonders
beim Zurücktreten des genannten Silikates sichtbar wird : der
Strahlstein. So wenigstens möchte ich jene zahllosen außer-
ordentlich feinen, nur bei starker Vergrößerung sichtbar werdenden
schlanken Nadeln deuten, die, häufig büschelig-faserig und radial-
strahlig angeordnet, wie ein Gewebe den ganzen Schliff durchziehen.
Die terminal nicht kristallographisch begrenzten Nüdelchen sind
farblos oder schwach bläulichgrün gefärbt, besitzen nicht unbedeu-
tende Lichtbrechung, aber — bei positivem Charakter der Prismen-
zone — geringe Doppelbrechung, eine Erscheinung, die vielleicht
auf teilweise serpentinige Umwandlung zurückzuführen ist. Die
Interferenzfarben sind so niedrig, daß sie mit dem sogen. Viertel-
Hndulationsglimmerplüttchen in Kreuzstellung vollkommen reduziert,
werden. Ein Teil der Nadeln weist deutliche Schiefe der Aus-
löschung auf.
78 K. Walther. Ueber ein Vorkommen von Epidotadinole und
Wie schon nach dem makroskopischen Befunde vermutet war,
rührt die gelbe Farbe des Gesteins von Pistazit her, der in
großer Menge in unregelmäßigen, stark licht- und doppelbrechen-
den Körnern von gelber Farbe auftritt. Es handelt sich um das-
selbe Mineral, wie es aus den Schiefern beschrieben wurde, doch
besitzt es hier gröberes Korn und ermangelt durchweg jener für
die letztgenannten Gesteine so charakteristischen klinozoisitischen
Umwachsung.
Die kohlige Substanz der oben geschilderten Epidot-
schiefer ist fast ganz weggeführt und auf einzelne z. T. schon im
Handstück erkennbare kleine Flecken reduziert.
Was die bereits oben erwähnte, besonders an den Schicht-
köpfen bemerkbare Verwitterungsrinde anlangt, so zeigt
sich u. d. M. , daß dort die Aktinolithnädelchen nahezu ganz
fehlen und daß der Pistazit gebleicht erscheint. Mit der erst-
genannten Erscheinung und der oben vermuteten teilweisen serpen-
tinösen Umwandlung darf man wohl den nicht unbeträchtlichen
Gehalt des Gesteins an Calcit in Verbindung bringen. Die
Anwesenheit dieses Minerals konnte durch Behandeln des Schliffs
mit kalter verdünnter Essigsäure nachgewiesen werden. Hierbei
löst sich das Mineral und läßt stellenweise die charakteristischen
Blätterbrüche sehen. Entsprechend seiner sekundären Entstehung-
tritt der Kalkspat in unregelmäßig begrenzten Putzen auf.
Die gleichfalls schon erwähnte, hie und da unter der Ober-
fläche gelegene braune Zone rührt in der Tat von eingedrungenen
oxydischen Eisenverbindungen her.
Über die Wahl der Bezeichnung Adinole soll weiter unten
gesprochen werden. Von den umgebenden Schiefern unterscheidet
sie sich dadurch, daß in ihr die dort reichlich vorhandene kohlige
Substanz nahezu ganz weggeführt und daß an die Stelle des
chloritischen Minerals nunmehr reichliche Mengen von Aktinolith
getreten sind.
4. Quarzitsandstein und Sandstein.
Die früher ausgesprochene Vermutung, daß nämlich die auf-
fallende Verhärtung dieser Gesteine sich von einem Silifizierungs-
prozesse herleite, bestätigt sich bei der mikroskopischen Unter-
suchung nicht. Es zeigt sich vielmehr, daß der angegebene
Charakter der Gesteine metamorphen Einflüssen zuzuschreiben ist,
denen zufolge das ursprüngliche tonige Bindemittel umkristalli-
sierte. Es bildete sich dabei in großen Mengen ein Mineral, das
ich für Sericit halte. Es schmiegt sich in Bündeln winziger,
meist prismatischer farbloser Kristalle um die Quarzkörner und
zeigt lebhafte Interferenz färben bei positivem Charakter der Zone.
Eine Untersuchung etwaiger basaler Blättchen durch Betrachtung
im konvergenten polarisierten Lichte ist bei der Kleinheit der
gefritteten Sedimenten aus dem Süden der Republik Uruguay. 79
Individuen leider nicht möglich. Was jedoch an der obigen Be-
stimmung festhalten läßt, ist die Beobachtung, daß der Sericit
in den rötlichen , den Quarzit unterlagernden Sandsteinen schon
im Handstücke in glitzernden farblosen, durch das ganze Gestein
verteilten Blättchen erkennbar ist. Sie erweisen sich mikro-
skopisch durch vollkommene Spaltbarkeit und hohe Interferenzfarben
mit Sicherheit als Glimmer. Es liegt also nur an der Kleinheit
der Individuen , daß der Quarzitsandstein ein mattes Aus-
sehen trägt.
Außer Quarz und Glimmer beteiligen sich lediglich noch
limonitische Produkte am Aufbau des Gesteins. Aus ihnen als
ursprünglich touigen Psammiten mögen sich durch allmähliche 1
Verfeinerung des Korns , Zunahme der tonigen und Aufnahme
mergeliger und kohliger Bestandteile die im vorigen Abschnitte
beschriebenen Pelite entwickelt haben.
III. Folgerungen.
Die im obigen gebrauchte Bezeichnung Epidotadinole ergab
sich aus der Beobachtung, daß hier ein durch große Mengen von
Epidot ausgezeichnetes Glied derjenigen Diabas- Kontaktgebilde
vorliegt, die sich durch gesetzmäßige Anordnung ihrer Bestand-
teile kennzeichnen. Dabei muß hervorgehoben werden, daß es
sich nicht um einen typischen Vertreter dieser Gruppe handelt.
Hiergegen spricht schon der geringe Gehalt an albitischem Feld-
spat. Es weist eben unsere Adinole zwar den äußeren hornfels-
artigen Habitus dieser nächst dem Diabas gelegenen Gesteine,
aber die Struktur äußerer Zonen auf, von denen jedoch in unserem
Falle nichts zu beobachten ist.
Auf Schwierigkeiten stoßen wir bei Erörterung der Frage,
welche Kräfte die beschriebenen Sedimente außerhalb des ganz
unbedeutenden Diabaskontakt- „Hofes“ umgewandelt haben, und
zwar kompliziert sich der Fall dadurch, daß man, wie gezeigt,
weder gebirgsbildende Kräfte noch Nähe eines Tiefengesteins zur
Deutung heranziehen kann. Man ist daher zu der Annahme ge-
zwungen, daß die Metamorphose von einer jetzt gänzlich weg-
geführten Eruptivdecke vom Charakter der Diabas-Melaphyr-Trapp-
Gruppe — wie solche im Norden des Landes sehr verbreitet —
herrührt. Von ihrem ehemaligen Vorhandensein legt unser Diabas-
gang Zeugnis ab, der die Rolle eines Zufuhrkanals spielte. Wenn
dem so ist, so steht zu erwarten, daß der Charakter der Um-
wandlung im wesentlichen der einer Hitzewirkung ist und sich
in einer Frittung der betroffenen Sedimente ausspricht. In der
Tat gehört der Verlust der Schichtung zu den wichtigsten Merk-
malen aller unserer Gesteine; er ist natürlich dort am stärksten,
1 s. oben p. 73.
BO K. Walther, Ueber ein Vorkommen von Epidotadinole etc.
■wo dieselben einerseits dem Eruptivgestein direkt anliegen, wie
es bei der Adinole der Fall ist, anderseits wo sie schon primär
weniger deutliche Schichtung aufwiesen, wie es bei den Sand-
steinen und gröber körnigen Schiefern (s. p. 74) der Fall ge-
wesen sein mag. Weiterhin gewinnt die obige Annahme dadurch
an Wahrscheinlichkeit, daß das Wesen der Umwandlung in Epidot-
adinole und Epidotschiefer dasselbe ist. Die Anwesenheit von
reichlichem Epidot in den Schiefern mag zunächst befremden, da
man dieses Mineral als Neubildung im wesentlichen nur in zen-
tralen Zonen kontaktmetamorpher Umwandlungen sowie in kristal-
linen Schiefern kennt. In letztgenannter Gruppe gehört es jedoch
zum typomorphen Mineralbestande der obersten der angenommenen
Zonen dynamometamorpher Umwandlung ’, in der die Temperatur
noch relativ niedrig ist. Man muß auch bedenken, daß es bei
gleichzeitiger Anwesenheit von Al, Ca und Si02 nur zur Bildung
eines Al-Ca-Silikates und nicht etwa zu der eines reinen Al-Sili-
kates (Sillimanit, Andalusit) nebst Calcit kommen kann. Für die
etwaige Annahme, daß in der Verwachsung von Pistazit und
Klinozoisit, wie sie fiir die Schiefer im Gegensätze zu der Adinole
so bezeichnend ist, ein Merkmal geringeren Grades der Umwand-
lung liege, fehlen noch vergleichende Daten hinsichtlich der künst-
lichen Darstellung der Mineralien.
Bemerkenswert ist der Umstand, daß die Schiefer wohl eine
Neubildung von Epidot, sonst aber so gut wie nichts von den
Strukturen aufweisen, wie sie so charakteristisch in den äußeren
Zonen kontaktmetamorpher Umwandlungen auftreten, handle es
sich um echt intrusive Gesteine oder solche, die vorübergehend
diese Erscheinungsform angenommen haben, wie es Diabase tun.
Das einzige, was hier namhaft zu machen wäre, sind die in einem
Gesteine zu beobachtenden vereinzelten augenartigen Chlorit- und
die in einem anderen Gestein auftretenden kohligen Anhäufungen.
Während man also in der Epidotadinole einen schwachen Reprä-
sentanten der Gesteine aus dem Spilosit-Adinol-Kontakt vor sicli
hat, gehören die Epidotschiefer der anderen Kategorie von meta-
morphen Gebilden an , die man als Hornschiefer bezeichnet.
Beispiele werden aus dem Diabas- und Tholeiit-Kontakt in der
Literatur aufgefiihrt.
Nach der stratigraphisch-geologischeu Seite hin ergibt sich
aus obigen Betrachtungen das Folgende :
1. Wenn man zur Erklärung der geschilderten Umwandlung
von ehemaligen Sandsteinen mit tonigem in solche mit glirnme-
rigem Bindemittel und von ehemaligen dolomitischen Schiefertonen
in Epidot-Chloritschiefer eine früher vorhandene Eruptivgesteins-
1 U. Grubenmann, Die kristallinen Schiefer. 2. Aufi. p. 80.
Edw. Hennig. Ueber Urgon in Deutsch-Ostafrika.
81
decke im Hangenden annimmt, so wird dadurch erwiesen, daß die
angegebenen Sedimente in der Tat dem jüngsten Teile der „ Santa
Catharina-Formation“, d. h. den Säo Bento-Schicliten. zugehöreu.
wie dies schon früher von mir auf Grund ihrer Lagerungsverhält-
nisse in Ermanglung paläontologischer Beweise wahrscheinlich
gemacht wurde
2. Da es ausgeschlossen ist. daß die Metamorphose durch
die im Hangeudeu befindlichen Schiefertone hindurch die liegenden
Sandsteine umgewandelt hat, so folgt, daß die Aufrichtung der
Schichten vor der Effusion des Diabasgesteins, d. h. also vor
der Zeit der „Serra Geral- Eruptivgesteine" vor sich gegangen
ist. demnach also nur die Schichtköpfe umgewandelt hat.
3. Die von der angenommenen Eruptivdecke ausgehende Kon-
taktmetamorphose war also zweifellos nur .auf geringe Entfernung
hin wirksam. Da nun aber Sandsteine und Schiefer das gleiche
Maß der Umwandlung anfweisen, obwohl jene in einem topo-
graphisch höheren Niveau gelegen sind als diese, so ist anzu-
nehmen, daß der Effusion des Diabases eine Periode der Abtra-
gung vorausging, die ein Belief schuf, das dem jetzigen ähnlich
war. Auf diese Weise betrachtet, würden die „Serra Geral-
Eruptivgesteine" als das hangende Glied der brasilisch-uruguav-
schen „Gondwanaformation" in ein recht hohes mesozoisches
Niveau hinaufrücken — in Analogie mit gleichartigen Bildungen
auf der Westseite des südamerikanischen Kontinents1 2.
Montevideo, 12. September 1912.
Ueber Urgon in Deutsch-Ostafrika.
Von Dr. Edw. Hennig.
In Borxhardt’s prächtigem Werke über die Geologie und
Oberflächengestaltung Deutsch -Ostafrikas rindet sich die Angabe
von Jura am Durchbruch des Mavndyi durch die Kiturika -Berge
im Hinterlande der Kilwa-Kissiwani-Bucht. Zwar ist mit der die
Arbeit allenthalben auszeichnenden Sorgfalt auf die Mangelhaftig-
keit der Beweise für dieses Vorkommen (ein am Mbambala-Fuße auf-
gelesener Ammonit) ausdrücklich hingewiesen. Auf der geologischen
Kaite kommt das Hypothetische der Annahme aber natürlich nicht
zum Ausdruck. Dort ist vielmehr aus bloßer Wahrscheinlichkeit
heraus die blaue Farbe allseitig über den Fundort hinaus in den
1 Über Transgressionen der oberen „Gondwanaformation“ in Süd-
brasilien und Uruguay. Dies. Centralbl. 1912. p. 398.
2 Es sei hier daran erinnert, daß in dem BERGHAUs'sehen „Atlas der
Geologie". Karte No. 14, bearbeitet von G. Steinmann , hinsichtlich der
brasibsch-uruguayiscben Sandsteine gesagt wird : .Im Norden paläozoisch
oder cretaceisch. im Süden der Trias oder Kreide angehörend und hier
mit Einschaltungen basischer Effusivgesteine“.
Centralblatt f. Mineralogrie etc. 1913.
6
82
Ethv. Hennig,
Talsohlen angelegt und der Jura damit als Liegendes der gleich-
falls nur durch spärliche Beobachtungen belegten Unterkreide dar-
gestellt. Das Gelände der Kiturika-Berge weicht zudem auf der
topographischen Unterlage von den ruhigen ebenen Plateauformen
des südlichen Muera- und Makonde-Landes sehr erheblich ab und
nähert sich dem des unruhig gestalteten nördlich gelegenen Matumbi-
Berglandes, das nach der MüLLER’schen Bearbeitung der Bornhardt’-
schen Aufsammlungen ebenfalls aus Jura aufgebaut erscheint.
Nun wurde seither bekannt, daß im Kilwa-Hinterlande große
Höhlenbildungen auftreten, und zwar sowohl in den Matumbi-Bergen,
wo sie sogar beträchtliche Dimensionen erreichen , als auch in
Kiturika. Damit schien ein neuer Beweis für die Gleichartigkeit
beider Gebiete erbracht um so mehr, als ja auch im Tanga-Ge-
biete jurassische höhlenbildeude Kalke seit langem bekannt sind.
Meine Marschroute vom Grabungsgebiete des Tendaguru zu
den von Herrn Bischof SpREtTER-Daressalaam neuentdeckten , von
Herrn Janknsch als aussichtsreich erkannten Dinosaurierfund-
stellen von Makangaga-Mbate im Kilwa-Hinterlande wählte ich so,
daß icli stellenweise der BoRNHARDT’schen Route folgen konnte
und somit an Hand seiner Angaben den vermeintlichen Jura sicher
aufünden mußte. Diese Ablagerungen hatten für mich ein er-
höhtes Interesse dadurch , daß ich im Zentralbahngebiete hinter
Daressalaam einen allmählichen Übergang vom Dogger bis zu den
Grenzschichten gegen die Kreide geglaubt hatte feststellen zu
können. Die Tendaguru-Schichtenserie bestand aber nach unseren
bereits zweijährigen Erfahrungen offenbar sehr wesentlich aus den
tiefsten Schichten der Kreide. Es war daher nicht ohne Be-
deutung, die Lagerungsverhältnisse zwischen Jura und Kreide bei
dieser Gelegenheit auch im Süden prüfen zu können; denn die
besseren BoRNHARDT’schen Fundpunkte des Jura von Matumbi und
Mahokondo lagen zu sehr außerhalb'unseres Arbeitsgebietes, als daß
wir sie, wie wir gewünscht hätten , bis dahin hatten besuchen können.
Nun war es zwar eine wichtige Feststellung, aber aus den
genannten Gründen doch auch eine arge Enttäuschung, daß ich
unmittelbar neben dem BoRNHARDT’schen Fundpunkte des vermeint-
lichen Jura- Ammoniten unzweifelhaftes Neocom als das Liegende
des dortigen Aufschlusses erkannte, und zwar diejenige Schicht, die
mir vom Tendaguru her als Oberstes einer 1 50 m mächtigen
Folge wohl bekannt war. Bornhardt gegenüber hatte ich , ab-
gesehen von dem langen Aufenthalte in jenen Gegenden , eine
wesentlich günstigere Beobachtungsmöglichkeit dadurch , daß ich
unweit jener Stelle Lager bezog, am Nachmittag des Ankunfts-
tages den ganzen Berghang am linken Kihendye-Ufer brennen
ließ und von den zu diesem Zwecke ausgesandten Leuten bereits
mehrere gute Exemplare des Leitfossils Trigonia Schwärzt erhielt.
Am andern Morgen konnte ich bequem absuchen und diese Trigonie
in ganzen Nestern feststellen. Der unter dem sie enthaltenden
Ueber Urgon in Deutsch-Ostafrika.
83
Saudstein am Flusse ausstreichende unreine Ton entsprach durch-
aus unserer obersten Saurierschicht, in der ich mich den Tag
vorher (freilich durch dichtesten Graswuchs am Beobachten völlig-
behindert) bewegt hatte. Fiir die Anwesenheit von Jura sprach
nichts, bestand sogar nicht mehr die geringste Wahrscheinlichkeit.
Über dem Sandstein mit Tr. Schwarzi folgte unmittelbar ein
Korallenkalk ; es war somit bei unwesentlicher Lokalfärbung ganz
das gleiche Profil gegeben wie bei Pilepile im Namgaru-Tale süd-
westlich von der Mtschinga-Bucht im Lindi-Bezirke , eine höchst
wichtige Verbindungsbrücke zwischen dem Norden und Süden
unseres Expeditionsbereiches. Der Kalk ging hier nach oben hin
in mehrere Meter mächtige fossilleere Bänke über , die an der
Berglehne eine Steilkante bildeten. Darüber folgten die sandigen
„Makonde“ -Schichten des Plateaulandes mit dem „Leithorizonte"
des Ne/rafrt-Sandsteins. Weiter konnte ich einstweilen aus Zeit-
mangel dem Problem nicht nachgehen. Nur wurde mir beim Über-
schreiten des Manganya (eines Teilstückes von Kiturika) in den
wenigen Durchblicken, die der undurchdringliche Busch gewährte,
vollends klar, daß Kiturika ein Plateau sei und sich auch der
Höhenlage nach (sc. dem Einfallen entsprechend niedriger) durch-
aus dem Verbände der Makonde- und Muera-Hochflächen einfügte.
Auf einem späteren, vom neuen Standquartiere Makangaga aus
unternommenen , durch Verpflegungsschwierigkeiten erzwungenen
Orientierungsmarsche betrat ich jedoch das von Ramsay auf der
Karte festgelegte eigentliche Höhlengebiet zu beiden Seiten des
Mavudyi. Da stellte sich denn zu meinem nicht geringen Er-
staunen (endgültig natürlich erst bei der hiesigen Bearbeitung
des Fossilmaterials) heraus , daß dort in Deutsch - Ostafrika
unverfälschtes Urgon auftritt. Die Unterlagerung der hier
plötzlich mächtig anschwellenden Kalke durch das Neocom wurde
nun auch im Osten (A lectryonia rectangularis!) und im Norden
(Schtcarzi-Sdncht und Saurierschicht) zweifellos festgestellt und
damit war das Alter der Kalke als Aptien bereits genügend ge-
sichert. Am Einfluß des Kihendye in den Mavudyi aber wurde
ein Dutzend typischer Pachjmdonten aufgesammelt, die sich als das
wichtige Leitfossil des Oberurgons von Südwesteuropa , Toucasia
carinala Math. sp. herausstellten. Wie das europäische Unterurgon
noch das höhere Neocom umfaßt, so dehnt sich auch im Kilwa-Bezirke
die Kalkfaziesbildung auf den das Aptien unterlagernden Schwarzi-
Horizont hier und dort aus. Und ebenso greift sie nach oben hin
im Kiturika-Gebirge selbst auf die sandigen „Makonde “-Schichten
über, die dadurch in ihrer Mächtigkeit stellenweise bis zum Ver-
schwinden reduziert werden. Als Einlagerungen in diese Makonde-
Schichten hatten wir bereits im Süden , namentlich zu beiden
Seiten des Namgaru , aber auch (Jaxensch) am Ostabhange des
Likonde-Plateaus die Kalke kennen gelernt. Sie stellen sich so-
mit als ein deutliches Äquivalent dieser sandigen Schichten dar,
6*
84
Edvv. Hennig, Ueber Urgon in Deutsch-Ostafrika.
und zwar umziehen sie interessanterweise in großem Bogen das
Plateauland an der Ostseite gegen das offene Kreidemeer hin. Schon
dadurch, sowie durch die ersichtlich wiederholten Unterbrechungen
und durch den schnellen lokalen Wechsel ihrer Mächtigkeit geben
sie sich auf’s deutlichste als fossiles Riff zu erkennen , hinter
dem die sandige, nunmehr als „Makonde“ -Fazies (im Gegensatz
zur Kiturika-Fazies) zu bezeichnende Ausbildung dieser höchsten
Ablagerungen des Plateaulandes zur Entwicklung gelangte. In
Kituhawi am Namgaru waren übrigens bereits früher von meinen
Leuten eine Reihe großer Nerineen aufgesammelt worden, die ich
nunmehr im Kiturika — Makangaga-Gebiete in denselben Urgou-
kalken geradezu in Massen wieder auffand. Korallen sind da-
gegen nur kolonienweise eingestreut und keineswegs immer sehr
günstig erhalten. Man darf die Riff-Fazies eher als „Schnecken-
kalk“ bezeichnen. Vielfach findet man eigentümliche Gesteine,
die offenbar in der Meeresbrandung am Riff entstanden sind und in
der Tat dessen östlichen Rand einzuhalten scheinen. Sie zeigen
konglomeratisch angehäufte Trümmer von Kalk, Korallen und Pacliyo-
donten, die wieder durch kalkiges Bindemittel verkittet sind.
Bei Makangaga liegen die Kalke nur noch in schwachen ver-
einzelten Erosionsresten (so am Berge Ndalakasha, am Fuße des
Mbatata an der Ivilwa-Löwole-Straße wenig westlich von Mbate und
bei Migerigen *) vor. An der Austrittspforte des Mavudyi aus den
Kiturika-Bergeu erreichen sie ihre größte Mächtigkeit und dort
enthalten sie auch die Höhlen. Das Gebirge ist durch seinen
dichten, im Tale selbst von zahlreichen Büffelherden als Versteck
auserkorenen Busch nahezu unzugänglich oder doch für geologische
Beobachtungen überaus ungeeignet. Da mir auch wenig Zeit zu
Gebote stand, in den Höhlen sicherlich Löwen und Schlangen an-
zutreffen sind, ich aber über keine genügend starke Laterne ver-
fügte und auch meine treuesten schwarzen Begleiter sich scheuten
mir zu folgen, so war mir eine genauere Untersuchung der Höhlen
leider unmöglich. Ich stattete ihnen nur einen kurzen Besuch bei
Noro ab, einem Orte, der sich als Lagerplatz leider nicht eignete,
weil die Regierung ihn als Leprakrankenheim ausei’sehen hatte.
Soweit ich unter diesen Umständen erkennen konnte, handelt es sich
hier vorwiegend nicht um Höhlen in der Art derer von Matumbi oder
vom Sigiflusse bei Tanga, sondern mehr um Spalten und Klüfte, die
seit der Hebung des Landes auch jetzt noch alljährlich zur Regenzeit
von den Sickerwässern angelegt bezw. erweitert wurden. Es ist
eine Karstlandschaft. Oben darauf lagert noch eine dünne sandige
Decke , offenbar ein Rest der ohnehin nicht stark entwickelt
gewesenen „ Makonde“ -Fazies , der durch Hinabspülen alljährlich
an Masse Einbuße erleiden muß. Das Endziel dieser Erosions-
tätigkeit ist also bei der jetzigen Höhenlage die Bloßlegung der
K. J. Böhm, Zeitschr. deutsch, geol. Ges. 1912. p. 209 — 211.
P. Oppenheim. Zur Altersfrage etc.
85
Karstobertiäche. Da die Plateauebene des Kiturika wie überhaupt
des gesamten Kreideplateaulandes nach von Staff’s Untersuchungen
einer tertiären Landoberlläche entspricht, haben wir einigermaßen
analoge Verhältnisse wie im Jui-a der Schwäbischen Alb. So be-
steht denn also theoretisch die Möglichkeit, daß auch in den
Spaltenbildungen von Kiturika sich eingeschwemmte Reste tertiärer
Säugetiere linden könnten. Es war mir natürlich besonders
schmerzlich , diesem Problem nicht mehr nachgehen zu können.
Ganz leicht dürfte das aus dem Grunde nicht sein, weil ohne sehr
erhebliche und auch kostspielige Rodnngsarbeiten einigermaßen
Sicheres nicht darüber zu erfahren sein wird.
Interessant im höchsten Maße aber muß das Auftreten der
Urgonfazies an sich schon erscheinen. Diese Fazies ist bisher
ausschließlich als auf das Mittelmeergebiet1 beschränkt bekannt
gewesen. Die amerikanischen Vorkommnisse lassen sich nicht
entfernt in der Weise vergleichen, wie dieses von Deutscli-Ost-
afrika. Zwischen den in Nordafrika und Griechenland einerseits
festgestellten Vorkommnissen und dem unsrigen scheint bisher
jede Vermittlung zu fehlen. Um so erstaunlicher wirkt die weit-
gehende fazielle und faunistische Übereinstimmung. Es sei im
übrigen auf meine Ausführungen zu dem Thema in den Veröffent-
lichungen der Tendaguru-Expedition (Archiv für Biontologie, Berlin
1913) verwiesen und nur noch der Umstand betont, daß auch die
den Schwarzi- Horizont ihrerseits unterlagernde Saurierschicht, die
etwa dem Wealden entspricht, im Bereiche der Kiturika-Berge eben-
falls einer kleinen faziellen Abänderung unterliegt, indem sie toniger
ausgebildet ist als anderwärts. Der Jura aber ist in dem ganzen
Gebirge zu streichen.
Zur Altersfrage des bei Teschen am Karpathenrande über-
schobenen Tertiärs.
Von Paul Oppenheim.
In einem ungemein anregenden Aufsatze hat uns vor kurzem
Herr W. Petrascheck2 eingehende Mitteilungen darüber gemacht,
daß in einer breiten Zone am Rande der nördlichen Karpathen die
Kreide das Tertiär übei’lagert und überschoben hat. Zwar waren
Einzelheiten dieses Phänomens schon früher durch Petrascheck 3
1 Einer freundlichen Mitteilung des Herrn Professor Kilian ent-
nehme ich, daß seine Schilderung des Urgon in der „Lethaea“ bereits im
Drucke ist ; auch verdanke ich seinem gütigen Interesse eine bestätigende
Nachprüfung meiner Fossilbestimmungen.
2 Die tertiären Schichten im Liegenden der Kreide des Teschener
Hügellandes, mit einem Beitrag über den Fossilinhalt von Th. Fuchs.
Verhandl. der k. k. geol. Reichsanst. 1912. Xo. 2. p. 75 ff.
3 Wie Michael (vergl. Anm. 3) angibt, schon 1906 in einem in
Ostrau gehaltenen Vortrage. — Vergl. auch Mitteil. d. Wiener geol. Ge-
sellsch. I. 1908. p. 66 ff.
86
P. Oppenheim. Zur Altersfrage des bei Tesclien
selbst und durch Michael 1 mitgeteilt worden , und Victor
Uhlig hatte die Tatsache in ihrer ganzen Bedeutung wohl
zuerst erkannt1 2. Aber die ganze Ausdehnung des Phänomens,
die stratigraphische Zusammensetzung des Tertiärs , vor allen
Dingen auch das Auftreten von Gerollen der Kreide in dem iiber-
scliobenen Tertiär, welches der Vermutung Baum gibt, daß die
Wurzel dieser Kreide selbst in nicht zu großer Ferne gesucht
werden darf, ist erst durch die unablässigen Bemühungen von Petra-
scheck ermittelt und weiteren Kreisen zugänglich gemacht worden.
Das Alter der überschobenen Tertiärbildungen , welche aus
einer vielfachen Wechsellagerung dünner Mergel- und Sandstein-
bänke mit gelegentlicher Einschiebung von Tuffiten bestehen sollen,
und deren tiefste Teile in einer mächtigen Konglomerat- oder
Schotterbildung endigen, wurde von Uhlig als alttertiär an-
genommen3. In diesem Sinne betrachtet auch Petrascheck die
Verhältnisse in den ersten Seiten seines Aufsatzes und zu der
Hypothese , daß es sich um alttertiäre Ablagerungen handle,
welche von Galizien aus nach Mähren herüberstreichen, steht auch
in leidlich guter Übereinstimmung ein Fund von Meletta- Schuppen4 5
und einer kleinen Cyrena cf. semistriata, welche der Verfasser von der
Bohrung Altbielitz auf p. 86 a. a. 0. angibt. Die nicht allzu
seltenen, aber gemeinhin ziemlich ungünstig erhaltenen organischen
Reste, welche die Tiefbohrungen ergaben, wurden nun Herrn Hof-
rat Theodor Fuchs zur Untersuchung vorgelegt. Dieser gelangt
a. a. 0. p. 88 (14) zu dem Resultat, daß er „auf alle Fälle
die vorliegenden Mergel noch dem M i o c ä n z n r e c h n e n
müsse und nicht dem Alttertiär“. Für jeden nun, der
das österreichische Alttertiär im N. des alpino-karpathischen Bogens
in seiner mannigfachen Zusammensetzung näher kennt, und der
die unablässigen und, ich glaube, erfolgreichen Bemühungen zu der
Aufklärung seiner Zusammensetzung, wie sie besonders Rzeiiak 3
1 Die Lagerungsverhältnisse und Verbreitung der Carbonschichten
im südlichen Teile des oberschlesischen Steinkohlenbeckens. Monatsber.
d. deutsch, geol. Gesellsch. 1908. p. 17.
2 Über die Tektonik der Karpathen. Sitzungsber. k. Akad. d. Wiss.
116. Math -nat. Kl. p 871. — Die karpatliische Sandsteinzone und ihr Ver-
hältnis zum sudetischen Carbongebiet. Mitt. d. geol. Gesellsch. Wien. I.
1908. p. 36 ff.
3 Wie zumal aus dem zweiten, in den Mitteilungen der geologischen
Gesellschaft in Wien veröffentlichten Aufsätze Uhlig's hervorgeht (vergl.
besonders a. a. 0. p. 39), hat der Autor überhaupt nicht an die Möglich-
keit gedacht, in dem überschobenen Tertiär etwas anderes als Alttertiär
zu sehen !
4 Hinsichtlich der Brauchbarkeit dieser Schuppen für die Horizon-
tierung wolle man die weiter unten folgenden Bemerkungen vergleichen.
5 Vergl. u. a. besonders: Die Niemtschitzer Schichten, ein Beitrag
zur Kenntnis der karpathisclien Sandsteinzone Mährens. Verhandl. d.
naturf. Ver. in Brünn. 34. 1896.
am Karpathenrande iiberschobenen Tertiärs.
87
und Abel 1 zu danken sind, näher verfolgt hat , wirkt nun diese
These von Th. Fuchs mit der ganzen Wucht einer äußerst ge-
lungenen Überraschung, und ich weiß nicht, ob man sich mehr
wundern soll über diese Auffassung von Theodor Fuchs und ihre
Begründung, oder über den Umstand, daß Petkascheck selbst im
folgenden seine durch Autoritäten wie Uhlig gestützte frühere Auf-
fassung zugunsten der FucHs’schen Theorie fallen zu lassen sich
veranlaßt sah, zumal er selbst a. a. 0. p. 91 annimmt, daß stellen-
weise mit größter Wahrscheinlichkeit der miocäne Ostrauer Tegel
den iiberschobenen Tertiärschichten diskordant auflagert. Es dürfte
daher im Interesse der Wissenschaft liegen , diese Thesen von
Theodor Fuchs nicht unwidersprochen und sich so in der Lite-
ratur festsetzen zu lassen , zumal bei der anerkannten Autorität
des Verfassers in den Fragen des Neogens die dem Gegenstand
Fernerstehenden leicht geneigt sein könnten, die FucHs'schen
Theorien ohne weitere Prüfung als gesichert anzunehmen.
Die Herrn Fuchs aus den iiberschobenen Tertiärmergeln vor-
gelegte Fauna ist eine anscheinend recht ungünstig erhaltene 2
und ziemlich vieldeutige. Sie besteht aus einem kleinen Tapes, ver-
kohlten Pflanzenresten, Temfo-Ttöhren, rätselhaften hohlen Stacheln,
kleinen verzwergten Austern , aus Fragmenten von Bulla , einem
kleinen. Spatangiden, einer unbestimmten, der Tettina planata nahe-
stehenden Tellina, einer fraglichen Lucina, und vor allem aus
Pteropoden, welche mit von Kittl3 4 seinerzeit aus dem Miocän
des Ostrau — Karwiner Gebietes beschriebenen Vaginellen in näherem
Zusammenhänge stehen. Alle diese Dinge dürften kaum eine Alters-
bestimmung ermöglichen. Größeren Wert dürften für diese die
il/rfdto-Schuppen beanspruchen, welche aus der Bohrung von
Schumburg a. a. 0. p. 15 (89) angegeben werden. Ist doch Meletta,
wie allgemein bekannt , und auch bei Zittel 1 zu lesen , eine im
wesentlichen oligocäne Fischgattung, welche zumal in den Kar-
pathen in diesem Zeitpunkte ungemein häufig gewesen sein muß.
Aber auch dieses Moment scheint nicht von unbedingter Bedeutung,
da, wie Zittel a. a. 0. p. 78 angibt, eine Behauptung, die sich
augenblicklich meiner Nachprüfung entzieht, die Gattung auch im
oberen Miocän (also wohl in den sarmatischen Schichten 5), von
1 Studien in den Tertiärbildungen des Tullner Beckens. Jahrb. k. k.
geol. Reichsanst. 53. Wien 1903. p. 91 ff.
2 Petrascheck schreibt selbst a. a. 0. p. 87 (13), daß „trotz der
günstigen Umstände, die für das Sammeln gegeben waren, doch nur eine
minimale Ausbeute bestimmbarer Objekte erzielt werden konnte“.
3 Über die miocänen Pteropoden von Österreich-Ungarn. Annalen
des k. k. naturhist. Hofmuseums. I. 1886. p. 47.
4 Paläozoologie. III. p. 277.
6 Vergl. C. M. Paul. Zur Stellung der Radobojer Schichten. Verb,
k. k. Reichsanst. 1874. p. 223 ff. Vergl. p. 225. Ganz irrtümlich ist am Rande
der Abbildung Fig. 285 bei Zittel a. a. 0. für Meletta sardhntes Heck.
88
P. Oppenheim. Zur Altersfrage des bei Teschen
Radoboj in Kroatien häufig sein soll. Anderseits sind auch die
Pteropodenreste , die Vaginellen , den seinerzeit von Kittl be-
schriebenen Arten nur genähert, nicht ihnen unbedingt identifiziert,
so daß also auch nach dieser Richtung hin für die Annahme von
Miocän keine unbedingte Notwendigkeit vorliegt. Da also die
fossile Fauna selbst eine endgültige und zweifellose Entscheidung
nicht gestattet , so fragen wir uns um so mehr , welche Gründe
einen Forscher wie Theodor Fuchs bewogen haben können, mit
so apodiktischer Sicherheit ein miocänes Alter für diese Schichten
anznnehmen. Wir müssen uns daher näher mit der Beweisführung
des Autors beschäftigen.
Es dürfte zu dem Zwecke einer Nachprüfung der hier von Fuchs
niedergelegten Resultate gut sein, sich zu erinnern, daß der gleiche
Autor im Jahre 1902 1 eine recht interessante und bedeutungsvolle
akademische Schrift veröffentlicht hat unter dem Titel: „Über ein
neuartiges Pteropodenvorkommen aus Mähren , mit Bemerkungen
über einige mutmaßliche Äquivalente der sogenannten Niemtschitzer
Schichten.“ Wir werden sehen, daß Fuchs hier nahezu die gleichen
Fragen behandelt, aber zu durchaus entgegengesetzten Resul-
taten gelangt. Nachdem Fuchs in dem hier betrachteten Aufsatze
(1912) festgestellt hat, daß die ihm „vorgelegten harten Mergel der
Überschiebung sich petrographisch sehr wesentlich von den voll-
kommen plastischen Miocänmergeln unterschieden, aus denen Kitte
seine Pteropoden beschrieb , und daß sie ein entschieden älteres
Gepräge aufwiesen“, weist er auf Analogien in den Apenninen
hin. Er betont, daß es auch hier zwei Schlierhorizonte resp.
Pteropodenmergel gebe, von denen „die oberen im allgemeinen
weicher, mitunter fast plastisch seien, während die unteren meist
ein vollkommen flyschähnliches Aussehen hätten und mit dem Flyscli
so innig verbunden seien, daß sie von demselben gar nicht be-
die Herkunft aus dem Unter oligocän von Radoboj angegeben; dieser
augenscheinliche Irrtum setzt sich noch in die neueste Ausgabe der „Grund-
ziige der Paläontologie“ II. 1911 hinein fort, wo ebenfalls vom Unter-
oligocän von Radoboj die Rede ist. Wenn anderseits in diesem letzteren
Werke im Einklänge, z. B. mit Rolle: Die geologische Stellung der
Sotzkaschichten in Steiermark. Sitzungsber. d. Wien. Akad 30. 1859
(Sitzung vom 14. Mai 1858) p. 20 des Sep. hier augenscheinlich im Hin-
blick auf M. vulgaris Valenc. von dem rezenten Auftreten der Gat-
tung die Rede ist, so verliert diese, wenigstens generisch, damit jede
Bedeutung für die Horizontierung. (Ein Aufsatz Rzehak’s: „Über das
Vorkommen der Clypeidengattung Meletta “ in den Verb. d. naturf.
Vereins in Brünn, 19., von welchem ich erst nach Abschluß dieser Zeilen
genauere Kenntnis erlangte, bewegt sich ungefähr in den gleichen Er-
wägungen.)
1 Über ein neuartiges Pteropodenvorkommen aus Mähren nebst Be-
merkungen über einige mutmaßliche Äquivalente der sogen. „Niemtschitzer
Schichten“. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. Wien. Math.-naturw.
Klasse. 111. Abt. I. Mai 1902. p. 433 ff.
am Karpathenrande überschobenen Tertiärs.
89
stimmt getrennt werden könnten“. Und damit kein Zweifel übrig
bliebe, auf welche bestimmten Vorkommnisse er sich dabei bezieht,
nennt er den Macigno von Porretta und den Calcare fetido von Bargi.
Hinsichtlich dieses letzteren Vorkommnisses lesen wir nun bei
Fuchs 1902 \ „daß es die größte Ähnlichkeit mit den konkretionären
Knollen der Niemtschitzer Schichten habe“. Hinsichtlich beider Bil-
dungen, des Macigno von Porretta und des Calcare fetido von Bargi,
lesen wir 1902, „daß sowohl der erstere mit seiner großen Lucina
als auch der darunterliegende Mergel mit dem „Calcare fetido“ trotz
des miocänen Habitus seiner Fauna doch eine ältere Bildung dar-
stelle und dem vormiocänen Alttertiär zugezählt werden müsse, eine
Ansicht, die in neuerer Zeit übrigens auch von Oppenheim (1. c.)
mehrfach geäußert worden sei“. Also die unteren Pteropoden-
mergel des Apennin , der Macigno von Poretta und der Calcare
fetido von Bargi, sind nach Fuchs 1902 alttertiär, 1912 gehören
sie dem Miocän an. Ein Grund für diese doch im höchsten Maße
auffallende Änderung des Standpunktes wird nicht angegeben.
1912 lesen wir über die beiden sogenannten Schliere von Nieder-
österreich und Mähren, daß „der typische Schlier über den Horner
Schichten läge, doch gebe es auch in diesem Gebiete einen schlier-
ähnlichen Horizont mit Pteropoden, der unter den Horner Schichten
läge, und diese seien die von Rzehak zuerst näher charakterisierten
Niemtschitzer Schichten, die mitunter auch einen flyschähnlichen
Charakter annähmen“. Dagegen schreibt Fuchs 1902 von den
Niemtschitzer Schichten a. a. 0. p. 7 (439), „daß man schließlich
doch zu der Überzeugung komme, daß es sich doch um eine Ab-
lagerung vormiocänen Alters handeln müsse“, und auf der folgenden
Seite: „Diese Niemtschitzer Schichten wurden in früheren Zeiten
ganz allgemein zu dem in unmittelbarer Nachbarschaft mächtig
entwickelten miocänen Schlier gerechnet und ist es ein großes
Verdienst Rzehak’s, durch seine umfassenden und minutiösen
Untersuchungen die Selbständigkeit dieser Schichten erkannt und
ihnen ihre richtige Stellung im Systeme angewiesen zu haben.“
Wir sehen , 1912 sind die Niemtschitzer Schichten miocän und
nicht alttertiär, 1902 sind sie alttertiär, und es ist ein Ver-
dienst Rzehak’s, ihnen diese ihre Stellung angewiesen zu haben.
Ein Grund für diese auffallende Änderung des Standpunktes fehlt
auch hier.
Endlich schreibt Fuchs über die entsprechenden Niveaus in
Oberösterreich 1912, „daß es hier zwei verschieden aussehende
Schliermergel gäbe, den weichen, plastischen Schlier von Atnang1 2
und die harten Mergelkalke , die in der Bohrung von Hall in so
1 a. a. 0. p. 12 (444).
2 Soll wohl augenscheinlich „Ottnang“ heißen, der Flecken in Ober-
österreich, aus dessen Umgebung die bekannte, von R. Hoernen beschriebene
Schlierfauna stammt. Ritter s geographisches Lexikon kennt kein „Atnang“.
•90
P. Oppenheim, Zur Altersfrage etc.
großer Mächtigkeit aufgeschlossen wurden“. Dagegen scheint es
Fuchs 1902 a. a. 0. p. 11 (443) „wohl gerechtfertigt, wenn man
die fossilf ährenden Mergelkalke von Hall nicht sowohl dem mio-
cänen Schlier, als vielmehr den Niemtschitzer Schichten zuzähle“.
Da in der gleichen akademischen Schrift 1902 die Niemtschitzer
Schichten als alttertiär aufgefaßt werden, so ist es klar, daß auch
hier Fuchs die Mergelkalke von Hall dem Alttertiär zuzählen will.
Man sieht, die Gründe, welche Fuchs 1912 für ein miocänes
Alter der iiberschobenen Tertiärschichten am Karpathenrande an-
gibt, hat der gleiche Autor bereits 1902 vollkommen widerlegt.
Nun gebe ich prinzipiell ohne weiteres zu, daß man in 10 Jahren
seinen Standpunkt wechseln und zu verschiedenen Ansichten ge-
langen kann. Was ich aber nicht zugeben kann, und wogegen
ich mit aller Energie protestieren muß, ist, daß ein Autor eine
früher von ihm vertretene Meinung wechselt und in ihr Gegenteil
verändert, ohne die Gründe anzugeben, die ihn zu dieser Stellungs-
änderung veranlaßt haben, ja , daß er seine frühere Arbeit nicht
«inmal zitiert und so dem wissenschaftlichen Publikum die Möglich-
keit einer Kontrolle seiner jetzigen Stellung nimmt. Es ist leicht
möglich , daß über das Alter der Niemtschitzer Schichten noch
nicht das letzte Wort gesprochen und daß man in Einzelheiten
hier von Rzehak abweichen kann. Solange die wohlbegründeten
und durch sorgfältige Einzelbeobachtungen gestützten Annahmen
und Angaben dieses Autors aber nicht bündig widerlegt wurden,
bestehen sie zu Recht, und kein anderer Forscher ist befugt, sich
ohne weiteres über sie hinwegzusetzen und sie sozusagen mit einer
Handbewegung zu kassieren. Ich selbst habe seit geraumer Zeit
einen großen Teil der paläontologischen Materialien von Rzehak
in Händen und glaube behaupten zu dürfen, daß dieser in den
meisten wesentlichen Punkten im Recht ist, ohne daß ich mich
hier vor Abschluß meiner Untersuchungen in allen Einzelheiten
festlegen möchte. In jedem Falle darf aber wohl behauptet werden,
daß die iiberschobenen Tertiärschichten des Karpathenrandes bei
Teschen, wenn sie wirklich, wie Fuchs behauptet, den Niemtschitzer
Schichten Rzehaic’s entsprechen, nicht dem Miocän, sondern den
alttertiären Bildungen angehören ; denn ob der Niemtschitzer Hori-
zont nun dem Eocän oder, wie ich als das Resultat meiner nahezu
vollendeten Bearbeitung ihrer Fauna glauben mochte, dem unteren
bis mittleren Oligocän anzugliedern ist — seine Hin ein -
Ziehung in das Miocän ist ausgeschlossen, solange
bei der Lösung derartiger Fragen die paläontologische
Forschung zu entscheiden berufen und befugt ist!
R. Sokol, Ueber das Sinken der Elbe-Ebene in Böhmen etc. 91
Ueber das Sinken der Elbe-Ebene in Böhmen während der
Diluvial- Akkumulation.
Von R. Sokol in Pilsen.
Mit 2 Textfiguien.
Bei sechs Tiefbohrungen in der Umgebung von Sadskä (öst-
lich von Prag) zeigte sich die merkwürdige Tatsache, daß die
diluvialen Sand- und Schotterschichten bedeutend tiefer reichen als
da& historische, stellenweise in die Kreideschichten (harte Mergel
und Pläner) eingeschnittene Elbbett (175 m M.H.).
I. Bei der Tiefbohrung am Ufer der in den Jahren 1858
bis 1861 regulierten Mäanderschlinge der Elbe („Alte Elbe“),
gleich beim alten Badehause, wurden von der Firma Julius Thiele
aus Ossegg (Böhmen) folgende Schichten erbohrt:
Lage der
Ober-
kante
Lage der
Unter-
kante
Mächtig-
keit
Ul
m
m
1. Gelber Sand
0
8,40
8,40
2. Grauer r
8,40
13,30
4,90
3. Eigroßer Schotter mit Sand . . .
4. Kreidegrund (166.8 m M.H., 8.2 m
13,30
16,20
2,90
unter dem Elbbette)1
16.20
—
—
11. Etwa 250 m weit im Osten wurde eine
ähnliche Schichten-
Serie (Firma J. Zima aus Chlumec a.
d. Cidlina) aufgefunden :
Lage der
Ober-
Lage der
Unter-
Mächtig-
keit
•
kante
kante
m
Ul
m
1. Sand mit Humus
0
0,50
0,50
2. Weißer feiner Sand
0,50
2,90
2.40
3. Gelber Sand
2,90
7.00
4.10
4. Grauer
7,00
9,00
2 00
5. „ „ ein wenig gröber . . .
9,00
1 2,00
3,00
6. Schotter mit Sand
7. Kreiilesrund (169.5 m M.H., 5,5 m
12,00
13,50
1.50
unter dem Elbbette)
13,50
—
—
III. Im Süden beim neuen Kurhause am Rande des Waldes,
etwa 250 m südlich von der ersten
Bohrung, wurden
folgende
Schichten durchsunken (Firma J. Zima) :
1 Für die im Mittel 18 km breite, mit Diluvialterrassen bedeckte
Elbeniederung ist diese Differenz keineswegs unansehnlich. Sie gleicht
fast ^ der Mächtigkeit der Anschwemmungen.
92
R. Sokol, lieber das Sinken der Elbe-Ebene in Böhmen
Lage der
Ober-
kante
m
Lage der
Unter-
kante
m
Mächtig-
keit
m
1. Sandiger Humus
0
0,20
0,20
2. Gelber Sand
0.20
0,70
0,50
3. Weißer
0,70
3,50
2,80
4. Gelber „
3,50
3.70
0,20
5. Weißer „
3,70
7,00
3,30
6. Grauer
7,00
12,00
5,00
7. ,, gröberer Sand
12,00
15,00
3,00
8. Schotter mit Sand
15.00
15,50
0,50
9. Kreidegrund (167,5 m M.H., 7,5 m
unter dem Elbbette)
15,50
—
Die obere Kante aller drei Bohrlöcher weist eine Meereshöhe
von ungefähr 183 m auf.
IV. In einer Entfernung von 370 m im Westen von der
ersten Bohrung wurde ein Bohrloch von der Prager Böhmischen
Sparkasse angelegt. Dasselbe befindet sich bei der Mündung des
Mühlbaches in die „Alte Elbe“ (177 m M.H.). Die Schichtenfolge:
Lage der
Ober-
kante
m
Lage der
Unter-
kante
m
Mächtig-
keit
m
1. Rotschwarzer Schlamm
0
0,70
0.70
2. Grauer Sand und nußgroßer Schotter
0,70
4,35
3,65
3. Schwarzgrauer eigroßer Schotter
mit Sand
4,35
8,85
4,50
4. Kreidegrund (168,15 m M.H., 6,85 m
unter dem Elbbette)
8,85
—
—
V. Bohrloch im Osten der Stadt Sadskä (188,5 m M.H.,
1250 m weit südlich vom Elbeufer):
Lage der
Ober-
kante
m
Lage der
Unter-
kante
m
Mächtig-
keit
m
1. Humus
0
1,00
1.00
2. Feiner Sand
1,00
8,00
7,00
3. Lehm, durch Humus schwarzgefärbt
und schlammig
8,00
11,00
3,00
4. Sand mit Schotter
11,00
19,00
8,00
5. Schotter mit wenig Sand
19,00
21,00
2,00
6. Kreidegrund (167,5 m M.H., 7,5 m
unter dem Elbbette)
21,00
—
während der Diluvial-Akkumulation.
93
VI. Etwa 200 m westlich davon wurde wieder eine Bohrung1 an-
gebracht. wo die dritte Schicht eine größere Mächtigkeit gewann, aber
die gesamte Mächtigkeit des Diluviums blieb unverändert. Die beiden
letzteren Bohrungen wurden von der Firma ,T. Zima durchgeführt.
Die dnrchörterten Sand- und Schotterschichten gehören drei
Akkumulationsterrassen1 verschiedenen Alters, der jüngsten Terrasse,
deiv-höher liegenden Zvei'ineker Terrasse und der noch höheren
Tl'ebestovicer Terrasse , deren letztere eine Unterlage für beide
anderen bildet und diese auch an Mächtigkeit 2 * und relativer Höhe
der Oberkante (bis 1 4 m) übertrifft , wie aus der bestellenden
Fig. 1 ersichtlich ist. Oben ist die Terrasse mit einer wenig
mächtigen Sandschicht bedeckt a.
Fig. 1. Schematisches Profil der diluvialen Bildungen bei Sadskä.
K = Kreidegrund, T = Trebestovicer Terrasse, Z = Zvörineker Terrasse,
A = jüngste Terrasse. J— U = Lage der Bohrlöcher.
Der Fluß fließt jetzt höher, die erosive Tätigkeit scheint
gelähmt zu sein. Bei dem Versuche, die Entwicklung der Er-
scheinung aus der D}-namik des Flusses zu erklären , muß man
dreierlei Ursachen in Erwägung ziehen. Entweder hob sich das
untere Denndationsniveau, d. h. die Meeresoberfläche bei der Mün-
dung der Elbe, oder der ganze Unterlauf des Flusses ist gestiegen.
Ein zweiter Fall wäre der, daß das Terrain im Oberlaufe ein-
gesunken ist. Es dürfte aber auch ein dritter Fall möglich sein, daß
nämlich bei der unveränderten Höhe des Ober- und des Unterlaufes
nur die beschriebene Gegend („Nimburger“ Ebene nach Schneider4)
nach der Ablagerung der Trebestovicer Terrasse eingesunken ist.
1 Ct'r. Autor: Die Terrassen der mittleren Elbe in
Böhmen. Verhandlungen der k. k. geol. Reichsanstalt in Wien. 1912.
No. 11. S. 272 ff.
2 Bis 27 m mächtig, also um 11 m mehr als bei Leipzig (cfr. Wahn-
schaffe: Die Oberflächengestaltung des norddeutschen
Flachlandes. 1909. p. 70).
(fr. Autor: Ein Beitrag zur Kenntnis der geologi-
sche n Ver hä ltn i s se in der Umgebung von Sadskä. Bulletin
international de l'Acadömie des Sciences de Boheme. 1909. p. 3 ff.
4 K. Schneider: Zur Orographie und Morphologie Böh-
mens. 1908. p. 173.
94
R. Sokol, Ueber das Sinken der Elbe-Ebene in Böhmen
Für das Steigen des unteren Denudationsniveaus haben wir
keine schwerwiegenden Belege. Man muß zwar zugeben, daß sich
nach dem Verschwinden der Eismassen in Norddeutschland ein
relatives Ansteigen des erleichterten Landes im Sinne der isostati-
schen Theorie vollzog. Es blieb aber auch die Meeresoberfläche
keineswegs von einer vertikalen Veränderung verschont; sie ging
zurück , da die Eismassen ihre gewaltige Anziehungskraft nicht
mehr ausübten. Beide Wirkungen arbeiteten folglich im entgegen-
gesetzten Sinn. Wichtig ist, Avie es Engelmann1 feststellte, daß
die Divergenz der Terrassen im Unterlaufe der Elbe in Böhmen
wächst. Es scheint daraus zu folgen, daß das fragliche Niveau
eher gesunken ist. Die herannahenden und das abfließende Wasser
stauenden Eismassen Deutschlands in diluvialen Eiszeiten konnten
nur für den bisher vielumstrittenen Unterlauf des Elbeurstromes von
Bedeutung sein , nicht aber für den Flußlauf in Böhmen. Das
Elbbett in Böhmen konnte sich dadurch nicht erhöhen. Um das
zu beweisen , möchte ich zuerst die Frage beantworten , Avas ge-
schieht, Avenn die Gefällskurve (Fig. 2, schwache Linie) durch das
Steigen des unteren Denudationsniveaus kürzer wird.
Fig. 2. Die alte Gefällskurve eines Flusses (volle schwache Linie), die
neue Gefällskurve nach dem Erhöhen des unteren Denudationsniveaus bis
zu B (starke Linie), die mutmaßliche Gefällskurve beim Ausbleiben dieses
Erhöhens (gestrichelte Linie). Die beiden letzteren nach dem Ablaufe eines
großen Teiles des Erosionszyklus gedacht.
Das Wasser folgt nur der Sclnvere , und wenn die voran-
gehende Wassermenge plötzlich (bei B in Fig. 2) ihre Geschwindig-
keit verliert, steigt das Wasser, setzt suspendierte Körner ab und
fließt auf der Oberfläche der letzteren Aveiter. Eine Rückwirkung
auf die weit stromaufwärts gelegenen Massen scheint auf den ersten
Blick kaum möglich , wohl aber wird sich die verkürzte Gefälls-
kurve ein wenig anders entwickeln als der entsprechende Teil
der langen Gefällskurve. Das liegende Stück der letzteren bleibt
stets geneigt, jenes der ersteren A\rird aber bald fast wagerecht,
d. h. der liegende Ast der verkürzten Gefällskurve wird nur zur
Horizontalebene des Denudationsniveaus vertieft, bei der ursprüng-
lichen langen Gefällskurve wird der bezügliche Teil iu allen
Punkten gleichmäßig vertieft. Es A'ollzieht sich demgemäß im
1 R. Engelmann: Die Terrassen der Moldau-Elbe zwischen
Prag und dem Böhm. Mittelgebirge. Geogr. Jahresber. aus Österr. 191 1.
während der Diluvial- Akkumulation.
93
Teile A — B der langen Kurve eine tiefere Erosion, als wenn sie
verkürzt wäre. Das Ansteigen der Meeresoberfläche, die Hemmung
durch Eismassen, die Hebung des unteren Denudationsniveaus über-
haupt wirkt demgemäß lähmend auf die Erosion. Wenn die vorigen
vertikalen Bedingungen wieder eintreten, wird das Flußbett in A
zerschnitten werden und ein neues Flußbett samt einer neuen
Terrasse wird sich unterhalb des alten entwickeln. Bei uns liegt
aber der Fall ein wenig anders. Die Oberfläche unserer jungen
Terrassen (Fig. 1, A, Z) liegt zwar tiefer als jene der älteren
Terrasse (Fig. 1, T), das Flußbett dagegen höher. Es muß folg-
lich bei uns der das steigende untere Denudationsniveau voraus-
setzende Erklärungsversuch scheitern selbst ohne die Beobachtungen
Engelmann’s.
Dasselbe gilt von dem zweiten Erklärungsversuch , der den
sinkenden Oberlauf des Flusses 1 voraussetzt. Eine ähnliche Unter-
suchung zeigt, daß auch dann die Erosion verlangsamt, nnser
Flußbett aber nicht erhöht würde.
Es bleibt nur der dritte Teil übrig, daß nämlich die Elbe-
ebene in dem beschriebenen Gebiete nach der Ablagerung der
Tfebestovicer Terrasse eine Senkung erlitten hat. Den Grund
dazu dürfte man wohl in dem enormen Gewichte der abgelagerten
Massen suchen.
Die Wassermassen , die bei jeder Hochflut das Flußbett er-
füllen, arbeiten eifrig an der seitlichen Erosion des Geländes, ver-
tiefen aber das Flußbett unmerklich , wie es der im Laufe der
Jahrhunderte beständige Wasserstand und die nicht verschwindenden
Stromschnellen beweisen. Ich meine , daß auch die Glazialfluten
ohne bedeutende Wirkung für die Tiefenerosion (Tiefenschurf) waren.
Von der Tiefen erosion muß man den Vorgang der Akkumu-
lation scharf trennen. Letztere kann nur dort gedeihen , wo der
Fluß mäandrieren und in den „toten“ Schlingen während der
Hochfluten viel Sand und Schotter in relativ ruhigerem Strome
ablagern kann. Es sind keine Seen dazu nötig, gerade umgekehrt.
Es konnten unsere Sand- und Schotterschichten keineswegs in
Seen entstehen, da sie zwei chai’akteristische Merkmale der See-
ablagerungen, eiu Lehmlager in der Mitte des Beckens und durch
Wellenschlag entstehende Blockdämme an seinem Bande nicht be-
sitzen. Wenn die Elbe in der toten Serpentine bei der Hochflut
reiche Sedimente ablagert, gilt es zugleich nicht von ihrem ge-
wöhnlichen Flußbett. Steigt die Oberfläche des Stromes , so ver-
größert sich zugleich seine Transportfähigkeit. Das Hauptbett
1 Diese vertikale Veränderung ist sehr wahrscheinlich, da Meissner
gewisse Andeutungen von Versenkungen der Elbeniederung bei der Mün-
dung der Stillen Adler entdeckte. (A. Meiszner: Die Talgeschichte
der Stillen Adler in Böhmen. Geogr. Jahresber. aus Österr. IX.
1911. p. 221.)
96 R. Sokol, Ueber das Sinken der Elbe-Ebene etc. — Personalia.
wird gereinigt und alles, was in der Stromlinie abgelagert wurde,
wird fortgeschwemmt. Bringt der Fluß viel Material , muß er
auch viel fortschaffen. Wenn ausnahmsweise (z. B. infolge eines
Felssturzes oder Hebung des Oberlaufes) eine Knickung in der
Gefällskurve entstünde , würde sie bald durch rückschreitende
Erosion eingeebnet werden ’. Es ist wohl der Schluß richtig, daß
die Meereshohe der Flußsohle nicht von klimatischen Änderungen
dauernd beeinflußt wird, und daß folglich bei uns nur die erwähnten
"tektonischen Vorgänge die Hauptrolle spielten. Die isostatische
Einsenkung im Sinne des RüHL’schen Erklärungsversuchs1 2 gewinnt
noch mehr an Bedeutung, da es in der breiten, mit diluvialen
Schichten vollgepfropften „Nimburger“ Ebene an alten unter-
irdischen Störungslinien 3 4 nicht fehlt.
Ähnliche Verhältnisse in diluvialen Schichten hat Hibsch 4 im
Unterlaufe der Elbe in Böhmen beobachtet. In der Erosionsmulde
von Bodenbach — Tetschen reicht die „Mittelterrasse“ bis zum
felsigen Grunde, so daß alle Flußanschwemmungen der jüngeren
Zeiten („Niederterrasse“) über den Absätzen der ..Mittelterrasse“
sich ablagerten. Nach der Ablagerung dieser Terrasse fand in
Nordböhmen eine bis in Felsengrund reichende Flußrinnenvertiefung
nicht mehr statt, ebensowenig eine allgemeine Abtragung, da die
denudierendeu Kräfte erlahmten.
Da auch in Deutschland z. B. an der Küste der Ostsee und
der Nordsee die Unterkante des Diluviums nach der Küste zu
bedeutend unter die jetzigen Flußbette 5 herabsinkt, dürften die
hier angedeuteten Folgerungen eine allgemeine Bedeutung haben.
Personalia.
Habilitiert: Dr. P. Kessler als Privatdozent für Geologie
und Paläontologie in Straßburg i. E.
1 Damit steht im Einklang die Beobachtung Stiny’s, daß bei ver-
heerenden Wildbachausbrüchem (z. B. bei der großen Hochwasserflut des
Jahres 1882) zwar die Sohle ganz beträchtlich erhöht wird; aber in den
folgenden Jahren tiefen sich die Alpenflüsse und -büche, ihr altes Bett
suchend , wieder ein. Diese Tieferlegung der Sohle kann lokal über den
Aufschüttungsbetrag hinausgehen. (J. Stiny: Fortschritte des Tiefen -
schurfes in der Gegenwart. Geol. Rundschau. Leipzig 1912. ßd. III.
Heft 3. p. 166 ff.)
- A. Hühl : Isostasie und Peneplain. Zeitschr. d. Ges. f. Erd-
kunde zu Berlin. 1911. p. 479 ff.
a Autor: Ein Beitrag zur Kenntnis des Untergrundes
der Kreide in Böhmen. Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanstalt in Wien.
1912 p. 292 ff.
4 J. E. Hibsch: Versuch einer Gliederung der Diluvial-
gebilde im nordböhm. Elbtale. Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt
in Wien. 44. p. 644, 646. 648.
5 Wahnschaffe, 1. c. p. 66 ff.
W. Tschirwinsky, Zur Frage über die Identität etc.
97
Original-Mitteilungen an die Redaktion.
Zur Frage über die Identität des Podolits und Dahllits
Von W. Tschirwinsky in Kiew.
Mit 1 Textfigur.
Im Jahre 1910 erschien im American Journal of Science eine
Mitteilung von W. Schallek1, in welcher der Autor, meine Ana-
lysen des Podolits mit den Dahllit-Analysen H. Bäckström’s ver-
gleichend, deu Schluß einer Identitätsmöglichkeit beider genannten
Minerale zieht.
In meiner Mitteilung „Über Podolit, ein neues Mineral2“,
führte ich zwei Analysen an , von denen die eine an einzelnen
kleinen Kristallen vollzogen wurde (No. 7). Die Menge der Sub-
stanz, welche ich für die Analyse sammeln konnte, war sehr klein,
was die Genauigkeit der Analyse etwas vermindert hat. Die andere
No. 1) führte ich dagegen an einer überaus reinen Podolit-
konkretion aus. Letztere ist bedeutend wichtiger, da sie mit
besonderen Vorsichtsmaßregeln ausgeführt wurde und die Durch-
schnittszahlen einer ganzen Reihe von Bestimmungen liefert, was
ich leider in meiner Mitteilung nicht verzeichnet habe 3.
Ich nahm eine Anzahl vou Bestimmungen gerade deshalb vor,
um überzeugt zu sein, daß das von mir beschriebene Mineral sich
chemisch von dem ihm nahestehenden Mineral Dahllit unterscheidet.
Deshalb würde ich es für überflüssig halten, eine neue Analyse
vorzunehmen. Aber bei meinen früheren Analysen war die
(Quantität des Kristallisationswassers nicht ermittelt worden und
W. Schallek bemerkt vollkommen richtig, daß solche sekundäre
Minerale, wie Podolit und Dahllit, Kristallisationswasser enthalten
müssen.
Zurzeit habe ich eine neue Analyse (No. 9) der reinen
Podolitkonkretion (sekundärer umkristallisierter podolischer Phos-
phorit aus dem Dorf Krutoborodinzy) gemacht. Die Probe ist
sorgfältigst mikroskopisch untersucht worden. Die Hauptmasse der
1 W. Schaller, The probable Identity of Podolitl» with Dahllire,
p. 309 — 311. Siehe gleichfalls die Übersetzung in Zeitschrift für Kristallo-
graphie. 1911. p. 559 — 561. (N. Jahrb. f. Min. etc. 1912. I. -34-.)
2 Dies, Centralbl. f. Min. etc. 1907. 279.
3 Darüber siehe den gleichzeitig gedruckten Aufsatz „Chemische und
mikroskopische Untersuchung der Podolischen Phosphorite“. .Mömoires
de la Society des Naturalistes de Kieft“. 1907. p. 785. Mit deutschem
Resume. (N. Jahrb. f. Min. etc. 1909. II. -357-.)
Centralbl att f. Mineralogie etc. 1913. 7
98
W. Tschirwinsky, Zur Frage
Konkretion besteht aus fest verwachsenen kleinen (0,05 — 0,15 min)
Kristallen und Sphärolithen ; Ca C 03 ist nicht vorhanden , doch
scheiden sich beim Lösen der Kristalle in H CI C 02-Bläschen aus,
weshalb jeder Gedanke daran , daß vielleicht ein Gemenge von
Kalkspat vorliege, vollständig ausgeschlossen ist. Von fremden
Beimischungen wurde sekundärer Quarz, Flocken organischen Stoffes,
dunkelbraunes Eisenoxyd und eine unbedeutende Quantität von
Glaukonit gefunden.
Die Analyse No. 9 ergab folgende Resultate:
1. Bestimmung 2. Bestimmung
Mittel
Hygroskop. Wasser. . . .
0.34
0,39
0,37
Allgem. Wasserquantität .
(1,48)
(1,57)
(1,53)
Kristallisationswasser . .
1.14
1,18
1,16
Ca 0 ... .
50,72
—
50,72
P4Or, . . . .
37,08
—
37,08
C 0
4,32
—
4,32
F
0.29
—
0,29
Si02 . . . .
4.18
—
4,18
Organische Substanz . . .
Al, 03, Fe2 03, K2 0, Na2 0
0,52
0.52
98.64
und anderes
—
—
1,36
100.00
Aus dieser Analyse ersieht man erstens, daß die untersuchte
Podolitkonkretion sich als äußerst rein erweist: nach Abzug des
ungelösten Restes fallen auf die übrigen Elemente nur 1,36 °/o.
Zweitens finden wir, daß beim Vergleich der Daten der oben
angeführten Analyse mit meinen zwei früheren Analysen sie alle
ein sehr ähnliches Resultat ergeben, was aus den folgenden Zahlen
zu ersehen ist:
Podolit
Kristallin. Aggregat
Kristalle
N 1
N 7
CaO .
.... 51,31 1
51,15
p2o6
.... 36,44 1
39,04
Al, 0:t
.... 0,46
—
Fe, 0,
.... 1,73
3,04
Org. Stoff . . 0,56
—
k2o
.... 0,45
—
Na, 0
.... 0,66
—
o o, .
. . . . 4.18 2
3,90
F . .
. . . . 0,26 M
—
SiO., .
.... 4,87
97,13
100,92
0,08 (0 für F).
100,84
1 Mittel aus 3 Analysen. 2 Mittel aus 5 Analysen. :: Mittel aus
4 Analysen.
über die Identität des Podolits und Dahllits.
99
Die Säuren mit Basen verbindend und auf 100 umrechnend,
haben wir:
Tabelle I (Podolit)
Theoretische Zusammensetzung Ca3 (P 04),
Ca (JO*
3Ca3(P04)j • Ca CO, .
. .90,29
9,77
^ NI
. 89.56'
10,44 1
N 7
. 90,57
9,43
N 9
. 89.18
10,82
Durchschnitt der drei
. .99,77
10.23
Folglich ergeben die bisher
gemachten
drei Podolitanalysen
sehr ähnliche Resultate und entsprechen sehr nahe der Formel
dCa3(P04)o • CaCOg. Wenn man das Kristallisationswasser in
Betracht zieht, welches von allen oben angeführten Analysen nur
bei der Analyse No. 9 bestimmt wurde, so kann der Bestand des
Podolits genauer durch die Formel 12Ca3(P04)2 • 4CaC03 • 3H20
oder kürzer 3 Ca3(P04)2 • CaC03 • 3/* H, 0 ansgedrückt werden,
wie aus folgendem Vergleich zu ersehen ist :
Tabelle II (Podolit )
V
Cas(P(>4)2
Ca C ü3
H2<)
Analyse N 9
theoretisch :
. 88.06
10,68
1,26
3 Cas ( P 0412 Ca C 03 • •/« H2 0 .
. 89,12
9,58
1,30
Bei der Bestimmung des Wassergehaltes im Podolit bediente
ich mich der Methode Brush-P enfield. Es besteht wohl schon
lange das Bedürfnis nach rationelleren und einheitlichen Methoden
zur Bestimmung des Wassergehaltes in den Phosphaten. Der
Wassergehalt wird bei alten Analysen und nicht selten auch jetzt
einfach durch den Glühverlust ermittelt; wenn man jedoch in Be-
tracht zieht, daß eine ganze Reihe von flüchtigen Verbindungen
in den Phosphaten enthalten ist, wie Fluor, CO, und namentlich mit
dem Phosphat verbundene Kohlensäure (Podolit, Dahllit, Statfelit,
Frankolit), wobei letztere nicht vollkommen ausgeschieden wird,
so vertraut man den Daten, welche den Wassergehalt der Phos-
phate2 betreffen, nicht vollständig.
Die trefflichste Methode zur Bestimmung des Wassergehaltes
in den Phosphaten ist, meiner Ansicht nach, die Brush-Penfield’scIic
und zur Ermittlung des Fluorgehaltes diejenige von Rose-Jannasch.
Was den Dahllit anbelangt, so haben wir bisher folgende zwei
Analysen desselben :
1 Durchschnitt aus einer Reihe von Bestimmungen.
- Dieser Umstand bewog mich u. a. in meiner Arbeit „Zur Frage
über die mineral Natur der Phosphorite“ nur deren entwässerten Bestand
anzuführen. N. .Tahrb. 1911. II. p. 71.
7 *
100
W. Tschirwinsky, Zur Frage
a 1
. 38,40
b1 2
38,44
CaO
53,00
F
—
C 0.2
. 5,30
6,29
h2o
. 2,10
1,37
Al.j -j- Fe2 03 + F •
. 0,57
0,79
Fe203
100,02
0,11
K20
0,89
100.89
Na2 0
Die Säuren mit Basen verbindend und
auf 1 00
umrechnend
haben wir:
Tabelle III (Dahllit)
theoretisch
Ca3(P04)2
CaCOg
H20
2 Ca3 (P 04)2 ■ Ca C 03 • '/2 H2 0
. 85,05
13,72
1,23
a . . . .
12,30
2,14
b . . . .
. 84,26
14,36
1,38
Mittel aus beiden
. 84.91
13,33
1,76
Tabelle IV (Dahllit)
theoretisch
Ca3 (P 04)s
. Ca CO;
1
2 Cas (P 04)2 • Ca C 03 . .
. . 86,11
13,88
a . . . .
. . 87,43
12,57
b . . . .
. . 85,44
14,56
Mittel aus beiden . . .
. . 86,44
13,56
Aus den angeführten Tabellen sehen wir, daß beide Analysen
(a und b) der Formel 2Ca3(P04)2 ■ CaC03 + aq. sehr nahe ent-
sprechen, doch ist der Wassergehalt etwas verschieden : die Anal}rse 1>
entspricht mehr ‘/2 H» 0, die Analyse a dagegen mehr der Formel
mit 1 H„ 0. Folglich kann der Bestand des Dahllits auf Grund der
vorhandenen 2 Analysen durch die Formel 2 Ca3(P04)2 • CaC03
-f- iiH20, wo n = xj-i — 1, ausgedriickt werden.
Wenn wir nun die Tabellen I und IV, II und III vergleichen,
so sehen wir, daß der Podolit und Dahllit sich wirklich chemisch
unterscheiden, indem der Podolit im Vergleich zum Dahllit ärmer
an Kohlensäure und reicher an Phosphorsäure ist. Am besten
läßt sich dieser Unterschied durch das Verhältnis P205:C02 aus-
drücken :
1 M. Pisani in Lacroix, Compt. rend. 150. 1390. 1910: auch
A. Lacroix, Mineralogie de la France. 1910. 4. 556.
2 W. Brögger und H. Bäckström, Dahllit, ein neues Mineral von
Ödegärden, Bamle , Norwegen. Meddelanden frän Stockholms Högskola.
No. 77, in Ofv. Vet.-Akad. Förh. 1888. 493. Auszug Zeitschr. f. Krist.
1890. 17. 426 und N. Jahrb. f. Min. etc. 1890. II. -223-, Auch Zeitschr.
f. Krist, 23. 1894. p. 164.
über die Identität des Podolits und Dahllits.
101
Analyse Podolit P2 05 : C 02 Dahllit P2 05 : C 03
N. 1 8,72 : 1 Anal, a . . . . 7,24 : 1
N. 7 10 : 1 , b .... 6,11 :1
N. 9 8,58 : 1 durchschnittlich 6,67 : 1
durchschnittlich . 9,10 : 1
Auf Grund der angeführten Facta muß man meiner
Meinung nach zur Überzeugung kommen , daß der Podolit
und Dahllit zwei völlig selbständige, wenn auch chemisch
verwandte Minerale sind. Podolit — 3 Ca3 (P Oj)2 CaC 03
+ nH20, Dahllit — 2 Ca3(P04)2CaC03 + nH,0, wo n= */ — l.
Was die physikalischen und optischen Eigenschaften: Härte,
spezifisches Gewicht, Farbe, Brechungsexponent, optischen Charakter,
Stärke der Doppelbrechung1 anbelangt, so sind sie einander sehr
ähnlich , doch muß man bedenken , daß noch zwei andere , dem
Podolit und Dahllit verwandte Minerale — Frankolit und Staff'elit —
beinahe dieselben Eigenschaften besitzen. Mit letzterem hat der
Podolit noch mehr Ähnlichkeit, dank den gleichen optischen Ano-
malien, welche sich dann äußern, wenn der Durchschnitt senkrecht
zur Vertikalachse verläuft2.
A. Lacroix hält (1. c. p. 558) den Frankolit und Staff'elit für
identische Minerale. Mir scheint, daß eine solche Schlußfolgerung
noch durch neue Analysen bestätigt werden muß. Es unterliegt
1 Nur die Frage über die Doppelbrechung, welche beim Podolit 0.0075
beträgt, bleibt ungelöst; was den Dahllit und Staffelit anbelangt, so führen
die Forscher keine genaue Ziffer an, sondern weisen nur darauf hin, daß
dieselbe „etwas größer als heim Apatit“ ist.
2 A. Lacroix, Mineralogie de la France. 1910. 4. 558, u. W. Tschir-
winsky, Über Podolit etc., dies. Centralbl. 1907. p. 281.
102
K. Schneider.
keinem Zweifel, daß der „Frankolit“, dessen Analyse Lackuix auf
1>. 559 anführt, mit dem Staffelit identisch ist, dessen Namen er
auch tragen müßte '.
Auf der vorstehenden Photographie sind zwei Podolitkonkre-
tionen (sekundäre umkristallisierte podolische Phosphorite aus dem
Dorf Krutoborodinzy) abgebildet, welche die Form eines dreiachsigen
Ellipsoids haben (Achsenlänge 8,4, 18,4 und 14,4 cm). Die Analyse
No. 9 bezieht sich auf die rechts abgebildete.
Man muß bemerken, daß nicht alle sogenannten umkristalli-
sierten Phosphorite der besagten Gegend Podolite sind ; viele haben
einen bedeutenden Fluorgehalt, deshalb kann man voraussetzen,
daß sie auch andere Phosphate, analog dem Staffelit und Frankolit,
enthalten. In optischer Beziehung sind sie nicht zu unterscheiden 1 2.
Um einen genauen Unterschied festzustellen, ist eine Fluor-
bestimmung notwendig.
Kiew, Universität des Heil. Wladimir, Min. Kabinett.
Die vulkanischen Erscheinungen der Erde.
Von Karl Schneider in Kaaden a. Eger.
Mein im Juni 1911 bei Gebrüder Bornträger in Berlin heraus-
gegebenes Werk „Die vulkanischen Erscheinungen der Erde“ hat im
allgemeinen eine freundliche Aufnahme in der Fachliteratur gefunden.
Wenigstens sprechen dafür die ausführlichen Besprechungen, welche
das Werk allenthalben gefunden hat3, wenn auch im einzelnen,
wie zu erwarten war, manche Entgegnungen gegeben wurden. Es
ist daher notwendig, auf einzelne Ausführungen zu antworten, da
diese vielfach auf eine falsche Voraussetzung und Auffassung
zurückzuführen sind.
1 Zum Vergleich des chemischen Bestands des Frankolits und
Staffelits siehe Dana, System of Mineralogy. p. 766, die Analysen No. 1 1
und No. 37 und ebenso die von J. Both in seiner „Allgemeinen und
chemischen Geologie“ 1879 gegebene Formel des Frankolits.
2 Näheres darüber siehe meine Arbeit „Zur Frage über die minera-
logische Natur der russischen Phosphorite.“ N. Jalnb. 1911. II. p. 59 — 61.
54 — 55. 73, auch „Chemische und mineralogische Untersuchung der podo-
lischen Phosphorite“, 1. c. p. 744 — 789 (N. Jahrb. f. Min. etc. 1902. II. -357-).
:i Von Besprechungen kamen mir zu: Salomon, W., Geologische R.
2. p. 241. — Milne, J., Nature. 87. p. 410/11. — B(ecker). J. , Am. J.
of Sc. 32. p. 323. — Arldt, Th.. Naturw. R. 1912. p. 37/38 — Graf, E..
Wissenschaft!. R. Jg. 1911/12. p. 163. — Sapper, K., dies. Centralbl. 1912.
p. 1 — 8 und G. Z. 1912. p. 346/347. — Johannsen, A. , The journal of
Geology. 1912. p. 84—88. — Hoernes, R.. P. M. 1912. p. 287. — Allg.
Handelsblatt Amsterdam. 29/2. 1912. — Friedländer, J , Gerland’s Bei-
träge zur Geophysik. 11. p. 299 — 315.
Die vulkanischen Erscheinungen der Erde.
103
Zunächst gegen den mehr allgemeinen Vorwurf, ich habe das
Wesen des Vulkanismus zu einseitig oder überhaupt nicht erfaßt,
indem ich den chemisch-physikalischen Verhältnissen keine oder
doch zu geringe Aufmerksamkeit gewidmet habe.
Der Kern der Frage liegt eben in der Auffassung. Ich habe
den Vulkanismus folgendermaßen definiert und für diese Begriffs-
bestimmung auch die Anerkennung erhalten: Vulkanismus ist jene
Erscheinung, bei welcher aus der Erdtiefe juvenile Massen
in oder auf die Erdkruste gebracht werden.
Danach liegt das Wesen des Vulkanismus in den Massen,
welche umgelagert werden, und implicite, wie sie sich in ihrer Ge-
samtheit in oder auf der Erdkruste lagern. Richtig ist daher nui-
der Vorwurf, daß ich auch den Intrusionserscheinungen Beachtung
schenken muß. Aus äußeren Gründen habe ich aber davon Ab-
stand genommen.
Nur in den Massen, ihrem kosmischen Auftreten, ihrem
Werden in bestimmten Formen infolge eigener Phasenentwicklung
des Vulkanismus, ihrer Periodizität in der Zeitfolge und ihrer Ver-
breitung nach geographischen Gesetzen sehe ich das Wesen des
Vulkanismus. Und diese vier großen Leitgesetze sind es auch,
welche sich durch mein Werk hindurchziehen. Nur auf dieses
begrenzte Gebiet kann sich meiner Meinung nach die deskriptive
Vulkanologie verlegen und die Fragen , welche das Wesen des
Phänomens nach diesen angegebenen Richtungen hin heischt , zu
beantworten suchen, denn trotz Laboratorium und Beobachtung im
Felde bleibt der Weg, in welcher Weise, wie diese Prozesse
vor sich gehen, ein genetischer, d. h. theoretisch-hypothetischer.
Welche Resultate immer auf chemisch-physikalischem Wege
im Laboratorium gebracht werden, können sie doch über das Wesen
des Vulkanismus meiner Meinung nach keinen Aufschluß bringen,
wie ich ausdrücklich hervorgehoben und begründet habe.
Man wird mich besser verstehen, wenn ich ein Analogon aus
der dynamischen Geologie wähle. Das Wesen der Gebirgsbildung
besteht in der Umlagerung vorhandener Erdkrustenstücke,
wie es vor sich geht, ob durch Faltung oder Schub, Hebung oder
Senkung, ist ein anderer Weg. Das Gebirge an sich, ohne
genetische Probleme zu erörtern, ist Objekt des nächsten
Studiums und führt zur Einteilung der verschiedenen Gebirgs-
kategorien.
Ist auf Grund solcher Überlegungen das Arbeitsgebiet ab-
gesteckt, so muß ich versuchen, wieder nur aus den Massen
das Wesentliche und Charakteristische herauszuschälen. Dieser
Weg führte naturgemäß zur Aufstellung einer Systematik, welche
abweichen mußte von den bisherigen gleichartigen Versuchen, da
der Weg, der eingeschlagen wurde, ein bislang unbegangener war.
Die so gefundene, rein deskriptive Systematik leitete hinüber zu
104
K. Schneider,
der genetischen Einteilung und ergab, daß beide sicli decken. Da-
mit aber ist eine der höchsten Forderungen, welche die Wissen-
schaft an eine Disziplin stellt, erfüllt. Sollte die Systematik klar
und deutlich werden, mußte auch die Nomenklatur der einzelnen
Gruppen und Spezialformen fest und bestimmt sein.
Diese Systematik und Nomenklatur ist der zweite mehr all-
gemeine Vorwurf, der gegen mein Werk erhoben wurde. All-
gemein ist die Anerkennung, daß ich von den modernen Bestre-
bungen, lokale Bezeichnungen als termini technici einzuführen, Ab-
stand genommen habe. Zugestimmt wurde mir, daß ich die völlig
irrigen Bezeichnungen „ homogen“ und „Stratovulkan“ einer Kritik
unterzogen habe und dafür richtigere Worte (rheumatitische,
rheuklastische und klasmatische Vulkane) prägte. Nicht nur darin,
daß diese Namen „im Sprachgebrauch vielfach bequemer zu hand-
haben sein dürften als die bisherigen“, sondern darin, daß sie die
Natur der jeweiligen Feuerberge kurz und scharf bezeichnen, liegt
meiner Meinung nach der Fortschritt. Nichts ist in. E. unwissen-
schaftlicher, als von „Aschen“ vulkanen zu sprechen. Die deutsche
Sprache bezeichnet unter „Asche“ etwas ganz Bestimmtes, den Rück-
stand nach einem Verbrennungsprozeß. Seitdem die Anschauung
abgelehnt ist, daß brennende Kohlen- und Schwefellager die Ur-
sache vulkanischer Paroxysmen sind , seitdem ist auch die Be-
zeichnung „Asche“ für den feinen und feinsten Auswurf von Vul-
kanen falsch.
Für „Aschen“, Lapilli, Rapilli, Bomben habe ich eben Klas-
matika eingeführt. Gewiß kann man das halbdeutsche Wort Locker-
material, Lockerprodukt als Sammelnamen gebrauchen. S. Passarge
hat erst vor kurzem wieder deutsche Termini für die deutsche
Wissenschaft verlangt1. Im nationalen Kampfe aufgewachsen, stehe
ich gewiß auf der völkischen Seite. Aber unsere Sprache hat
einmal keine kurze Bezeichnung für ein Gebilde, das wie der
Vesuv aus ehemals flüssigen u u d lockeren Massen aufgebaut ist,
wie es die Wissenschaft braucht. Das, was in dem Begriff rheu-
klastisch gesagt ist, kann mir kein deutsches Wort so kurz und
scharf wiedergeben. Spreche ich aber von rheuklastischen Ge-
bilden , so muß ich , logisch konsequent vorgehend , die beiden
Grundtypen auch in gleicher Form mit einem Kunstausdruck be-
zeichnen und von rheumatitischer und klasmatischer Förderung
reden.
Ist das Wesen des Vulkanismus in den Massen, die gefördert
werden, und damit in den so geschaffenen Gebilden, so kann ich
nur tiefer eiudringen, wenn ich diese in eine Systematik zu bringen
versuche, sofern die Natur eine solche gestattet. Auch diese
so gewonnenen Typen verlangen eine feste Nomenklatur. Ich
1 S. Passarge, Physiolog. Morphologie. Hamburg 1912. p. 19 (151).
Die vulkanischen Erscheinungen der Erde.
105
habe mich wieder für Kunstausdrücke entschieden. Sie sind es,
welche wohl die meiste Ablehnung erfahren haben. „Sie werden
nicht den Beifall der Philologen finden.“ Bei aller Hochachtung
vor der Philologie lassen mich die Philologen kühl, wenn ich nur
mit den geschaffenen Terminis das Kichtige getroffen habe. Die
Paläontologie , Medizin u. v. a. Wissenschaften werden mit ihren
Kunstausdrücken nicht immer den Beifall der Sprachforscher ge-
funden haben und doch haben ihre Bezeichnungen der jeweiligen
Disziplin nach vorn geholfen und ihr in den meisten Fällen eine
Exaktheit geschaffen, um die wir sie beneiden können.
Ich hebe aus meiner Terminologie die Aspite oder A spule
hervor. Der deutsche Name ist Schildvulkan. Hat sich nicht in
der letzten Zeit das Bestreben geltend gemacht, dafür das isländische
Wort Dyngja einzuführen mit der Begründung, die isländischen
Schildvulkane sehen doch anders aus als das, was ein umgestürzter
Schild vorstellt? Enthalten nicht die „Aspiden“ eine Keihe von
Variationen des Begriffes „Schild“ ? Der Bau einer „Konide“ ist
anders, als das, was wir uns unter einem Kegel vorstellen. Die
Flanke eines Kegels ist geradlinig, die einer Konide aber
entspricht, wie ich gezeigt habe (p. 56), einer Konkavlinie, und
zwar von allem Anfang an, nicht erst durch äußere Agenzien ge-
worden. Ein „Dom“ ist etwas anderes im Deutschen, als was
wir unter Domvulkan falscherweise bezeichnen. Um die konvexe
Seite der Flankenböschung auszudrücken, müßten wir richtiger
von „Kuppelbergen“ sprechen. Die Tholoide (^föAoc?, die Kuppel)
ist kürzer als das zusammengesetzte Wort Kuppenberg, Kuppel-
berg. Ein „Nadelberg“ ist für die deutsche Sprache und unsere
nächste Vorstellung doch so weit verschieden , daß wir den ter-
minus Belonite eher annehmen werden. Das französische cöne
= Kegel , Zapfen , Zuckerhutform kann aus praktischen Gründen
der Konide wegen nicht gewählt werden.
Die Homate, der Ringwallberg , und das Maar erklären sich
aus dem Gesagten, es bleibt nur die Pedionite = die vulkanische
Ebene. Der landläufige Ausdruck ist Deckenergüsse. Mit Ver-
laub! Ist ein stromartiger Erguß nicht auch bereits eine Decke?
Selbst Klasmatika lassen weite Decken entstehen. Der Terminus
soll nichts anderes besagen und besagt zunächst auch nichts weiteres,
als daß Länge und Breite in einem nahezu gleichen Verhält-
nisse großer und größter Dimensionen zu verstehen sind.
Unvollständigkeit wird meinem orographischen System vor-
gehalten, indem eruptive Rückengebirge, Explosionsgräben und
Vulkanspalten keinen Platz gefunden haben. Mit nichten ! Eine
jede Systematik, welcher Art immer sie ist, muß versuchen, die
Grundformen aufzudecken. Noch ist kein rezentes eruptives
Rückengebirge vor unseren Augen mit einem Male entstanden. Daß
es antike Gebirge dieser Art gibt, ist nicht zu leugnen, aber diese
106
K. Schneider.
sind noch nicht als Ein heitsgebilde erkannt worden, sondern
zusammengesetzter Natur, vielleicht über „Spalten“ — jenes
unglückselige Wort in der vulkanologischen Terminologie — auf-
geführt. Ich nehme das bekannte Beispiel die Lakispalte in
Island, und lege Sapper’s Karte im Maßstab 1 : 12500 (N. Jahrb.
f. Min. etc. Beil.-Bd. XXVI) vor. Aus dieser ist nur eines ohne
Tüftelei und Sophismus sicher zu erkennen, daß entlang des
„Spaltenergusses“ eine Unzahl von kleinen und größeren Homaten zu
stehen kommt. ..Es sind topographische Signale“, daß wohl nur
an diesen Stellen Laven ergossen wurden, die in reichlicher Menge
vorhanden, Zusammenflüssen und hier zur Einheit verschweißten.
Die „Spalte" selbst aber wird als tektonischer Genese angesprochen,
wobei es offen bleibt, ob sie vor, gleichzeitig oder nach dem
Paroxysmus von 1783 entstanden ist. Würden die einzelnen Erguß-
stellen reichliches Lockermaterial ergeben haben, so daß Koniden
entstanden wären, so wären diese mit ihren unteren Teilen zu-
sammengewachseu, aus den einzelnen Eruptionsgebilden, den Koniden,
wäre ein klasmatisches Rückengebirge entstanden. Es ist somit
ein vulkanisches Rückengebirge, wie z. B. der Myvatner Bergzug,
keine Grundform, sondern ein zusammengesetztes Gebilde, wie ich
ähnliche Beispiele auf p. 72 angeführt habe.
Nur die Explosionsgräben bleiben somit noch übrig. Ich lasse
diese Frage einstweilen offen , ob sie nicht in die Gruppe der
Maare oder zwischen diese und die Homaten zu stehen kommen.
Da sie negative Formen sind, gehören sie jedenfalls nahe zu den
Maaren und kommen für die positiven Vulkanformen nicht in Betracht.
Vielleicht ist es nicht ohne Interesse, daß Herr S. Passarge
in seinem oben genannten Werke (p. 197), das von gleichen Grund-
lagen bezüglich der Auffassung der Morphologie getragen ist, wie
ich es für die Vulkanologie ausgesprochen habe, zu einer ähnlichen
Systematik kam wie ich. Ich stelle beide einander gegenüber.
Passabge 1
Familie 1 . Intrusionen
„ 2. Eruptionsformen.
Gattung a :
Explosive Aufschüttungen.
Spezialformen :
Tuffröhren ( 1 ) Tuffdecken (2)
Maare (3) Stratovulkane (4).
fehlt
Gattung h
Effusive
Aufschüttungen.
Schneider 1
fehlt
Eruptionsformen.
Gattung a:
Klasmatische Vulkane.
Unterabteilung:
Maare (1, 3), Homate.
Gattung b :
Rheuklastische Vulkane .
Konide (4).
Gattung c:
Rheumatitische Vulkane.
fassung.
Die in Klammern gesetzten Zahlen entsprechen der gleichen Auf-
Die vulkanischen Erscheinungen der Erde.
107
Passarge
Spezialformen :
Domvulkane (5), Schildvul-
kaue (6), Decken (7).
Polydynamiscli :
Gemischtejitrato vulkane, Cal-
dera Vulkane, Hufeisen Vul-
kane, Vulkanstümpfe.
Schneider
Unterabteilung :
Belonite, Tholoide (5), Aspide
(6), Pedionite (7).
Zusammengesetzte Formen :
Aspikonide, Aspihomate, Ho-
makonide u. a.
Es liegt mir fern, in diesem Zusammenhang gegen die Pas-
SARGE’sche Einteilung in irgendeiner Weise zu polemisieren. Nur
das will ich feststellen , daß er zu einer nahezu gleichen Syste-
matik geführt wurde wie ich , da er von gleichen Erwägungen
ausgegangen ist. Daß diese natürlichen orographischen Systeme
weitaus richtiger sind als die bislang benützten, ist wohl ohne
weiteres einzusehen.
Warum ich mich für die Einzelformen neue Kunstausdrücke
zu geben entschlossen habe, wurde oben ausgeführt. Über ihre
Verwendbarkeit und Brauchbarkeit hat sich J. Milne geäußert,
indem er von ihnen sagte, sie gleichen einem sancepan in which
yon can cook potatoes without water.
Es sei mir nunmehr gestattet, gegen Einzelheiten Stellung
zu nehmen. Jeder mit der Materie nur halbweg Vertraute weiß
die Schwierigkeiten der Literaturbeschaffung und -einsiclit zu wür-
digen und danach ein Werk, das auf so vielen neuen Wegen geht,
zu beurteilen. Auf p. 106 schließe ich nur, wie ganz deutlich
zu ersehen ist, daß auf Hawaii auch klasmatische Ausbrüche statt-
haben, nicht nur rheumatitische , wie allgemein immer wieder
wiederholt wird. Was ich bezüglich der Koniden (p. 61) anführe
und Herrn Prof. Sapper unverständlich erscheint, ist durch Herrn
J. Friedländer’s Ausführungen (1. c. p. 30b) so erklärt, wie ich es
auffasse. Daß Herr Prof. Sapper nunmehr die Entwicklung des
Vulkanismus in drei Phasen anerkennt, wenn „sie auch noch weiter
nachgeprüft werden müsse, und wenngleich zuzugeben ist, daß sie
in gewissen Gebieten tatsächlich zu beobachten ist“, ist von Be-
deutung, da sich meine Phasenlehre auch anderweitig durchgesetzt
hat. Auf p. 84 habe ich tatsächlich nur 135 Mill. allerdings m3
statt Fuß angegeben , was aber immer noch einer Menge von
4.32 Mill. m3 entspricht. Das Beispiel des Masaya zeugt nicht
gegen mich, da man es hier doch nicht mit einem Maar in meinem
■Sinne zu tun hat. Für die 50 km3 ist meine Quelle Ursache, aber
selbst 5 km3 genügen mir und sprechen für mich.
Die von mir gegebene Deutung des Vesuvausbruches vom
Jahre 79 ist eben Anschauungssache. Gegen mich spricht jeden-
falls nichts. Ich werde nicht verfehlen, in einem anderen Zusammen-
hänge nochmals das gleiche Problem zu behandeln. An dieser
108 K. Schneider, Die vulkanischen Erscheinungen der Erde.
Stelle soll dann auch die Grundlage der Auswurfsinassenberechnung
gegeben werden.
Was meinen Vorschlag eines seismischen Dienstes an Vul-
kanen aubelangt (p. 2 :-J 7 ) , so können die negativen makroseismischen
Beobachtungen bei einzelnen Ausbrüchen heute noch nicht dagegen
sprechen. Wir wissen eben nicht, ob nicht den von Herrn Prof.
Sapper gegebenen Beispielen doch auch Bodeubewegungen voran-
gingen. Es sei nur an jene Bewegungen der Erdkruste erinnert,
welche v. Rebeur-Paschwltz in der Zeit vom 4. April 1892
bis 10. März 1804 beobachten konnte1, von denen man nie
etwas auch nur ahnen hätte können. Die Sache würde ja erst
spruchreif werden, wenn mechanische Registrierungen an verschie-
denen Feuerbergen vorliegen würden. Der Vorwurf des Herrn
J. Friedländer (1. c. p. 30o) bezüglich des Matavanu trifft nicht
mich , sondeni meine gerade an dieser Stelle wörtlich gegebene
Quelle, und wenn ich Suess d. A. bezüglich des juvenilen Wassers
in der allgemeinen Einleitung Recht zu geben scheine im Gegen-
satz zu späteren Ausführungen, so dürfte mein Standpunkt in den
mit nächstem erscheinenden , Beiträgen zur Theorie der heißen
Quellen“ 2 3 nunmehr präzisiert werden. Von den Aspiden behaupte
ich nur, daß sie in der Gegenwart als „tätige“ Berge selten sind
und bei ihnen Klasmatika in den Hintergrund treten bezw. fehlen
(p. 50, 07). Was Herr Friedländer (p. 303) bezüglich der
Hawaii- Vulkane ansführt, deckt sich mit meinen Ausführungen
vollständig und ist nur ein Beleg für meine Phasenlehre. Was
er gegen meine Deutung vom Jahre 79 sagt, will ich, wie an-
gedeutet, in anderem Zusammenhang nochmals bringen. Wenn er
aber meine Quelle bezüglich des Ätnaansbruches vom Jahre 1910/11
und damit mich zurückweist , so kann ich nunmehr die Berichte
von A. Ricco und G. Ponte anführen *, die mir nicht zuwider-
laufen.
Der humoristisch gehaltene Einwurf gegen meine Ausführungen
bezüglich der Abnahme des Vulkanismus seit dem Diluvium — Al-
luvium kann mit Gleichem bezahlt werden. Der Vergleich hinkt,
die Sache liegt anders. Nehmen wir den Beginn des 19. Jahr-
hunderts. Damals gab es in Europa weitaus mehr selbständige
Könige, Fürsten und souveräne Herren als zu Beginn des 20. Jahr-
hunderts. Eine „Abnahme des Phänomens“ ist also doch wohl auch
hier festzustellen. Nicht der Zeitabschnitt, sondern der Zeitpunkt,
von dem aus gerechnet wird, ist der ausschlaggebende. AA'as bezüg-
lich der neuseeländischen Vulkane gesagt wird, ist nicht richtig.
1 Beiträge zur Geophysik. 2. p. 480.
2 Geol. Rundschau.
3 Ricco, A, Eruzione Etnea del 1911. Modena 1911. — Ponte, G.
Sulla cenere vulcanica dell’ eruzione Etnea del 1911. Rend. r. acc. Lincei
1912. 2u9 ff.
T. Kormos, Zur Kenntnis der Pleistocänablagerungen etc. 109
tlie 61 erloschenen Vulkane linden sich nach v. Hochstetter um
den Ort Auckland, die im Katalog genannten 5 Feuerbei-ge aber
im I)ep. Wellington und Dep. Auckland. Die von mir aufgestellten
Gesetze über die Verbreitung der Vulkane lassen sich z. T. ge-
wiß zusammenfassend-kürzer geben, lösen aber sofort auf anderer
Seite eine Reihe vou Einwürfen aus, wie ich schon erfahren habe.
Was ich im 9. Gesetz niederschrieb und Herrn Friedländer eine
selbstverständliche Tatsache ist, nunmehr auch in Kayser’s Lehr-
buch, Bd. 1. p. 652 (Ausg. 1912) Aufnahme gefunden hat, hat
mir bei der ersten Veröffentlichung in meinem Buche „Zur Ge-
schichte und Theorie des Vulkanismus“ öffentlich die Kritik der
^zu geringen Fundierung von Behauptungen“ privat — Verbal-
injurien eingetragen. Den gelinden Spott wegen der scheinbaren
Inkonsequenz von 10 (!) Vulkanzonen und 1 5 (!) Vulkanbogen muß
ich ablehneu, da genauere Lektüre doch das Zusammenfallen der
beiden Dinge aufdeckt.
Und nun noch ein Wort bezüglich des Vulkankataloges. Ein
Katalog in der von mir gegebenen Weise hat bislang nicht be-
standen, wenn auch eine Reihe von Vorarbeiten zu Hilfe war. Ich
war mir daher nicht im geringsten im Zweifel . daß er Lücken
anfweisen wird. Manche sind durch äußere Umstände hervorgerufen
worden, dem Zettelkataloge leicht unterworfen sind. Daher er-
klären sich die berechtigten Einvviirfe des Herrn Prof. Sappek
(1. c. p. 6), zumal gerade diese Feuerberge im Text mit Ausbruchs-
zeiten genannt sind, im Katalog aber leider fehlen. Wie vielfach
die mangelnden Quellen für die Richtigkeit ausschlaggebend sind,
zeigt Herr Fkiedländer, der seine eigenen Quellen, die ich be-
nützte, nunmehr in der Besprechung meines Buches richtigstellt.
Ich würde gewiß jegliche Richtigstellung im Interesse der Sache
nur begrüßen, um sie später bei einer eventuellen Neubearbeitung
des Werkes verwerten zu können.
Da es nicht angeht, auf jeden einzelnen kleiuen Vorwurf zu
antworten, habe ich nur gegen allgemeinere An würfe Stellung ge-
nommen. Ich hoffe, daß bei einer eventuellen weiteren öffentlichen
Besprechung der sachliche Ton in gleicher Weise gewahrt wird wie
bisher, wofür ich den Herren Referenten besonders verbunden bin.
Zur Kenntnis der Pleistocänablagerungen in der Umgebung
von Tata (Ungarn).
Von Dr. T. Kormos in Budapest.
Gelegentlich meiner Ausgrabungen bei Tata (Komitat Komärom)
im Jahre 1910 1 unterließ ich nicht, auch die anderen, in der Uiu-
1 Th. Kormos: Die paläolithische Ansiedelung bei Tata. Jahrb. d.
k. nng. Geologischen Reiehsanst. 20. H. 1. 1912.
110
T. Kormos, Zur Kenntnis der Pleistocänablagerungen
gebung beiindlichen Siißwasserkalk-Ablagerungen des näheren zu
besichtigen, deren einige sich als sehr interessant erwiesen. In
dem nächstfolgenden will ich über die wichtigsten diesbezüglichen
Funde kurz berichten.
Der eine Fundort befindet sich nördlich von Tata, in der Ge-
markung der Ortschaft Szomöd, östlich von der Bahnkreuzung und
nächst des Eisenbahnwächterhauses No. 61. Hier sieht man einen
größeren Kalktuffkomplex von ovaler Form, welcher an mehreren
Punkten aufgeschlossen wurde. Einer dieser Aufschlüsse zeigt das
folgende Profil :
1. unten poröser Kalktuff (bis 1 — 1,5 m aufgeschlossen), mit
tonigen, schlammigen Adern und darin vielen Schuecken ;
2. darüber 15 cm fluviatiler Schotter; dann
3. eine dünne Sandschicht (5 cm); über dieser
4. noch eine Schotterschicht (15 cm); dann
5. 1,2 m Sand und zu oberst
(1. eine 50 cm mächtige Humusdecke.
ln den schlammigen Zwischenlagerungen des Kalktuffs sind
Mollusken in großer Anzahl zu sammeln; Thermalschnecken sind
darunter besonders häufig. Die hier gesammelten Arten sind:
Helix (Striatella) striata Müll. Planorbis ( Propidiscus) margi-
natus Müll.
— ( Armiger) nautilem L.
Bithynia tentaculala L.
Carychium minimum Müll.
— ( Vallonia ) ptdchella Müll.
Pupa ( Torquilla ) frwnentum Drap.
— (Vertigo) antivertigo Drap.
— ( — ) pygmaea Drap.
Succinea (Amphibina) Pfeiffer i Belgrandia (t) tataensis Korm.
Rossm. Microcolpia acicularis Fer.
— -'4 (Lucena) oblonga Drap. Melanella Holandri Fer. (var.)
Limnaea ( Gulnaria) peregra Müll. Neritina Prevostiana C. Pfr.
Pisidium sp. (juv.)
Das Vorhandensein der eigentümlichen Belgrandia (?) tataensis
( 1. c.), ferner die hier vorherrschenden Gattungen Microcolpia. Melanella
und Neritina zeigen uns deutlich, daß diese Fauna mit jener von
Tata ident und gleichalt ist.
Interessant und erwähnenswert ist ein hier gefundenes, aus
bräunlichgrauem Feuerstein verfertigtes Steinwerkzeug von schaber-
ähnlichem Habitus, welches an der einen Seite helle Patina und
abgerollte Spuren einer unvollkommenen paläolithischen Bearbei-
Der zweite an dieser Stelle zu besprechende Fundort ist von
Tata siidostwärts, in der Gemarkung Vertes-Szüllös gelegen. Hier
konnte ich in dem — nächst der Landstraße gelegenen — Gräfl.
Esterhäzy’schen Kalktuff brucli ein sehr interessantes Profil be-
obachten. Zu unterst im Aufschluß befindet sich ein zerfallendes,
verwittertes Konglomerat, welches viele Dreikanter enthält. Dieses
Konglomerat, welches überwiegend aus Quarzkiesel besteht, ist mit
in der Umgebung von Tata (Ungarn).
111
jener Schotterdecke, welche sicli weiter südlich hei Bänhida erstreckt
und Tausende von Dreikantern führt, zweifelsohne in Zusammen-
hang. Ich denke wohl nicht irre zu gehen, wenn ich behaupte,
daß das Alter dieser Schotterdecke in das Ende der Pliocän-Periode
zu stellen ist. Die scharfkantigen Gerolle verdanken ihren Ur-
sprung gewiß jenen Wüstenerscheinungen, welche zu dieser Zeit
durch die klimatischen Verhältnisse hervorgerufen wurden.
Oberhalb des erwähnten Konglomerats befindet sich eine 80 cm
mächtige Sandschicht, deren Körner stark abgerundet und glänzend
sind, darüber folgt eine Sandsteinbank (60 cm) und schließlich
4 — 5 m harter Quellenkalk mit sandigen, scliotterigen Zwischen-
lagerungen. Die Kalkschichten sind endlich mit 2 — 3 m Schutt
und Humus bedeckt.
Im Kalkstein befinden sicli stellenweise einzelne. Gehäuse von
Süßwassermollusken (Linmaea ovata, L. palustris)] auch wurden
hier, laut Angaben der hier Arbeitenden, des öfteren Knochenreste
großer Säugetiere gefundeu. Herr Professor Dr. A. Koch sammelte
aus diesem Kalkstein im Jahr 1868 nebst einigen nicht viel sagenden
Arten (Helix fruticum, Pupa frumentum, Linmaea peregra) auch
zwei Exemplare der Cyclostoma (Ericia) elegans Müll., welche sich
in der Sammlung der K. ung. Geologischen Reichsanstalt befinden.
Ich selbst konnte hier aus einer zwischengelagerten sandigen Kalk-
schlammader folgende Arten sammeln :
Helix ( Stiiatella ) striata Müll. Succinea ( Lucena) ohlonga Drap.
Cochlicopa (Zua) lubrica Müll. Limnaca (Linmopliysa) palustris
Pupa (Torquilla) frumentum Drap. Müll, (in 3 Varietäten)
I Ultimi aus (Chondrula) tridens
Müll.
Succinea ( A mphibina) elegans Risso.
An der oberhalb des herrschaftlichen Kalksteinbruches gelegenen
Hügellehne ist der Süßwasserkalk und der Kalktutf an einer großen
Fläche aufgeschlossen. Hier befindet sicli der Gemeindesteinbruch,
an dessen nordwestlicher Seite klar ersichtlich ist, daß dem Kalk-
tuff grauer Sand unterlagert, welcher mit den obenerwähnten Drei-
kantern gewiß in genetischem Zusammenhang steht und die Spuren
einer Wüstendeflation zeigt. An dieser Stelle ist eine trichter-
förmige Spalte im Kalktutf mit schotterführendem, braunem Sand
erfüllt, welcher zahlreiche Vertebratenreste enthält. Hier konnte
ich folgende Säugetiere feststellen :
Ursus sp. juv. (Tibia),
Meies taxus Bold. (Humerus, mc, Cinf. ),
Canis lupus L. (mt4 sin),
Felis catus L. (mt-Bruchstück),
Felis (leo L.?) (Radius-Bruchstück),
Myoxus glis L. (Unterkiefer, Humerus),
Lcpus europaeus Pall. (Zähne, ein Calcaneus),
— ( Gidnaria ) peregra Müll.
Bithynia tentaculafa L.
Microcalpia acicularis Fer.
112
H. Fischer,
Oervus elaphus L. (phal.2, phal.3),
Capra (sp.?) (Calcaneus, phal.2, plial.3,
Bison priscus Boj. (Unterkiefer-Bruchstück mit zwei Zähnen,
ein pm, ein Humerns-Bruclistück),
Sus scrofa L. (phal.2, ein Scapula und ein Radius-Bruchstück,
ein Schneidezahn-Bruchstück),
Bhinoceros ( antiquitatis Blumb. ?) (ein Milchzahn, mehrere Zahn-
bruchstücke).
Außerdem Schlangenwirbel und Rippen, sowie Froschknochen.
Diese Spaltenausfüllung scheint allenfalls jünger zu sein als
der Kalktuff selbst, gehört jedoch gewiß noch zum Pleistozän,
wie das durch das Vorhandensein von Rhinocerosresten bewiesen
ist. Der Dachs und der Siebenschläfer, sowie die Wildkatze waren
bisher in der pleistozänen Fauna der Umgebung von Tata nocli
nicht bekannt.
An anderen Stellen des erwähnten Gemeindesteinbruchs wechsel-
lagert der Kalktuff mit schlammigen, sandigen Adeirn. Hier und
dort sind allenfalls weitere Knochenspuren vorhanden, doch ist
das — indem es sich bloß um unbestimmbare Knochensplitter
handelt • — - nicht von Belang. Auch Schnecken sind nicht beson-
ders häufig, obwohl es mir gelang, in einer schotterigen Zwischen-
lagerung recht viele Exemplare der Microcolpia acicularis, Neritina
Prevostiana und einige des Pisidium amnicutn zu sammeln. An
einem anderen Punkt erbeutete ich aus einer schlammigen Zwischen-
schicht eine Anzahl Limnaea ovata, etliche kleine Planorbis und
mehrere Exemplare einer kleinen Pisidium Art.
Bin mariner (?) Oolith aus Zentralafrika.
Von Herrn. Fischer in München.
Herr Professor Stromer von Reichexbach erhielt vor einiger
Zeit durch Herrn Kapitän Michel aus München zwei Handstücke
eines oolithischen Kalkes, welche bei Manwengo am Itimbiri, einem
nördlichen Nebenfluß des Kongo (zirka 3° nördl. Breite und 24 u
östl. Länge), gelegentlich dortselbst im Flußbett vorgenommener
Sprengungen gesammelt worden waren. Leider wurden in dem
Gestein trotz eifrigen Suchens keine Fossilien gefunden Trotzdem
bin ich bei näherer Untersuchung zu dem Schluß gekommen, daß
das fragliche Gestein als mariner Oolith anzusprechen ist. Diese
Feststellung würde insofern größere Tragweite gewinnen, als damit
wieder ein neuer Fundort marinen Gesteins aus dem zentralen
Afrika festgestellt wäre, ein Beweis für eine ehemalige Meeres-
bedeckung Afrikas, wie sie bisher kaum angenommen wurde.
Bereits durch L. Lacoin (Observations sur la Geologie du
Pays de l’Oubangui au Tschad. — Bull. Soc. geol. de France.
Ein mariner (?) Oolith aus Zentralafrika.
113
Paris 1903. Serie 4. t 3. p. 484—496) sind Kalkvorkommen am
Ubangi bekannt geworden. Zwei Vorkommen aus der Umgebung
von Mondjimbo werden von dem genannten Autor als Siißwasser-
kalke angesehen. Ein jweiteres Kalkvorkommen bei Fort de Possei
(calcaire jaunätre, marmoreen, ä demi-translucide, qu’interromprent
des surfaces micacees) wird mit einem gleichaussehenden Kalk aus
der Umgegend von Kisantu an der Kongobahn 1 identifiziert und als
devonisch angesehen. Fossilien hat aber auch Lacioin in keinem
seiner Kalke gefunden.
Das mir vorliegende Material, für dessen Überlassung ich Herrn
Professor Stromer von REtCHENBACH an dieser Stelle bestens danken
möchte, gehört zweifellos ein und derselben Schichtgruppe an, ob-
wohl die beiden Handstücke makroskopisch ziemlich verschieden
sind. Die eine Varietät (A) ist ein hochkristalliner typisch oolithischer
Kalk, die andere (B) zeigt ihre oolithischen Eigenschaften erst bei
der Betrachtung mit einer Lupe, außerdem ist das vorliegende Hand-
stiick von Stylolithenzügen durchsetzt. Die nämlichen Differenzen
der Gesteinsausbildung werden z. B. sehr häufig auf kurzer Distanz
in den Schaumkalkbänken des unteren Muschelkalks in Unterfranken
gefunden, dessen frappierende Ähnlichkeit (bei unterwittertem Vor-
kommen!) mit dem afrikanischen Kalk ich hier besonders erwähnen
möchte.
Bei mikroskopischer Betrachtung der beiden Oolithvarietäten er-
gibt sich das makroskopisch verschiedene Aussehen als Folge der Ooid-
bildung. A zeigt vorzüglich ausgebildete Ooide mit konzentrischer
und radialer Struktur, die in der typischen Speichenstruktur noch
erhalten ist. Doppelooide treten nicht selten auf. Interessant ist
das Vorkommen von teilweise wieder aufgelösten Ooiden und von
Pseudooiden, unter welchen man gewöhnlich Zusammenballungen
dichteren Gesteinsmaterials versteht. Interpositionen von Ton sind
meist auf die Ooide beschränkt, die selbst durch Calcit verkittet
sind. Recht häufig tritt auch Cölestin als Ausfüllmasse auf,
weniger häufigFlußspat. Reste von Kieselnadeln (Monactinelliden!)
sind neben einem gekammerten undefinierbaren Fossilrest die einzigen
Anzeichen einer Fauna, die in dem Oolith noch festzustellen wäre.
Bei B sind die Ooide kleiner und zeigen selten mehr als einen
Ring. Auch die Speichenstruktur ist undeutlicher. Als Ausfüll-
masse tritt hier recht häufig ein bräunlich bis bräunlichgrünes
Silikat auf, das in seinem optischen Verhalten an Glaukonit er-
innert. Flußspat und Cölestin treten seltener auf wie bei A,
beweisen aber gleichwohl die Identität beider Oolithvarietäten.
Von allothigenen Mineralien wurden im Dünnschliff Quarz und
Feldspat und etwas Muscovit beobachtet.
1 Vergl. J. Cornet, La Geologie du bassin du Congo. Bull. Soc.
Beige de Geologie. XII. 1898. p. 26 ff. p. 47 werden Kalke vom Itimbiri-
Rubi erwähnt, die ebenfalls devonisch sein sollen.
Centralblatt f. Mineralogie etc. 1913
8
114
H. Fischer, Ein mariner (?) Oolitli aus Zentralafrika.
Die weitere Untersuchung beschränkt sich auf Gestein A.
Seine chemische Analyse ergab folgendes Resultat:
2,22 °l o Rückstand beim Auflösen in zehnprozentiger Salzsäure
0,385 „ 1 eg Oj, -f- Äl20,
53,70 B CaO
1,11 MgO
0,035 „ P2Os
42,20 „ Glühverlust (C02 -f- hydrat. Wasser)
0:47 „ S03
0,04 „ Hygroskop. Wasser
Summe 100,15 °/u-
Das Gestein hat also ungefähr folgende Bestandteile:
95 °/u kohlensauren Kalk
2 „ kohlensaure Magnesia
0,7 „ schwefelsaure Erdalkalien
2,3 „ Silikate, Quarz, Cölestin und Flußspat.
Dieser Rückstand wurde geglüht gewogen. Die blaue Farbe
des bereits mit der Lupe erkannten Flußspats war dabei zerstört
wordeu. Nach weiterer Behandlung mit konzentrierter heißer
Schwefelsäure und Abschlämmen waren noch Quarz, Feldspat,
Rutil etc. verblieben.
Präparate von Schlämmrückständen nach Auflösen des
Kalkes in zehnprozentiger Salzsäure ergaben folgendes Bild: Den
Hauptanteil des Schlämmrückstandes bildet weiß bis rötlich ge-
färbter Cölestin und ihm gegenüber stark zurücktretend blau-
gefärbter Flußspat. Allothigener Quarz und Feldspat ist nicht
selten, ebenso authigener Feldspat, dagegen authigener Quarz sein-
selten. Es verdient wohl hervorgehoben zu werden, daß der bereits
früher (Beitrag zur Kenntnis der unterfränkischen Triasgesteiue.
Geognost. Jahresh. 1908. p. 9) von mir in weiter Verbreitung für
unterfränkische Triasgesteine festgestellte authigene Feldspat nun
auch für afrikanische Sedimentgesteine nachgewiesen ist. Die Neu-
bildung von Feldspäten geht also tatsächlich durchweg bei der
Umkristallisation von Kalkgesteinen in derselben gesetzmäßigen
Weise vor sich wie die Bildung der Neuquarze. An allothigenen
Mineralien ündet sich noch nicht selten Rutil, Turmalin und Mus-
covit, auffallend selten Zirkon.
Als ein mineralogischer Beweis für die marine Entstehung
unseres Ooliths dürfte wohl das häuüge Auftreten des Cölestins
angesehen werden, welcher anscheinend bei gewisser Konzentration
aus dem Meerwasser ausgeschieden wird, in dem er an und für
sich nur in geringer Menge vorhanden ist. Auch in dem Auftreten
des Cölestin hat der afrikanische Oolitli ein auffallendes Analogon
im unterfränkischen Schaumkalk, so daß man wohl annehmen darf,
daß beide Gesteine unter ähnlichen Verhältnissen entstanden sind.
E. Spengler, Zur Systematik etc.
115
Zur Systematik der obercretacischen Nautiliden.
Von Dr. Erich Speng er in Graz.
ln der „Revue critique de Paleozoologie“ veröffentlichte
P. Lemoine 1 eine Kritik meiner Revision der Nautiliden und Be-
lemniten des Tricliinopolydistriktes 2 und erhob dabei gegen mich
den Vorwurf, ich sei in der Zersplitterung der Arten zu weit
gegangen. Insbesondere hätte ich bei derjenigen Formengruppe,
welche Blanford unter dem Namen ,, Nautilus Boucliarclianus d’Orb.“
vereinigt hatte, eine viel zu enge Artfassung angewandt. Darauf
möchte ich folgendes entgegnen :
1. Es ist unrichtig, wenn P. Lemoine behauptet, ich hätte
die 13 Exemplare, welche auf Taf. III — V in Blanford’s Mono-
graphie3 abgebildet sind, auf 6 Arten verteilt, in Wirklichkeit
habe ich hier nur 5 Arten unterschieden; denn mit der Bezeich-
nung Nautilus aff. justus (cf. occlusus?) bei Fig. 3 auf Blanford’s
Tafel IV wollte ich nur ausdrücken, daß die Form in die Ver-
wandtschaft des N. justus Blanf. gehört oder vielleicht mit dem
N- occlusus Chice identisch ist; da Chice letzteren zwar genau
beschrieben4, aber leider nicht abgebildet hat, konnte ich nichts
Bestimmtes über die Identität der indischen Form mit N. occlusus
aussagen. Es verbleiben also die 5 Arten :
Nautilus sphaericus Forb.
„ sublaevigatus d’Orb. var. Indien Stob.
„ cf. Baluchistanensis Spengler
„ Pseudobouchardianus Spengler
„ aff. justus Blanf. (cf. occlusus Chice).
2. Wie diese Zusammenstellung ergibt, sind nur 2 von diesen
5 Arten von mir begründet. Es ist ein Irrtum Lemoine’s zu
glauben , daß Stoliczea alle 4 Figuren der Tafel V unter der
Bezeichnung N. sublaevigatus var. sphaericus vereinigt hat; in
Wirklichkeit teilt Stoliczea, der doch gewiß nicht zu den „pul-
verisateurs d’especes“ gehört, die 4 Figuren der Tafel V zwei
Arten zu: Fig. 1 u. 3 gehören zu N. sublaevigatus var. 5, Fig. 2
1 Revue critique de Paleozoologie. 1912. p. 106.
2 E. Spengler, Untersuchungen über die siidindische Kreideformation.
IV. Teil. Die Nautiliden und Belemniten des Trichinopolydistriktes. Bei-
träge zur Paläontologie und Geologie Österreich-Ungarns und des Orients.
1910. p. 125.
3 H. F. Blanford, The fossil Cephalopoda of the Cretaceous Rocks
of Southern India (Belemnitidae — Nautilidae). Palaeontologia indica. Cal-
cutta 1861.
4 G. C. Crice: Cretaceous fossils of Natal. III. The Cephalopoda
from the deposit at the north end of False Bay, Zululand. p. 224.
b F. Stolickza, Notes on the Belemnitidae and Nautilidae of the
S. Indian Cretaceous Rocks. Palaeontologia indica. 1865. p. 203.
8*
116
E. Spengler, Zur Systematik
und 4 zu X. spliaericus Foubes. Stoliczka unterscheidet also die
indische Form, Taf. V Fig. 1 u. 3, von dem typischen X. sub-
laevigatus d’Orb. durch den Zusatz „var.c. Ich habe durch den
weiteren Zusatz „indica“ diese von Stolickza aufgestellte Variation
uur genauer bezeichnet; die eigentliche Formenabspaltung rührt
also von Stoliczka her, nicht von mir. Die Spezies ,,X. jiistus“
wurde von Blanford begründet. „X. occlusus“ nennt G. C. Crick,
wie schon erwähnt, eine Form aus der südafrikanischen Ober-
kreide, deren Vereinigung mit X. Justus in Erwägung zu ziehen
wäre1; ich habe also auch hier keine neue Art abgespalten,
sondern im Gegenteil mich für die Vereinigung zweier bereits be-
kannter Arten ausgesprochen.
Bloß die beiden Namen „pseudobouchardianus“ und ,,Balu-
chistanensis“ wurden von mir aufgestellt; ersterer wurde lediglich
deshalb begründet, um der Ansicht vorzubeugen, daß die Taf. IV
Fig. 7 abgebildete Form, welche tatsächlich mit X. Bouchardianus
d’Orb. sehr gut übereinstimmt, als wirklicher Bouchardianus und
daher als ein Relikt aus dem Gault aufgefaßt wird2 3; es erscheint
mir nämlich viel wahrscheinlicher , daß sich so außerordentlich
indifferente Formen wie der X. Bouchardianus d’Orb. zweimal
bilden können, als daß sich diese Formen vom Gault bis in das
obere Senon unverändert erhalten haben, ohne daß sie in den da-
zwischenliegenden Stufen gefunden wurden. Als Typus des neu-
begründeten X. Baluchistanensis Spengler wurden die von Noet-
ling ® zu X. sublaevigatus gestellten Formen bezeichnet, mit denen
PI. IV Fig. 1 u. 2, PI. VI Fig. 1 (Blanford) gut übereinstimmen.
Daß Noetling’s Form vom typischen X. sublaevigatus d’Orb. sein-
deutlich verschieden ist, ergibt auf den ersten Blick ein Vergleich
der Abbildungen bei Noetling und d’Orbigny4. Als Unterschiede
habe ich 5 das langsamere Breitenwachstum und die dorsale Lage
des Siphos bei X. Baluchistanensis bezeichnet.
3. Es entspricht nicht den Tatsachen , daß die Zusätze cf.,
aff., ? der Ausdruck einer schwierigen Unterscheidung der
Arten sind , sondern sie sollen nur andeuten , daß bei dem un-
günstigen Erhaltungszustände einige Exemplare die Bestimmung
überhaupt mit Schwierigkeiten verknüpft war.
4. Auch ich bin von der sehr nahen Verwandtschaft der
auf der Tabelle p. 14 meiner Arbeit zusammengestellten Formen
1 E Spengler, Untersuchungen über die südindische Kreideformation.
4. p. 142.
2 E. Spengler, 1. c. p. 16, 17.
3 F. Noetling, Fauna of the upper Cretaceous beds (Maestrichtien)
of the Mari Hills. Palaeontologia indica. 1897. p. 69. PI. XIX Fig. 1, 2;
PI. XX Fig. 1, 2.
4 d’Orbigny, Palaeontologie Fran<-aise. Terr. Cretacös. PI. 17.
5 E. Spengler. 1. c. p. 15.
der obercretacischen Nautiliden.
117
überzeugt, was ich durch die Zusammenfassung zu einer „Gruppe des
X. sublaevigatus “ 1 zum Ausdruck brachte. Auch bin ich weit ent-
fernt davon, zu glauben, daß es sich hier ebenso wrie bei den meisten
Ammonitenarten der neueren Autoren wirklich um biologisch
selbständige Spezies handelt, sondern die Zerteilung in einzelne
Arten ging lediglich aus dem Bestreben hervor, unter den glatten
Nautiliden der Kreideformation scharf charakterisierte Typen zu
schaffen, welche sich in exakter Weise von den Formen anderer
Gebiete durch m orph o 1 o gis ch e Mei-kmale trennen lassen. Daß
eine Vergleichung von Nautiliden anderer Gebiete mit den von
Blanfokd als X. Boucliardianus zusammengefaßten Formen schwer
möglich ist, zeigt schon die Umdeutung dieser Gruppe durch die
verschiedensten Autoren.
Es war mir nun nicht möglich, zwischen den auf Blanford’s
Tafeln III, IV, V einerseits und auf deu Tafeln VI u. VII Fig. 1
und 2 anderseits abgebildeten Formen einen scharfen Gegensatz
im Sinne Blanford’s herauszufinden. Vergleicht man etwa Taf. IV
Fig. 2 und Taf. V Fig. 1, anderseits Taf. IV Fig. 2 und Taf. VI
Fig. 1, so zeigen zweifellos die beiden letzteren eine weit größere
Ähnlichkeit als die beiden ersteren , obwohl die ersteren nach
Blanford zu einer Art, die letzteren jedoch zu zwei verschiedenen
Spezies gehören.
Würde man aber die Formen aller 5 Tafeln zu einer Art
vereinigen, so hätte man unter einem Namen so verschiedenartige
Typen zusammengefaßt, daß nicht einmal eine scharfe Trennung
von den von d’Orbigny unterschiedenen drei Arten : X. Clementinus,
X. Boucharclianus, X. sublaevigatus möglich wäre, was zur weiteren
Folge auch eine Vereinigung dieser drei Arten haben müßte. Auch
X. Dekagi Mort., X. depressus Bixkh., X. justus Blanf. und viel-
leicht noch einige andere Arten müßten eingezogen werden. Tut
man dies aber, so wird die große Variabilität der glatten
Kreidenautiliden nicht registriert.
So bleibt nichts übrig als sehr enge Artfassung. Es kommt
praktisch so ziemlich auf dasselbe hinaus , ob man die einzelnen
Typen „Arten“ oder „Varietäten“ nennt; letzteres ist aber
nur dann möglich, wenn sich unter den früher beschriebenen Arten
eine nächstverwandte findet ; steht die neue Form aber
zwei oder mehreren älteren Arten gleich nahe, ist die Be-
zeichnung als Varietät nicht anwendbar. Ich bin fest überzeugt,
daß sich bei reicherem Material abermals Formen finden werden,
die zwischen den abgebildeten Typen stehen; ich habe daher
die Arten hier möglichst so gefaßt, daß sie unmittelbar aneinander-
1 Die Gruppe des Nautilus sublaevigatus dürfte im wesentlichen der
Untergattung Eutrephoceras Hyatt's entsprechen. Vergl. E. Spengler.
1. c. p. 136.
118
E Spengler, Zur Systematik etc.
schließen ; so heißt z. B. ein glatter, globoser, sehr eng genabelter
Nautilus mit 16 — 11) Septeu auf 1 Umgang N. sublaevigatus, wenn
die Breite 68 — 80 °/o des Durchmessers beträgt, N. sphaericus,
wenn die Breite über 80 °/o steigt, N. Delcayi, wenn die Breite
!H) % überschreitet und der Nabel auf Schalenexemplaren ganz
verschwindet, N. Huxleyanus hingegen, wenn bei sonst vollständiger
Übereinstimmung mit N. Dekayi oder sphaericus die Septenzahl
geringer als 1 6 wird, N. Baluchistanensis, wenn bei sonstiger Über-
einstimmung mit N. sublaevigatus das Breitenwachstum langsamer
wird, oder genauer, wenn die Breite der vorhergehenden Windung
mehr als 60 °/o der folgenden beträgt usw. Es ist dies allerdings
eine künstliche Trennung der Arten , aber eine natürliche ist bei
diesen durch allmähliche Übergänge verknüpften Formen nicht
möglich.
Es ist nur eine Forderung der Deszendenzlehre , daß eine in
starker Entwicklung befindliche Formengruppe eine sehr starke
Variabilität mit allen möglichen Übergängen zwischen den einzelnen
Varietäten zeigt. Sicherlich sind die glatten, globosen Nautiliden
der Kreide eine solche. Denn im Jura herrschen meistens Typen
mit abgeflachten Seitenwänden (subgen. Cenoceras Hyatt), erst in
der Kreide werden die eng- oder ungenabelten , glatten Formen
mit globosem Windungsquerschnitt (subgen. Eutrcphoceras Hyatt)
häufiger.
Auch bei den durch den Rippenwiukel auf der Externseite
scharf charakterisierten Formen von Cymatoceras in der unteren
Utaturgroup habe ich stets die außerordentlich nahe Verwandt-
schaft der 7 hierher gehörigen Typen hervorgehoben1 und unter
diesen 7 wieder 8 näher aneinander angeschlossen (C. Negama
Blanf., C. crebricostatum Blanf. und C. pseudo negama Spengler).
Auch hier sind die „Arten“ zunächst nur zum Zwecke leichterer
Vergleichung mit fremden Formen möglichst scharf gefaßte mor-
phologische Typen. Ihr wahrscheinlicher Zusammenhang
wird durch die dort gegebene Gruppeneinteiluug angedeutet, wobei
es jedoch für uns unmöglich ist, zu entscheiden, ob etwa alle 7
eine Art im biologischen Sinne gebildet haben oder C. Kayeanum,
Kossmati, virgatum die erste, C. Negama, crebricostatum, pseudo-
negama die zweite, C. semilobatum die dritte Art, oder ob endlich
alle 7 selbständige Spezies darstellen; letzteres ist insofern un-
wahrscheinlich , als es ein merkwürdiger Zufall wäre , daß von
einigen dieser Arten nur 1 oder 2 Exemplare bisher gefunden
wurden — trotzdem aber muß daran festgehalten werden , die
einzelnen morphologischen Typen durch besondere Namen zu fixieren.
Auch in diesem Falle ist hier die Artspaltung noch lange nicht so
weitgehend wie bei einigen Ammoniten- und Gastropodengattungen.
1 Ich habe dies durch die Zusammenfassung zu einer Gruppe des
„Cymatoceras Kayeanum“ getan (l. c. p. 3, 10).
f Friedrich Teller.
119
Auch bei weiterer Artfassung bleibt der lokale Charakter
der indischen Nautilidenfauna erhalten. Dieser Gegensatz gegen-
über der Ammonitenfauna 1 ist leicht verständlich , wenn wir
bedenken , daß Nautilus ein Tienthonisches Tier ist , während die
Ammoniten wahrscheinlich zum größten Teil nektonische Tiere 2
waren. Daß besonders auch Cymatoceras zu den benthonischen
Tieren gehörte, dafür spricht die ungewöhnlich dicke Schale dieser
Formen. Sehr deutlich läßt C. viryatum diese Erscheinung er-
kennen. Das auf Taf. XI Fig. 3 a, b meiner Arbeit abgebildete
Exemplar ist so erhalten, daß auf der in Fig. 3 b sichtbaren Seite
die Schale erhalten geblieben ist, während die andere Seite den
Steinkern zeigt. Auf ersterer erblickt man die sehr charakte-
ristischen , kräftigen Bündelrippen , letztere Seite ist vollkommen
glatt; nur auf dem Externteil (Fig. 3 a), auf dem gleichfalls die
Schale verloren gegangen ist, prägt sich auch die Schalenskulptur
dem Steinkerne auf. Diese Unabhängigkeit der Schalen- und
Steinkernskulptur läßt deutlich den Unterschied einer berippten
Nautilus-Schule von den meisten berippten Ammonitenschalen er-
kennen.
| Friedrich Teller.
In Friedrich Teller hat die k. k. Geologische Reichsaustalt
in Wien eines ihrer ausgezeichnetsten Mitglieder verloren. Durch
35 Jahre hat er seine Arbeitskraft diesem Institut gewidmet, mit
dessen Interessen er mit jeder Faser seines Wesens so fest ver-
knüpft war, daß er nicht zögerte, dieselben in einem für seine
Laufbahn entscheidenden Augenblick über die eigenen zu stellen.
Denjenigen, die gehofft hatten, sein Lebenswerk durch die Berufung
zur Leitung der k. k. Geologischen Reichsaustalt in absehbarer
Zeit gekrönt zu sehen, hat sein Tod eine schmerzliche Enttäuschung
bereitet. Am Abend des 10. Januar 1913 erlag er nach schwerem,
qualvollem Leiden den Folgen einer Operation, die eine bösartige
Neubildung hätte beseitigen sollen. Nicht am Abend eines viel-
bewegten Lebens , sondern im reifen Mannesalter hat ihn ein
tückisches Schicksal seiner Tätigkeit entrissen, deren erfolgreiche
Wirksamkeit einen glänzenderen Abschluß versprach.
Teller wurde am 28. August 1852 in Karlsbad geboren. Er
begann seine wissenschaftliche Laufbahn an der k. k. Universität
1 Übrigens ist auch die Zahl der vollkommen identischen Am-
monitenaiten zwischen Südindien und den anderen Kreidegebieten nicht
besonders groß (vergl. die Tabelle bei Korsmat, Untersuchungen über die
südindische Kreideformation. Beiträge zur Pal. und Geol. Österreich-
Ungarns und des Orients. No. 11. p. 141 — 148).
2 Vergl. C. Diener, Lebensweise und Verbreitung der Ammoniten.
(N. Jahrb. f. Min. etc. 1912. II. 2. p. 67.)
120
f Friedrich Teller.
in Wien, zuerst als Assistent am zoologisch-anatomischen Institut
Professor Brühl’s, später als Assistent an der geologischen Lehr-
kanzel unter Professor E. Suess, zu dessen Lieblingsschülern er zählte.
In den Jahren 1875 und 187ti war er einer der eifrigsten Mit-
arbeiter an den unter Neumayr’s Führung eingeleiteten geologischen
Aufnahmen österreichischer Forscher in Griechenland, deren Er-
gebnisse in den Denkschriften der kais. Akademie der Wissenschaften
in Wien niedergelegt worden sind. Er gab eine Beschreibung des
geologischen Baues der Insel Euböa , des südöstlichen Thessalien
und der Insel Chios und lieferte in Gemeinschaft mit Neumayr und
Bittrer einen Überblick über die geologische Struktur ausgedehnter
Teile der Ägäischen Küstenländer. Wenn man die damaligen
Leistungen der österreichischen Geologen in Griechenland gerecht
beurteilen will, so darf man nicht vergessen, daß es sich hier um
Pionierarbeiten in einem sehr kompliziert gebauten Gebiet handelt,
dessen Stratigraphie durch eine faziell gleichartige Ausbildung alters-
verschiedener, zugleich ungewöhnlich fossilarmer Sedimente ver-
dunkelt wird. Daß das geologische Kartenbild von Griechenland heute
wesentlich anders aussieht als vor 30 Jahren, daß insbesondere die
Mannigfaltigkeit der Formationen eine weit größere ist, als man
damals annehmen zu sollen glaubte, darf denjenigen, die mit unter
den ersten Erforschern des Landes waren, 'wohl kaum zum Vor-
wurf gemacht werden.
Im Jahre 1877 trat Teller als Praktikant in die k. k. Geolo-
gische Reichsanstalt ein. In ihrem Verband ist er seither ununter-
brochen verblieben. Im Jahre 1900 erreichte er die Stelle eines
Chefgeologen, nachdem er schon 1896 mit dem Titel und Charakter
eines k. k. Bergrates ausgezeichnet worden war.
Sein erstes Arbeitsfeld war die Zentralzone der Ostalpen (Ötz-
taler Massiv 1877/78, Brixener Granitmasse 1879/81, Westfliigel
der Hohen Tauern, Hochpustertal 1882/83). Von 1884 an war
er mit geologischen Detailuntei’suchungen und der Kartierung der
südöstlichen Kalkalpen im Gebiete der Karawanken, Julischen Alpen,
Steiner Alpen und des Savesystems betraut.
Aus der ersten Phase seiner Anstaltstätigkeit sind besonders
die ausgezeichnete Arbeit über die erzführenden Diorite von Klausen1
und eine /Reihe von paläontologischen Monographien bemerkenswert.
Die letzteren betreffen zumeist Wirbeltierfunde in den öster-
reichischen Alpenländern, so den Schädel eine^ Ceratodus 2 aus den
Lunzer Schichten, Authracotherienreste aus Südsteiermark und Dal-
matien 3, einen pliocänen Tapir aus Südsteiermark4. Aber auch
1 Jahrb. Geol. Reichsanst. 1882. p. 589 — 684.
* Abhandl. Geol. Reichsanst. 15. 1891.
3 Beiträge z. Paläontologie Österreich-Ungarns etc. 4. 1884.
* Jahrb. Geol. Reichsanst. 38. 1884.
f Friedrich Teller.
121
aut' dem Gebiete der Evertebrata hat Teller , der ein vortreff-
licher Kenner der Bivalven und Braclnopoden war, sich durch seine
Monographie der Pseudomonotis ochotiea Verdienste erworben und
zuerst auf die Bedeutung dieser Formengruppe für die arktisch-
pazifische Trias hingewiesen \ Alle die genannten Monographien
dürfen geradezu als Muster paläontologischer Detailarbeit bezeichnet
werden. Sie rechtfertigen durchaus einen im Dezember 1901 von
der philosophischen Fakultät der Wiener Universität erstatteten
Vorschlag, die Teller primo loco an Stelle Uhlig’s an die Lehr-
kanzel für Paläontologie berufen zu sehen wünschte.
Allein Teller’s Neigung zur Feldgeologie war stärker als sein
Interesse für eine akademische Lehrtätigkeit. Auch widerstrebte
es seinem hoch entwickelten Pflichtgefühl, dem Institut, dem er die
beste Kraft seines Lebens gewidmet hatte, durch sein Ausscheiden
einen unersetzlichen Verlust zuzufügen. Schwieriger noch als heute
wäre damals ein Mann zu finden gewesen, der mit gleicher Arbeits-
kraft, Erfahrung und Sorgfalt die Redaktion der Druckschriften,
insbesondere der geologischen Spezialkarte der Österr.-Ungar. Mo-
narchie, hätte weiterführen können. Seine organisatorischen und
administrativen Fähigkeiten haben auch die außerhalb der Reichs-
anstalt stehenden österreichischen Fachgenossen anläßlich des Inter-
nationalen Geologen-Kongresses in Wien 19<)3 schätzen gelernt, um
dessen befriedigenden Verlauf er sich in erster Linie durch die Zu-
sammenstellung der Exkursionen und die Herausgabe des „Führers“,
eines weit über das Bedürfnis des Augenblickes hinausreichenden
Kompendiums der österreichischen Geologie, verdient gemacht hat.
Teller war unzweifelhaft einer der hervorragendsten Alpen-
geologen und der beste Kenner der südöstlichen Alpen. Es ist zu
bedauern, daß die Überlastung mit administrativen Arbeiten ihn
verhindert hat, seine Erfahrungen über den Bau dieses ausgedehnten
Gebietes in einem zusammenfassenden Werk zur Darstellung zu
bringen. Wertvolle Bausteine zu einem solchen enthält seine letzte
größere wissenschaftliche Publikation in den Denkschriften der
kais. Akademie der Wissenschaften 1910 über die Ergebnisse der
im Auftrag der Akademie durchgeführten Aufnahme des Kara-
wanken-Tunnels. Sonst sind die Resultate seiner Untersuchungen
zerstreut in vielen kurzen Mitteilungen in den Verhandlungen der
k. k. Geol. Reichsanstalt und in den Erläuterungen zu den von
ihm in Druck gelegten Spezialkartenblättern. Seine große Be-
scheidenheit hielt ihn leider nur zu oft davon ab, die Bedeutung
1 Pelecypodenfauna von Werchojansk, in „Arktische Triasfaunen“,
Mem. Acad. Imp. d. Sciences St. Petersbourg. 33 No. 6. 1886.
Die Zahl der paläontologischen Arbeiten Teller’s ist mit dieser Auf-
zählung keineswegs erschöpft. Es sei hier nur an seine verschiedenen
kleineren Mitteilungen über Bivalven (Rudistenfauna der Kreide des Eger-
tales, Schloßapparat von Diceras etc.) erinnert.
122
f Friedlich Teller.
Nachtrag zu Sokol.
eigener Forschungen in das richtige Licht zu stellen. So findet
sich eine der interessantesten unter allen Entdeckungen, die seit
Jahrzehnten in den Ostalpen gemacht worden sind, der Nachweis
von nordalpinen Hallstätter Kalken mit Monotis salinaria an der
Rudnica (Wochein), versteckt in dem Jahresbericht des Anstalts-
direktors für 19 i 2 p. 15). 'Wer aber die Mühe eines eingehenden
Studiums der zahlreichen Verhandlungsberichte nicht scheut, der
wird aus ihnen reiche Belehrung und Anregung schöpfen. Dem-
jenigen vor allem, der einmal die Beziehungen der Hauptzone
der Südalpen zu den sogenannten Dinariden kritisch prüfen wird —
hier liegt der Schlüssel für die Entscheidung der Gültigkeit der
Deckenlehre für die Ostalpen — , dem werden Teller’s Arbeiten
eine wahre Fundgrube eines wertvollen, bisher viel zu wenig be-
achteten Tatsachenmaterials sein.
Teller war in erster Linie Aufnahmsgeologe. Ihm kam es
darauf an, Tatsachen zu sammeln und mitzuteilen, ohne seine
Stellung zu den modernen Theorien auf dem Gebiete der Alpen-
tektonik zu präzisieren. Er hat es vermieden, sich an den Dis-
kussionen , die durch die Übertragung der Deckenlehre aus den
Westalpen nach Österreich hervorgerufen wurden , zu beteiligen,
teils aus Bescheidenheit, teils weil er, seiner liebenswürdigen, kon-
zilianten Natur entsprechend, ein abgesagter Feind jeder Polemik
war — auch in den Streit zwischen E. v. Mojsisovics und Bittxer
hat er niemals eingegriffen. Aber gerade das verleiht seinen Ar-
beiten im Felde ihren hohen Wert, daß ihre Ergebnisse vollkommen
unbeeinflußt von einer Theorie, ausschließlich auf Grundlage ein-
wandfreier Beobachtung gewonnen worden sind, daß sie als ge-
sicherte Grundlagen weiterer Forschung auch einen Wechsel der
theoretischen Anschauungen überdauern werden.
Das bezeichnende für alle Arbeiten Teller’s ist der hohe
Grad ihrer Zuverlässigkeit, die Genauigkeit der Beobachtung, die
Gewissenhaftigkeit der Darstellung. Diese Eigenschaften haben
seinen wissenschaftlichen Ruf begründet, dessen Anerkennung in
der Ernennung Teller’s zum Ehrendoktor der Universität in
Czernowitz, zum korrespondierenden (1 902) und endlich zum wirk-
lichen Mitglied (1912) der kais. Akademie der Wissenschaften in
Wien einen Ausdruck gefunden hat. G. Diener.
Nachtrag zu Sokol, Ueber das Sinken der Elbe-Ebene etc.
(Dies. Centralbl. 1913. p. 91 u. ff.):
„Es ist in Anbetracht der auch sonst beobachteten Störungen
doch wohl wahrscheinlicher, daß Senkungen tektonischen Ursprungs
vorliegen. Für isostatische Bewegungen ist die Belastung durch
Flußsedimente doch wohl nicht ausreichend.“
0. Mügge, Bemerkungen etc.
123
Neue Instrumente und Beobachtungsmethoden.
Bemerkungen zum Wülfing’aohen Demonetrationsmodell für
einfache Schiebungen
Von 0. Mügge in Göttingen.
Wie ich bereits gelegentlich der Vorführung des Wülfing-
sclien Modells auf der Versammlung der Deutschen mineralogischen
Gesellschaft zu Münster i. W. im September 1912 betonte, sollen
die von mir beschriebenen Modelle1 2 lediglich die geometrischen
Verhältnisse der beiden Arten von einfachen Schiebungen und zwar
für den allgemeinsten Fall eines triklinen Kristalls erläutern3.
Sie erfüllen auch diesen Zweck nur annähernd, da Schichten von
nur molekularen Dicken durch solche von mehreren mm Dicke
vorgestellt werden und daher der Betrag der relativen Translation
zweier benachbarter Schichten in demselben Verhältnis gegenüber
dem vergrößert erscheint, der sich ergeben würde, wenn man an-
nehmen dürfte, daß die kristallographische Umorientierung nur auf
der neuen Ordnung kleinster Teilchen von der Form des Modells
beruhte. Ob aber diese Annahme berechtigt wäre, erscheint sehr
zweifelhaft, obwohl der geometrische Effekt durch ein solches Modell
mit Schichten von nur molekularer Dicke, wie gesagt, vollkommen er-
reicht würde. Mehr durch ein Modell darzustellen, scheint mir gegen-
wärtig nicht möglich, da nichts darüber bekannt ist, wie weit die
kristallographische Orientierung außer von der Anordnung der Teil-
chen auch von ihrer Orientierung und ihren Eigenschaften abhängt.
Wülfing will nun in seinem Modell über das Geometrische
hinaus auch noch die Änderung der Orientierung der „Bausteine“
erläutern; die Form dieser „Bausteine“ ist natürlich eine hypo-
thetische, W. nimmt sie für den Kalkspat von der Form des Spalt-
rhomboeders und deutet die Änderung der Orientierung durch
Hemitropie um die Normale der Gleitfläche an. Ein derartiges Mo-
dell ist aber offenbar geeignet, erhebliche Mißverständnisse hervor-
zurufen. Die einfache Schiebung wird bewirkt durch ein Kräfte-
paar in der Ebene der Schiebung parallel der Schiebungsrichtung,
das außer einer Kompression in der Richtung der kurzen Diagonale
des Rhomboederquerschnittes in der Ebene der Schiebung eine
Drehung um die Normale der letzteren, nicht aber, wie beim
W.’schen Modell, um die Normale der Gleitfläche bewirkt.
Nimmt man an, wie es die Beobachtung über die Umorientierung
an die Haud gibt, daß jedes Elementarrhomboeder so deformiert
1 Dies. Centralbl. 1913. p. 28.
2 1. c. 1912. p. 417.
2 Für den einfachen Fall des Kalkspats wären m. E. derartige,
immerhin kostspielige Modelle kaum erforderlich, zumal der Unterschied
von Schiebungen erster und zweiter Art hier fortfällt.
124
0. Mtigge, Bemerkungen
wird, daß seine neue Form mit der alten wieder deckbar ist, in-
dem die lange Diagonale des Querschnittes mit der Ebene der
{Schiebung zur kurzen und umgekehrt wird, während die zur Ebene
der Schiebung Senkrechte, wie es auch die Richtung der Kräfte
erwarten läßt, keinerlei Veränderungen erfährt, so muß, damit der
Zwillingsstellung des deformierten Teiles genügt wird, die Drehung
um die Normale der Ebene der Schiebung, wie Liebisch1 gezeigt
hat, 19° 8' betragen.
Ob ein derartiger Vorgang, dessen Effekt also sowohl mit der
Veränderung der Form wie der Orientierung und mit der Richtung
der wirkenden Kräfte im Einklang wäre, sich wirklich abspielt,
ist trotzdem wohl sehr zweifelhaft, so daß es sich nicht empfiehlt,
ihn durch ein Modell, das außerdem ziemlich kompliziert oder doch
kostspielig werden würde, darzustellen.
Noch in einer andern Hinsicht scheint das W.’sche Modell
geeignet, Irrtümer hervorzurufen. W. meint, man tue gut, einst-
weilen in der Lagerung der „Bausteine“ das bestimmende Moment
bei der Neubildung zu suchen. Er verfährt allerdings nicht ganz in
diesem Sinue, da ja in seinem Modell die Neulagerung nur als Folge
der Umorientierung, nämlich der Hemitropie um die Normale der
Gleitfläche, erscheint. W. sagt nun nichts darüber, daß es dann
ganz von der Form der gewählten „Bausteine“ abhängt, ob das
Modell die geometrischen Verhältnisse richtig wiedergibt. Bei der
für den Kalkspat gewählten Form trifft dies zwar zu, weil hier
der „Baustein“ die Eigentümlichkeit hat, auch nach der Deforma-
tion wieder von Flächen gleicher kristallographischer Bedeutung
begrenzt zu werden. Wenn jemand aber diesen „Bausteinen“ die
Form geben würde (1012) (Gleitfläche) (1010) (zweite Kreis-
schnittsebene) und etwa (1 210) (Ebene der Schiebung), so würde er
wohl damit schwerlich auf Zustimmung rechnen können, und doch
würde nur eine derartige oder ähnliche, dem Elementarparallelepiped
eines rhomboedrischen Gitters nicht entsprechende Form des „Bau-
steins“, die Verhältnisse für den Fall richtig wiedergeben, daß
die Hauptachse Richtung der Grundzone ist2. Ganz allgemein
lassen sich die geometrischen Verhältnisse einer einfachen Schie-
bung3 nicht durch Hemitropie von Bausteinen von der Form der
Eleinentarparallelepipede der Raumgitter um die Normale der Gleit-
flächen nachahmen, obwohl die Umorientierung natürlich der Zwil-
lingslage entspricht. Die genannte Hemitropie der „Bausteine“,
d. i. die für das W.’sche Modell charakteristische Bewegung, in
der also der Anfänger doch das Wesentliche sehen wird, hat eben
1 Liebisch, N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. 6. p. 105. 1889.
2 Wie es nach unveröffentlichten Beobachtungen von Ganten am
Millerit der Fall ist. Analoges gilt für die einfachen Schiebunger bei
Aragonit, Titanit u. a.
3 Erster Art ; für die zweiter Art gilt dasselbe.
zum Wülfing'schen Demonstrationsmodell etc.
125
mit deu einfachen Schiebungen nichts zu tun, weder wenn sie am
einzelnen Modell, noch wenn sie an einem Aggregat von solchen
ausgeführt wird.
Zum Schluß noch einige Worte über die Benennungen, deren
Unzweckmäßigkeit W. mehrfach beklagt. Da ist zu bedenken,
daß angesichts der Kompliziertheit der Vorgänge und wegen der
historischen Entwicklung sowohl unserer Kenntnisse darüber wie
auch ihrer Nomenklatur natürlich nicht zu erwarten ist, daß man
aus der wörtlichen Bedeutung der Fachausdrücke, ohne Kenntnis
ihrer Definition, die Erscheinungen richtig verstehe. Die von
Liebisch (1. c.) nach dem Englischen gewählte Bezeichnung „ein-
fache Schiebung“ ist im Deutschen meines Wissens nicht in einem
andern als dem von LtEBtscH definierten Sinne angewandt, ebenso
ist es mit der Bezeichnung „Translation“, und ebenso ist kein
Zweifel, daß beide Vorgänge, nicht scharf definiert, von E. Reusch
als „Gleitung“ beschrieben sind. Daß trotzdem „einfache Schie-
bungen“ und „Translationen“ in der Literatur noch jetzt zuweilen
durcheinander geworfen werden und über die Lage der Gleitflächen
in manchen Lehrbüchern sich noch unrichtige Angaben finden, ist
allerdings zu beklagen, liegt aber nicht an der mangelhaften De-
finition und Benennung der Vorgänge, sondern daran, daß die
Autoren es versäumt haben, sich darüber hinreichend zu unter-
richten. Die Bezeichnung der „einfachen Schiebungen“ durch
„Zwillingsgleitung“ würde daran kaum etwas ändern, die Ersetzung
von „Translation“ durch „einfache Gleitung“ oder Ähnliches könnte
leicht zu Verwechslungen führen (man denke an die Benennungen
der optischen Bezugsflächen !).
Es geht m. E. nicht an, Fachausdrücke, die nicht zweideutig
sind, 20 bis 30 Jahre nach ihrer Einführung durch andere zu
ersetzen ; deshalb habe ich mich wiederholt auch dagegen aus-
gesprochen, die seit mindestens 40 Jahren wohlbekannte und auch
schon früher in ihrer geologischen (und chemischen) Bedeutung
gewürdigte „Korn Vergrößerung“ jetzt auf einmal „Sammelkristalli-
sation“, die Drehachsen Gyrole, die Drehspiegelungsachsen Gyroide
zu nennen u. ä. Zumal Begriffe, welche nicht von Mineralogen
selbst aufgestellt, sondern aus verwandten Disziplinen übernommen
sind, sollten nur, wenn es durchaus nötig ist, umgetauft werden,
an überflüssigen Benennungen ist in der Mineralogie kein Mangel.
126
Versammlungen und Sitzungsberichte.
Versammlungen und Sitzungsberichte.
Londoner Mineralogische Gesellschaft. Stiftungsfeier
am 12. November 1912 unter dem Vorsitz von Dr. A.
E. H. Tutton.
Professor W. J. Lewis : Ilmenit aus dem Lengen-
bach steinbruch. In dem Dolomit fand sich ein kleiner, im
Habitus unregelmäßiger Kristall mit den Formen (110), (101),
(100), (112), (lll) und (275). Die besten Ablesungen wurden
erhalten von Paaren von Flächen (101) und zwischen diesen und
Flächen eines Prismas, und zwar sind die entsprechenden Winkel
= 64° 47' und 57° 33'.
Professor W. J. Lewis : Mehrfache Zwillinge von
Zinnstein. Dreifache Zwillingsbildung ist gut und regelmäßig
entwickelt an gegenüberliegenden Seiten des Kristalls , der aus
zwei Hauptteilen besteht mit Zwillingsachsen , die alle in einer
Ebene liegen und die so gebildeten Drillinge sind in etwas un-
regelmäßiger Weise verwachsen. Ferner sind einige der Indivi-
duen nach Pyramidenflächen verzwillingt, die gegen die allgemeine
Fläche so geneigt sind, daß die Hinterseite des Kristalls nicht
gleich der Vorderseite ist.
Arthur Russell: Bericht über Mineralien, die in der
Virtuous Lady-Grube bei Tavistock gefunden worden
sind. Folgende Spezies sind vorgekommen: Spateisenstein in
Pseudomorphosen nach Flußspat und Schwerspat, die von den Berg-
leuten .,boxes“ resp „slippers“ genannt werden. Markasit in garben-
ähnlichen Aggregaten; Arsenkies in zwei Abarten; Anatas, auf
einem Kristall ein kleiner Brookitkristall aufgewachsen, der einzige,
der dem Vortragenden von diesem Fundort bekannt geworden ist.
Dr. A. Hutchinson : Einige graphische Methoden für
Kristallographie und Kristalloptik. Diagramme für
Ausdrücke mit Sinussen, wie sin £ = ß sin V werden sehr ver-
einfacht, wenn man log sin als Koordinaten nimmt; das Resultat
ist dann eine Reihe paralleler Geraden.
Dr. A. Hutchinson und W. Campbell Smith: Labradorit
von St. John’s Point, Co. Dow' n. Die großen frischen Kristalle
aus dem Basalt haben physikalische Eigenschaften — spez. Gewr.
= 2,7u6, Auslöschungsschiefe auf 010 und 001 resp. = — 23°
und —11°, Brechungskoeffizienten: a = 1,5630, ß = 1,5665,
y — 1,5712 — , die sehr nahe übereinstimmen mit der Stelle in der
Plagioklasreihe, gegeben durch eine chemische Zusammensetzung,
die nahezu durch die Formel: 33 Ab, 5 Or, 62 An ausgedrückt wird.
Dr. G. F. H. Smith: Apparat zur Herstellung von
Gesteinsdünnschliffen. Es wird der Apparat beschrieben,
der kürzlich für die mineralogische Abteilung des Britischen Mu-
seums hergestellt worden ist.
Versammlungen und Sitzungsberichte. — Besprechungen. ] 27
Russell F. Gwixnell : Kalkspatkristalle aus einem
Wasserbehälter. Die Kristalle sind während des trockenen
Sommers 1911 von dem Wasser einer Quelle aus dem Mergel von
Beiton Park bei Grantham, Lines., abgesetzt worden; sie maßen
0,1 mm in ihrer größten Dimension und waren von dem Haupt-
rhomboeder (101 1) begrenzt.
Besprechungen.
Alexander H. Phillips: Mineralogy, an Introduction
to the Theoretical and Practical Study of Minerals.
New York bei Macmillan Company. 1912. p. VIII + 699. Mit
534 Figuren im Text.
In diesem Buch strebt der Verfasser dem Anfänger das
Wesentliche der verschiedenen Abteilungen der Mineralogie knapp
darzustellen, daher darf das Buch nicht als ein Nachschlagewerk
betrachtet werden. Dasselbe zerfällt in drei Teile : Kristallographie,
spezielle Mineralogie und bestimmende Mineralogie, welchen Teilen,
respektiv 218, 32 7 und i 37 Seiten gewidmet werden.
Der erste Teil umfaßt erstens eine Einleitung von 32 Seiten,
worin die fundamentalen Ideen der geometrischen Kristallographie
besprochen werden. Im zweiten Kapitel werden die verschiedenen
und allgemein angewandten Kristallprojektionen behandelt. Dann
folgen vier Abschnitte, welche die 32 Klassen der Symmetrie be-
sprechen, anfangend mit dem kubischen Systeme, worin die Mieks-
sche Nomenklatur benutzt wird. Das siebente Kapitel ist den
Kristallverwachsungen und Zwillingen gewidmet. Das achte Ka-
pitel umfaßt eine kurze Beschreibung der Kristallmessung, aber
nur mittels des einkreisigen Goniometers. In den nächsten 58 Seiten
werden die optischen Eigenschaften der Kristalle behandelt. Der
Anfänger wird zweifelsohne vielen Schwierigkeiten hier begegnen ;
da durch die gegebene Reihenfolge des Materials man nicht all-
mählich von den einfachen, leicht begreiflichen Tatsachen zu den
mehr komplizierten übergeht, verliert der Abschnitt viel an Klarheit.
Im zweiten Teile des Buches werden, nach einer Besprechung in
drei Abschnitten von der Beziehung der Mineralien zu den Elementen,
der Bildung der Mineralien und der physikalischen Eigenschaften.
225 Mineralien nach der DAx.vschen Klassifikation beschrieben.
Der dritte Teil enthält vier Abschnitte. Der erste beschreibt
die üblicheren Instrumente, Reagentien und chemischen Reaktionen
zur Bestimmung der Mineralien. Der zweite Abschnitt enthält
Tabellen zur Bestimmung der Mineralien mittels der physikalischen
Eigenschaften, und der dritte solche zur Beobachtung der ge-
wöhnlichen gesteinsbildendeu Mineralien im Dünnschliff. Der vierte
Abschnitt dieses Teiles umfaßt Tabellen zur Bestimmung der
Mineralien mittels der früher beschriebenen chemischen Reaktionen.
128
Besprechungen. — Druckfehlerberichtigung.
Im allgemeinen sind die Diskussionen und Beschreibungen
klar und leicht verständlich. Jedoch bedarf folgender Satz p. 15:
r Wliere there are axes of symmetry preseut, the axes of highest
svmmetry are chosen as crystallographical axes“ der Revision, da
dieses in den heakistetraedrischen, dyakisdodekaedrisclien und zahl-
reichen anderen Klassen mit den Tatsachen nicht in Einklang
steht. Die Stellung im Buche von Fig. 3 4, p. 25, ist nicht die
richtige. Das Gewicht des Culliuan Diamants, p. 283, ist als
3253,75 Karat angegeben, was bedeutend zu hoch ist. Dieser
Diamant ist bekanntlich am 25. Januar, und nicht, wie liier an-
gegeben, am 6. Juni 1905 entdeckt worden. Die Ausstattung
des Buches ist sehr gut, nur ist zu bedauern, daß die photo-
graphischen Abbildungen der Kristalle und Mineralien nicht besser
ausgefallen sind. E. H. Kraus.
L. P. O-ratacap: A Populär Guide to Minerals. New
York bei D. van Nostrand Company. 1912. p. IV + 330. Mit
400 Figuren im Text, 74 photographischen Tafeln und einer
Landkarte der Vereinigten Staaten.
Obgleich dieses Buch als Führer durch Mineraliensammlungen im
allgemeinen dienen soll, ist es doch besonders für die wohlbekannte
Bementkollektion im American Museum of Natural History in New
York geeignet. Die Anordnung der Mineralien folgt der Dana-
schen Klassifikation. Die 74 Tafeln, welche photographische Ab-
bildungen von Kristallen und Mineralien der Bementsammlung ent-
halten , sind besonders gut ausgefallen. In einer Einleitung von
103 Seiten versucht der Verfasser dem Anfänger das Wesentliche
über Kristallographie, Struktur , physikalische , optische und che-
mische Eigenschaften der Mineralien zu geben. Es ist sehr zu
bedauern, daß so viele Kristallfiguren dieses Abschnittes so schlecht
gezeichnet und unrichtig aufgestellt sind, so z. B. um nur einiges
anzugeben: Fig. 6, 7, 13, 19, 130 und 216. Auf 60 Seiten wird
die historische Entwicklung der Mineralogie besprochen und dann
werden die allerwichtigsten und schönsten Stufen der Bement-
kollektion mit Angabe der Sammlungsnummer knapp beschrieben.
Eine Landkarte begleitet das Buch, worauf die wichtigsten Mineral-
fundorte in den Vereinigten Staaten angegeben sind.
E. H. Kraus.
Druckfelilerberichtigung.
Dieses Centralbl. 1912 p. 783 Zeile 1 v. o. muß es heißen:
eine einfache Spalte statt diese einfache Spalte.
K. Endeil, lieber Granatamphibolite und Eklogite etc.
129
Original-Mitteilungen an die Redaktion.
Ueber Granatamphibolite und Eklogite von Tromsö und vom
Tromsdaltind.
Von K. Endeil in Berlin.
Mit 1 Textfigur.
In der anorthositisch-gabbroi tischen, vermutlich postsilurisclien
Aufschmelzzone bei Tromsö 1 im arktischen Norwegen linden sich
au verschiedenen Stellen granitische, amphibolitisclie und pyroxeni-
tisclie Gesteinsarten. Ihr Auftreten ist bekannt durch die zahlreichen
Untersuchungen von lv. Uetersen2, der eine geologische Karte dieses
sehr ausgedehnten Distriktes aufgenommen hat. Das größte zu-
sammenhängende Gebiet sind die Gabbros der Lyngenhalbinsel.
Dies etwa 90 km lange Massiv besteht zum Teil aus Anorthosit-
gabbro mit Parallelstruktur. Soweit die starke Vergletscherung
eine nähere Untersuchung zuläßt, sind die Gabbros stark differen-
ziert und gehen häufig in Gabbroschiefer, an manchen Stellen
(besonders bei dem Berg Rassevarcokka am Siidende des Lyngen-
fjords) auch in Chlorit- und Serpentinschiefer über.
Etwa 40 km westlich von den Lyngengabbros treten auf der
Insel Tromsö Granatamphibolite und Eklogite auf, die in Glimmer-
schiefer eingelagert sind. Auch der 1250 m hohe Gipfel des Tromsö
gegenüberliegenden Tromsdaltinds wird von Granatamphibolit ge-
bildet. Bei Lanaes auf der Südostseite der Insel Tromsö sind die
Amphibolite und Eklogite linsen- und stockförmig ausgebildet.
Treten sie geschichtet auf, so ist ihre Lagerung konkordant mit
den liegenden Schiefern. Randlich werden sie meist von Kalk-
bändern eingefaßt. Beim Tromsdaltind durchsetzt ein massiver
Granatamphibolit das nietamorphe oder norwegische Silur von Tromsö
(Tromsöglimmerschiefer nach K. Petersen) und den Anorthositgneis3
in einer Höhe von etwa 600 m über NX. Längs der Grenze ünden
sich an schönen Kontaktmineralien reiche Marmore, die besonders
am Euß des NW-Grates des Tromsdaltinds beobachtet werden können.
Je mehr man sich dem Gipfel nähert, um so schieferiger wird das
Gestein. Der Gipfel selbst wird von Granatamphibolitschiefer
gebildet.
Im Sommer 1911 hatte ich Gelegenheit, jene Gegend auf einer
Studienreise aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Von dem
' Nach J. Königsberger. Geol. Rundschau. 3. (1912.) 304— 306.
2 K. Petersen, Geologist Kart over Tromsöamt. Tromsö Museums
Aarshefter. 14. 1891.
3 Vergl. J. Königsberger, a. a. 0. 304.
Centralblatt f. Mineralogie etc. 1913.
9
130
K. Endell, Ueber Granatamphibolite und Eklogite
gesammelten Material gebe ich vorläufig nur eine petrographisclie
und chemische Beschreibung der Granatamphibolite und Eklogite.
Die Eklogite sind feinkörnige Gesteine von lauchgrüner
bis graugrüner dichter Grundmasse, in der porphyrisch Granaten
eingesprengt sind. Die Hauptgemengteile Granat und Omphacit
sind ziemlich regelmäßig verteilt. Die Eklogite kommen zusammen
mit Granatamphiboliten vor und sind mit ihnen durch stetige Über-
gänge verbunden. Die Eklogite treten meist massiv auf. während
die G r a n a t a m p h i b o 1 i t e häufig schieferig ausgebildet sind. Diese
enthalten in einem feinen grünlichschwarzen Grundgewebe aus Horn-
blende Grauatporpliyroblasten.
Der Eklogit von Lanaes bei Tromsö zeigt u. d. M.
porphyroblastische Struktur in diablastischem Grundgewebe. Neben
den Hauptgemengteilen Pyroxen und Granat treten als akzessorische
Gemengteile auf: Rutil, Hornblende, Plagioklas, Quarz, Magnetit
und Pyrit. Der Py r o x e n ist hell smaragdgrün bis graugrün und
erscheint im Dünnschliff meist farblos oder nur mit einem Stich
ins Grünliche. Dieser Omphacit bildet die Grnndmasse kleiner
Körner von gleichmäßiger Größe und trümmerartigem Habitus, in
der die Granaten liegen. Rundlich gehen die Omphacite häufig
in faserige Hornblende über, deren Fasern am Ompliacitkorn selbst
am feinsten sind. Einschlüsse finden sich selten.
Die braunroten bis rötlichen Granaten sind z. T. kristallo-
graphisch gut begrenzt unter vorherrschender Entwicklung von
( 1 10', z. T. rundlich mit oft ausgefranstem Rand. Der Granat
ist gewöhnlich stark zerklüftet und im Gegensatz zum Omphacit
sehr reich an Einschlüssen, deren Größe und Art stark wechselt.
Am häufigsten tritt Rutil auf, ferner auch Quarz, Plagioklas, Horn-
blende und Erz. Die „Hornblendisierung des Granats“
konnte in typischer Ausbildung beobachtet werden. Sie geht von
der Plieripherie und schmalen Rissen im Innern aus, wobei die
neu entstandene Hornblende eine schmale einheitliche Randzone
bildet. Diese Umwandlung des Granats sowie auch des Pvroxens
ist in einzelnen Fällen soweit vorgeschritten, daß nur noch Kerne
von Omphacit und Granat in einem feinen diablastischen Grund-
gewebe aus Hornblende und saurem Plagioklas liegen. Die so ent-
standenen Eklogitamphibolite stellen dann die Übergangsformen zu
den Mesogesteinen der IV. Gruppe der Gkubesm Axx’schen Einteilung
dar Der häufigste akzessorische Gemengteil der Eklogite ist der
Rutil, dessen Spaltbarkeit nach dem Prisma meist gut entwickelt
ist. Quarz, Plagioklas, Magnetit und Pyrit kommen nur
in kleinen eingesprengten Körnern vor.
Die Granatamphibolite zeigen u. d. M. ein fein dia-
blastisches Gefüge von grüner Hornblende und wenig Plagioklas,
U. Grubexmanx, Die kristallinen Schiefer. II. Aufl. 1911. 198.
von Tromsö und vom Tromsdaltind.
131
welchem Granatporphyrobiasten und Körner von Quarz, Magnetit,
Titan it und Rutil eingestreut sind. Die Struktur entspricht etwa
der eines Diabases.
Die Hornblende ist grünlich bis blaugrünlich gefärbt. Die
Intensität der Farbe und Doppelbrechung variiert stark, woraus
geschlossen werden kann, daß es sich um isomorphe Mischungen
von grüner Hornblende mit natriumhaltigem glaukophanartigem
Amphibol handelt. Die gleiche Erscheinung beobachtete L. Hezner 1
an Granatamphiboliten aus dem Ötztal und erbrachte durch die
chemische Analyse eine Bestätigung dieser Vermutung. Die Horn-
blendekörner sind ohne eigene Form, gebucht und gelappt. Der
Pleochroismus ist ziemlich stark:
// C grün mit geringer Beimengung eines bläulichen Tones
W: //b graugrün ^> // Ct gelbgrün.
Für die Auslöschungsschiefe der grünen Hornblende wurde 21 — 23°
gefunden. Auch dieser Wert variiert mit der chemischen Zu-
sammensetzung. Die Hornblende enthält Einschlüsse von Plagio-
klas, Titanit und Rutil.
Auf einem Schliff des Granatamphibolits von Lanaes konnten
in der Hornblende pleoch roitische Höfe festgestellt werden,
die winzig kleine braune Kriställchen (Zirkon?) umgaben. Nach
den Untersuchungen von 0. Mügge 2, J. Joly3 und G. Hövermann4 ver-
danken diese ihre Entstehung der Aussendung von a-Teilchen radioak-
tiver Substanzen, die von der vermutlich tliorithaltigen Verwitterungs-
rinde des Zirkons ausgehen. Da so schwach radioaktive Mineralien wie
der Zirkon höchstens ein a-Teilchen im Jahr aussenden können Ä,
so ist eine große Anzahl von Jahren bis zur Entstehung der pleo-
chroitisclien Höfe erforderlich. Ihre Anwesenheit spricht also für
ein hohes geologisches Alter des Gesteins.
Die etwa 1 mm großen, braunroten Granaten unterscheiden
sich nur wenig von denen der Eklogite. Als Einschlüsse enthalten
sie Plagioklas, Hornblende, Titanit und Rutil.
Unter den akzessorischen Gemengteilen tritt besonders Titanit
hervor. Die Titanite haben meist Insekteneierform und enthalten
häufig im Kern Rutil, aus dem sie sich wohl gebildet haben.
Ganz vereinzelt kommen auch Quarz und Magnetitkörnchen vor.
Die Bauschananalyse eines frischen Granatamphibolits vom
Tromsdaltind ergab folgende AVerte :
1 L. Hezner. Min.-petr. Mitt. 22. (1903.) 437. 505.
2 0. Mügge, Dies. Centralbl. 1907. p. 397—399. 1909. p. 65, 113, 142.
3 J. Joly, Phil. Mag. 6. 1907. p. 381 — 383; Scint. Proc. Royal Dublin
Soc. 13. 1911. p. 86.
4 G. Hövermann. N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXXIV. (1912.)
p. 321—400.
9*
132
K. Endell, Ueber Granat amphibolite und Eklogite etc.
Granatamphibolit vom Tromsdaltind1.
Spez. Gew. = 3,2.
Gewichtsprozente Molekularprozente
Si 0„ 43,32 52,5
Ti 02 2,35
A1203 15.14 8,5
Fe203 ... ... 7.09
FeO 11.00 16,1
Mn 0 0,22 —
CaO 9.90 11,6
Mg 0 5,34 8.7
K20 0.44 0,3
Na2 0 2,18 2.3
P2Oä 0,28
H2 0 1,77
100,03 100.0
S = 52,5 : A = 2.6 ; C = 8,5 ; F = 24.8 ; T = 0 : M = 3,1 ; K = 0,9.
Projektionswerte nach Osann: Uj . c- f135.
Ein Vergleich mit der IV. Gruppe der GitrßEXMAXK’scheu
Einteilung der kristallinen Schiefer (Eklogite und Granatamphi-
bolite) und dem OsANN’schen Gabbrobezirk in seiner chemischen
Klassifikation der Eruptivgesteine zeigt recht gute Übereinstimmung.
Diese einem Gabbro ähnliche chemische Zusammensetzung deutet
neben der Struktur auf einen eruptiven Ursprung des Gesteins.
Daß aus einem Gabbro oder Diabas ein Amphibolit entstehen kann,
ist schon in verschiedenen Gebieten kristalliner Schiefer beobachtet
worden. Die Granat amphibolite von Tromsö stellen
also wohl ein Spalt ungs- oder Umwandlungsprodukt
der Gabbros des Tromsödistriktes dar.
Der Kontakt des Granatamphibolits mit ge-
schichteten Marmoren zeigt sich am schönsten bei der Latein-
schule in Tromsö und in Haughen’s Steinbruch. Der Marmor liegt
teils annähernd horizontal, teils ist er durch Amphibolitmassen in
die Höhe gequetscht. Charakteristisch ist eine etwa 1 in breite
Grenzzone, in der die Mineralien des Amphobolits stark vergrößert
zusammen mit neuen Kontaktmineralien auftreten (Fig. 1). Horn-
blende, Feldspat und Granat haben Durchmesser bis zu 4 cm. Der
Brechungsindex der großen weißlichen Feldspate ist niedriger als
der Brechungsindex des Kanadabalsams. Die Auslöschungsschiefe
beträgt auf P im Mittel 3° 25'. Es handelt sich also um einen
Oligoklasalb.it von der Zusammensetzung 90Ab lOAn.
An manchen Stellen kommen bis zu 1 cm lange, kurzsäulige,
hemimorph ausgebildete gelbe Turmaline vor, die in dieser
schöngelben Färbung von andern Fundorten nicht bekannt sein
Analysiert von Dr. A. LiNUNF.R-Breslau.
Marmor
0. Miigge, Zweckmäßige Indikatoren aus Glas.
133
dürften. Die Anwesenheit von Turmalin deutet auf die Zufuhr von
bor-fluor-haltigen Gasen, deren mineralbildende Kraft wohl die
erhebliche Kornvergrößerung in der Nähe des Kontaktes hervor-
gebracht hat. Außerdem linden sich noch folgende Kontakt-
mineralien in mehr oder weniger guter Ausbildung: K’util,
6 ranatamphibolit
Grenzzone beim Kontakt des Granat amphibolits mit
Marmor in Haughen's Steinbruch bei Tromsii.
Titanit, Pyrit, Magnetkies, Zoisit, Apatit. K. Peter-
sex 1 beobachtete ferner Skalpolith und Ortith, A. Helland1 2
mikroskopisch Zirkon. Die Kontaktmarmore am Fuß des Troins-
daltinds zeigen ziemlich die gleichen Mineralien, jedoch sind an
der dort von Geröll etwas verschütteten Grenze die Aufschlüsse
nicht so schön wie in den Steinbrüchen bei Tromsö.
Berlin, Januar 1913.
Zweckmässige Indikatoren aus G-las.
Von 0. Mügge in Göttingen.
Zur Ergänzung der ausführlichen Mitteilungen von V. Gold-
schmfdt in dies. Centralbl. 1913. p. 39 erlaube ich mir darauf hin-
1 K. Peterse.v, Tromsö Museums Aarshefter. 1. 1878. 51 — 52.
2 A. Helland, ebenda. 19.
ffUOZZ'UQJQ
134
Gr. Rack,
zuweisen, daß in der Lösung leicht sichtbare und durch die ein-
gravierte Dichte-Zahl nicht verwechselbare Indikatoren aus Glas,
zugleich von solcher Größe, daß sie im HAKADA’sclien Trennungs-
apparat verwendet werden können, ohne daß dieser während der
Trennung oben geöffnet zu werden braucht und so, daß bei .jeder
abgetrennten Portion der zugehörige Indikator liegt, von .Johnsen
und mir in dies. Centralbl. 1905. p. 152 beschrieben sind.
Beiträge zur Petrographie von Flores.
Von Georg Rack in Berlin.
Mit 2 Textfiguren.
In meiner Arbeit „Petrographisclie Untersuchungen an Erguß-
gesteinen von Soembawa und Flores“ 1 habe ich einige Gesteine
des mittleren Teils der Insel Flores (Umgebung von Geni und
Eudeh) untersucht, die ausschließlich Vertreter der Kalkalkalireihe
waren.
Fig. 1.
1 G. Rack, N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXXIV. p. 42 — 84. 1912.
Beiträge zur Petrographie von Flores. 1B5
Das liiesige Mineralog.-petrographische Institut enthielt noch
eine kleine Anzahl bisher unbearbeiteter Handstöcke von Flores,
die Herr En. v. Mertens 1 auf seiner Reise nach der Südsee int
Jahre 1 86 H gesammelt hat. Das von ihm bereiste Gebiet be-
schränkt sich auf die Umgebung des an der östlichen Küste ge-
legenen Forts Lareutoeka, in dessen unmittelbarer Nähe der Vul-
kan Illimandiri liegt (s. Fig. 1).
Auch diese Gesteine sind Kalkalkaligesteine, und zwar ge-
hören sie zur Familie der Andesite.
1. Augit-Olivi n- Andesite.
Schlucht Semmduk bei Lareutoeka. (Xo. 2.) 2 — Ein
festes Gestein mit schwach glänzender Grundmasse. Mit dem
unbewaffneten Auge erkennt man weißliche Plagioklase , deren
Kern manchmal durch Einschlüsse dunkler gefärbt ist, ferner
schwarze Augite und rotbraune Olivine.
Der Feldspat, ein der Labradorreihe angehörender PI agi o-
klas, zeichnet sich durch eine vorzügliche Spaltbarkeit und Zwil-
lingsbildung aus. In einigen Individuen ist die Zonarstruktur gut
zu erkennen. Der einheitliche Kern ist dann durchweg sehr breit,
und auf diesen breiten Kern folgt eine Anzahl äußerst schmaler
Zonen, die in ihrer Gesamtheit etwa % der Breite des Kerns be-
sitzen. Nicht alle Individuen enthalten Glaseinschlüsse. Manche
Kristalle sind fast einschlußlos. Die Einschlüsse sind parallel
zu den Begrenzungsflächen angeordnet.
Der grünliche, nicht pleochroitische Augit kommt ziemlich
häufig vor. Man beobachtet die Begrenzungen (111), (100),
(010) und (110). Verzwillingungen treten nicht auf. Die Dis-
persion der optischen Achsen ist gering. Der Augit ist fast stets
mit Magnetit verwachsen oder enthält diesen als Einschluß.
Der ebenso häufig wie der Augit vorkonnnende Olivin ist
wasserklar und besitzt eine ausgezeichnete Idiomorphie. Die Ab-
sonderung nach der Basis gibt sich durch breite Risse kund. Ver-
einzelt sieht man die Spaltbarkeit uach (Olü).
Die Grundmasse besteht aus Plagioklas, Augit, Magnetit-
körnchen und einem bräunlichen Glase, das von allen Bestandteilen
den größten Anteil an der Zusammensetzung hat. Plagioklas und
Augit sind idiomorph begrenzt und isometrisch ausgebildet.
Vulkan Illimandiri bei Lareutoeka. (Xo. 4.) — Das
rötliche Gestein hat blasige Hohlräume, die bis 10 mm breit sind.
Einsprenglinge sind Plagioklas, Augit und Olivin.
Der nach dem Albit- und Karlsbader Gesetz verzwillingte
basische Plagioklas tritt fast durchweg in leistenförmigen
1 Ed. v. Mertens, Banda, Timor und Flores. Zeitschi’, d. Gesellsch.
f. Erdk. Berlin. 24 p. 83. 1889.
2 Gibt die Nummer der Sammlung an.
136
G. Rack.
Schnitten auf, die auf eine taf'elige Ausbildung schließen lassen.
Die Leistchen werden bis 1 mm lang. Glas- und Augiteinscliliisse
sind sehr zahlreich.
Der Anteil des Augits und des Olivins unter den Einspreng-
lingen ist gleich. Der Augit ist grünlich und zeigt gelegentlich gut
ausgebildete Zonarstruktur. Auch der Olivin ist grünlich. Er
unterscheidet sich im gewöhnlichen Lichte leicht vom Augit durch
die braunrot verwitterten Ränder und Spalten. Die Magnetit-
einschlüsse beschränken sich fast nur auf den Augit.
Die pilotaxitische Grundmasse besteht hauptsächlich aus
einem sauren Plagioklas, aus Augit und Magnetit. Man trifft auch
rotbraun zersetzten Olivin und wenig Glas an.
Das Verhältnis der Einsprenglinge zur Grundmasse ist etwa
wie 3:2. Nach dem mikroskopischen Befunde könnte man das
Gestein als Basalt bezeichnen , makroskopisch besitzt es aber
durchaus andesitischen Charakter.
2. Hypersthen- Augit- Amlesite.
Bei der alten Kirche in Laren toeka. (No. 5.) — Das
dichte Gestein ist rötlichgrau. Die Bruchflächen sind flachmuschelig.
Die Einsprenglinge sind nicht zu bedeutender Größe gelangt.
Der vorherrschende Plagioklas erreicht höchstens eine Länge von
0,4 mm und ist nach dem Albit- und Karlsbader Gesetz verzwil-
lingt. Der monokline Pyroxen ist als Einsprengling spärlich vor-
handen, ebenso die braune Hornblende, deren Ränder bereits stark
opazitisiert sind. Der zahlreicher auftretende idiomorphe Hypersthen
erreicht nicht die Größe der anderen Gemengteile. Teilweise ist
er rötlichbraun gefärbt.
Die Grundmasse überwiegt gegenüber den Einsprenglingen.
Sie ist pilotaxitisch und besteht aus vielen sauren Plagioklas-
leistchen, ferner aus wenig Orthoklas, rötlichbraun bestäubten
Hypersthensäulchen und wenig. Glas.
Vulkan Illimandiri bei Laren toeka. (No. 1.) — Das
feste Gestein ist deutlich porphyrisch. In der grauvioletten Grund-
masse liegen vorwiegend glasklare bis schwach milchweiße Feld-
spate. Die dunklen Gemengteile treten an Menge dem Plagioklas
gegenüber zurück. Das Gestein hat ein trachytisches Aussehen.
Der Feldspat, ein ziemlich basischer, polysynthetisch ver-
zwillingter Plagioklas, tritt in Kriställchen bis zu 3 mm Länge
auf. Die Begrenzungen sind idiomorpli. Gewöhnlich sind mehrere
Individuen zu einem Kristallkomplex verwachsen. Einschlüsse
sind selten.
Der hellgrüne Augit ist z. T. stark korrodiert. Iu einigen
Kristallen hat er noch seine geradlinigen Begrenzungen bewahrt.
Zwillinge nach (100) sind häufig.
Hypersthen tritt in kleinen schlanken Säulchen auf.
Beiträge zur Petrographie von Flores.
137
Die bräunliche, stark pleochroitiscke Hornblende ist stets
randlick resorbiert. c:c = 2 — 3°. Sie kommt weniger zahlreich
vor als Augit und Hypersthen. Augit nnd Hornblende sind oft
mit größeren Magnetitkriställchen verwachsen.
Die vorherrschende Grunduiasse besteht zum größten Teil
ans Feldspatleistchen in teilweise fluidaler Anordnung. Aus der
fast geraden Auslöschung der Leistcheu kann man schließen, daß
sie saurer sind als die Einsprenglingsplagioklase. Xebeu dem
Plagioklas tritt noch Orthoklas in allotriomorpher Begrenzung auf.
Außerdem beteiligen sich winzige Magnetitkörnchen und Augitkri-
ställchen am Aufbau der Grundmasse.
Vulkan lllimaiuliri. (Xo. G.) — Ein festes, deutlich por-
phyrisches Gestein mit kleineren und größeren Blasenräumen, die
auf ein Erstarren unter Gasexhalationen hiuweisen. Als Einspreng-
linge erkennt man fast nur Plagioklas, gelegentlich Pyroxen.
Der Plagioklas, ein Labrador, auch Labrador-Bytownit,
überragt an Größe die anderen Gemengteile. Er enthält viel
Glas eingeschlossen. Der gewöhnliche grünliche Augit ist nicht
pleochroitiscli und oft nach H O) verzwillingt. Der Hypersthen,
der auch manchmal durch Eisenhydroxyd rötlichbrauu gefärbt ist,
zeigt einen deutlichen Pleochroismus von lilarötlichen nach bläu-
lichgrünen Farbentönen. Augit und Hypersthen kommen zuweilen
auch in regelmäßiger Verwachsung vor, wobei der Kern stets aus
Hypersthen, die Umrandung aus Augit besteht. Die Pyroxeue sind
gewöhnlich 0,75 — 0,5 mm lang, doch kommt noch eine zweite
Generation vor, deren Kristalle zwischen 0, 1 und 0,05 mm schwanken.
Spärlich tritt rundlich stark resorbierter Biotit auf.
Die Grundmasse besteht hauptsächlich aus Feldspatleistchen,
die saurer sind als die Eiusprenglingsplagioklase, ferner aus wenig
Orthoklas, Magnetitkörncheu und Glasbasis.
Vulkan 111 im an di ri. Xo. 10.) — Ein festes, graues Ge-
stein mit porphvrischen Einsprenglingen von Plagioklas und Pyroxen.
Der Plagioklas ist stets polv synthetisch verzwillingt. Xeben
dem Albit- und Karlsbader Gesetz beobachtet mau vereinzelt Peri-
klinlamellen. Glaseinschlüsse sind mitunter sehr zahlreich vor-
handen. Der hellgrüne Augit ist idiomorph begrenzt, manchmal
nach (100) verzwillingt. C:c = 43°. Der Hypersthen ist
ebenfalls geradlinig begrenzt und deutlich pleochroitiscli. Er ist
nicht so häufig wie der monokline Pyroxen. Regelmäßige Ver-
wachsungen zwischen Augit und Hypersthen sind keine Seltenheit.
Spärlich tritt eine braungrüne, stark resorbierte Hornblende
auf. c:c=13°. Außerdem beobachtet man noch ein gelblich-
grünes Umwandlungsprodukt, dessen Begrenzungen auf Olivin
als ursprüngliches Mineral deuten.
Die Grundmasse ist holokristallin. Sie besteht vorwiegend
aus saurem Plagioklas, aus Augit und Magnetitkörnchen. Glas-
G. Rack, Beiträge zur Petrographie von Flores.
13S
basis ist nicht beobachtet worden. Der Magnetit ist z. T. in
Brauneisenerz umgewandelt, wodurch ganze Partien der Grnrnl-
masse rötlichbraun gefärbt sind.
3. Augitaiidesite.
Vulkan II lim an d ir i. (Xo. 3.) — Das rötliche Gestein ist
feinporös. Die Einsprenglinge sind in geringer Anzahl vorhanden.
Ausnahmslos sind es einschlußarme Plagioklase mit idiomorphen Be-
grenzungen. In der Hauptsache besteht das Gestein aus einem röt-
lichbraunen Glase, das von Feldspatuädelchen und Magnetitkörnchen
erfüllt ist. Aus der glasigen Grundmasse leuchten öfters auch stark
doppeltbrechende Körnchen auf, die wahrscheinlich Augite sind.
Vulka n 111 im an dir i. (No. 7.) — Schon mit dem bloßen
Auge ist in dem schwarzgrauen Gestein ein Überwiegen der Grund-
masse zu bemerken. Die idiomorph begrenzten, verzwillingten
Plagioklase sind deutlich zonar struiert. Der Augit ist grünlich,
nicht pleochroitisch. Die feinkörnige Grundmasse enthält Feldspat,
Augit und reichlich Magnetitkörnchen. Neben den verzwillingten
Plagioklasleistchen kommen noch Kalifeldspat vor. Glas ist nicht
beobachtet worden.
o Flores
Fig. 2.
t'l. Leidhold, Ueber angeblich gegen w. tekton. Bewegungen etc. 139
Berichtigung.
In meiner oben erwähnten Arbeit: „Petrographische Unter-
suchungen an Ergußgesteinen von Soembawa und Flores“ ist mir
bei der Berechnung der OsANx’schen Werte A und C ein Fehler
unterlaufen. Ich teile im folgenden die richtigen Werte für die
OsANN’schen Größen mit (vergl. Fig. 2).
Analyse
No.
s
A C
F
a
c
f
11
Reihe
Typenformel
I.
72,19
4,74
5,87
6,59
K -
0,0
6,8
7,7
8,0
(t
S 72,19
a5,5
C7
f7,5
n8,0
II.
70,69
4.61
6,44
7,21
5,0
Ul
7,9
7.9
((
s70.69
a5
c7
u
n7,9
IV.
65,54
4,85
6.50
11,76
4.2
5,6
10.2
7,7
(C
s05.54
a4
C6
ÜO
n7 7
V.
60,32
5,67
6.29
15.76
41
4.5
11,4
6.8
q
P
s60,32
a4
C4,5
Li,c
n6,8
VI.
64,84
5,60
6,38
11,20
4.8
5,5
9 7
8
(i
S04,84
a5
('ö,C
L),5
n8.0
VII.
58,42
4,28
8,62
15,79
2,9
6,0
11.1
8
((
S58 42
a8
C6
hl
11 8.0
VIII.
54.91
4,20
8,83
19,03
2,6
5,5
11,9
6.6
ß
S54,91
a2,ö
C5.5
h-2
11 0.6
IX.
56,63
2,68
11.59
14,85
1,8
8,0
10.2
6,5
ß
S50,03
a2
C8
üo
n6,5
XII.
53,55
6,73
3,15
28.63
3,1
L7
15,2
5,7
ß
®53,55
a3
C2
f15
n5,7
XIII.
72,76
4,98
4,35
8.58
5,6
4,9
9,5
8.9
(C
S 72.70
a5,5
c5
ko
n8,9
XIV.
57,59
4,19
5,50
23,03
2,6
3,3
14,1
9
((
S57,59
a2,ö
c3.r,
f14
n9
XV.
58,79
5,06
7.54
16.01
3,5
5.3
11.2
8,9
(C
S58,79
a3,5
C5,ö
f'll
"8 9
XVII.
72,55
4,48
4,27
9,96
4,8
4,6
10.6
7.6
(C
s72,55
a5
C4 5
ho.ö
"7,6
XVIII.
68,55
4.50
5,80
10,85
4.3
0,0
10,2
7.8
«
s68,55
a4,5
c3,5
ho
n7,8
XIX.
61,47
3,05
8,2016,03
2,2
6,0
11,8
8,3
(C
S01,47
a2,5
c(i
hl. 5
"8.3
XX
60,89
3,24
7,68
17,27
2.3
5,5
12,2
8.0
(C
sö0,89
a2.5
C5,5
h 2
"8 0
Berlin, Min.-petr. Institut der Universität, Dezember 1912.
Ueber angeblich gegenwärtige tektonische Bewegungen in
der Insel Hiddensee (Rügen).
Von CI. Leidhold in Straßburg i. E.
Schon seit längerer Zeit sind die großartigen Abrutschungen
und Abstürze und in Verbindung damit die bedeutenden Landverluste
an dem Steilufer der kleinen Insel Hiddensee, westlich von Rügen,
bekannt. Der geologische Aufbau und die Morphologie der Insel
sind schon verschiedentlich beschrieben worden von Elbert l,
1 Die Landverluste an den Küsten etc. X. Jahresbericht der geo-
graph. Gesellschaft zu Greifswald, p. 1 — 27. Über die Standfestigkeit des
Leuchtturms auf Hiddensee. Ebenda, p. 28 — 41.
140 CI. Leidhold. Ueber angeblich gegenwärtige tektonische
E. W. Schmidt1 2, M. Haltenbekger 2 u. a. Jedem Besucher der
Insel wird der Gegensatz auffallen zwischen dem bis 70 m
hohen Diluvialkern, den man wohl am besten als Stück eines
Staumoränenzuges auffaßt, und den beiden sich nach Süden
anschließenden alluvialen Inselschwänzen, dem 14,5 km langen
Hiddenseer Flachland mit dem Gellen im Westen und dem Alt
Hessin im Osten. Während an den beiden Inselanhäugen im all-
gemeinen Landzuwaclis erfolgt, wird von dem Diluvialkern Jahr
für Jahr ein breiter Streifen Landes, fast 1,5 m jährlich, abgetragen.
Die großen Abrutschungen und Abstürze am Steilufer und im Zu-
sammenhang damit das Auftreten rundlicher Bruchsysteme und Spalten
im Oberland wurden von den verschiedenen Beobachtern zurückge-
führt auf das Zusammenwirken der Brandung, der Verwitterung, der
Sickerwässer etc., also hauptsächlich auf rein exogene Vorgänge.
Neuerdings glaubt nun Prof. Jaekel3 den Nachweis bringen
zu können, daß „der Inselkern, vielleicht auch ihre Inselschwänze
noch gegenwärtig in starker Hebung begriffen ist und daß die
Bruchsysteme am Nordwestufer des Dornbusches, die noch in den
letzten Jahren erhebliche Vertikalbewegungen zeigten , der un-
mittelbare Ausdruck dieser tektonischen Vertikalbewegungen sind“.
Jaekel trennt zunächst die rundlichen Uferabbriiche im Norden und
Nordosten des Dornbusches (Swantiberg, Euddorn4) von den größeren
„tektonischen“ Störungen am Leuchtturm, Bakenberg etc. Während
erstere im allgemeinen kleinere parabolische Stücke aus dem Ufer-
raud ausschneiden, laufen die Spalten am Leuchtturm über Hügel
und Täler auch weiter vom Steilrand entfernt. Bei diesen rezenten
Störungen kämen die Spalten am Leuchtturm, am Bakenberg, Renn-
baum in Betracht , ferner der sogen. Backenqueibruch und einige
ältere Quersenken am Rennbaum und nördlich der Swantewitschlucht.
Nun sind die rundlichen Uferabbriiche im Norden der Insel,
die auch nach Jaekel ihre Entstehung rein exogenen Vorgängen
verdanken, in ihrem Ausmaß keineswegs zu unterschätzen. Es
kommen auch hier Spalten von 100 m Länge und mehr vor5;
nach jedem größeren Absturz bildet sich weiter landeinwärts ein
neuer Riß und stellt eine neue Scholle Landes zum Abbruch bereit.
1 N. Jahrb. f. Min. etc. 1910. Beil.-Bd. XXIX. p. 316 ff.
2 Über Art und Umfang des Landverlustes und Landzuwachses auf
Hiddensee. Dissertation. Budapest 1911.
3 Über gegenwärtige tektonische Bewegungen etc. Zeitschr. d. deutsch,
geol. Gesellsch. 1912. Monatsberichte No. 5.
4 Vergl. die Texttigur No. 1 bei Jaekel.
5 Nach freundlicher Mitteilung vom kgl. Wasserbauamt in Stralsund
fanden die neuesten Abrutschungen Ende September dieses Jahres 500 m
nördlich vom Kanonenschuppen in einer Länge von ungefähr 100 m statt.
Außerdem ist südlich von dieser Abrutschstelle noch eine Strecke von
150 in Länge in Bewegung.
Bewegungen in der Insel Hiddensee (Rügen).
141
Betrachten wir die große Spalte vor dem Leuchtturm auf
einer der Karten der kgl. Wasserbauinspektion W in Stralsund,
wie wir sie bei E. W. Schmidt finden (1. c. p. 355), so wird man
erkennen, daß die Spalte, deren Entfernung vom Uferrand landein-
wärts im Maximum 1 50 m beträgt, ziemlich parallel mit der Steil-
küste verläuft und dabei, wenn auch nicht vollständig, einen
vorspringenden Teil des Ufers ausschneidet , der etwa zwischen
dem Kanonenhaus und der Swantewitschlucht gelegen ist. Herr
Jaekel scheint bei seinen Untersuchungen übersehen zu haben,
daß die Bildung der Erdspalte vom Herbst 1907 weiter nichts
ist als eine neue Bewegung längs einer seit einer Reihe von
Jahren bestehenden Spalte. Der Unterschied besteht nur darin,
daß die Spalte im Herbst 1907 sich nach NNO und SSW ver-
längert hat und daß die Bewegung in dem westlichen Teil des
alten Risses, der hier nach dem Steilrand verlief, anscheinend
nicht stattgefunden hat. Ein Vergleich der ELBEitT’sclien Karte1,
wo diese ältere Randspalte eingezeiclmet ist, mit der von E. W.
Schmidt zeigt den Zusammenhang zwischen dem alten und neuen
Riß ganz klar. Erwähnen möchte ich noch , daß die Spalte
am Steiluferrand beginnt, um erst dann in wechselnder Richtung
zwischen NNO und ONO ziemlich unabhängig von der Oberflächen-
gestalt über flache Täler und Bergrücken zu verlaufen , eine Er-
scheinung, auf die bereits Schmidt (1. c. p. 348) aufmerksam
gemacht hat. Es scheint sich in dem Gebiet zwischen Swantewit-
schlucht und Kanonenschuppen allmählich jener Zustand heraus-
zubilden, den Elbert vermutet hat. Durch die Zunahme der
Rutschungen in der Swantewitschlucht und durch die Unterspülung
und langsame Abtragung der westlich des Flederberges liegenden
Mergelscholle, beginnen die Bakenberg- und Flederbergscholle all-
mählich ihren Halt zu verlieren. Damit würden nun , was das
praktische Interesse dieser Spaltenbildung anbetrifft, die Aussichten
für die Standfestigkeit des Leuchtturms keineswegs so günstig
sein, wie meist angenommen wird.
Bei dem Bruchsystem südwestlich des Bakenberges, das nach
Jaekel ebenfalls durch rezente tektonische Bewegungen bedingt
sein soll, treten uns die Abrutschungen in Form mehrerer von
einander durch erhebliche Niveauunterschiede getrennter terrassen-
förmiger Abbrüche entgegen, die z. T. als „Grabenbrüche“ aus-
gebildet sind, wie bereits Schmidt2 konstatiert hat. Man wird
auch bei diesen Bruchbildungen den parabolischen Ausschnitt aus
der Uferkante erkennen, nur ist der Radius des parabolischen
Stückes hier weitaus größer als bei den Abbrüchen am Nordufer
des Dornbusches ; der Höhenunterschied zwischen dem stehenge-
bliebenen Stück und der losgelösten Scholle ist in der Mitte am
1 Über die Standfestigkeit etc. 1. c. Tafel IV.
2 1. c. p. 322.
142
CI. Leidhold, Ueber angeblich gegenwärtige tektonische
größten und verringert sich nach beiden Seiten zum Steilufer
hin allmählich immer mehr. Wäre ein tektonischer Vorgang
die Ursache dieser Rutschungen gewesen, so müßte die Be-
wegung längs einer ziemlich flach einfallenden Verwerfung statt-
gefunden haben, was mit den „tektonischen Vertikalbewegungen"
und „Grabenbrüchen“ schwer in Einklang zu bringen ist. Bei
der Bildung des Bruchsystems südwestlich des Bakenberges spielen
die hier stark entwickelten interglazialen Sande eine wichtige
Rolle. Infolge der geringen Kohäsion der Sande können größere
einheitliche Abrutschungen, wie wir sie beim Geschiebemergel be-
obachten , nicht stattlinden ; das Land rutscht vielmehr terrassen-
förmig ab. Die Bildung der Randspalten ist auch hier nur auf
eine Massenverlagerung durch einfachen Böschungsschub zurück-
zuführen. Indem nämlich unten am Strand die Sande etc. weg-
geschwemmt werden , verlieren die Erdschollen im Oberland ihr
Widerlager und setzen sich in Bewegung, wobei die einmal vor-
handenen Niveauunterschiede zwischen den einzelnen Terrassen
und „Grabenbrüchen“ allmählich größer werden, wie die Messungen
von Elbkkt und Schmidt ergeben haben. Die ganze 800 m lange
Strecke ist also dauernd im Abrutschen begriffen. Unter-
stützt werden die Bewegungen in diesem Gebiet durch das Auf-
treten von undurchlässigen, zum Meer einfallenden C//prina- Tonen 1
und anderen marinen Tonbänken, die für die hangenden Partien
als Gleitflächen dienen.
Als weiterer Beweis für rezente tektonische Störungen werden
der sogen. Bakenquerbruch und einige andere Quersenken an-
gegeben. Diese Spalten, die senkrecht gegen den Uferrand ge-
richtet sind, sollen mit der Annahme einfacher Abstürze und Ab-
rutschungen gänzlich unvereinbar sein. Diese Annahme trifft in-
dessen nicht zu, da auch an Abrutschungen anderer Gebiete ähnliche
Querbrüche bekannt sind. Wie mir Herr Geheimrat F. Wahn-
schaffe liebenswürdigerweise mitteilte , konnte er analoge Quer-
spalten wie auf Hiddensee auch bei den Abrutschungen des
Brodtener 1 fers bei Travemünde, der Samländisclien Küste zwischen
Cranz und Roselinen, und ferner bei Rutschungen in den Septarien-
1 Über die Stellung des Cyprinentons im Diluvium gehen bei dem
Mangel klarer Aufschlüsse die Ansichten der verschiedenen Beobachter
immer noch sehr auseinander. A. Günther (Dislokationen auf Hiddensee.
1891) erklärte ihn für jungdiluvial, Drücke (Führer durch Pommern. 1899)
für präglazial. Elbkkt stellte ihn dann ins ältere Interglazial ; dieser
Ansicht schloß sich Drücke in seiner Geologie von Pommern an. Nach
den neueren Untersuchungen von Nordmann (Eem Zonere. Dänin, geol.
Undersögelse. II. 17. Referat von E. Koken im N. Jahrb. f. Min. etc. 1911.
II. p. 441) an den ungestörten Profilen von SW-.Jiitland sollen die frag
liehen Schichten ins letzte Interglazial zu stellen sein. Dagegen möchte
N. 0. Holst (Alnarps floden. Referat von E. Koken. Dies. Jahrb. 1912.
I. p. 18) den Eemablagerungen wieder ein präglaziales Alter zusprechen
Bewegungen in der Insel Hiddensee (Rügen).
143
tongraben bei Kratzwiek und Cavelwisch (nördlich von Stettin)
beobachten. Der Bakenquerbruch ist meines Erachtens nur im
Zusammenhang mit den zahlreichen radialen Spalten und Klüften
des Swantewitschluchtgebietes zu verstellen. Die am oberen Ende
der Schlucht einsetzende Querspalte dürfte nur eine Folgeerschei-
nung der Rutschungen sein, die teils auf feuchtem Ton erfolgten,
teils durch Unterspülung veranlaßt wurden.
Nach meinen Beobachtungen , die im wesentlichen mit den
Ergebnissen der Untersuchungen von Schmidt, Elbert und Halten-
berger iibereinstimmen , ist für die Abrutschungen und die in
ihrem Gefolge auftretende Spaltenbildung zunächst die geographische
Lage des Eilandes von Bedeutung. Als westlichste Insel des
ehemaligen Rügensclien Archipels ist ihr diluvialer Kern bei seiner
NO — SW-Erstreckung den in unserem Gebiet heftigsten Stürmen
aus NO über Norden bis NW in hervorragendem Maße ausgesetzt.
Nach keiner der genannten Richtungen hin ist irgendwelcher Schutz
vorhanden, so daß jeder größere Sturm zur Vernichtung des Dorn-
busches beiträgt. Die stärksten Winde wehen von Ende August
bis Mitte April. Gerade in diese Zeit fallen nun auch die großen
Abrutschungen und die Spaltenbildungen; so fanden u. a. im Ok-
tober 1 007 und Februar 1908 die von Jaekel beschriebenen
Abbrüche statt, nachdem beide Male ein heftiger Sturm voran-
gegangen war. Bei gewöhnlicher Brandung besteht die Arbeit des
Meeres darin, aus dem abgerutschten und ins Meer vorgeschobenen
Material die feineren Bestandteile heranzuschlämmen, während die
größeren Geschiebe sich am Strande allmählich anhäufen.
Der Küstenstrom sorgt dafür, daß die in die See geführten
Partikelchen nicht zum Absatz gelangen, sondern südwärts trans-
portiert werden. Während bei gewöhnlicher Wellenbewegung das
Meer nur an zwei Stellen das eigentliche Steilufer erreicht, greift
die Brandung bei starken Stürmen auch unmittelbar die ganze
Küste an , wobei es zur Bildung von Hohlkehlen und Höhlen
kommt. Indessen ist ihre Entstehung meist auf eine einfache Aus-
waschung von Sandschmitzen zurückzuführen, die im Geschiebe-
mergel auftreten. Gleichzeitig werden die am Ufer ausstreichenden
interglazialen Sande ausgewaschen und bedingen dadurch ein Ab-
rutschen der darüber liegenden Massen. Ebenso wirken die unten
am Strand auftretenden Tonbänke, die z. T. unter den Meeres-
spiegel reichen , wenn sie von dem Meerwasser durchtränkt und
zum Ausquellen gebracht werden L Bei starken Stürmen wird
1 Derartige Vorgänge dürften zu den als Subsolifluktion bezeichneten Er-
scheinungen zu rechnen sein (A. Heim, N. Jahrb. f. Min. etc. 1908. II. p. 136.)
Eine gröbere subaquatische Rutschung scheint vor ungefähr 35 Jahren vor
dem Tietenufer stattgefunden haben. Wie Elbert berichtet (Über die
Standfestigkeit etc. p. 19) soll damals eine Insel aus dem Meer emporgestiegen
sein, die .,ganz mit den Blöcken des Unterwasserstrandes bedeckt war“.
144 CI. Leidhold, Heber angeblich gegenwärtige tektonische
auch der im Laufe der Zeit sicli bildende Strandwall , welcher
sonst immerhin etwas Schutz gewährt, von den Wellen weggeräumt.
Dazu kommt im Winter die Wirkung der gegen die Küste an-
getriebenen und angeschobenen Eismassen.
Es würde den Rahmen dieser Mitteilung überschreiten . im
einzelnen auf alle die Vorgänge und Kräfte einzugehen, die eine
Massenverlagerung in den Erdschollen und damit ein Abrutschen unter
Bildung von Spalten und Klüften auf Hiddensee hervorrufen. Es mag
nur hingewiesen werden auf den Einfluß der Temperaturdifferenzeu,
des Spaltenfrostes , der durch die Zerklüftung des Mergels (Dia-
klasen) wirksam unterstützt wird , auf die Auflockerung des Ge-
schiebemergels infolge der eindringenden CO,-haltigen Tageswässer,
auf die Wirkung von Wind, Regen und Schnee, die für die Fort-
führung des Verwitterungsschuttes sorgen und damit neue Flächen
freilegen und z. T. selbst aktiv das Steilufer angreifen. Der
Regen hinterläßt bis metertiefe Erosionsi illen, die, sich nach hinten
allmählich verlängernd, zur Abtrennung einzelner Grate führen.
Von besonderer Bedeutung für die Abrutschungen sind die Sicker-
wässer und die Quellen in Verbindung mit der wechselreichen
Schichtenfolge. Die Niederschlagswasser sammeln sich auf den
undurchlässigen Tonen resp. dem tonigen unteren Geschiebemergel
und durchtränken sie, wodurch die hangenden Partien bei dem
Einfallen der Schichten zum Meer unter Bildung von Spalten und
Klüften in gleitende Bewegung gebracht werden. Dieser Vorgang
ist eine ganz gewöhnliche Erscheinung an dem Steilufer zwischen
Hucke und Enddorn. Über das Auftreten der sogen. Wassersäcke,
schlammerfüllten Einbruchskesseln an der Grenze von Sand und
Mergel, über ihre Entstehung und Wichtigkeit bei den Abrutschungen
und der Spaltenbildung findet man eingehende Beschreibungen bei
Emsekt und Schmidt.
Nach Gredner1 käme für die Abbruche und Zerreißungen
der Diluvialmassen am Dornbusch hauptsächlich der Umstand in
Betracht, daß „sich die westliche Steilküste gegenwärtig bereits
bis in unmittelbare Nähe der Kulminationslinie des Hügelrückens
vorgeschoben hat , und dadurch einer Sackung und einem immer
weiter um sich greifenden Fortschreiten der Abrutschung des stehen-
gebliebenen Hügelrestes nach jener Steilseite hin in hohem Grade
Vorschub geleistet ist“. Auffällig ist ferner, daß die rezente tek-
tonische Spaltenbildung gerade auf das Gebiet der stärksten Ab-
tragung beschränkt ist und dabei vom Ufersteilrand im Maximum
nur 150 — '200 m entfernt ist. Es drängt sich dabei die Frage auf,
weshalb nicht auch weiter im Innern des Dornbusches oder an
der entgegengesetzten Küste, am Schwedenufer, derartige durch
Hebung bedingte rezente Spalten vorhanden sind.
1 R. Crednf.r, Rügen. Eine Inselstudie. Forschungen zur deutschen
Landes- und Volkskunde. VII. 1893. p. 479.
Bewegungen in der Insel Hiddensee (Rügen).
145
Jaf.kei. möchte nun auch für die Entstehung der beiden
Inselschwänze eine Hebung annehmen. Nur mit Hilfe einer posi-
tiven Strandbewegung von 1.$ bis 2 in glaubt er die 1 4 , ö km1
langen Landmassen des Hiddenseer Flachlandes erklären zu können.
Der nördliche Teil dieses Inselanhanges wird nun sicherlich aus
dem weggeführten Material des Dornbusches gebildet sein ; darauf
deutet schon die Zunahme der Menge und Korngröße der Gerolle
mit der Annäherung an den Diluvialkern 2 3 4 5 6.
P. Lehmann * ist sogar der Meinung, daß von dem ehemaligen
Dornbusch die Hälfte bereits unter Wasser liegt: Die Frage nach
der Herkunft der kolossalen Sandmassen am Darss , Zingst und
auf Hiddensee Siid ist schon von Deecke 4 beantwortet. Deecke
kommt auf Grund eingehender Untersuchungen zu dem Resultat,
daß diese Sandmassen dem jetzigen Plantagenetgrund (nordwest-
lich von Hiddensee) entstammen, der zur Ancylus- Zeit als Stück
eines Stanmoränenzuges über den jetzigen Meeresspiegel ragte.
Mit dem hereinbrechenden Litorina-Meer wurde dieser Diluvialkern
völlig abgetragen ; die weggeführten Massen setzten sich dann
allmählich an den Inselkerneu und im Hinterland an. Für den
südlichen Teil des Hiddenseer Flachlandes wurde die Anschwem-
mung noch verstärkt durch den am Zingst entlang laufenden
Küstenstrom. Diese Anlagerungen von Sand im Süden der Insel
linden noch gegenwärtig in großem Maße statt , so daß dauernd
einer der größten Saugbagger der Ostsee damit beschäftigt ist, die
Fahrrinne zwischen der Insel und dem Festland vor der völligen
Versandung zu schützen. Der Landzuwachs am Gellen betrug
nach E. Bollj und Haltexberger vom Jahre 1695 — 1835, also
in noch nicht 150 Jahren 1300 m; am östlichen Inselschwanz Alt-
Bessin ca. 500 m. An letzterem erfolgte ferner von 1835 — 1886
noch ein Zuwachs von 200 m. Wie rasch die Hakenbildung und
Verlandung seit der Litorina- Zeit im Ostseegebiet vor sich gegangen
ist. konute neuerdings Keilhack 6 an der Verlandung der Svvine-
1 .Taekel spricht irrtümlicherweise von einem 16 km langen Insel-
schwanz.
2 Vergl. G. Braun. Entwicklungsgeschichtliche Studien an europäi-
schen Flachlandküsten und ihren Dünen. Veröffentlichungen des Instituts
für Meereskunde. 1911. Heft 15. p. 18.
3 P. Lehmann, Probleme der Morphologie Rügens. Verhandl. d.
17. deutsch. Geographentages in Lübeck 1909.
4 W. Deecke. Ein Versuch, die Bänke der Ostsee vor der pommer-
schen Küste geologisch zu erklären. X. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XX.
1905. p. 445.
5 E. Boll , Geognosie der deutschen Ostseeländer zwischen Eider
und Oder. Neubrandenbnrg 1846. p. 55.
6 K. Keilhack. Die Verlandung der Swinepforte. Jahrb. d. K. Preull.
geol. Landesanst. 1912. II. p. 209.
Centralblatt f. Mineralogie etc. 1913. 10
146
B. Hundt,
pforte zeigen. Die Erklärung des Hiddenseer Flachlandes als
eines einfachen Anschwemmungslandes gewinnt noch mehr an
Wahrscheinlichkeit, wenn man mit Jaekel in diesem Inselschwanz,
verschiedene Inselkerne annimmt; an ihnen setzten sich bald
die angespülten Sande an, und die einzelnen Kerne verwuchsen
so in relativ kurzer Zeit zu dem einheitlichen Hiddenseer Flachland.
Nach allem scheint mir weder eine Hebung der Inselanhänge
noch des Diluvialkerns von Hiddensee erwiesen. Die angeblich
rezenten tektonischen Brüche und Spalten am Dornbusch sind
zurückzuführen auf einfache „Translokationen“, die durch eine
Anzahl örtlich stark entwickelter Kräfte und Vorgänge wirksam
gefördert werden. Die Inselschwänze sind nach der Lüorina- Zeit
durch einfache Anschwemmung entstanden und verdanken ihr
Material teils dem Dornbusch, teils dem Plantagenetgrund.
Die Eiszeit im Frankenwalde.
Von Rudolf Hundt in Gera.
Mit 5 Textfiguren nach Originalphotographien.
Für den Frankenwald glaubte man schon einmal eine regel-
rechte Vergletscherung nachgewiesen zu haben. In dem Gehänge-
sclmtt von Wurzbach und Saalburg sah Dathe 1 die Beweise eines
eiszeitlichen Gletschers , durch den diese Lokalmoränen erzeugt
worden seien. Zimmermann 'l wies jedoch zuletzt einwandfrei nach,
daß es sich nicht um Lokalmoränen eiszeitlicher Gletscherwirkungen
handele , sondern daß das verdächtige Material durch Abgleiten
des Gehängeschuttes in seine jetzige sekundäre Lage gekommen
ist. Schon vorher, im Jahre 1884, führte Penck die Beobach-
tungen von Dathe als „pseudoglaziale Erscheinung“ an. Wenn
nun auch Grund- und Endmoränen im Sinne einer nordischen Ver-
gletscherung nicht nachzuweisen sind, so sprechen mehrere Er-
scheinungen doch entschieden dafür, daß die Eiszeit, die in ihrer
größten Ausdehnung bis fast an den Frankenwald heranreichte,
nicht ohne Spuren an diesem Gebirge zu erzeugen, vorübergegangen
ist. Liegt doch dieses Gebirge in der Zone, in der die „peri-
glaziale Fazies der mechanischen Verwitterung“, wie Professor
Dr. Walery von Lozinski3 die durch Eisesnähe bedingte Erhöhung
1 Dathe, Gletschererscheinungen im Frankenwalde und vogtländischen
Berglande. Jahrb. d. Geol. Landesanstalt. 1881. p. 317 — 330.
2 Zimmermann: Zeitschr. d. deutsch, geol. Gesellsch. 1899. p. 20 u. 21
Dieselbe Zeitschrift. 1899. p. 14. Erläuterung zu Blatt Lobenstein der
Geologischen Spezialkarte.
3 Lozinski, Die „periglaziale Fazies“ der mechanischen Verwitterung.
Bulletin international de l’Acadeinie des Sciences de Cracowie. Classe des
Sciences mathematiques et naturelles, p. 10—25. — Ders., Die periglaziale
Fazies der mechanischen Verwitterung. Naturwissensch. Wochenschrift.
Neue Folge. X. p. 641 — 647.
Die Eiszeit im Frankenwalde.
147
der Spaltenfrost Wirkung nennt , herrschen mußte. Und die Ver-
öffentlichungen Lozixski’s regten mich , wie auch Gespräche mit
Herrn Landesgeologen Prof. Dr. E. Zimmermaxx an, die Erschei-
nungen zu beobachten, die sich sehr gut durch dieses Phänomen
erklären lassen. Herrn Prof. Dr. Walery yox Lozixski danke ich
auch hier für seine stetige, liebenswürdige Auskunft und Herrn
Bergreferendar Manfred yox Ehrensteix für seine photographischen
Aufnahmen.
Von den Erscheinungen, die der Eiszeit im Frankenwalde
ihre Entstehung bezüglich Weiterbildung verdanken, führe ich an :
1 . Talformen im 0 b e r 1 a u fe mit Xivation am Tal-
Schlüsse.
Der südliche Eisrand nordischer Vergletscherung zog sich
bis ins Jndental bei Gera im Vorlande des Frankenwaldes hin. Es
ist überhaupt der weiteste südlichste Vorstoß, den das Inlandeis in
Thüringen aufwies mit i>0°48'30" nördlicher Breite. Das in Frage
stehende Gebiet periglazialer Fazies mechanischer Verwitterung
liegt im Mittel 5uu22' — 30' nördlicher Breite. Die Annäherung
beider Gebiete ist demnach eine größere als in den anderen deut-
schen Mittelgebirgen , in denen Lozixski Blockmeere beschrieben
hat, wie Hochwald im Hunsrück, Felsberg im Odenwald. Dieser
nahe Eisrand war für die Erniedrigung der Temperatur von großer
Bedeutung, denn die Erhöhung der Spaltenfrostwirkung wurde
durch solche Nähe aufs höchste gesteigert. Die härtesten Gesteine
mußten dem Spaltenfrost nachgeben und in Bänke zerfallen, deren
lockere Anhäufung den späteren Wasserläufen leichtere Arbeit
beim Schaffen einer Talsohle bereitete.
Daß dieses , durch Eisnähe tiefgehaltene Klima auf dem
Franken walde erlaubte, Schneeanhänfungen zu bilden, erhält eine
Stütze in den oberen Talformen der Frankenwaldtäler. Die
neuerschienenen Blätter der geologischen Karte von Lobenstein
von Zimmermaxx und die .geologische Karte der Umgebung von
Bad Stehen im Franken walde“ von Karl Walther zeigen die
wannenförmigen Quellgebiete der Bäche recht gut. Es ist merk-
würdig und auffallend, daß man in dem Franken wald in der Kegel
an den Bachlänfen zwei deutlich verschiedene Talformen studieren
kann.
Die eine zeigt sich im Oberlaufe, im Quellgebiet, die andere
talabwärts ist ein typisches Erosionstal. das sich bis zur Mündung
hinzieht. Der Oberlauf dieser Bäche ist muldenförmig verbreitert.
Steht man in ihm, so hat man nie das Gefühl, sich im Tale eines
Baches zu betinden. Wie eine flache Schüssel, aus der ein Viertel
herausgebrochen ist, liegen diese Talschlüsse da. Meist sind sie
vermoort oder vom eluvialen Lehm angefüllt, dem örtlich reichlich
Blöcke anstehenden Gesteins eingelagert sind (Gemäßgrnnd). Manche
gleichen Riesenschüsseln wie der Gemäßgrund bei Lobenstein,
10*
148
R. Hundt,
andere, von geringerem Umfang sind lieblich und vor allem typisch
(Sclilegelbach oder Saubach). Siehe Abb. I.
Abb. I. Im „embryonalen Kar“ des Sclilegelbaches. Rechts, nicht mehr auf
der Abbildung sichtbar, liegt das Dorf Schlegel. Man sieht deutlich die sanfte
Linie, die das Kar begrenzt. Links, am Walde, beginnt das Erosionstal,
das sehr bald tief einschneidet. Im Hintergründe die Stebener Rerge.
Am typischsten sind sie in der Nähe von Stehen und Ober-
steben und in der Nähe des Lobensteiner Culm zu studieren. Hier
sind sie der Frankenwald-Fastebene vorzüglich zur vertikalen
Gliederung geeignet.
Der Schnee, der sich in ihnen anhäufte, scheint zur Zeit der
größten Inlandvereisung verfilmt gewesen zu sein und in größerer
Ausdehnung aus der talabwärts liegenden Öffnung des „embryo-
nalen Kars“, wie Lozixski 1 diese Nivation am Talschluß nennt,
herausgeflossen zu sein , so dem zukünftigen Tale seinen Weg
weisend, der so dem Gelände in voller Breite eingeschliffen wurde.
Die flächenhafte Erosionswirkung des verfilmt gewesenen Schnees
verursachte diese Karwirkung, die im Frankenwald nirgends solche
lokale Endmoränen aufweist, wie z. B. die Kare im Riesengebirge.
Vielleicht waren sie aber doch vorhanden und sind erst nachträglich
zerstört worden, wie die Blockmeere im Stebenbach, Thüringer
Moschwitz , Hohlebruunental anzudeuten scheinen. Die Schnee-
anhäufung in diesem oberen Teile rief auch eine tiefgründige Ver-
witterung in situ hervor, durch die ein Teil jener Formation ent-
standen ist und weiter fortgebildet wurde , die man als Eluvium
1 Lozinski , Quartärgeologische Beobachtungen und Betrachtungen
aus Schweden Aus der Natur. Sonderabzug, p. 617 — 630.
Die Eiszeit im Frankenwalde.
149
kartierte1. Und vielleicht waren alle Talscliliisse früher mit elu-
vialein Schutt angefüllt, den dann das Wasser der postdiluvialen
Zeit teilweise ganz ins Tal verfrachtete, wenigstens geschah es
sicher mit den feineren Verwitterungsprodukten, denn sehr oft finden
sich in den Talschliissen nur noch vereinzelte, gerundete Blöcke.
Vielleicht hat auch Menschenhand von hier manchen großen Stein
zum Häuserbau weggeschleppt. Viele von ihnen hat das Moor
und der Rasen eingegraben. Diese spärliche Blockbestreuung be-
obachtete ich besonders im Thüringer Moschwitztale, dessen Xeben-
tälern (Hohlebrunnental , Tal nach dem Knöcklein , Tal nach
Langenbach). Die Vegetation hat aber gerade an diesen Stellen
sehr viel Blockmaterial zugedeckt.
Eine merkwürdige Tatsache stellte sich heraus, als die Höhen-
linien der einzelnen Talschlüsse untereinander verglichen wurden.
Außer dem Lohbachtal bei Steben (512 m) liegen alle in Frage
kommenden Talschlüsse in ungefährer Höhe von 620 — 650 m.
Im folgenden seien die Bäche angeführt , die am Quellgebiet
Xivation in Form embryonaler Kare aufweisen:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
y.
10.
11.
12
13.
14.
15.
Koselbach mit den Eibig-Wieseu 650
Kabiesgrund bei Lobenstein 640
Gemäßgrund am Sieglitz 650
Langwassertal 650
Schlegelbach 616
Steben bacli 552
Binsig 600 — 620
Thüringer Moschwitz 640
Tal nach der Thüringer Moschwitz vom Knöcklein 625
Tal nach der Thüringer Moschwitz von Langebach 640
Tal der Ölsnitz bei Geroldsgriin 640
Lohbachtal 542
m
7)
7)
7)
7
7)
7
71
7)
7)
Thierbachtal bei Steben 600
Tal von Harra nach Kießling 560
Hohlebrunnental 640
Auf Blatt Hirschberg kommen in der Xähe von Göttengrün
die Talformen in Betracht, die später einmal genauer beschrieben
werden sollen. Auf dem eben im Buchhandel erschienenen Blatte
Hirschberg der Geologischen Karte von E. Zimmermaxx sind die
hier in Betracht kommenden Talformen sehr gut dargestellt.
Diese „embryonalen Kare“ sind allem Anschein nach gleich
bei Beginn der Eiszeit mit Schneeanhäufungen und während der
Eiszeit hindurch fortwährend davon erfüllt gewesen. Sie sind der
1 Zimmermaxx gibt in den breiten Talmulden des Blattes Hirschberg
auch Eluvium an, kartiert es aber nicht genau, um die wichtigere Gesteins-
unterlage kartographisch festzulegen. Erläuterung zur Karte, p. 206.
150
R. Hundt.
älteste Teil des jetzigen Tales, das sich damals als erstes tieferes
Niveau der präoligocänen Fastebene, wie sie Phiuppi 1 darstellt,
einnagte. Es ist auch beachtenswert, daß sich die schiisselförinigen
greisenhaften Täler nur in härteren Gesteinen vorzüglich erhalten
haben wie in Diabasen , oberkambrischen Quarziten , kontakt er-
härteten Devonschichten. Im Culmgebiet hingegen können die
Talschlüsse ebenso gebildet gewesen sein , aber die postglaziale
Zeit hat mit Hilfe des Wassers den Typus sehr bald verwischt.
Das zeigen die Talschlüsse im Friesangebiete bei Ebersdorf auf
Blatt Lobenstein. Als dann mit dem Rückzug des nordischen
Eises von seinem südlichen Vorsprung eine Erhöhung der Tem-
peratur und eine Verminderung der Wirkung des Spaltenfrostes
eintrat, fingen die Schnee- und Firnanhäufungen auch an zu
schmelzen. Das Wasser floß der natürlichen Abdachung nach auf
der Fastebene geradlinig der tiefsten Stelle zu, an der schon ein
größeres Gewässer die gesammelten Bäche aus dem Gebirge in
die von Eis befreiten Teile der Ebene führte. Die nicht wenigen
Tauwässer, sehr reich an Schutt und Schleifmaterial des Kar-
eluviums , schliff sich sehr bald ein enges Tal ein , in dem die
Wasser nach der tieferliegenden Gegend rauschten. So entstand
die zweite Hälfte, das Erosionstal der Frankenwaldbäche, das sich
mit größerem Gefälle nach dem Hauptfluß hin senkt, während die
oberen Talschlüsse nur sehr geringes Gefäll aufweisen. Die
typischsten Beispiele trifft man im Abfluß des Gemäßgrundes (Sieg-
litzbach), Thüringer Moschwitz unterhalb der Krötenmühle, Schlegel-
bach, Stebenbacli an. Auf Abb. I sieht man, wie sich am offenen
Ausgange des embryonalen Kars das Tal sofort zum Erosionstal
verengt. An dieser Verengung erkennt man häufig eine Anhäufung
von Blockmaterial, besonders charakteristisch am Stebenbacli, oder
man sieht nackte, hochragende Felsen an der Talverengung wie
am Schlegelbach. Es wird dadurch die Vermutung mehr zur Tat-
sache erhärtet, daß sich vielleicht der verfilmt gewesene Schnee nach
der Öffnung des embryonalen Kars hin bewegte und durch seine
durch Schleifmaterial erhöhte Flächenerosion das Kar bedeutend
erweiterte und rundete. Auf diese Weise können auch die An-
häufungen von Blockmassen an dem Übergang von embryonalem
Kar zum Erosionstal erklärt werden (Stebenbacli , Unteres Holile-
brunnental , beide Blockmeere im Tale der Thüringer Moschwitz),
wenn man sich vorstellt, daß dorthin an jene Stelle die Blöcke
hingetrieben wurden, deren Wanderung aber wegen der Enge des
Erosionstales unterbrochen werden mußte. Abb. II läßt uns in
ein solches Tal, das Hohlebrunnental, hineinsehen, das deutlich
den Typus der oberen Franken waldtäler aufweist.
1 Philippi, Ueber die präoligocäne Landoberfläche in Thüringen.
Zeitselir. d. deutsch, geol. Gesellsch. .1910. p. 305 — 404.
Die Eiszeit im Franken walde.
151
Abb. II. Blick vom Tale der Thüringer Möschwitz in das Hohlebrunnen-
tal mit vereinzelter Blockbestreuung. Hechts steigt das Gelände zum
Lobensteiner Culm an. Das Tal zeigt Nivation am Talschlusse. Steht
man auf der Höhe, dann blickt man ins Langwassertal hinein.
Blockmeere.
Das, was Lozinski in den oben erwähnten deutschen Mittel-
gebirgen vor allen Dingen als Beweis für die Wirkung der peri-
glazialen Fazies der Verwitterung ansieht , sind die Blockmeere.
Von ihnen erwähnt er a. a. 0. p. 1 0 im Odenwald das Auftreten
in eruptivem Gesteine.
Der Frankenwald zeigt wie der Odenwald in den mir dazu
gehörenden Blockmeeren ebenfalls in erster Linie Eruptivgesteine,
daneben auch feste, schwer verwitternde altpaläozoische Quarzite.
Zum großen Teile, davon zeugen wenigstens die spärlichen Block-
bestreuungen, z. B. im oberen Teile der Thüringer Moschwitz, sind
diese früher sicher zahlreicher vorhandenen Blockmeere durch
spätere, vielleicht mit großer Wasserfülle ausgestatteten Wasser-
läufe zerstört worden und mancher Block, der jetzt im jüngeren
Erosionstal die Romantik dieses Teiles mit erhöhen hilft, ist durch
solche Kräfte aus seiner primären Lagerstätte herausgerissen
worden. Auch die zwei typischen Blockmeere , wie sie uns die
Abbildungen aus dem Thüringer Moschwitztal zeigen, liegen auf
sekundärer Lagerstätte. Also hat auch sie irgendwelcher Trans-
port entweder durch verfilmten Schnee oder durch Abschmelz-
wasser der verfirnt gewesenen Talschlüsse auf diese Lagerstätte
gebracht. Für einen solchen Transport mit einem unbekannten
Beförderungsmittel spricht auch die Art der Lagerung im Thüringer
Moschwitztale. Steht man bachaufwärts und blickt das Tal hin-
152
R. Hundt
unter, so kann man beobachten , wie sicli aus der Art der Lage-
rung der Blöcke eine Dreiecksforin konstruieren läßt, deren Basis
bacliaufwärts und dessen Spitze bachabwärts liegt. Bei dem
Blockmeer, wie Zimmermann a. a. 0. schon diese Anhäufung an
der Krötenmühle nennt, ziehen sich auch von den linken Hängen,
die nordwärts liegen, Blockmeere ins Tal, ohne daß sie beim
Blockmeer im Tale den charakteristischen Dreieckstyp verwischen.
Abb. III und Abb. IV. Zu diesem Blockmeer hat Paläopikrit das
Material geliefert. Die Blöcke machen , halb von Moor bedeckt,
den Eindruck erratischer Wanderblöcke, die auch irgendwo in der
norddeutschen Tiefebene liegen könnten. Denselben Eindruck
rufen die Blöcke hervor, die 750 in bachabwärts liegen. Nur
Abb. III. Blockmeer am nördlichen Berglmng nach der Krötenmühle im
Thüringer Moschwitztale. Die Paläopikritblöcke ziehen sich ins Tal hinab,
die kahlen Höhen im Hintergründe steigen nach Stehen und Carlsgrün
hinan und lassen andere Talschlüsse mit Nivation erkennen.
sind sie schon tiefer in die Rasenfläche eingelagert, so daß dieses
Blockmeer schwieriger zu erkennen ist. Abb. V. Hier liegen
aber die Paläopikritfelsen sicher auf sekundärer Lagerstätte, weil
das Erosionstal der Thüringer Möschwitz an dieser Stelle zwischen
Oberem Cambrium fließt. Wieder besitzt das Blockmeer die cha-
rakteristische Dreiecksform. Weiter oben wurde schon eine Block-
bestreuung erwähnt, die sich in den Talschlüssen bis hinauf in
den obersten Teil zieht (Tal nach dem Knöcklein, nach Langen-
bach, Hohlebrunnental). Abb. II. Es lagern dabei immer nur
einzelne größere Blöcke über die große Fläche hingestreut. Die
anderen kleineren Blöcke hat der Rasen vollständig eingedeckt.
Die Eiszeit irn Frankenwalde.
153
Zu diesen Blockanhäufungen ist wolil auch das Blockmeer auf dem
Lobensteiner Cnlm zu rechnen, dessen Spitze so charakteristisch
steil über der Umgebung- herrscht. Diese höchste Kuppe (729,2 m)
ist ganz zerklüftet. Die Blöcke aus Diabas liegen wirr durch-
einander. Alles macht den Eindruck, als hätte die postdiluviale
Zeit nicht genügt, diese Felsmassen so stark zu verwittern. Der
erhöhte Spaltenfrost war hier an diesem Lobensteiner Culm tätig,
der als Nunatek rings aus den mit verfilmtem Schnee angefüllten
Talschlüssen herausschaute, die gerade um ihn herum in Menge
liegen (Hohlebrunnental, Thüringer Moschwitz, Fränkische Mosch-
witz , Gemäßgrund , Schlegelbach, Langwassertal). Der Spalten-
frost mußte so. seine vernichtende Wirkung in erhöhtem Maße an
Abb. IV. Blockmeer im Tale der Thüringer Möschwitz an der Kröten-
miilüe. die wenig talaufwärts von dieser Stelle aus liegt. Nach links hin
steht dieses Talblockmeer mit dem auf vorhergehender Abbildung dar-
gestellten in Verbindung. Vergleicht man es mit der Abb. V, so erkennt
man bei dem hier eine größere Breite.
dieser so deutlich hervortretenden Bergspitze verrichten. Auf den
Feldern liegen auffällig viele Blöcke. Sie bedecken die flachen
Abhänge des Berges. Sie sind an den Feldrainen meistens zu
natürlichen Mauern aufgeschichtet. Viele von ihnen haben später
Wasser und Wind weiter hinab ins Tal geführt. Mir scheint
dieses Blockmeer , das von geringer horizontaler Ausdehnung ist,
neben einem weiter unten zu erwähnenden das einzige auf pri-
märer Lagerstätte liegende zu sein. Leider war es unmöglich,
eine annähernd gute Photographie zu bekommen, weil von diesem
154
R. Hundt, Itie Eiszeit im Frankenwalde.
Blockmeer die Vegetation (Baumwuchs) Besitz ergriffen hat. Das
andere, auf primärer Lagerstätte nicht mehr klar zu erkennende
Blockmeer liegt auf dem Bergrücken , den der Weg von der
Krötenmühle nach Schlegel übersteigt. Auf der Höhe liegen hier
mächtige Diabasblöcke, die man jetzt zu Mauern um die Felder auf-
geschichtet hat. Hier hat die Menschenhand, um Land für den Acker-
bau zu gewinnen, die Blöcke von ihrem alten Lagerplatz entfernt.
Zu der periglazialen Fazies mechanischer Verwitterung
scheinen auch die ungeheuren Blockanhäufungen zu gehören , die
an manchen Stellen an Steilrändern unserer Erosionstäler in der
Nähe der Mündung liegen. Sie lagern immer auf der Südseite
Abb. V. Blockmeer 750 iti talabwärts von der Krötenmühle. Im Hinter-
gründe ziehen sich die Berghänge, enger und steiler werdend, zusammen
und formen das jüngere Erosionstal der Thüringer Möschwitz
der Täler, wo der Spaltenfrost nachweisbar am stärksten wirken
muß, in dem Teile des Tales, wo es sich weitet, also dem süd-
lichen Sonnenstrahl günstige Gelegenheit zur Wirkung bietet. Die
schönsten solcher Blockanhäufungen, die noch nicht von einer
Vegetation bewachsen sind und die einen kahlen, öden Eindruck
hervorrufen , sah ich am rechten Ufer der Wettera, kurz bevor
sie bei Klosterhammer in die Saale mündet. Das Material zu
diesen eckigen, ziemlich großen Blöcken lieferte Diabas und
kontakterhärteter unterdevonischer Schiefer. Auch am Unterlauf
der Thüringer Moschwitz treten solche Flächen auf, deren einziger
Bewohner Himbeersträuehe sind. Einen großen Teil des Materials,
das ehedem der Spaltenfrost so locker verwittert hatte, hat auch
das überschwemmte Bächlein dann mit sich fortgeführt.
H. Balss, Ueber fossile Galatheiden.
155
Ueber fossile Galatheiden.
Yon Dr. Heinrich Balss,
Assistent an der zoologischen Staatssammlung (München).
Mit 1 Textfigur.
Unsere Kenntuisse der fossilen Galatheiden sind bisher außer-
ordentlich gering; Ortmann (Bronn’s Klassen und Ordnungen
p. 1307) sagt, daß sie fossil überhaupt unbekannt seien und auch
in der von F. Broili bearbeiteten zweiten Auflage von K. v. Zittel’s
Grundzüge der Paläontologie heißt es (p. 514), daß die Bestim-
mungen nur unsicher seien. Angeregt durch die Bearbeitung der
(rezenten) Galatheiden der deutschen Tiefsee-Expedition „ Valdivia“
unterzog ich das in der hiesigen paläontologisclien Staatssammlung
aufbewahrte Material einer Revision. Für die Überlassung dieser
Sammlung sage ich Herrn Professor Dr. A. Rothpletz und Herrn
Privatdozent Dr. E. Dacque meinen besten Dank; Herrn Professor
Dr. E. Stromer von Reichenbach bin icli die Anregung zu dieser
Arbeit und für manchen Hinweis verpflichtet. Herr Professor
E. Fr aas (Stuttgart) hat mich ebenfalls durch Zusendung von Ma-
terial unterstützt.
I. Liste der bisher beschriebenen Arten.
Soweit ich in die Literatur eindringen konnte, fand ich bisher
folgende Arten erwähnt, deren Beschreibung sich allerdings nur
auf die Form des Carapax stützt:
Oberster Weißer Jura.
1. Gastrosaccus Wetzleri H. v. Meyer. 1856. p. 51. Taf. X Fig. 3 und 4.
„ „ „ „ „ 1860. p. 219. Taf. 23 Fig. 34.
„ „ W. Mörike. 1897. p. 46.
„ r J. Carter. 1898. p. 18. Taf. I Fig. 3.
= Prosopon aculeatmn Qüenstedt (Der Jura), p. 779. Taf. 35
Fig. 46 und 47.
= Galathea acutirostris W. Mörike. p. 53. Taf. VI Fig. 7.
Diese Form wurde zuerst von H. v. Meyer zu den Proso-
poniden, also den primitivsten Brachyuren gestellt; allein Mörike
wies mit vollem Rechte nach, daß die Form eine Galatheide sei.
da die Gestalt des Carapax wie die Oberflächenskulptierung
bei beiden gut übereinstimme.
Vorkommen: Weißer Jura, Örlinger Tal, Niederstotzingen
(Württemberg), Stramberger Schichten bei Stramberg etc. (Mähren),
Coral Rag of LJpware (England).
2. Galathea eatecta Mörike. 1897. p. 52. Taf. VI Fig. 5. Remes. 1895.
p. 200.
Vorkommen : Stramberger Schichten, bei Mischlowitz etc. (Mähren)-
3. Galathea Zitteli Mörike. 1897. p. 52. Taf. VI Fig. 6. Remes. 1895.
p. 200.
Vorkommen: Stramberger Schichten bei Wischlitz, Stramberg
(Mähren).
156
H. Balss.
4. Galathea antiqua Mörike. 1897. p. 54. Taf. VI Fig. 4.
Vorkommen: Stramberger Schichten (Mähren).
5. Galatliea Meyeri Mörike. 1897. p. 55. Taf. VI Fig. 8.
Vorkommen: Stramberger Schichten (Mähren).
6. Galathea verrucosa Mörike. 1897. p. 55. Taf. VI Fig. 9.
Vorkommen: Stramberger Schichten (Mähren).
7. Galatliea striata Remes. 1895. p. 200. Fig. 3.
Vorkommen: Stramberger Schichten, Stramberg (Mähren).
8. Galathea tuberosa Remes. 1895. p. 200. Fig. 4.
Vorkommen: Stramberger Schichten, Stramberg.
*
Marine oberste Kreide.
9. Galathea strhjifera Steenstrup. Segerbeiic», 1900. p. 6. Taf. I Fig. 2.
Vorkommen : Faxekalk, Skandinavien.
10. Galatliea mitnidoides Segerberg. 1900. p. 7. Taf. I Fig. 5.
Vorkommen: Faxekalk, Skandinavien.
11. Galatliea ubagliesii Pelseneer. 1886. p. 167.
Vorkommen: Mastrichtien von Limburg.
12. Munida defecta Segerberg. 1900. p. 8. Taf. I Fig. 6. Woodward.
1901. p. 490.
Vorkommen: Faxekalk, Skandinavien.
Marines Tertiär.
13. Galatliea uffinis Risturi. 1886. p. 36. Taf. II Fig. 18.
„ ., Lörenthey. 1909. p. 228.
Vorkommen: Pliocan Siziliens und Sardiniens.
14. Falaeomunida defecta Lörenthey. 1902. p. 103.
Vorkommen: Tertiär Ungarns (Kleiner Schwabenberg bei Bu-
dapest).
1 1. Gehören diese Formen zur Klasse der Galatheiden ?
Die bisherige Annahme, daß diese Formen zu den Galatlieiden
zu stellen seien, stützte sich besonders auf die Form des Carapax
und seine Bewehrung mit Quer-
linien und Stacheln an der Seite.
Mörike wies dann noch auf die
Identität der Cervicalfurche auf
der Oberfläche des Carapax bei
rezenten und fossilen Formen
hin. Ich möchte hier noch auf
einen dritten Umstand hin-
deuten; er betrifft das Ver-
halten der linea anomurica.
Diese Linie teilt bei den rezen-
ten Anomuren die Seitenfläche
des Carapax in zwei Hälften, von denen die obere mit dem Rücken-
scliild fest verbunden ist, während die untere ein Stück für sich
darstellt. (Fig. 1.) Wenn man daher das Rückenschild einer
Fig. 1.
Carapax von Munida hamffica Pen.
von der Seite gesehen.
La — linea anomurica (aus Bouvier
1897).
l'eber fossile Galatheiden.
157
Galatheide loslöst, dann bleibt immer noch ein Stuck der Seiten-
fläche daran haften. Genau so verhalten sich nun auch die fossilen
Stöcke; überall ist bei den Carapaxfragmenten — die wir ja allein
besitzen — noch ein Stück der Seitenfläche, das daran sitzt, bis
znr linea anomurica miterhalten. Wir haben damit wohl einen
weiteren Beweis, daß die fossilen Stücke zu den Anomuren gehören,
unter welchen dann nur die Galatheiden in Frage kommen.
III. Kritische Bemerkungen zur Einordnung ins System der
rezenten Formen.
Um diese Formen in das System der rezenten Formen ein-
ordnen zu können, ist es vor allem nötig, uns über dieses selbst
klar zu werden. Wir unterscheiden unter den jetzt lebenden
Arten — abgesehen von den Porcellaniden, die als aberrante Gruppe
außerhalb unserer Betrachtung bleiben — mit Ortmaxx 3 Familien
mit 10 Gattungen, die sich hauptsächlich durch die Form der
Kiemen und die Form der Anhänge an den Beinen unterscheiden —
alles Kriterien, die fossil nicht erhaltungsfähig sind. Doch können
wir Gruppen nach der Form des C'arapax und seiner Oberfläche
unterscheiden, die sich folgendermaßen charakterisieren:
Rostrum
ry
(_ arapax-
Seitenwand
Carapax-
Oberfläche
Vorkommen
Aeglea
dreieckig, unge-
zähnt, gekielt
mit Ein-
kerbungen,
ohne Stacheln
mit Suturen,
ohne Warzen,
oder Quer-
linien
Süßwasser
Südamerikas
Chirostylus
zugespitzt
stachelig
mit großen
Stacheln
Tiefsee
Uroptychus
dreieckig, unge-
zähnt. ungekielt
glatt oder ge-
zähnt
glatt
Tiefsee
Eumunida
5 Stacheln
mit Zähnen
mit Querlinien
litoral
Galatliea
dreieckig, mit
Sägezähnen auf
jeder Seite, ohne
Mittelkiel
gezähnt
mit Querlinien
litoral
Mun ida
dornförmig, an
jeder Seite ein
Stachel
mit Zähnen
mit Querlinien
, litoral und
Tiefsee
Munidopsis
breit, dreieckig,
meist ohne Seiten-
zähne, manchmal
mit Mittelkiel
gezähnt oder
ungezähnt
meist glatt
oder runzelig
Tiefsee
158
H. Balss,
Suchen wir nun die fossilen Formen in dieses System ein-
zuordnen, so sehen wir gleich, daß alle Formen des Jura, die unter
dem Namen „Galathea“ gehen (also No. 1 — 8 der Tabelle), nicht
in dieser Gattung verbleiben dürfen, da sie alle ein ungezähntes
Rostrum haben, das oft sogar einen Mittelkiel trägt, wie er bei
Galathea nicht vorkommt. Wir müssen daher für diese Formen
eine neue Gattung aufstellen, die ich „Galatheites“ zu nennen vor-
schlage. Diese Gattung wäre so zu charakterisieren : Der Cephalo-
thorax übertrifft an Länge etwas die Breite, seine OberÜäche wird
entweder von tiefen Querlinien oder von Runzeln und Warzen
bedeckt, die selbst in geraden Linien angeordnet sind. Ferner ist
auf seiner Oberfläche die Cervicalfurche vorhanden, die sich an den
Seiten in zwei Aste gabelt. Die Seitenränder können mit Zähnen
bewehrt sein. Das Rostrum ist eine breite, dreieckige Platte, deren
Ränder ungezähnt sind ; auf seiner Oberfläche kann ein Mittelkiel
vorhanden sein. Die Größe des Carapax beträgt im Durchschnitt
10 — 17 mm.
Eine merkwürdige Ähnlichkeit besteht nun mit der rezenten
Gattung Munidopsis, deren Vertreter in der Tiefsee leben. Natür-
lich läßt sich eine Verwandtschaft nicht sicher beweisen, da wir
von der fossilen keine Scheren, Füße, Augenstiele etc. erhalten
haben; auch stellt man Munidopsis als höchstentwickelte Form der
Gruppe ans Ende des Systems, so daß man annehmen sollte, daß
sie auch geologisch erst zuletzt auftrete, aber immerhin ist doch
die Ähnlichkeit der fossilen Formen, besonders in bezug auf das
Rostrum, recht gut ausgesprochen ; so stellt denn auch Bouvier
(1897. p. 87) Gastrosaccus Wetzleri in die Mitte zwischen Gala-
theiden und Diptychiden. Auch wäre eine Ähnlichkeit jetziger
Tiefseeformen mit früheren Litoralformen nicht mehr so erstaun-
lich, nachdem wir aus anderen Gruppen des Tierreichs noch mehr
solcher Fälle kennen gelernt haben ; ich verweise hier nur auf
E. Stromer von Reichenbach’s Lehrbuch der Paläozoologie. 2. p. 2931.
Über die Formen aus der Kreide ist wenig zu sagen. Galathea
strigifera Steenstrup hat nach Segerberg’s Angabe ein Rostrum,
dessen Ränder zu beiden Seiten mit Zähnen bewaffnet sind und
wäre also eine echte Galathea. Ebenso soll seine Munida primacra
mit. zwei Dornen am Rostrum bewehrt sein, so daß wir es tat-
sächlich mit einer Munida zu tun hätten ; doch sind die Abbil-
dungen wenig deutlich. Bei der Galathea uhaghesii Pelseneer fehlt
das Rostrum völlig, so daß wir über ihre Stellung nichts Sicheres
sagen können.
Bei den Formen aus dem Tertiär bemerke ich, daß Galathea
affinis Ristori sicher bestimmt ist und eine echte Galathea dar-
* Ich bemerke, daß dem Verfasser hier ein kleiner Irrtum unterlaufen
ist, indem er statt „Peneiden“ „ Tkaumastocheles “ schreiben wollte.
Feber fossile Galatbeiden.
159
stellt, von der Palaconntnida defecia Lörenthey läßt sich da-
gegen ebenfalls nichts Bestimmtes sagen, da auch bei ihr das
Rostrum fehlt.
IV. Zur Biologie der fossilen Formen.
1. Lebensweise: Die heutigen Galatheiden leben ruhig,
ohne sich viel zu bewegen, an Felsen, Korallriffen etc., wo sie auf
ihre Beute lauern. Auch die fossilen Formen scheinen diese Lebens-
weise geführt zu haben, da man sie meist zusammen mit Korallen
oder auf Bryozoenbänken findet.
2. Parasiten. Schon H. v. Meyer beschrieb 18(50, p. 220,
daß bei den fossilen Formen oft die eine Hälfte der Kiemengegend
blasenartig aufgetrieben sei und deutet dies als krankhafte Wuche-
rung. Auch bei rezenten Formen findet sich eine solche Wuche-
rung oft, wie ich konstatieren konnte und wie sie auch schon
manchmal abgfebildet wurde (vergl. A. M. Edwards und E. L. Bou-
vier. 1897. Taf. VIII Fig. 4), und zwar wird sie hier von para-
sitischen Isopoden den Genera Gi/i/e und Plcurocn/plus angehörig
verursacht, welche in der Kiemenhöhle sich ansiedeln und diese
Auftreibung durch ihr Wachstum verursachen. (Vergl. Ortmann,
Bronn p. 1S4.) Daher dürfen wir schließen, daß auch die Auf-
treibungen der jurassischen Galatheiden von solchen parasitischen
Isopoden gebildet wurden.
Literaturverzeichnis.
A. Über rezente Galatbeiden:
Bodvikr, E. L. : Sur l'origine somarienne des Crabes, in: Bulletin
de la Societö philomatique de Paris. 8 Serie. Tome VIII. 1897.
Edwards. A. Milne und E. L. Bouvier: Les Galathöides du ,, Blake“,
in : Memoirs of the Museum of comparative Zoology, Harvard
College. 35. 1897.
Ortmann, A. E. : Malacostracen, in : Bronn’s Klassen und Ordnungen
des Tierreichs.
B. Über die Fossilen :
Cartf.r, J. : A Contribution to the Palaeontology of the Decapod
Crustacea of England. Quaterly Journal of the geological So-
ciety. 54. 1898.
Lörenthey, J. : Beiträge zur Kenntnis der tertiären Decapodenfauna
Ungarns. Math.-naturwiss. Berichte Ungarns. 18. Leipzig 1903.
— Beiträge zur Kenntnis der tertiären Decapoden Sardiniens, in :
Math, natunviss. Berichte aus Ungarn. 24. Leipzig 1907.
Meyer, H. v. : Jurassische und triassische Crustaceen, in „Palaeonto-
graphica“. 4. 1856.
— Die Prosoponiden. „Palaeontographica“. 7. 1859 — 61.
Mörike.W.: Die Crustaceen der Stramberger Schichten, io : „Palaeonto-
graphica“. Supplem. II. 6. Abteilung. 1897.
160
Besprechungen. — Personalia.
Pelseneer: Notice sur les Crustaces Decapodes du Mastriclitien du
Limburg, in : Bulletin du Müsse royal d’histoire naturelle de
Belgique. 4. 1880.
Rem es, M. : Beiträge zur Kenntnis der Crustaceen der Stramberger
Schichten, in: Bulletin international, Classe des Sciences mathe-
matiques et naturelles de l’Academic des Sciences de l'empereur
Francois Joseph I. 2 Prague 1895.
Ristori, (LJ.: Crostacei Brachiuri e Anomuri del Pliocene italiano,
in: Bolletino della Societä geologica italiana 5. 1886. Roma.
Segerberg, K. 0. : De Anomura och Brachyura Decapoderna inom
Skandinaviens yngre Krita, in: Geol. Foren i Stockholm Fürhandl.
22. H. 5. 1900.
Woodward, Id : On some Crnstacea collccted by Miss Birley and
Miss Copeland from the Upper cretaceous of Faxe, Denmark.
Geolog. Magazine. Serie IV. 8. p. 480.
Besprechungen.
C. Doelter : Handbuch dei' Mineralchemie. 6. Liefe-
rung. Leipzig bei Theodor Steinkopff. 1912. p. 801 — 1008. Mit
zahlreichen Abbildungen, Tabellen und Diagrammen.
Mit der vorliegenden sechsten Lieferung ist der erste Band
dieses wichtigen Werkes vollendet. Sie enthält: Die Silikat-
sclnnelzen von C. Doelter, Fortsetzung und Schluß (p. 801 — 804).
Die Silikate und Aluminate des Zements von E. Dittler (p. 804
— 815). Allgemeines über Zemente von F. R. von Arlt (p. 815
— 855). Glas von E. Zschimmer (p. 855 — 918). Glasuren und
Emails von E. Berdel (91.8 — 925). Die Schlacken von J. H.
L. Vogt (p. 925 — 960). Dazu kommen Zusätze und Berichti-
gungen (p. 960 — 966), ein Autorenregister (p. 966—984) und ein
Sachregister (p. 984 — 1008) nebst Titel und Vorwort zu dem Band.
Möge das Buch auch in den folgenden Bänden in der bisherigen
Weise rasch vorwärts schreiten. Max Bauer.
Personalia.
Habilitiert: Dr. O. Weigel in Göttin ge.n für Mineralogie
und Petrographie.
H. Michel, Der Klinoenstatit der Meteoriten.
161
Original-Mitteilungen an die Redaktion.
Der Klinoenstatit der Meteoriten.
Von H. Michel in Wien.
Als im Jahre 1879 F. Fouque und A. Michel-Levy 1 künstlich
Meteoritentypen darstellten, fanden sie in einem solchen künstlichen
feldspatfreien Typus eiuen monoklinen, polysyuthetisch verzwillingten
Pyroxen, der nach ihren Angaben mit den Pyroxenen ans den Meteoriten
von Kragujewatz und Rittersgrün übereinstimmte. Sie nahmen
für diesen Pyroxen die Zusammensetzung MgSi03 au und waren
der Ansicht, daß er identisch sei mit den von Ebelmen 1851,
Hautefeuille 1864 und St. Meunier 1880 dargestellten monoklinen
Magnesiapyroxenen. J. H. L. Vogt1 2 hat das gleiche Mineral in
Schlacken angetroffen, in denen es mit Enstatit und Diopsid zu-
sammen vorkam und sich gleichzeitig mit Enstatit gebildet hatte.
Jedoch hat sich später Vogt.3 gegen die Einreihung dieses Minerals
in die Pyroxengruppe und gegen die Bezeichnung „ Mg- Pyroxen “ ,
die von M. Levy und FouquE gebraucht worden war, ausgesprochen.
Seit langem war bekannt, daß dieses Mineral in den Meteoriten
vielfach vorkommt und W. AVahl4 hat in letzter Zeit nachgewiesen,
daß dieses monokline Mg-Silikat (sowie das entsprechende Fe-Silikat)
in den Meteoriten mit den Pyroxenen der Diopsid-Hedenbergitreihe
zu isomorphen Mischkristallen, den Eustatitaugiten, zusammentreteu.
Aber nicht nur als Komponente in diesen für die Meteoriten
charakteristischen Eustatitaugiten tritt es auf, es kommt auch
selbständig vor, und W. AVahl beschreibt es als „Pyroxen der
Chondrite“ aus den Chondriten von Mezö Madarasz und Bjurböle
und schlägt dafür den Namen Klinoenstatit vor.
AVie jedoch aus den älteren Literaturangaben hervorgeht,
ist es auch in anderen Meteoriten (Rittersgrün) vorhanden.
Gelegentlich einer Untersuchung der Plagioklase der Meteoriten
fiel dem Verf. das verhältnismäßig häufige Auftreten dieser Pyroxene
1 F. FouquE uni A. Michel-Levy, Reproduction ar tificielle de divers
types de meteorites. Bull, de la Soc. Min. 4. 1881. p. 279.
2 J. H. L. Vogt, Beiträge zur Kenntnis der Gesetze der Mineralbildung
in Schmelzmassen und in neovulkanischen Ergußgesteinen. Kristiania 1902.
p. 71—78.
3 J. H. L. Vogt, Die Silikatschmelzlösungen. I. Vid. skrifter. I.
Math.-nat. Kl. 1903. No. 8. p. 46.
4 W. Wahl, Die Enstatit augite. Tschermak’s min.-petr. Mitt. 28. p. 1.
Centralblatt f. Mineralogie etc. 1913. 11
162
H. Michel
in fast allen Gattungen der Meteoriten auf, und namentlich war
das Zusammenvorkommen mit Enstatit, bisweilen in einem und
demselben Individuum, merkwürdig. Es zeigten sich nämlich auf-
fällig oft monokline Spindeln in den rhombischen Pyroxenen.
Wenn man nun sich der von Groth 1 1904 ausgesprochenen
Ansicht anschließt, daß Enstatit und Klinoenstatit im Verhältnis
der Polysymmetrie zueinander stehen, wofür namentlich F. Zam-
bonini 2 wertvolle Beweise gegeben hat, läßt sich dieses merkwürdig
häufige Auftreten des Klinoenstatits in den Meteoriten leicht aus
den physikalischen Verhältnissen erklären, denen die Meteoriten
sowohl während der Entstehung als auch während ihres Fluges
durch den Weltraum ausgesetzt sind. Daß die für die Meteoriten
zutreffenden, von den irdischen Verhältnissen abweichenden physi-
kalischen Bedingungen zur Erklärung dieser Erscheinung außer
einer von den irdischen Gesteinen verschiedenen chemischen
Zusammensetzung herangezogen werden müssen, ist nicht von der
Hand zu weisen. Zu diesen abweichenden Verhältnissen ist jeden-
falls in erster Linie die verhältnismäßig raschere Abkühlung der
Meteoriten, namentlich der Chondrite, während ihrer Bildung zu
rechnen. Einem kleineren Himmelskörper ursprünglich angehörig,
zeigen die Chondrite in ihren Chondren Bildungen, wie sie in
ähnlicher Weise in manchen irdischen Gesteinen als Produkte einer
raschen Abkühlung angetrotfen werden. Wenn schon für die
primäre Entstehung eine raschere Abkühlung angenommen werden
kann, so ist der Meteorit während seines Fluges durch den Welt-
raum Erhitzungen ausgesetzt, denen sicher eine rasche Abküh-
lung folgt. Verf. war geneigt, dieser großen Abkühlungsgeschwin-
digkeit eine Wirkung auf das Auftreten des Klinoenstatits zuzu-
schreiben.
Versuche, die Hofrat Dölter1 * 3 kürzlich am künstlichen und
natürlichen MgSi03 unternahm, ergaben nun, daß die GRora’sche
Ansicht von der Polysymmetrie zwischen Enstatit und Klinoenstatit
die wahrscheinliche sei, indem die Abkühlungsgeschwindigkeit auf die
Ausscheidung von Enstatit oder Klinoenstatit einwirkt. Bei rascher
Abkühlung bildet sich der grob makroskopisch verzwillingte
Klinoenstatit, bei langsamer Abkühlung wird die Verzwilligung
so fein, daß scheinbar rhombische Formen entstehen, es bildet sich
Enstatit.
Nun trifft aber gerade raschere Abkühlung für viele, wenn
nicht die meisten Meteoriten zu, und so können wir das Auftreten
der Klinoenstatite in den Meteoriten leicht dadurch erklären.
1 P. Groth, Einleitung in die chemische Kristallographie. 1904. p. 7.
- F. Zambonini, Die morphotrppischen Beziehungen zwischen Enstatit,
Diopsid etc. Zeitschrift f. Krist. 46. p. 1.
3 Bisher unveröffentlicht.
Der Klinoenstatit der Meteoriten.
163
Wenn sich auch primär Enstatit in einem Meteorit gebildet haben
mag, so kann durch die Erhitzung und rasche Abkühlung während
des Fluges sekundär teilweise Klinoenstatit gebildet worden sein ;
und gerade das außerordentlich häufige Auftreten von mehr oder
weniger Spindeln von Klinoenstatit im Enstatit der Meteorite
könnte durch solche Erhitzuugsprozesse während des Fluges erklärt
werden. Wahrscheinlich ist dabei nicht der Schmelzpunkt des
Pyroxens erreicht worden, wohl aber müssen Temperaturen erreicht
worden sein, die ihm ziemlich nahe kommen. Es ist ja auch das
häufige Auftreten des Klinoenstatits in künstlichen Schmelzen auf
nichts anderes als auf die im Vergleich mit natürlichen Verhältnissen
immer viel zu rasche Abkühlung zurückzuführen.
Im Widerspruch mit diesen Ansichten stehen die Angaben
von Allen, Wright und Clement1, die Polymorphie und eine
Umwandlungstemperatur für Enstatit-Klinoenstatit annehmen. Sie
nehmen auch an, daß hei langsamer Abkühlung mehr von der
monoklinen Form des MgSi03 entstehe. Beispielsweise sei im
Stein von Bishopville nur deswegen so wenig Klinoenstatit vorhanden,
weil er rasch abgekiihlt sei2.
Doch ergibt sich dann ein schwer lösbarer Widerspruch insofern,
als für irdische Gesteine zweifellos langsamere Abkühlung angenom-
men werden muß, der Klinoenstatit sich jedoch nicht bildet, so daß
also wohl die oben vertretene Ansicht mehr Wahrscheinlichkeit hat.
Mineralogisches Institut der Universität Wien.
1 E. T. Allen, F. E. Wright and J. K. Clement. Minerals of the
composition MgSiOs. American Journ. of Science. XXII. 131. p. 431.
2 Bei einer außerordentlich raschen Abkühlung, wie sie erreicht wird,
wenn der Tiegel mit der Schmelze unmittelbar hei der Erstarrungstemperatur
in ein Gefäß mit Wasser geworfen wird, stellen sich tatsächlich pseudo-
rhombische Gebilde ein, die jedoch nur dadurch zustande kommen, daß sich
äußerst feinstrahlige Aggregate bilden, in denen durch Überlagerung
Kompensation eintritt; an günstigen Stellen läßt sich jedoch der monokline
Charakter der einzelnen Fasern erkennen. Die pseudorhombischen Aggregate
sind also nur durch parallele Aggregation und durch die Feinheit der
Nadeln bedingt und zu unterscheiden von den durch langsame Abkühlung
erhaltenen rhombischen Produkten, die ihre Form einer submikroskopischen
Verzwillingung verdanken. In der Tat dürfen wir für die Meteoriten wohl
keine so plötzliche Abschreckung abnehmen, sondern dürfen eher mit einer,
wenn auch noch immer raschen, so doch allmählicheren Abkühlung rechnen.
( Dies wird beispielsweise zutreffen, wenn wir als Ursache der Erhitzung
den Flug durch eine Atmosphäre oder Annäherung an einen Himmelskörper
annehmen.)
11*
164
Fr. v. Pävai-Vajna, Ueber sarmatischen Dacittuff
Ueber sarmatisohen Dacittuff in der Umgebung von Nagyenyed
nebst einigen Bemerkungen zur Arbeit des Herrn St. Gaal l.
Von Dr. Franz von Pävai-Vajna.
Mit 3 Textfiguren.
In einer vor zwei Jahren erschienenen Arbeit2 befaßte ich
mich detaillierter nur mit den sarmatischen Ablagerungen in der
NO- Abzweigung des Päräu-Bärsä genannten tiefen Grabens. Ich
erwähnte aber schon dort, daß in der Umgebung von Nagyenyed
diese Ablagerungen an mehreren Stellen unter den jüngeren
pannonischen Schichten zutage treten.
Ich will mich hier in erster Reihe mit den Aufschlüssen in der
Talenge von Miriszlö befassen, da hier in den gut aufgeschlossenen
sarmatischen Schichten Tuffeinlagerungen sichtbar sind, auf Grund
deren diese Ablagerungen, abgesehen von meiner erwähnten Arbeit,
in der Literatur überall als dem Obermediterran angehörend, an-
geführt werden.
Nördlich der Landstraße in der Nähe der Komitatgrenze
sammelte ich aus den hier aufgeschlossenen dicken, festen Sand-
bänken schon im Jahre 1909 für die sarmatische Stufe bezeichnende
Fossilien. Ihre spezielle Bearbeitung nahm ich aber erst jetzt vor.
als ich die Lagerungsverhältnisse dieses stark gefalteten Gebietes
studierend erkannte, daß die erwähnten Tuffbänke tatsächlich den
sarmatischen Ablagerungen angehören.
Unsere älteren Forscher erwähnen öfters, daß in den sarmatischen
Ablagerungen Tuffschichten Vorkommen, doch sind dieselben meistens
als Andesittuffe bezeichnet. So umschließen z. B. die Labradorit-
Augit-Andesittuffe im südlichen Teil des Vihorlat-Gutin-Gebirges
sarmatische Fossilien 3, ebenso wie die Hypersthen-Andesittuffe bei
Laäz 4. Im Tale von Fenycs enthalten die kalkigen Andesittuffe
1 St. Gaal, Die Neogenablagerungen des Siebenbürger Beckens. Dies.
Centralbl. 1912. p. 436. Man vergleiche auch den Aufsatz Dr. W. Pktra-
schkok’s, Die sieben biirgischen Enlgasaufschliisse des ungarischen Fiskus.
Montanistische Rundschau. 1912. p. 289. Aus diesem Artikel ist zu ersehen,
welch glänzende Resultate die auf Grund der Antiklinaltheorie angelegten
Bohrungen entgegen den Behauptungen GaAls ergaben.
Meine Ausführungen erschienen ungarisch mit Ausnahme des tektoni-
schen Teils in den Bänyäszati es Kohäszati Lapok. Berg- und Hütten-
männische Blätter.
5 Die geologischen Verhältnisse der Umgebung von Olahlapäd. Fi'ddt.
Közl. 40 p. 420
3 Karl Hofmann, Bericht über die im östlichen Teile des Szilägyer
Komitates während der Sommerkampagne 1878 vollführten geologischen
Spezialaufnahmen. Földt. Közl. 1879. 9. p. 280.
4 Julius Petkö. Die Tertiärbildungen des Tehär-Bnroi-Tales. Aufnahme-
bericht von 1885. Jahresbericht der kgl. ung. geol. Anst. 1887. p. 133.
in der Umgebung von Nagyenyed etc.
165
ebenfalls sarmatisclie Fossilien Bei Räkosd hingegen linden wir
nur in den höheren sannatischen Schichten (No. 9) den Schotter
der Amphibol- Andesite der Berge bei Deva 3. Die Andesite der
Hargita brachen sogar nur zur Zeit der pannonischen und levan-
tinischen Ablagerungen hervor 3.
Im allgemeinen kann mau, wie dies schon von mehreren
Forschern konstatiert wurde, beobachten, daß, von dem Szentendre-
Visegräder Gebirge ausgehend, gegen 0 respektive SO zu wir linden,
daß sich die gegen das Ende des unteren Mediterrans beginnenden
Aiulesitausbrüche gegen 0 und SO zu sukzessive bis in das Ende
des Tertiärs fortsetzen, als die Andesitvnlkane der westlichen
Gebiete wahrscheinlich schon längst erloschen waren. Es erscheint
deshalb als sehr natürlich, daß sich im Siebenbürger Becken und
besonders in den sannatischen Ablagerungen am Bande derselben
Andesittuffe vortinden können, ja vielleicht sogar vorfinden müssen.
Dieser Umstand macht es nötig, daß das Material der einzelnen
Tulfschichten im Siebenbürger Becken in jedem einzelnen Falle
einer eingehenden Untersuchung unterzogen werde.
Auch in der Nähe der Siebenbürger Teile fanden im oberen
Mediterran Andesitausbriiche statt4 (Borossebes, Iviszindia, Fel-
menes), so daß wir auch schon in unseren obermediterranen
Ablagerungen mit den jedenfalls viel mächtigeren Dacittuffen ab-
wechselnde feine Andesittuffe erwarten können.
Dasselbe muß ich aber auch von den Dacittuffen betreffs der
sannatischen Ablagerungen sagen. Die Dacite brachen im Gebiete
Siebenbürgens im oberen Mediterran hervor (1. c. p. 3131, die
Daciteruption des Csicsöberges durchbrach aber die Schichten des
oberen Mediterrans und die diesen eingelagerten älteren Dacittuff-
schichten, so daß dieser Ausbruch ganz am Ende des oberen
Mediterrans oder eventuell schon im Sannatischen erfolgte. (Ibid.)
Im Tale der Weißen Körös ist der Lajtakalk von Xagyag
bis Hercegäuy von einer Dacittuffdecke überlagert5, so daß auch
1 J. Petkö, Das östliche Zusammentreffen des Kodru-Märn und
Hygs-Droisa-Gebirgs. Jahresbericht von 1893. Jahresber. d. kgl. ung
geol. Anst. 1893. p. 76.
‘ Stefan Gaal, Jahresbericht der kgl. ung. geol. Anst. für 1910.
3 Anton Koch, Die Tertiärbildungen des Beckens der siebenbürgischen
Landesteile. II. Teil. p. 316 — 317 des ungarischen Textes. L Both
v. Telegd, Geologischer Bau des siebenbürgischen Beckens in der Umgebung
von Baläzsfalva. Jahresber. für 1906. Jahresber. d. kgl. ung. geol. Anst.
f. 1906. p. 149.
4 J. Petkö. Die Tertiärbildungen des Fehär-Karös-Tales zwischen
dem Hyges-Droisa- und Pleß-Kodru-Gebirge. Aufnahmebericht für 1885.
Jahresber. d. kgl. ung. geol. Anst. f. 1885. p. 116 — 125.
s Dr. M. Pälfy, Die geologischen Verhältnisse und die Erzlagerstätten
des siebenbürgischen Erzgebirges. Jahrb. d. kgl. ung. geol. Anst. 1911.
p. 224 des ungarischen Textes.
166
Fr. v. Pävai-Vajna, lieber sarmatischen Dacittuff
dieser Dacit jünger ist. Mit einem Worte, es ist die Möglichkeit
gegeben, daß wir in den besonders am W- und NW-Rande des
Siebenbürger Beckens vorkommenden sarmatischen Ablagerungen
auch Dacittuffe finden.
Ludwig Roth v. Telegd erwähnt in seinem Berichte vod
1898 im Zusammenhänge mit den sarmatischen Schichten bei
Örmeuyes tatsächlich auch Dacittuff. Ebenso erwähnt er in seiner
Aufnahme von 1906 bei Szäszcsanäd den sarmatischen Ablagerungen
angehörende Dacittuffe. Leider ist in keinem der vorkommenden
Fälle von einer detaillierteren Untersuchung die Rede.
Als ich dann in den in der Talenge von Miriszlo aufgeschlossenen
Ablagerungen die sarmatische Stufe bezeichnende Fossilien gefunden
hatte, erregten die Lagerungsverhältnisse wie auch das Material
der mit jenen zusammenhängenden Tuffschichten mein Interesse in
hohem Grade. Das beigefügte Profil, welches ich auf Grundlage
vieler Messungen zusammengestellt habe, fixiert die Lage der
Tuffschichten deutlich (Fig. 1).
Mein Kollege Dr. S. Papp war so freundlich, die den obersten
Tuffschichten (I.) entnommenen Proben, unter welchen ich in
geringer Entfernung noch
Cardium cf. plicatum Eichw. und
Trochus pictus Eichw.
gefunden habe, mikroskopisch zu untersuchen. Das Resultat seiner
Untersuchungen ist das folgende: „Auch die oberste Schichte des
Miriszloer Dacittuffs ist sehr feinkörnig. Makroskopisch können
im graulichweißen Gestein kaum einige Biotit- und Muscovit-
blättchen wahrgenommen werden. Unter dem Mikroskop kann
man in der isotropen, stellenweise aus winzigen Kristallisations-
produkten bestehenden Grundmasse größere, zerstückelte Quarz-
körner, Plagioklas -Feld spat- Fragmente, seltener chloritisierte
B i o t i t blättchen und Museo vitfetzchen erkennen. Die Quarze
enthalten libellenartige Flüssigkeitseinschlüsse. In der Bindemasse
kommt stellenweise auch Calcit vor.“
Das Dasein von Plagioklasfeldspaten und vulkanischem Quarz,
insbesondere aber das letztere ist ein schlagender Beweis dafür,
daß wir es in diesem Falle mit Dacit- und nicht mit
Andesittuff zu tun haben. Nachdem mir selbst die ent-
sprechenden Apparate nicht zur Verfügung gestanden sind, habe
ich zur Vervollständigung der Untersuchung den Herrn Chemiker-
aspirant L. Väsärhelyi ersucht, den Si02-Gehalt dieses Tuffs zu
bestimmen.
Väsähheuyi hat dieses seiner engeren Heimat entstammende
Gestein mit einer peinlichen Genauigkeit untersucht und dessen
Si02- Gehalt in 63,43 °/o angegeben, welcher Kieselsäuregehalt
noch immer auf Dacit hin weist.
in der Umgebung von Nagyenyed etc.
167
An dieser Stelle spreche ich meinen genannten Freunden, die
so uneigennützig die Erweiterung unserer Kenntnisse augestrebt
haben, meinen besten Dank aus.
Unter den in der Miriszloer Talenge aufgeschlossenen Schichten
sind das unterste mächtige Tuffschichtenkomplexgewölbe (III.) und
die darunter befindlichen, größtenteils tonigen Sedimente älter.
Obwohl ich in diesen Schichten keine Fossilien gefunden habe,
muß ich doch, den dicken Tuff in Betracht gezogen, die darunter
und darüber gelagerten tonigen Produkte als obermediterran be-
trachten. Unmittelbar auf ihnen haben sich größtenteils aus
Sandeu bestehende Schichten mit zwei dünneren Tuffmittellagerungen
abgelagert. In diesen Sandeu sind gleichfalls nur wenig Fossilien
vorhanden, jedoch sind in diesen dickbankigen, wenig kompakten,
groben Varietäten schwach erhaltene Fossilienfragmente häufig
genug zu finden. Aus diesen, über dem Weg gut aufgeschlossenen,
dicken Sandbänken habe ich bisher folgende Fossilien bestimmen
können:
Jfactra sp. Hydrobia cf. Toumoiteri Mayer
Ervilia poddica Eichw. Hydrobia sp.
Cardittm cf. praeplicatum Hilb. Morensternia angulata Andruss.
Cardium sp. Morensternia inflata Andruss.
Modiola sp. Tornatina ( Bulla) Lajotikaireana
Congeria sp. Bast, und
Trochus papilla Eichw. Heterostegina costata d Orb.
Cristellaria sp.
Fig. 1.
Profil der Antiklinale von Miriszlö.
Die hier anfgezählten Fossilien sind ebenso wie die aus
bedeutend höheren Schichten stammenden, schon erwähnten beiden
Fossilien ausgesprochen für die sarmatische Stufe bezeichnende
Arten. Obwohl die Heterostegina costata genügend häufig vorkommt,
beweist ihre starke Abgewetztlieit dennoch, daß sie aus den medi-
terranen Sedimenten hereingewaschen ist. Dasselbe kann ich auch
von der anderen, gut entwickelten Foraminifere sagen. Übrigens
können wir bei der Bestimmung des Alters immer nur die Fauna
jüngsten Charakters berücksichtigen, und falls wir darauf achten,
kann unsere Fauna auch zur Bestimmung eines noch engeren
Zeitraumes benützt werden.
Ich habe schon früher 1. c. p. 428) hervorgehoben, daß in
Olählapäd das Fossilienmaterial der Fossiliennester, mit den Fossilien
168
Fr. v. Pävai-Vajna, Heber sarmatischen Dacittuff
der sie einschließenden Schichten verglichen, einen Unterschied
aufweist, insofern dort auf tieferes Sarmatikum hinweisende
Ser pulen, Ervilien, Hydrobien und Bullen die Haupt-
rolle spielen. Es stammen diese fossilienführenden Blöcke aus
den untersten sarmatischen Schichten. In der jetzigen Fauna
kommen Ervilien, Hydrobien und Bullen in der größten
Individuenzahl vor. Folglich kann ich die untersten sarmatischen
Schichten in der Miriszloer Talenge als anstehend konstatieren,
was sowohl den Lagerungsverhältnissen als auch jener Analogie
entspricht, welche deren Fauna und auch die Fauna der aus-
ländischen gleichaltrigen Sedimente aufweisen, wo manche Individuen
noch an das Obermediterran erinnern.
Jedenfalls ist es wünschenswert, daß wir uns durch weitere
Fortsetzung der Forschungen an eben dieser Stelle davon über-
zeugen, ob auch bei uns die Übergangs-Buglowaschichten und die
untersten sarmatischen Sedimente (volhynische Schichten) jede für
sich unterschieden werden können, wie das schon in Bußland 1
und in Rumänien2 und auch an der Grenze unseres Vaterlandes,
in der Bucht von Bahna, festgestellt worden ist3. Vielleicht
gelingt es mir noch in der Zukunft, an dieser Stelle, welche in
betreff der sarmatischen Sedimente so lehrreich erscheint, aus-
führlichere Untersuchungen zu bewerkstelligen. Vorläufig fixiere
ich schon hier, daß in der Miriszloer Talenge die
untersten sarmatischen S e d i m e u t e , die sogenannten
volhynischen Schichten, anstehend vorhanden sind
und innerhalb deren noch Dacittuffschichten Platz
nehmen, folglich haben sich die Siebenbürger
Daciter uptionen auch noch im unteren Sarmatikum
fortgesetzt.
Auf neuere Vorkommen von sarmatischen Schichten bin ich
in den neueren Rodungen des Olählapäder Waldes in den rechts-
seitigen Nebeuzweigen des Päräu-Bärsä gestoßen. Diese neueren
Vorkommen haben meine Ansicht, daß von Nagyenyed unmittelbar
gegen NW sich die sarmatischen Ablagerungen in einem zusammen-
hängenden Schichtenkomplexe unter den obermediterranen und
pannonischen Sedimenten befinden, noch mehr befestigt.
Südlich von dem tiefen Einschnitte des Päräu-Bärsä habe ich
den ersten Ausbiß im tiefen Graben des Pävai- Waldes, gleich
nördlich von der Lichtung, welche sich auf der Generalstabskarte
1 : 25 (>00 bei der Gote 365 befindet, gefunden. Hier tritt in der
Grabensohle unter den pannonischen, gelben sandigen Tonen eine
feinkörnige Konglomeratbank auf, in welcher genügend schwach.
1 W. Laskarew, Die Fauna der Buglowascbichten in Volhynien.
1 G. Murgoci, Tertiarul din Oltenia. Annuarul 1907.
8 G. Wacovei, Basinul tertiär de la Bahna. Annuarul 1909.
in der Umgebung von Nagyenyed etc.
169
erhaltene Fossilien vorhanden sind, von welchen icli folgende
bestimmt habe:
Mactrci sp. Cerithium pictmn Bast.
Tapes gregaria Partsch (= Potamides mitralis)
Modiola sp. Cerithium rubiginosum Eichw.
Murex sp. (cf. suhlavatus Bast.) Troclius podolicus Dub.
In dem von der schon erwähnten Lichtung (Urik.) nordwestlich
hinziehenden Graben tritt unmittelbar unter den gelben panuonischen
Schichten eine dem soeben behandelten Konglomerat ähnliche Bank
zutage. Hier dominiereu aber schon nicht mehr die Cerithien,
sondern die Modioien. Eine auf der Grabensohle liegende
mächtige Scholle ist voll von Bruchstücken der Modiola und
Cardium sp., aus welchen man aber leider die einzelnen Arten
kaum genau bestimmen kann. Die A/orf/o/rt-Schalenfragmente weisen
hauptsächlich auf Modiola voThynica Eichw. hin.
In der anstehenden Konglomeratbank waren die Fossilien
derart schlecht erhalten, daß man nur folgende bestimmen konnte :
Ervilia cf. pusilla Phil.
Tapes gregaria Partsch
Tapes sp.
Cardium obsoletum Eichw.
Cardium sp.
Modiola sp.
Cerithium pictum Bast.
(= Potamides mitralis)
Hg drob ia sp.
In dem von der Cote 365 direkt westlich laufenden Graben
habe ich in den sandigen Ablagerungen unter den panuonischen
Schichten gleichfalls Cardium- und il/orffoZa-Schalenfraginente ge-
funden. Infolgedessen kann ich in bezug darauf, daß sowohl in
den Haupttälern, wie im Maros-Tale, den Tälern des Örmenyeser l,
Miriszlöer (Pävai, 1. c. p. 426), Olählapäder (ibid. p. 426) und
Felenyeder (Koch, 1. c. p. 316—317) Baches, ja sogar auch schon
in deren Nebenverzweigungen an mehreren Stellen die sarmatischen
Bildungen bekannt sind, aussprechen, daß von Nagyenyed
gegen NW eine lange Strecke hindurch die sar-
matischen Ablagerungen, wie es scheint, in einer
zusammenhängenden Schichte zwischen den panno-
n i s c h e n und obermediterranen Ablagerungen vor-
handen sind.
Was nun aber die kürzlich erwähnten Fossilien betrifft,
obwohl diese auf Grnndlage meiner in Päräu-Bärsä erworbenen
Erfahrungen (1. c. p. 426) mangelhaft sind, so weisen sie auf
jene Sedimente hin, in welchen hauptsächlich die Tapes,
Cerithien und Trochus vorherrschen und in welchen die
Serpulen-, Hydrobien- und Bullen -führende Blöcke schon
1 Ludwig Roth y. Telegd, Der NO-Rand des siebenbiirgischen Erz-
gebirges in der Umgebung von Vidaly, Nagy-Oklos, Oiäh-Räkos und Örmönyes.
Jahresbericht für 1898. Jahresber. d. kgl. ung. geol. Anst. f. 1898. p. 101.
170
Fr. v. Pävai-Vajna. Ueber sarmatischen Daciituff
als sekundär hereingewaschen eine Rolle spielen. Dieser letztere
Umstand weist jedenfalls darauf hin, daß das weitere eingehende
Studium dieser Sedimente zur Erkennung von größeren Alt er s-
und Lagerungsunterschieden führen kann.
Neben dieser Tatsache dürfen wir nicht nur so einfach vorüber-
schreiten. Ich habe nach meinem besten Wissen festgestellt, daß
in jenem Sedimentkomplex, in welchem die erwähnten Schollen
vorhanden sind, die für die pannonische Stufe charakteristischen
großen Congerien ( Partschi , ornithopsis subglobosa etc.) und Melanopsen
( vindobonensis , Martimana) überhaupt nicht Vorkommen. Hingegen
schließen sie in großer Menge die Fossilien des Sarmatikums in sich
ein und sind folglich ebenfalls sarmatisclie Ablagerungen. Ich glaube,
daß nicht die vaterländischen sarmatischen Bildungen daran schuld
sind, daß wir sie nicht in die ihnen gebührenden Stufen einreihen
können, sondern die ungarischen Geologen, da bis heute doch nie-
mand die vaterländischen sarmatischen Ablagerungen einem wirk-
lich ernsten Studium unterworfen hat. Unser bisheriges Wissen
besteht nur aus zerstreuten Daten, Details, welche uns vielleicht
noch immer nicht dazu berechtigen, um die höheren sarmatischen
Bildungen ausschließen zu können. Denn wo steht es geschrieben,
daß sicli auch bei uns genau dieselben Arten entwickeln mußten,
wie, sagen wir, auf den russischen Gebieten? Ich bin überzeugt,
daß derjenige, der unsere sarmatischen Fossilien eingehend studieren
wird, neben den vielfach aufgezählten Schablonen noch viele neue
Arten finden wird, vielleicht auch solche, welche dort drüben vor-
handen sind. Endlich kann man auch nicht ableugnen, daß an
manchen Stellen, wie auch bei Olählapäd im Päräu-Bärsä, zwischen
den Ablagerungen der sarmatischen und pannonischen Stufe die
Überreste einer Erosionszeit zu sehen sind. An andei’en Stellen
jedoch spricht man von einem sukzessiven Übergang, woraus un-
willkürlich folgt, daß wir noch sehr viele und sehr eingehende
Detailstudien machen müssen, bis es uns erlaubt ist, über das
gesamte ungarische Sarmatikum eine ernste Ansicht auszusprechen.
Zu weiteren Studien bietet sich als geeignetes Terrain auch
die Umgebung von Nagyenyed, nachdem ich dort neuerdings noch
auf ein interessantes Vorkommen gestoßen bin, wo sich allem An-
schein nach tatsächlich auch schon die jüngeren Bildungen den
sarmatischen Fossilien beimengen. Leider konnte ich dieses Gebiet
bisher nicht sorgfältiger durchstudieren und ausbeuten; die süd-
westlich von Tinöd aus groben Sauden flüchtig aufgelesenen Fossilien
sind aber sehr schwach erhalten. Dieses neuere Vorkommen von
sarmatischen Ablagerungen befindet zieh nämlich dort, wo sich
zwischen Tinöd und der Gote 366 der Feldweg auf die hohe
Pliocänterrasse hinaufzieht, beiläufig in der mittleren Höhe.
Hier sind häufig die Cardien vorhanden, unter denen mehrere
noch am meisten dem Cardium obsoletum Eichw. gleichen, zwei
in der Umgebung von Nagyenyed etc.
171
andere aber dem Cardium Novdkovsliyi varietas „elongata“ „ßu
Andrussow’s welclie schon in den hohen Aktschagylschichten
vorkommt. Bedauerlich ist es, daß die starke Korrodation keine
genauere Bestimmung erlaubt hat. Auch ist es mir gelungen,
zwei Congerienbruchstiicke zu sammeln, jedoch sind auch diese sehr
mangelhaft erhalten und so kann ich höchstens nur so viel be-
merken, daß das eine Fragment an Congeria Bat.uti Brus, erinnert.
Wenn es mir späterhin möglich sein wird, entsprechendes
Material zu sammeln, dürfte ich auch höchstwahrscheinlich zu
einem genauen Resultate gelangen darüber, ob sich hier den Akt-
schagylschichten oder schon den ebenfalls russischen politischen
Ablagerungen von Schemacha entsprechende Bildungen abgelagert
haben. Die Cardien weisen nämlich einigermaßen auf die hier
vorkommenden Gestalten 1 2, was aber nur im Besitze eines besseren
Materials entschieden werden kann, und stehen wir heute hier noch
vor einer ganz offenen Frage. Im Zusammenhang hiermit mache
ich die Bemerkung, daß ich an der Südseite der nördlich gelegenen
Cote 329 tatsächlich schon stark gefaltete fossilienführende unter-
pannonische Schichten gefunden habe mit den Fossilien : Limno-
carditnn Andrussowi var. spinosum Lör. , Lininocardium cf. V/dco-
tinovici Brus., Limnocardium Syrmicnse R. Hörxes und Congeria
banatica R. Hörnes. Wenn wir aber die bei Nagyenyed befind-
lichen intensiven Schichtenfaltungen in Betracht nehmen, halte ich
es für wahrscheinlich, daß es mir auch an anderen Stellen ge-
lingen wird, die sarmatischen Ablagerungen eingekeilt vorzufinden.
So können z. B. zwischen dem Viehmarkt und der Station in der
Gegend der Cote 267, mit Berücksichtigung der dort immer häufiger
auftretenden Tuffschichten, nicht überall paniionische Ablagerungen
vorhanden sein, wir müssen vielmehr dem Beispiele der Miriszloer
Talenge gemäß eben an sarmatisclie und obermediterrane Ablage-
rungen denken. Diese meine Behauptung dürfte in der Zukunft
bekräftigt werden, jedoch nur durch eine peinliche Detailaufnahme,
weil man in einem derart gefalteten und erodierten Terrain sehr
leicht die Ablagerungen der einen oder anderen Stufe übersehen
kann, was nur Mißverständnisse erregen könnte.
Ich habe auch schon darauf hingewiesen (1. c. p. 426), daß
die am rechten Marosufer gefundenen sarmatischen Sedimente auch
am linken Ufer vorhanden sind. Die petrographische Ähnlichkeit
und besonders die stark gestörten Lagerungsverhältnisse erschweren
freilich auch dort die genaue Absonderung.
Was nun den Kontakt der sarmatischen Ablagerungen mit den
Ablagerungen der unterpannonischen Stufe betrifft, so muß ich
1 Andrussow, Beiträge zur Kenntnis des kaspischen Neogen. Die
Aktschagylschichten. Taf. V. Fig. 22.
2 Andrussow. Pontische Schichten des Schemachinischen Distriktes.
172
Fr. v. Pävai-Vajna, lieber sarmatischen Dacittuff etc.
auch liier hervorheben, daß wir stellenweise, wie z. B. im Oläli-
lapäder Traväs- Walde und überhaupt vom Dorfe gegen NW zwi-
schen den Ablagerungen der beiden Stufen die deutlichen Spuren
einer Erosionsperiode erblicken können, außerdem ist auch noch
die petrographische Verschiedenheit ins Auge fallend, dann weisen
auch die Fossilien eine ganz andere Type auf. Neuerdings habe
ich auch zwischen den tonigen Ablagerungen Unterschiede im Ein-
fallen entdeckt, welche auf Diskordanz beruhen, abgesehen von der
großen Farben Verschiedenheit, welche zwischen den tonigen Schichten
der sarmatischen und pannonischen Stufe sehr gut sichtbar ist.
Ich muß mich daher, im Interesse der Tatsache, entschieden gegen
jene Behauptung des Herrn Dr. Stephan Gaäl’s verwahren, daß
auch in Olahlapäd ein sukzessiver Übergang zwischen den sarma-
tischen und pannonischen Ablagerungen vorhanden ist, wie ich dies
aus einzelnen Teilen seines letzthin auch dieses Thema bekritteln-
den Artikels, zu meinem Bedauern, herauslesen muß. Mein Be-
dauern begründet sich dadurch , daß ich Herrn Gaäl persönlich
an jene Stellen geführt habe, wo die Erosionsspuren zwischen den
Ablagerungen der sarmatischen und pannonischen Stufe am deut-
lichsten sichtbar sind und auch die petrographische und faunistische
Verschiedenheit am größten ist. Mein Trost ist aber, daß Herr
Direktor v. Loczy meine Beobachtung betreffs der Erosion auch
dort bekräftigt hat, wo diese weniger augenscheinlich ist, nicht
minder aber auch das Bewußtsein , daß die Beobachtungen des
Herrn Gaäl, insbesondere aber jene, welche sich auf meine Ab-
handlung beziehen, beinahe durchaus irrig sind. Wir dürfen uns
aber über solche Irrtümer nicht verwundern, wenn wir wissen,
daß er derartig kurzsichtig ist, daß er eine Rutschung für einen
diapiren Kern, ein am Wasser schwimmendes eisenhaltiges
Häutchen für Petroleum, die Donax dentigera für V. lucida
angesehen hat. Nur könnte man erwarten, daß er solche Arbeiten,
zu deren Durchführung ein scharfes Auge nötig ist, nicht bekritteln
wird, auch dann nicht, wenn der Betreffende Privatdozent einer
Universität ist. Dieser Titel bietet bei weitem noch nicht die Be-
rechtigung, ohne jedwede Begründung solche Tatsachen in Ab-
rede zu stellen, welche Andere, man kann sagen, mit großer Be-
mühung festgestellt haben. Meines Wissens pflegt keine ernste,
wissenschaftliche Arbeit, um so weniger eine Kritik, durch Ver-
drehungen Verwirrungen hervorzurufen oder eine Polemik zu ver-
anlassen. Im Artikel des Herrn Gaäl Anden wir leider dies alles
und als ewig dankbarer Schüler des Herrn Prof. Koch kann ich
nur bedauern, daß gerade in dem zu seinen Ehren herausgegebenen
Gedenkbuche dergleichen Dinge Vorkommen, worauf hinzuweisen
ich gerade im Interesse derjenigen Wissenschaft bemüßigt bin,
mit deren Grundprinzipien er mich bekannt gemacht hat.
(Schluß folgt.)
E. Wepfer, Ueber das Vorkommen von „Cyprina islandica“ etc. 173
Ueber das Vorkommen von „Cyprina islandica" im Post-
pliocän von Palermo.
Von E. Wepfer in Freiburg i. B.
Cerulli-Irelli , der die dankenswerte Aufgabe übernommen
hat, die Fauna des Mte. Mario monographisch zu bearbeiten (s.
Palaeontogr. italica 1907 u. ff.), beschreibt u. a. auch das Vor-
kommen der Cyprina islandica L und weist meines Erachtens ganz
einwandfrei nach, daß zwischen den Formen im Postpliocän des
Mte. Pellegrino bei Palermo und denen des Mte. Mario keine
solchen Unterschiede bestehen, die eine Trennung rechtfertigen
würden. Auch ich habe mich an mehreren, z. T. in Ficarazzi
bei Palermo selbst gesammelten Exemplaren überzeugt, daß die
Gestalt der’ Schalen , ja auch die Bezahnung bei den einzelnen
Individuen schwankt, daß demnach auf geringe Unterschiede hierin
kein großer Wert gelegt werden darf. Auch kann nicht verkannt
werden , daß die nordische C. islandica nach den von Cerulli-
Irelli (1. c.) gegebenen Maßen kaum davon zu trennen ist.
Ohne Zweifel ist es an und für sich recht auffällig, daß
nordische Formen an der Nordküste Siziliens zu einer Zeit gelebt
haben , da das Meer von noch jetzt im Mittelmeer lebenden
Schnecken, Muscheln u. a. geradezu wimmelte. Diese Annahme
wird unterstützt durch die Tatsache, daß diese für nordisch er-
klärten Formen jetzt im Mittelmeer nicht mehr leben, oder, wie
di Monterosato (Catalogo delle Conchiglie fossili di Mte. Pelle-
grino et Ficarazzi presso Palermo. Boll. Com. 8. 1877) sich vor-
sichtiger ausdrückt, noch nicht gefunden sind, — allerdings lebt
Pectuncidus glycymeris im Adriatischen Meer, und Fusus (Ncptunea)
sinistrorsa ist in zwei Exemplaren an der algerischen Küste gefischt
worden! — (Meli: Boll. soc. geol. 1894. p. 166 ff. )
Eine solche Tatsache an und für sich sagt aber wenig ; denn
wir sind ja auch heute noch nicht imstande, jedesmal Gründe da-
für anznführen, warum eine lebende Meeresfauna ganz bestimmte
Plätze bevorzugt, während sie andere, die für unsere Sinne die
gleichen Lebensbedingnngen bieten, meiden. Daß dies auch früher
der Fall war, das lehrt uns das Vorkommen bezw. Nichtvorkommen
der Fossilien des öfteren, und daß sich diese Verteilung im Laufe
der Zeit ändern kann, ohne daß wir mangels ersichtlicher Gründe
hierfür irgendwelche zu wenig belegte Hypothesen substituieren
dürfen, ist klar.
Ist es tatsächlich Cyprina islandica L. , die zur Diluvialzeit
an der sizilianischen Küste gelebt hat, so ist jedes weitere Wort
gegen die Hypothese einer Abkühlung des Meeres infolge des all-
gemeinen Sinkens der Temperatur überflüssig
„C. islandica L.“ vom Mte. Mario und (die ohne Zweifel da-
zugehörige) von Palermo variieren erheblich in der äußeren Form,
174
E. Wepfer, Ueber das Vorkommen
und ebenso tut dies C. islandica L. etwa aus dem Varanger Fjord, oder
aus den alten Meeresterrassen bei Tromsö, und zwar nicht mehr,
als dies auch bei andern Muscheln Vorkommen kann. Es fragt
sich nur, wie weit die Variationsmöglichkeit einer C. is-
lanclica , oder allgemeiner einer Cyprina (wie z. B. der C. rotundata
aus dem Mainzer Meeressand) überhaupt gehen kann , ohne daß
eine wie die andere aussieht !
Sacco gibt in dem großen Werk: I m oll usclii dei ter-
r e n i terziari d e 1 Piemonte e d e 1 1 a L i g u r i a , an , daß
C. islandica L. im Astiano und Piacenziano d. i. im älteren
Pliocän zu Hause ist und Gignoux (Sur la classiücation du Plio-
cene et du Quaternaire dans l’Italie du Sud-Comptes rendus Acad.
Sc. Paris. 29 mars 1910) entnehme ich die Angabe über das Vor-
kommen von C. islandica im älteren Pliocän von Algier. Sacco’s
Abbildungen (Teil XXVIII. Taf. II, 1 . 2) stimmen sehr gut mit
rezenten Exemplaren dieser Spezies vom Varanger Fjord; ich
wüßte keinen Unterschied namhaft zu machen. Zwischen den im
Umriß ziemlich variierenden Cyprinen aber, die Cerulli-Irelli
4- c. Taf. VII, 3- — 10; VIII, 1. 2) aus dem Pliocän des Mte. Mario
abbildet und denen des Piemont einen Strich zu ziehen , wäre
unzulässig.
Wir haben also die Reihenfolge: 1. C. islandica im älteren
Pliocän des Piemont (und Algier) und in den Schichten des
Mte. Mario, 2. C. islandica in den entschieden jüngeren Schichten
von Ficarazzi (ob man diese nun dem Pliocän oder dem Diluvium
zurechnen will). Sacco vervollständigt in dem obengenannten
Werk diese Reihe zu folgender Stammreihe:
Lebend : C. islandica L.
Pliocän : C. islandica L.
Miocän : C. rotundata A. Br.
Oligocän : C. perovalis Koen. j C. rotundata A. Br. — C. scutellaria Lk.
Eocän : C. lunulata Desh. i C. scutellaria Lk.
Dieser Stammbaum ist sehr einleuchtend, ganz sicher aber
scheint mir zum mindesten die direkte Weiterentwicklung von
C. islandica aus dem älteren Pliocän des Piemont und vom Mte.
Mario zu derjenigen aus den Schichten von Ficarazzi. In dem
Auftreten von C. islandica (u. a.) schon im mediterranen
Pliocän soll aber — und das ist die herrschende Anschauung,
wie sie z. B. auch in Kayser’s Lehrbuch Ausdruck lindet — ein
Beweis für die zunehmende Abkühlung des Klimas
zu Ende der Tertiär zeit liegen. Nun kommt aber C. is-
landica bereits im unteren Pliocän des Piemont vor (s. o., nach
1 p. 12 heißt es: „Credo perö che il suo valore stratigraiico sia
minore di quanto alcuni vollevo att.ribuirgli“.
von „Oyprina islandica“ im Postpliocän von Palermo.
175
Sacco im Piacenziano und Astiano), d. h. zu einer Zeit, da bei
uns noch stellenweise Edelkastanie und Lorbeer, in Südfrankreich
aber noch Palmen (Chamaerops und Sabal) gedeihen. Ob man
angesichts dieser klimatischen Verhältnisse, die günstiger als
unsere jetzigen waren, bereits das Auftreten „nordischer“ Formen
auf das Konto der in ferner Zukunft kommenden Eiszeit setzen
darf, scheint mir sehr zweifelhaft. Auch im nordischen Pliocän,
z. B. von England, tritt C. islandica auf, und zwar bereits in
den ältesten Schichten, dem Coralline Crag, besonders aber in dem
Red Crag, der im Alter dem älteren Pliocän etwa Südfrankreichs-
am Mt. Luberon mit Hipparion etc. entsprechen soll (cf. Deperet :
Sur Läge absolu des faunes ä Mammiferes pliocenes du Plateau
central et des eruptions volcaniques contemporains. Bull. soc. geol-
de France. 1893. p. XCIV ff.). Dieses Vorkommen wäre demnach
genau gleichalterig dem in Piemont, und man müßte dann, der
üblichen Methode folgend, an irgendeine Meeresverbindung denken,
die C. islandica zu einem Vorstoß nach dem „abgekühlten“ Süden
benutzt hätte.
Ich habe bereits eingangs daran erinnert, daß wir den Grund
für gewisse Wanderungen nicht stets einzusehen vermögen; wenn
aber eine boreale Form, wie es C. islandica heute ist, in ein südliches
Klima auswandert, so ist sie eben dort keine boreale Form
mehr, sie hat sich dem neuen Klima angepaßt, und alle Schlüsse
auf das Klima, die man aus ihrem Auftreten zieht, sind hinfällig.
Interessant ist das Vorkommen der C. islandica im Pliocän
des Piemont und des Mte. Mario in anderer Beziehung: Entweder
wir glauben an ihre Wanderung nach dem Süden zur Pliocänzeit,
dann sehen wir in ihr ein Beispiel dafür, daß diese Form, die
heute boreal ist, recht anpassungsfähig war. Ihre damals größere
Verbreitung bietet nichts besonders Auffallendes , wenn man die
Klimafrage außer acht lassen kann, und so gliedert sich ihr
Vorkommen im Pliocän von Italien und Diluvium von Sizilien
ganz zwanglos in den von Sacco anfgestellten Stammbaum ein.
Die andere Möglichkeit aber liegt einerseits in der erheblichen
Variationsbreite der Art C. islandica, anderseits in der großen
Ähnlichkeit, die große Cyprinen untereinander haben; mit anderen
Worten: es ist durchaus nicht gesagt, daß die als „ C . islandica L. “
bezeichneten Formen des piemontesischen und römischen Pliocäns,
sowie des sizilischen Diluviums wirklich dieser Art angehören,
sondern sie sind eben Abkömmlinge von Cyprinen aus älteren
Tertiärschichten, und bei der für große Formen der Gattung
Cffprina ziemlich beschränkten Variationsfähigkeit haben sich die-
selben Formen der Schale in verschiedenen Meeren wiederholt.
Daß wir im Pliocän Siziliens keine Cyprina finden, die als
Vorfahre der „unmittelbar auftretenden C. islandica “ gelten könnte,
ist mit als Beleg für die Einwanderung zur Diluvialzeit aus dem
176
E. Wepfer, Ueber das Vorkommen
Norden herangezogen worden, in Wirklichkeit aber ganz un-
wesentlich: — wenn wir erwarten könnten, immer gleich an Ort und
Stelle die Vorfahren einer Form in der nächstälteren Ablagerung
zu linden, so stünde es gut um unsere Wissenschaft! — Die Vor-
fahren liegen in diesem Fall im Pliocän vom Mte. Mario und dem
des Piemont, und deren Vorfahren wiederum mögen C. rotundata
u. a. sein, — zugleich auch die Stammeltern unserer subfossilen
und rezenten C. islandica der nördlichen Meere.
Von einem allmählichen Vorrücken der „C. islandica“ nach
dem Süden von der Pliocänzeit ab bis ins Diluvium kann demnach,
da sie ja bereits im älteren Pliocän von Algier (s. o.) vorkommt,
nicht die Rede sein, abgesehen davon, daß eine solche Wanderung
nur eine scheinbare sein könnte (sie kann wirklich durch die
Lückenhaftigkeit der Überlieferung vorgetäuscht werden): — durch
diese Ausführungen scheint mir erwiesen, daß der „C. islandica “
in Sizilien zu viel Bedeutung beigelegt worden ist.
Von den übrigen, durch di Monterosato (1. c.) u. a. als
boreal bezeichneten Arten kommt Pectunculus glycymeris nach
PERunra-lRELLi (1. c. 1907. p. 118) am Mte. Mario vor, in Formen,
die er mit solchen aus dem Postplioeän der Insel Rhodos ver-
gleichen konnte, und lebt ferner im Adriatischen Meer. Dosinia
lupinus var. lincta findet sich nach demselben nicht nur am Monte
Mario (1. c. 1908. p. 46/47), sondern nach Sacco (1. c. Teil XXVIII.
p. 49) auch im Astiano und Piacenziano des Piemont; Pecten
septemradiatus kommt nach Sacco (1. c. Teil XXIV. p. 38) in den-
selben Stufen des älteren Pliocän vor und ebenso Trochus cinereus
im Astiano (1. c. Teil XXI. p. 24).
Freilich sind noch zwei Arten vorhanden, die besonders
schwer zugunsten der nordischen Einwanderung ins Gewicht fallen1 :
es sind Mi/a truncata und Panopaea norvegica, die im italienischen
Pliocän offenbar fehlen und vielleicht wirklich nordische Formen
sein könnten; sie leben auch jetzt nicht mehr im Mittelmeer. Sie
wären aber demnach erst zur Diluvialzeit eiugewandert,
was zur Not verständlich erscheint — falls sich nicht auch ihre
Vorfahren noch im Pliocän des Mediterrangebiets finden sollten.
Wer sich je mit den jüngsten tertiären Bildungen Italiens
beschäftigt hat, der weiß, welche Schwierigkeiten sich einer ge-
nauen Altersbestimmung jener oft außerordentlich fossilreichen
Schichten entgegenstemmen. Beim Studium der dem Gebirge rand-
1 Ich bin Herrn Professor Frech sehr dankbar, daß er mich in diesem
Zusammenhang an das Vorkommen von Nephrops norvegicus im Mittel-
meer erinnert hat; ich bin der Ansicht, daß sich die weite Verbreitung
dieses Decapoden (norweg. Küste, Adria, Golf von Neapel) für diese Frage
nicht direkt verwerten läßt, da eine Wanderung in dieser wie in jener
Richtung denkbar ist. solange nicht paläontologische Tatsachen entscheiden
können. Und die fehlen meines Wissens bis jetzt noch.
von „Cyprina islandica" im Postpliocän von Palermo. 177
lieh angelagerten Geröllageu, Sande und Tone, drängt sich - —
ganz abgesehen von dem Charakter der Ablagerungen selbst —
schon rein dui’cli das Landschaftsbild das Bewußtsein auf, im
alten Meeresstrand darin zn stehen. Aus dieser Tatsache allein
ergibt sich die Notwendigkeit, mit raschem faziellem Wechsel zu
rechnen: in der Umgebung eines felsigen Vorsprungs hält sich
eine andere Fauna auf, als am flachen Strand am Ausgang eines
Tales. Und daraus sollte sich ein für allemal der Versuch ver-
bieten , durch bloßes Abzählen der Arten und Abwägen ihres
Mengenverhältnisses an den verschiedenen Fundpunkten das gegen-
seitige Alter feststellen zu wollen. Und doch finden wir diese
Methode, deren Unzuverlässigkeit durch das Weiterleben so vieler
plioeäner Formen in der Jetztzeit gewissermaßen ad oculos de-
monstriert wird, so oft angewendet. Die einen Formen werden
am alten Strand hier, die anderen dort gelebt haben, und daraus
ergiebt sich schon eine Verschiedenartigkeit der Faunenzusam-
mensetzung, ohne daß ein verschiedenes Alter angenommen wer-
den muß.
Anderseits ist es die Langlebigkeit gewisser Arten, die dazu
verführen könnte , gewisse Ablagerungen , die für verschieden alt
angesehen werden, für gleichalterig zu halten ; so finden sich im
Pliocän von Palombara Marcelliua bei Rom, das älter sein soll als
die Schichten des Mte. Mario \ Bänke mit Cladocora caespitosa ; die-
selben Bänke findet man in den Steinbrüchen des „Siciliano“ an
den Falde del Pellegrino (Palermo), also im marinen Diluvium.
Im Hinblick auf diese Schwierigkeiten glaube ich die Vermutung
aussprechen zn können , daß bei der angedeuteten Methode des
Abzählens erhebliche Irrtümer sich einschleichen müssen, und der
Schluß, daß dort, wo wir etwa Mya truncata und Panopaea nor-
vegica finden, Diluvium und nicht Pliocän vorliegt, scheint mir
eventuell aus derselben Quelle dieses gleichen Irrtums fließen zu
können. Dieser Gedankengang ist es, der berechtigte Zweifel
über die Verwendbarkeit auch dieser beiden Arten im Sinne nordi-
scher Faktoi'en in mir auf kommen läßt.
Betreffs der übrigen als boreal bezeichneten Formen kann ich
zunächst nur der Vermutung Ausdruck geben , daß es sich dabei
teils um irrige Bestimmungen, teils um ähnliche Verhältnisse wie
bei Cyprina islandica handeln mag, die vielleicht auch z. T. unter
dem Einfluß der überschätzten Bedeutung der C. islandica stehen
mögen.
1 Cerulli-Irelli e de Axgelis d'Ossat : I molluschi fossili pliocenici
di Palombara Marcellina. Boll. soc. geol. 17. p. 88 ff.
Centralblatt f. Mineralogie etc. 1913.
12
178 R- Kowarzik, Ueber zwei neue bisher nicht beschriebene
Ueber zwei neue bisher nicht beschriebene Funde des
Moschusochsen aus dem belgischen Diluvium.
Von Rudolf Kowarzik.
Während der Sommermonate 1912 unternahm ich mit Unter-
stützung des k. k. Ministeriums für Kultus und Unterricht eine
Studienreise durch Nordeuropa. Obwohl der Zweck dieser Reise
in der Lösung des Problems der Abstammung der Schafe be-
stand, habe ich doch auch Gelegenheit gefunden, auf mein letztes
Interessengebiet zurückzukommen, nämlich, weiteres Material zur
Phylogeuie des Moschusochsen zu untersuchen. Da es sich um
bisher in die Literatur nicht aufgenommene aber sehr wichtige
Funde handelt, will ich ganz kurz eine Besprechung derselben
bringen.
Im „Musee Royal d’Histoire Naturelle“ in Brüssel zeigte mir
Herr Professor Louis Dollo zwei Reste des diluvialen Moschus-
ochseu, die beide aus belgischem Boden stammen und die ersten
in diesem Lande entdeckten Zeugen des ehemaligen Vorkommens
dieses arktischen Tieres sind. Es handelt sich um Reste eines
Männchens und eines Weibchens.
Ersteres, das die Nummer 3094 trägt, ist zweifellos das best-
erhaltene Exemplar, das in irgend einem Museum steht. Außer
dem ziemlich vollständigen Schädel sind die drei letzten Halswirbel,
neun Rücken- und drei Lendenwirbel erhalten. Vier Rippenfragmente
und ein Stück der linken Scapula vervollständigen das Skelet.
Was den Schädel anbelangt, so bildet eine tiefe Tränengrube
das hervorstechendste Merkmal desselben. Auf die Bedeutung der
Tränengrube zur Erkenntnis der Phylogenie des Moschusochsen
habe ich in meiner Monographie dieser Gattung1 hingewiesen. Am
vorliegenden Schädel ist nur das rechte Tränenbein erhalten, das
linke fehlt. Das Basioccipitale ist fast quadratisch, der Hinter-
hauptskamm nur schwach gebogen, fast gerade. Die Muskeleindrücke
unter demselben sind sehr tief, was — wie ich in der erwähnten
Arbeit ausgesprochen habe — auf ein mächtiges Gehörn deutet.
Die gewaltigen fast unverletzten Hornzapfen am besprochenen
Exemplare bestätigen diese Annahme. Von den Hornzapfen ist
der linke ganz, der rechte in der Mitte entzweigebrochen. Doch
wurde das verlox-en gegangene Stück durch eine Masse ersetzt, so
daß der Zapfen in seiner ursprünglichen Länge und Gestalt sich
darstellt.
Außer den geschilderten Teilen ist noch der obere Teil der
Augenröhren, das linke Nasale, ein Teil des linken Oberkiefers
und ein kleineres sowie ein größeres Stück des Oberkiefers erhalten.
1 Der Moschusochs im Diluvium Europas und Asiens. Denkschriften
der math.-naturwisseusch. Klasse der Kaiserlichen Akademie der Wissen-
schaften. Wien 1912. 87.
Fnnde des Mosehusochsen a. d. belgischen Diluvium.
179
Was das Sktdett anbelangt, sind au den erhaltenen Wirbeln
die verschiedenen Apophysen größtenteils abgebrochen, wie das bei
so stark exponierten Knochen kein Wunder ist. Zwischen dem
ersten und dem zweiten Rückenwirbel fügt sich eine kurze rechte
Rippe an, zwischen dem zweiten und dritten wieder eine kleinere
Rippe derselben Seite und eine auf der linken Seite. Zwischen
dem fünften und sechsten Wirbel lenkt rechts ebenfalls ein Rippen-
fragment ein. Der dritte und der sechste Halswirbel tragen Dorn-
fortsätze, ersterer ist länger, letzterer kürzer.
Es war ein glücklicher Gedanke Professor Dollo's, das Skelett
des gefundenen Tieres durch ein Gestell aus Eisen nachzubilden,
wobei die erhaltenen Reste an der entsprechenden Stelle eingefügt
wurden. So hat man ein gutes Bild von der Größe und den Ver-
hältnissen des Moschusochsen, wie er im Diluvium in Belgien gelebt
hat. Die besprochenen Reste wurden bei Tirlemont im Jahre 1886
gefunden.
Das zweite im ..Musee d'Histoire Naturelle“ vorhandene Exem-
plar ist durch den Schädel eines Weibchens repräsentiert. Der-
selbe umfaßt den Gehirnteil, den oberen Teil der linken Augen-
röhre, ein Stück des linken Tränenbeines, beide Hornzapfen sowie
einen Teil des linken Jochbogens und zwar den Processus zygo-
maticus des Schläfenbeines. Im erhaltenen Tränenbeine ist eine
deutliche Tränengrube vorhanden. Der Hinterhauptskamm ist stark
gebogen, die Gruben unter demselben bei weitem nicht so tief wie
bei dem beschriebenen Männchen. Damit im Zusammenhang stehen
auch die schwachen Hornzapfen, lauter Erscheinungen, wie ich sie
in meiner zitierten Monographie als Charakteristik des weiblichen
Moschusochs-Schädels ausgesprochen habe. Das Stück wurde bei
Rupelmonde im Jahre 1888 gefunden.
Was nun das Alter beider Funde anbetrifft, so gehören beide
unzweifelhaft der Mammutzeit an — wie mir Herr Professor Doixo
diesbezüglich mitteilte. Über die Bedeutung dieser Reste möchte
ich folgendes sagen. In meiner erwähnten Arbeit habe ich aus
meinen Untersuchungen die Schlußfolgerung gezogen, daß die zwei
von mir unterschiedenen Gruppen des rezenten Moschusochsen, die
östliche — Ovibos moscliatus — ■ und die westliche — 0. maclcen-
sianus — eine verschiedene Phylogenie besitzen. Nur die der
letztgenannten spielt sich auf europäischem Boden ab, während die
Vorfahren der östlichen Gruppe nie den Boden unseres Kontinents
betreten haben. Die beiden eben beschriebenen Funde stehen nun
damit vollständig im Einklang. Es handelt sich um zwei typische
Vertreter des Ovibos mackensianus Kow., also um Tiere, die sich
von den im Westen der großen nordamerikanischen Wasserscheide
wohnenden Moschusochsen gar nicht unterscheiden. Deren unmittel-
barste Vorfahren sind aber in Sibirien und in Europa zu suchen,
weil dieser Typus von Moschusochsen am Schlüsse der Eiszeit vor
180 R- Hundt, Eine Ergänzung zu -Organische Reste“ etc.
der allzugroßen Wärme hauptsächlich auf dem Wege über Rußland
und Sibirien und die damals noch ein Festland bildende Behrings-
straße nach Nordamerika zurückwich. Der Umstand , daß der
Typus Ovibos mackensianus in Belgien schon zur Mammutzeit
vollständig entwickelt war, spricht am besten dafür, wie richtig
meine Trennung der lebenden Moschusochsen in zwei verschiedene
Gruppen war, und die Grenze zwischen beiden gewinnt dadurch
noch an Bedeutung.
Zum Schlüsse danke ich noch Herrn Professor Louis Dollo
lierzlichst für seiu freundliches Entgegenkommen und die Erlaubnis,
photographische Aufnahmen der Funde machen zu können.
Über neue interessante Funde diluvialer Moschusochsen auf
amerikanischem Boden werde ich im dritten Teile meiner Mono-
graphie, die sich mit der Phylogenie des Typus Ovibos moschatus —
der die Polarländer und das östlichste Nordamerika bewohnt —
beschäftigt, berichten.
Eine Ergänzung zu „Organische Reste aus dem Untersilur
des Hüttchenberges bei Wünschendorf an der Elster“.1
Von Rudolf Hundt-Gera.
Die in der Arbeit „Organische Reste aus dem Untersilur etcA
erwähnten beiden Problematika Silur- Dictyodora und Silur- Palaeo-
dictyum wurden von A. Auerbach nachträglich auch publiziert2.
Er führt die Silur -Dictyodora als IJictyodora Liebeana Weiss an.
Diesen Namen hat E. Zimmermann für die Culm -Dictyodora vorge-
schlagen, nachdem er nachgewiesen hatte, daß die verschiedenen
Schnitte des Fossils unter drei verschiedenen Namen in der Wissen-
schaft bekannt waren 3. Deshalb möchte ich für diese Silur-Z)ic-
tyodora nachträglich den Namen Di ct y odo r a Z i tn m e r tu a n n i n . sp.
einführen, benannt nach dem Königl. Preuß. Landesgeologen Prof.
Dr. E. Zimmermann, der die ersten Reste dieser Dictyodora
Zimmer mann i n. sp. im Untersilur von Lössau bei Sclileiz auf-
fand4, dem wir auch die ausführliche Monographie der Dictyodora
Liebeana Weiss verdanken. Daß die Dictyodora Zimmermanni n. sp.
1 Dies. Centralbl. 1912. 3. p. 91 — 95.
A. Auerbach, Dictyodora Liebeana Weiss aus dem Untersilur von
Wünschendorf. 53—54 Jahresber. d. Gesellsch. v. Freund, d. Naturwissen-
schaft zu Gera. p. 127 — 128.
3 E. Zimmermann : Dictyodora Liebeana Weiss, und ihre Beziehung
zu Vexillum Rouault, Palaeochorda marina Geinitz und Crossojtodia
Henrici Geinitz. 32 — 35 Jahresber. d. Gesellsch. v. Freund, d. Natur-
wissensch. zu Gera p. 28 — 63.
4 E. Zimmermann: Dictyodora Liebeana. Naturwissenschaftliche
Wochenschr. 1893.
M. Berek, Mineralogischer Demonstrationsapparat.
181
auch anderweitig im Untersilur gefunden worden ist, stellte der
Verfasser schon fest1, z. B. in den „schistes de Barrancos“ Por-
tugals. An den bisher im Untersilur Wünscliendorfs gesammelten
Didyodora-Resten fiel schon Auerbach die geringe Höhe der Exem-
plare auf, die nach Zimmermann an den Gulmexemplaren an der
für ihre Erhaltung besonders günstigen Stelle bei Wurzbach 6 cm und
vom Schiefenbruch Luitpold bei Heinersdorf im Frankenwalde bis 20 cm
beträgt2. Auch die Schleifenbildung ist bei der Dictyodora Zimmer -
mannt eine andere , engere, als bei Dictyodora Liebeana Weiss.
Das andere Problematikum, das Palaeodictyum , das auch
im Culm ein stetiger Begleiter der Dictyodora ist, wurde in den
Untersilurschichten der Hiittchenberge bei Wünschendorf mit auf-
gefunden. Für dieses schlage ich den Namen P alaeodict yum
Eiseleanum n. sp. vor, nach dem verdienten Erforscher Ost-
thüringer Graptolithen Robert Eisel benannt. Er ist viel weniger
häufig als Dictyodora Zimmermanni und die in der ersten Arbeit
genannten Wurmspuren.
Neue Instrumente und Beobachtungsmethoden.
Mineralogischer Demonstrationsapparat.
Von M. Berek in Wetzlar.
Mit 3 Textfiguren.
(Mitteilung aus den optischen Werken von E. Leitz, Wetzlar.)
Der im folgenden beschriebene Apparat erfüllt nachstehende
Anforderungen :
1. Bei min er alogisch - petrographischen Übungen
und Vorlesungen kann der Dozent einem kleineren Zuhörer-
kreise alle Arten der mikroskopischen Untersuchungsmethoden im
polarisierten Licht in horizontaler oder vertikaler Projektion bei
beliebiger Vergrößerung vorführen.
2. Der Apparat ermöglicht die Projektion von Übersichts-
bildern bis zur Größe von 24 mm Durchmesser und ist daher
geeignet für die Demonstration der Gesetze der Doppelbrechung
und Polarisation an größeren Kristallplatten und Keilen.
3. Er ist für die Projektion von Diapositiven bis zum
Format 9X12 einschließlich verwendbar.
4. Er gestattet m ik r o p h o t ograp h is che Aufnahmen
in beliebig kleiner bis stärkster Vergrößerung auszuführen.
5. Er eignet sich infolge seiner Lichtstärke in vertikaler
Lage ausgezeichnet für kristall-optische Messungen aller Art.
1 Rudolf Hundt: Vertikale Verbreitung der Dictyodora im Palaeo-
zoikum. Dies. Centralbl. 1912. p 542 — 543.
5 E. Zimmermann. Erläuterung zu Blatt Lobenstein p. 51.
182
31. Berek.
6. Er ist als Beobach tun gs in st rum ent dem Mikroskop
vorzuziehen, weil er den Beobachter unvergleichlich weniger ermüdet.
V . Er ist als Zeichen a p p a r a t benutzbar.
Fig. 1.
Allgemeine Anordnung.
Die auf einer Tischplatte montierte gußeiserne Säule S (Fig. 1),
welche die Hochstell- und Drehvorrichtung für Horizontal- und
Mineralogischer Demonstrationsapparat bei vertikaler Mikroprojek-
tion mit photographischer Kamera.
Mineralogischer Demonstrationsapparat.
18o
Vertikalprojektion trägt, entspricht ganz der Anordnung des Zeichen-
lind Projektionsapparates nach L. Edinger1, welcher in wissenschaft-
lichen Kreisen eine weite Verbreitung gefunden hat. Nach Lösung
der Schraube li kann der Träger T des gesamten optischen Systems
in zwei mit cm-Teilung versehenen Gleitschienen gehoben oder ge-
senkt werden. Der Träger T besitzt ebenfalls Gleitschienen, in
denen die einzelnen Teile der optischen Anordnung mit Klemm-
vorrichtungen befestigt werden können. Um von der Vertikal- zur
Horizontal-Projektion überzugehen, zieht man den Knopf 1; (in
Fig. 3 sichtbar) an und dreht T um die Horizontalachse h beliebig
nach links oder rechts, bis k wieder einschnappt.
Lichtquelle ist der positive Krater einer allseitig zentrierbaren
Liliputbogenlampe für Gleich- oder Wechselstrom mit 5 Amp. Strom-
verbrauch. Diese Handregulierlampe kann auf Wunsch mit einem
regulierbaren Uhrwerk ausgestattet werden, welches die Kohlen,
entgegen der nur zeitweise erfolgenden elektromagnetischen Re-
gulierung, ununterbrochen (D.R.P. angemeldet) vorwärtsschiebt,
so daß der positive Krater seine Lage unverändert beibeliält. Zu
der Lampe gehört ein passender Vorschalt- Widerstand. Die Lampe
kann mittels Steckkontaktes an jede Hausleitung angeschlossen
werden.
Im Prinzip abweichend gegenüber dem Projektionsapparat
nach L. Edinger ist, entsprechend den anderen Anforderungen an
den Strahlengang, die gesamte optische Anordnung. Die
metallische Hülse H, welche die Lampe teilweise umschließt, läßt
sich beiseite klappen. In den mit ihr verbundenen Arm E läßt sich
ein Teil des Beleuchtungssystems zusammen mit dem Polarisator ein-
setzen. Dieser Teil der optischen Anordnung enthält, von der Licht-
quelle aus gezählt, zunächst eine in metallene Stäbchen gefaßte
Kollektorlinse, welche zur Erzielung großer Lichtstärke von dem
sehr hohen Öffnungsverhältnis von annähernd 1 gewählt ist. Diese
Linse bildet den Krater in dem Polarisator ab, der aus einem
Prisma nach Glan-Thompson besteht. Um eine schädliche Er-
hitzung des Prismas zu vermeiden, wird der ordentliche Strahl im
Kalkspat nicht, wie bei den übrigen Prismen, an der Wandung des
Polarisators absorbiert und seine Energie in Wärme umgesetzt,
sondern er tritt schräg nach vorn durch das in der Hülse G sicht-
bare Fenster aus (D.R.G.M. 382 769. 382 7G8)2. Am Ende dieser
Hülse sitzt die Collimatorlinse, aus der ein nahezu paralleles
Strahlenbündel austritt. Die genannten optischen Teile sind
gegen Wärmezuleitung von der metallischen Hülse H ausgiebig
isoliei’t. Bei mehrstündiger ununterbrochener Benutzung des Appa-
rates wird zwar die Metallhülse H entsprechend heiß , doch
1 L. Edinger, Zeitschr. f. wiss. Mikrosk. etc. 24. 26; 1907.
2 W. v. Ignatowsky, Zeitschr. f. Instr. 1910, 217.
184
M. Berek,
weisen die darin sitzenden optischen Teile, vor allein der Polari-
sator, eine schädliche Erwärmung nicht auf. Die auf die Kollektiv-
linse von den Kohlen der Lampe herniederfallenden Kohlenteilchen
Fig. 2. Mineralogischer Demonstrationsapparat mit Universaldrehtisch
nach Fedorow.
sind von Zeit zu Zeit mit Hilfe eines Pinsels abzustreichen. Der
Hebel g und der Lampentrieb r, die in dem abgebildeteu Modell
noch vom Apparat nach L. Edinger übernommen sind, erweisen
sich bei vorliegendem Strahlengang als überflüssig und werden
Mineralogischer Demonstrationsapparat.
185
daher zukünftig bei der Ausführung des Apparates fortgelassen.
Die Lampe wird gleich von vorherein in passender Höhe am
Träger T montiert.
Auf den Gleitschienen des Trägers T sitzen ferner verschieb-
bar zwei mit Klemmvorrichtungen versehene Reiter A und B.
A besitzt einen Doppelarm. Der eiue M trägt den mittels Zahn und
Trieb s verstellbaren Kondensorrevolver. Dieser enthält drei Kon-
densoren und ein Leerloch, entsprechend den verschiedenen zu be-
nutzenden Vergrößerungen. Eine seitliche an der Triebbewegung s
angebrachte Skala gibt Aufschluß über die günstigste Wahl des
Kondensors bei gegebenem Objektiv, sowie gleichzeitig über die
günstigsten Stellungen der einzelnen Kondensoren. Über der
Öffnung der festliegenden Revolverscheibe sitzt eine Apertur-Iris-
blende. Der andere Arm X trägt einen drehbaren Objekttisch,
welcher in ganze Grade mit 5 ' = Nonius- Ablesung geteilt ist.
Der Reiter B endlich (stets ganz am Ende der Schiene T
zu befestigen) trägt eine mittels Zahn und Trieb t verschiebbare
und Feineinstellung v versehene Schlittenführung, in welche das
Projektionssystem (Mikroskop, Projektionsobjektive) eingeschoben
und in einer durch Anschlag markierten Lage festgeklemmt wer-
den kann.
Verwendungsmöglichkeiten.
1. Mikroprojektion. — Für die Mikroprojektion im polari-
sierten Licht wird in die Schlittenführung des Armes B ein minera-
logischer Mikroskoptubus eingeschaltet. Die Objektive
werden mittels einer Schlittenzange z am Tubusende befestigt und
sind in zwei aufeinander senkrechten Richtungen zentrierbar. Da
jedes Objektiv seine eigene Zeutriervörriclitung hat, so kann man
auch beim Wechseln der Objektive mit stets zentriertem System
arbeiten, wenn einmal für jedes Objektiv die Zentrierung ausgeführt
ist. Unter dem Okular sitzt der ausschaltbare Analysator n in
einem drehbaren, mit Gradteiluug versehenen Kreise. Der Über-
gang von der orthoskopischen zur konoskopischen Pro-
jektion vollzieht sich, wie bei subjektiver Beobachtung im Mi-
kroskop, einfach durch Einschalten der AMici-BERTRAxu’schen Linse b.
Diese ist in der Längsrichtung des Tubus verschiebbar und außer-
dem mit Hilfe zweier Justierschrauben zentrierbar. Ihre relativ
kurze Brennweite gewährleistet die Möglichkeit, verhältnismäßig
große Achsenbilder zu erzielen. Die Scharfstellung erfolgt durch
Heben und Senken der Bertrandlinse.
Der Apparat kann auch zur Projektion von Achsenbildern dicker
Präparate eingerichtet werden.
Ueber die erreichbaren Vergrößerungen mit Hilfe der gebräuch-
lichen Achromate und HuYGHENs’schen Okulare gibt bei einem
186
M. Berek.
Abstand von 250 nun zwischen der Projektionswand und dem
Okular folgende Tabelle Aufschluß :
Vergrößerungen der Achromate mit den HuYOHKNs'schen Okularen
bei 250 mm Abstand von der Projektionswand.
Objektiv
0
Okular
i | ii
ui
1
13
16
19
26
2
23
29
35
46
3
41
51
62
82
4
73
91
109
146
5
133
167
200
267
6
192
240
288
384
7
250
312
375
500
Die Vergrößerungszahlen ändern sich proportional der Ände-
rung des Abstandes zwischen Okular und Projektionswand. Bei
einem Schirmabstand von 2\ m bei horizontaler Projektion gelten
also die zehnfachen Vergrößerungswerte der Tabelle. Solche
Schirmabstände kann man auch für die stärksten Vergrößerungen
enthalten, wenn in verdunkeltem Raum durch Schirmwände für hin-
reichende Abblendung des seitlichen Lichts gesorgt wird. Eine
passende Verdunklungsvorrichtung für horizontale Projektion wird
auf Wunsch geliefert, ist jedoch bei Beschränkung auf schwächere
und mittelstarke Systeme (z. B. Objektiv 4 mit Okular 1) gänzlich
entbehrlich. Die vertikal auf die Tischplatte ausgeführte Projektion
ist so hell, daß sie bei Tageslicht ausgeführt werden kann.
Als Projektionsschirm benutzt man eine Gipstafel oder einen
Bogen Papier; Aluminiumschirme erweisen sich außer wegen ihres
geringen Streuungswiukels bei der Projektion von Achsenbildern
auch deswegen als weniger brauchbar, weil sie die Farbwerte un-
gewohnt wiedergeben.
Abgesehen von der Verwendung bei Demonstrationen bietet
dieser Apparat gegenüber der subjektiven Beobachtung
eine Reihe von Vorteilen:
Eine gegenseitige Aussprache am Mikroskop ist durch das
Nacheinandereinsehen sehr erschwert. Doppelokulare lassen sich
aber für mineralogische Instrumente nicht benutzen , weil infolge
der Polarisation bei der Prismen-Reflexion bei gekreuzten Nikols
je nach Lage des Doppelokulars der eine Beobachter nichts sieht
oder die Intensität für beide Beobachter zu gering ist , bei aus-
geschaltetem Analysator aber das Gesichtsfeld dem einen Beobachter
wie zwischen parallelen, gekreuzten oder auch beliebig orientierten
Prismen erscheint. In vertikaler Lage bietet hingegen der vorliegende
Mineralogischer Demonstrationsapparat.
187
Apparat ein einfach zu handhabendes Mittel zur gegenseitigen
Verständigung und Belehrung. Audi als Arbeitsinstru-
ment ist der Demon strati onsapparat in vertikaler Lage jedem Mikro-
skop vorzuziehen. Zunächst ist die Beobachtung mit beiden Augen,
sowie die Möglichkeit, beim Arbeiten eine beliebige zwanglose
Fig. 3. Horizontale Diapositivprojektion.
Haltung einnehmen zu können, nicht in demselben Maße ermüdend.
Andererseits entspringt aus der Verwendung einer höheren Licht-
intensität auch die Möglichkeit, Messungen mit größerer Ge-
nauigkeit ausführen zu können. Besonders charakteristische Stellen
und Stellungen mit Bezug auf das Okular-Fadenkreuz können auf
einem auf den Projektionstisch gelegten Stück Papier einfach
1<S8
M. Berek, Mineralogischer Demonstrationsapparat.
nach ge zogen werden. Wie bei der subjektiven Beobachtung,
so können auch hier bei der Projektion Kompensator nach Babinet,
Okularspektroskop , Heiztische und Abkiihlungsvorrichtungen und
andere Nebenapparate benutzt werden.
Im besonderen möge noch auf die Verwendbarkeit des Uni-
versal-Dreli tisch es nach Fedorow hingewiesen werden. Be-
kanntlich ist die Anwendbarkeit dieses Drehtisches auf besonders
groß gebaute Mikroskopmodelle1 oder Spezialstative 2 beschränkt.
Da bei dem vorliegenden Demonstrationsapparat eine Behinderung
der Drehungsmöglichkeiten durch das Stativ wie bei mittleren
Mikroskopmodellen nicht stattlindet, außerdem vorteilhafterweise
die Auflagefläche des Objekttisches der Lichtquelle zugewandt
ist, so steht nichts im Wege, auch eine so große Ausführungsform
des Universal-Drehtisches zu verwenden, daß Präparate gewöhn-
lichen Formats benutzt werden können (Fig. 2). Man braucht nur
den Kondensorrevolver M mittels des Triebes s hinreichend vom
Objekttisch zu entfernen. Auch hier fällt die erhöhte Lichtstärke
bei vertikaler Projektion, sowie die Möglichkeit, bequem demon-
strieren zu können, vorteilhaft ins Gewicht.
2. Projektion von Übersichtsbildern. — Für die Pro-
jektion im polarisierten Licht bei sch wachster Vergrößerung
wird statt des Mikroskoptubus ein besonderes , in kurzem Rohr-
ansatz gefaßtes Projektionsobjektiv eingeschaltet. In das Ende
des kurzen Rohres wird der Analysator vom Mikroskoptubus ein-
gesetzt. Der Kondensorrevolver wird auf das Leerloch eingestellt.
Die Vergrößerung ist bei einem Schirmabstand von 250 mm eine
zirka dreifache. Das übersehene Feld des Präparates hat einen
Durchmesser von 24 mm.
Diese Anordnung ist daher für Übersichtsbilder von Dünn-
schliffen, ganzen Kristallplatten, Kristallkeilen, Glimmertreppen,
gepreßten Gläsern und ähnlichem mit Vorteil zu verwenden. Legt
man z. B. auf den Drehtisch ein Kalkspatrhomboeder, entfernt
den Analysator und bildet die möglichst weit zugezogene Irisblende
auf der Projektionswand ab, so kann man bequem die Grundgesetze
der Doppelbrechung und Polarisation demonstrieren.
Die Helligkeit bei dieser Art von Projektion ist besonders groß.
3. Diapositiv-Projektion (Fig. 3). — An Stelle der
bisherigen Beleuchtungsvorrichtung wird ein großer Doppelkonden-
sor eingesetzt. Unmittelbar davor wird der Diapositivrahmen mit
auswechselbaren Schiebern bis zum Format 9X12 mittels zweier
Klemmschrauben befestigt. Der Arm A wird entfernt und in den
Schlitten des Armes B das anastigmatische Projektionsobjektiv
(Sumraar f = 115 mm, F : 5) mit Irisblende eiugeschoben. Bei
einem Schirmabstand von 2| m ist die Vergrößerung eine ca. 22 fache.
1 Z. B. Stativ A von E. Lkitz, Wetzlar.
* C. Leiss, Dies Centralbl. 1912. p. 733.
Versammlungen und Sitzungsberichte.
189
4. Photographische Aufnahmen (Fig. 1). — Für photo-
graphische Aufnahmen dient eine an der Säule S mit zwei Klem-
men zu befestigende Kamera, mit Balgen, Zeit- oder Moment-
verschluß und Lichtabschluß als Verbindungsstück mit dem Apparat.
Bei Benutzung des Aufsatz-Analysators wird das Verbindungsstück
mit Hilfe des Analysators an den Analysatorteilkreis angeklemmt
und so getragen. Die Einstellung erfolgt bei gehobenem Balgen
auf einer in den aufliegenden Rahmen eingeschobenen Papierwand.
Es empfiehlt sich, vorher die an beiden Seiten des Balgens befind-
lichen Litzen an den beiden Knöpfen am Verschlußbrett zu be-
festigen. Die Kassette ist für Platten bis zum Format 24 X 30 cm
verwendbar.
Der Demonstrationsapparat ist für jede der Verwendungs-
möglichkeiten 1 — 4 gesondert lieferbar.
Die Notwendigkeit, einen kleinen für mineralogische und petro-
graphische Praktikumszwecke geeigneten Projektionsapparat mit
Polarisationsvorrichtung zu konstruieren, ergab sich für die optischen
Werke von E. Leitz auf Grund einer Anregung und Bestellung
des Herrn Geheimrats Professor Dr. F. Rinne in Leipzig, in dessen
Institut auch das erste Exemplar des Apparates in Gebrauch ist.
Die schwierigen Aufgaben in der mechanischen Ausführung
hat Herr Werkmeister P. Weilinger elegant gelöst.
Wetzlar, Januar 1913.
Versammlungen und Sitzungsberichte.
Londoner Mineralogische Gesellschaft. Sitzung am
21. Januar 1913 unter dem Vorsitz von Dr. A. E. H.
Tutton. F. R. S.
T. V. Barkeu und J. E. Marsh: Optische Aktivität
und Enantiomorphismus der Molekular- und Kristall-
struktur. Die allgemeine Natur der enantiomorphen Strukturen,
die die optische Aktivität im flüssigen und kristallisierten Zustand
begleiten, wurde besprochen, und es wurde hervorgehoben, daß,
da die optische Aktivität der Kristalle von sechs Substanzen,
darunter Bittersalz und Natriumchlorat , nicht aus der Kristall-
struktur abgeleitet werden kann, sie auf eine enantiomorphe Gestalt
der Atome in den Molekülen bezogen werden muß. Passende
enantiomorphe Formen sind aus chemischen Gründen abgeleitet
worden, indem die Konstitution der Verbindungen auf einer Modi-
fikation von Werner’s Theorie der Koordination beruht. Die
Symmetrie der neuen Raumformeln ist in vielen Fällen identisch mit
der Symmetrie der Kristalle, und besonders der Natronsalpeter
kann am besten betrachtet werden als ein Racemat, herrührend
190
Versammlungen und Sitzungsberichte.
von der gegenseitigen Durchdringung von optischen Antipoden mit
räumlichen Konfigurationen ähnlichen denen, die für die aktiven
Formen des Natriumchlorats vorausgesetzt werden, derart, daß die
Symmetrie des doppelten Moleküls mit der des Rhomboeders identisch
ist. Derselbe Typus der Molekularstruktur ist auch zu vermuten
beim Kalkspat und der rhomboedrischen Form des Natriumchlorats,
die sich bei höherer Temperatur bildet. Es wird geschlossen, daß
viele Fälle von Dimorphismus von ähnlicher Art sind und , all-
gemeiner, daß polymorphe Umwandlung eingeleitet wird durch eine
Neuordnung der Atome im Molekül.
H. Colltngridge : Bemerkung über die Bestimmung
des optischen Achsen winkeis an Kristallen in Dünn-
schliffen. In dem Fall, wo eine optische Achse in dem Sehfeld
sichtbar ist , kann die Position der zweiten Achse zweckmäßiger
bestimmt werden, als nach den Methoden von Becke und Wright
aus der optischen Achsenebene und der Auslöschungsrichtung durch
das Zentrum des Feldes.
Dr. G. F. H. Smith: Graphische Bestimmung von
Winkeln und Indizes in Zonen. Zwei Methoden werden
beschrieben, die, abweichend vom Monogramm, nicht auf recht-
winkelige Zonen beschränkt sind. Bei der einen wird eine doppelte
Tangentenskala auf eine Schar von Linien gelegt, die, wie bei
einer gnomonischen Projektion, auf eine Zonenebene augeordnet
sind, in der Weise, daß die 01- und 11-Linien die Skala unter
den gegebenen Winkeln schneiden ; die zu beliebigen Indizes ge-
hörigen Winkel oder umgekehrt können direkt auf der Skala
abgelesen werden. Bei der zweiten Methode wird ein doppeltes
Diagramm angewendet, dessen eine Hälfte eine neue Form des
Mariogramms und die zweite eine Darstellung der Winkel, deren
Kotangenten die Differenz der Ivotangenten der gegebenen AVinkel
ist. Die Methode ist allgemein und unbeschränkt in ihrer Anwendung.
Dr. J. Drugman : Über Goldschmidt’s Apparat zum
Schneiden von Kristallmodellen. Der Mechanismus wurde
beschrieben und seine Verwendung erläutert.
Professor H. L. Bowman: Über eine Knolle von Eisen-
kiesen. Die oktaedrische Form und die Streifung auf den Flächen,
welche die Ecken der winzigen Kriställchen abstumpfen , lassen
diese eher zum Pyrit gehörig erscheinen als zum Markasit, wie es
gewöhnlich geschieht.
Eine aus einer Amethystdruse geschnittene chinesische Schale
uud ein Satz von Wagschalen und Gewichten , wie sie von den
einheimischen Juwelenhändlern in Indien zum Wiegen der Perlen
benützt werden, wurde von F. N. A. Fleischmann, resp. von
E. Hopkins ausgestellt.
Besprechungen.
191
Besprechungen.
M. Brauhäuser: Die Bodenschätze Württembergs.
Stuttgart 1912. 325 p. 37 Fig.
Das Werk stellt eine Übersicht dar über die in Württemberg
vorhandenen Erze, Salzlager, Bausteine, Mergel, Tone, Ziegelerden,
Torflager, Quellen, über ihre Verbreitung-, Gewinnung und Ver-
wertung. In überaus geschickter und anziehender Weise wird
zunächst ein Überblick gegeben über den geologischen Auf-
bau Württembergs. Es werden — schon immer mit Bezug-
nahme auf' die nutzbaren Mineralien und Gesteine — die einzelnen
Württembergs Boden zusammensetzenden Formationen und Schicht-
glieder besprochen, wobei besonderer Wert auf deren Entstehungs-
geschichte, ihre äußeren Erscheinungsformen und auf die Faktoren,
die diese bedingen , gelegt wird. Im speziellen Teil werden die
einzelnen Bodenschätze nach ihrer praktischen Seite besprochen.
Er umfaßt folgende Abteilungen:
Bergbau.
1 . Erzbergbau : Gold — Silber — Kobalt — Kupfer —
Blei — Mangan — Wismut — Eisen. Anhang: Schwer-
spat und Flußspat.
2. Salzgewinnung und Salzbergbau: Sulz — Hall — Niedern-
hall — Clemenshall — Wilhelmshall — Friedrichshall —
Heilbronn.
Baumaterialien.
1. Bausteine.
2. Mörtel und Zement.
3. Tone und Ziegelerde.
4. Anderweitige Baumaterialien.
Straßenmaterial.
1. Pflastersteine und Randsteine.
2. Schottermaterial.
Anderweitig benützbares Gestein.
T orfgewinnu n g.
Quellen.
Grundwasse r.
Mineralquellen und Thermen.
Wildbad — Liebenzell — Teinach — Mergentheim — Niedernau —
Stuttgart — Hoheneck — Teußer Bad — Göppingen — Boll —
Sebastiansweiler — Ditzenbach — Ueberkingen — Jordan-
bad — Brielquelle und Nierazbad — Laimnau.
Böden und natürliche Meliorationsmittel.
Anhang: Geologische Karten.
Es muß hierbei besonders erwähnt werden das liebevolle Ein-
gehen auf die Kenntnisse, die frühere Jahrhunderte von den Boden-
schätzen besassen und auf die Verwendung dieser im Lauf der
192
Besprechungen. — Berichtigung. — Personalia.
Zeiten. Dadurch und weil Verf. seine Angaben durch wertvolles
statistisches Material bis zur Gegenwart aus z. T. noch nicht be-
arbeiteten Urkunden, alten Fachzeitschriften etc. stützt, wird das
Werk auch volkswirtschaftlich sehr wertvoll. — Aus dem reichen
Inhalt kann nur einzelnes noch besonders hervorgehoben werden,
so der Abschnitt über die natürlichen Bausteine, der viele
z. T. neue Angaben enthält über Verwitterung, Wetterbeständig-
keit, Wechsel in der Güte des Materials; die Eignung der Gesteine
zu Straßen material wird eingehend besprochen. Besonders
gut gelungen ist der ausführliche Abschnitt über Quellen, Grund-
wasser und Mineralquellen. Sogar die B ö d e n werden auf
Grund ihrer geologischen Herkunft besprochen, an Hand der An-
gaben der schönen neuen geologischen Spezialkarte Württembergs.
So findet der Fachmann vieles aus der weit zerstreuten Einzel-
literatur hier verständnisvoll und durch eigene Forschungen des
Verf.’s vermehrt zusammengefaßt, dem geologisch interessierten
Laien wird leichtverständlich und in außerordentlich anziehender
und gefälliger Sprache die Kenntnis nicht nur der Bodenschätze,
sondern auch eines guten Teiles württembergischer Heimatkunde
vermittelt. H. Schneiderhöhn.
Berichtigung.
In der Abhandlung: Petrographisch chemische Untersuchung
einiger jungvulkanischer Gesteine aus der Umgebung des Victoria-
sees etc. von M. Goldsohlag, dies. Centralbl. 1912. No. 19.
p. 586 — 599 sind folgende Korrekturen anzubringen:
p. 592 Zeile 17 statt s: 62,17; A: 9,56; C: 4,06; F: 9,59; muh es heißen:
s: 63,03; A: 8.33; C: 5,49; F: 9,37.
„ 592
„ 19
s: 62,17: a: 8,23; c: 3,49; f: 8,26 ; k: 0,96
muß es
heißen: s: 63,03; a: 7,18; c : 4,73 ; f: 8,08;
k: 1,03;
d 592
, 21
7)
s : 62 ; a : 8 ; c : 3,5 ; f : 8,5 ; muß es heißen
: s : 63 ;
a : 7 ; c : 5 ; f : 8 ;
„ 595
» 29
7)
F: 42,22 muß es heißen: F: 41,65;
, 597
* 3
F: 30,27 „ „ „ F: 31,27;
n
a: 2,48 ; c: 1,88; f: 15,63: muß es heißen :
a: 2,42;
c: 1,83; f: 15,75.
■ 599
» 9
7)
3,49 muß es heißen: 4.73.
Personalia.
Am 15. Januar 1913 starb der bekannte Chemiker und
Mineraloge Dr. Georg- August Koenig, seit 1892 Professor der
Chemie an dem Michigan College of Mines in Houghton, Mich.,
früher Professor der Chemie, Mineralogie und Geologie an der
University of Pennsylvania in Philadelphia. Er studierte in
Berlin, wurde in Heidelberg zum Doktor promoviert und beschrieb
u. a. mehrere neue Mineralien.
Ernannt: a. o. Professor Dr. W. Volz zum o. Professor der
Geographie in E r 1 a n g e n.
C. Doelter und E. Dittler, Bauxit oder Sporogelit?
193
Original-Mitteilungen an die Redaktion.
Bauxit oder Sporogelit?
Bemerkungen zu der Arbeit von M. Kispatic „Bauxite des kroatischen
Karstes und ihre Entstehung“.
Von C. Doelter und E. Dittler (Wien).
In unserer Abhandlung 1 2 versuchten wir mit Hilfe von Färbe-
versuchen nachzu weisen , daß in den bisher als „Bauxit“ be-
zeichneten Gesteinen neben den Mineralien Diaspor, Hydra r-
gillit (Gibbsit) und einigen akzessorischen Gemengteilen
ein kolloides Tonerdehydrat existiert, welchem wir den ursprüng-
lichen Namen „Bauxit“ beließen, indem wir zugleich für das das
kolloide Tonerdehydrat enthaltende Gestein den Namen „Bauxitit“
(ähnlich dem Quarzit, Diasporit) vorschlugen. Wir haben damals
die den „Bauxit“ als Hauptgemengteil enthaltenden Gesteine als
Kolloid- Alumolithe den vornehmlich aus Diaspor, Gibbsit und
Kaolin bestehenden Kr i s t a 1 1 o i d - A 1 um o 1 i t h e n gegenübergestellt.
M. Kispatic 2 ist nun erfreulicherweise unabhängig von uns und
auf einem anderen als dem von uns eingeschlagenen Wege zu
ähnlichen Resultaten gekommen. Er fand die Bauxitite aus einem
der Hauptmenge nach aus Al2 03 • 1H2 0 bestehenden Kolloide zusam-
mengesetzt, das er mit dem neuen Namen Sporogelit bezeichnete3.
Der von uns vorgeschlagene Name Bauxit für das Tonerde-
kolloid und Bauxitit für das Gestein dürfte aber nach unserem
Dafürhalten besser entsprechen, weil das Gestein, ähnlich wie z. B.
Quarzit, Diasporit nach seinem Hauptbestandteile „Bauxit“
benannt werden würde.
M. Kispatic betrachtet den S p o r o ge 1 i t als die Gelform des
Diaspor (daher der Name) und läßt ihm wie diesem ein Molekül
H20 zukommen; es ist jedoch zweifelhaft, ob der Wassergehalt
wirklich ein konstanter ist.
M. Kispatic teilte den Wassergehalt aus dem Glühverlust
(H2 0 -f- C 02) der analysierten Proben in der Weise auf, daß er
konsequent 1 Molekül H2 0 für das Kolloid und den Diaspor in
Anspruch nahm und den Rest auf Hydrargillit und die Gel-
1 E. Dittler und C. Doelter, „Bauxit, ein natürliches To n-
er deh y d r o gel“. Z. f. Chem. u. Ind. der Koll. IX, 6. p. 282; ferner Dies.
Centralbl. 1912. 1 und 4.
2 M. Kispatic, Bauxite des kroatischen Karstes und ihre Entstehung.
N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXXIV. 1912. p. 513.
3 Wollte man einen neuen Namen einführen, was uns jedoch überflüssig
erscheint, so hätte wohl der CoRNü'sche Name Kliachit die Priorität.
CentralblaU f. Mineralogie etc. 1913. 13
194
C. Doeltev und E. Dittler. Bauxit oder Sporogelit?
f o r m e n des Eisenoxyds und der Kieselsäure (letztere mit
2 H2 0 ?) verrechnete. Abgesehen davon, daß auch dem Eisen-
oxyd, welches doch auch in kolloider Form — M. Kispatiö nennt
es Hämatogelit — vorliegt, ein größerer Teil des Wassergehaltes
zugesprochen werden müßte, scheint diese ganz willkürliche Be-
rechnungsweise auch aus dem Grunde nicht einwandfrei, weil der
Bauxit (Sporogelit) als Gel kaum ein Hydrat von konstanter Zu-
sammensetzung darstellen dürfte.
Wir haben durch Versuche nachweisen können, daß künst-
lich dargestellte Hydrogele der Tonerde allmählich wasserärmer
werden und daß der Wassergehalt je nach der Konzentration
der Ausgangsstoffe, der Lagerungszeit und der Erwärmung
wechselt. Aus diesem Grunde haben wir auch dem Kolloid „Bauxit“
kein bestimmtes Äquivalent Wasser zngesprochen.
Jüngere „Bauxite“ dürften mehr Wasser enthalten, wie auch
der von M. Kispatiö untersuchte „Kljakit“ beweist, bei -welchem
die restlichen 10,9 1 °/o H20 nur schwer und nur unter der An-
nahme eines Kieselsäuregels mit 2H20 untergebracht werden können.
Bei einem Vergleich der beiderseits geschaffenen Nomen-
klaturen ergibt sich im übrigen Identität dieser Mineralien und
Mineralgemenge, wie kurz folgende Tabelle beweist:
Ki spatic und Tucan :
1. Sporogelit
(kolloides Tonerdehydrat
AL 03 • 1 H2 0)
Doelter und Dittler:
1 . Bauxit
(kolloides Tonerdehydrat
Al2 03xH2 0);
2. Bauxi tit
(Gestein mit überwiegend
Bauxit) ;
Bauxitit
3. Dias po rite
4. Gibbsitite.
2. Bauxit =
(Gestein mit überwiegend Sporo-
gelit)
Sporogelitbauxit =
3. Diasporbauxit =
4. hydrargillitführende
Sporogelit - bezw. Diaspor-
bauxite =
Wenn F. TuCan 1 den Namen Bauxit für das Mineralgemenge
und nicht für das kolloide Tonerdehydrat (nach M. Kispatic Sporo-
gelit) angewendet wissen will, so wird ohne besonderen Vorteil
für die Sache die Namensgebung schwerfällig und unübersichtlich,
überdies kommt ein neuer Name hinzu, der wegen des hypothetisch
angenommenen Wassergehaltes keine Berechtigung besitzt von
„Diaspor“ abgeleitet zu werden.
Wir glauben aus dem Umstande, daß unsere Untersuchung ein
Jahr früher publiziert wurde und die von uns vorgeschlageue Nomen-
klatur einfacher ist, unseren Namen den Vorzug geben zu müssen.
Mineralogisches Institut der k. k. Universität Wien.
F. Tucan, Zur Bauxitfrage. Dies. Centralbl. 1913. 3. 65.
H. Michel, Ueber das Auftreten von Rhönitbasalten etc. 195
Ueber das Auftreten von Rhönitbasalten im Böhmischen
Mittelgebirge.
Von H. Michel in Wien.
Mit 2 Textfiguren.
Seit J. Soellner 1 den Rhönit beschrieben hat, sind in zahl-
reichen Gesteinsgebieten, die atlantische Gesteine führen, Gesteine
mit Rliönit nachgewiesen worden, die bisweilen Rhönit als wesent-
lichen Gemengteil zeigen. J. Soellner selbst hat eine größere
Anzahl dieser Rhönitbasalte beschrieben, die zum größten Teile
aus der Rhön stammen.
Gelegentlich der Aufnahme der Erzgebirgsbruchzone im Westen
von Bodenbach a. E. fand der Verf. eine größere Anzahl von
rhönitführenden Basalten vor, von denen einige Rhönit als wesent-
lichen Gemengteil enthalten und demnach die Bezeichnung Rliönit-
basalt verdienen. J. Soellner erwähnt unter seinen Rhönitbasalten
auch vier aus Böhmen, vom Hasenberge zwischen Kfesin und
Sedlitz, von Zirkovitz, von Schlüsselburg und vom Rabenstein bei
Sebusein. Das letztere Vorkommen, dem Böhmischen Mittelgebirge an-
gehörig, ist sehr bemerkenswert, weil es sich als Melilithbasalt erwies,
der sonst im Mittelgebirge keine nennenswerte Verbreitung besitzt
und lediglich am Nordostrand in größeren Körpern und Gängen auftritt.
Mit Ausnahme dieser Angaben von Soellner sind sonst
Rhönitbasalte aus dem Böhmischen Mittelgebirge nicht beschrieben
worden, lediglich das Auftreten von Rliönit in mehreren Gesteinen
als Resorptionsprodukt von Hornblende wurde von J. E. Hibsch 2
erwähnt. Die vom Verf. am Nord Westrand zahlreich Vorgefundenen
rhönitführenden Gesteine scheinen im Innern des Mittelgebirges
bedeutend seltener zu sein, wie dies in gleicher Weise für die am
Nordostrand auftretenden Melilithgesteine gilt. Hier am Rande gegen
das Erzgebirge zu führen fast alle Gesteine Rhönit als akzessorischen
Gemengteil, in einigen derselben ist er aber ebenso reichlich wie
Pyroxen vorhanden.
Wenn der Rhönit bereits iu jenen Gesteinen, in denen er als
akzessorischer Gemengteil auftritt, den Habitus des Gesteines be-
trächtlich zu verändern vermag, so ist das in weit höherem Maße
dort der Fall, wo sich — zumeist in einem lokalen Differentiations-
produkt eines Gesteins — der Rhönitgehalt vermehrt. Die Rhönit-
basalte sind in den beiden Fällen, die im folgenden etwas näher
besprochen werden sollen, lokale Ausbildungen von Nephelinbasalt
und Nephelinbasanit. Es sind offenbar ganz besondere Verhältnisse
nötig, damit sich Rhönit in reichlicherem Maße bilden kann.
Von mancher Seite ist die Ansicht vertreten worden, daß der
gesamte Rhönitgehalt eines Gesteins durch Aufschmelzung eines
1 J. Soellner, Neues Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXIV. p. 475.
5 J. E. Hibsch. Tscherm. Min. u. Petrogr. Mitt. 29. p. 406.
13*
196
H. Michel, Ueber das Auftreten von Rhönitbasalten
primären äquivalenten Hornblendequantums entstanden sei. So hat
H. Bücking 1 Gesteine aus der Bliön beschrieben, in denen das un-
zweifelhaft der Fall ist, und deshalb erkennt H. Bücking dein Rhönit
auch nicht jene klassifikatorische Bedeutung zu wie H. Bosen-
busch, der den Rhönit als „eine Art Leitmineral für die Effusiv-
formen der essexitischen Magmen, die Trachydolerite“ bezeichnet.
Unzweifelhaft beweisen die noch zahlreich in diesen Gesteinen
vorhandenen Pseudomorphosen von Rhönit — Augit — Olivin —
Plagioklas — Magnetit — nach Hornblende eine Enstehung von
Rhönit aus Hornblende. Unter anderen hat J. Soellner 2 solche
Pseudomorphosen gleichfalls beschrieben, und besonders X. Galkin 1 * 3
hat sich mit dieser Frage beschäftigt und gezeigt, daß diese Um-
setzung chemisch gut möglich ist. Es findet wohl auch in vielen
Fällen diese Umsetzung derart statt, daß sich auch in der Grund-
masse auf Kosten der Hornblende Rhönitkristalle bilden.
So richtig das für die von H. Bücking beschriebenen Gesteine
sein mag, ebenso sicher trifft das für unsere Gesteine nicht zu.
Es findet sich keine Spur einer primären Hornblende mehr in dem
ganzen Gesteinskörper, obwohl derselbe keine bedeutende Größe
besitzt und deshalb eine so vollständige Resorption der Hornblende
nicht zu erwarten ist. Man müßte eine vollständige Einschmelzung
annehmen, und zwar zu einer Zeit, zu der sich das Einschmelzungs-
produkt völlig gleichmäßig in der ganzen zur Eruption gekommenen
Masse verteilen konnte. Eine so vollständige und frühzeitige Ein-
schmelzung läßt sich aber auf keine Art beweisen und ist auch
sehr unwahrscheinlich ; wenn sie möglich wäre, könnte man für
alle Gemengteile sekundäre Entstehung behaupten.
In unseren Gesteinen ist vielmehr der Rhönit direkt aus der
Schmelze entstanden.
Die Untersuchung zweier Vorkommen ergab folgendes :
Basaltisches Gestein vom Kahlen Berg bei E u 1 a n
westlich Bodenbach.
Infolge des Auftretens des Gesteins auf der Kreuzungsstelle
des hier ungefähr WO verlaufenden Erzgebirgsbruches mit einem
XS streichenden Radialbruch ist das Gestein nahezu frei von Ein-
schlüssen. Zudem ist auch der Untergrund durch den präcretacischen
Bruch , an dem das Elbtalgebirge gegenüber dem Erzgebirge ab-
gesunken ist, gelockert. Als Einsprenglinge treten Olivin, Pyroxen,
Magnetit auf. Die Grundmasse besteht entweder aus Pyroxen,
reichlich Magnetit, Plagioklas, Nephelin, Apatit und spärlicher
1 H. Bücking, Die Basalte und Phonolithe der Rhön, ihre Verbreitung
und chemische Zusammensetzung. Sitzber. d. Berl. Akad. 1910. p. 490.
s J. Soellner, 1. c. p. 541.
3 X. Galkin, Chemische Untersuchung einiger Hornblenden und Augite
aus Basalten der Rhön. Neues Jahrb. f. Min. Beil.-Bd. XXIX. p. 681.
im Böhmischen Mittelgebirge.
197
Glasbasis, oder aber aus Pyroxen, reichlich Rhönit, sehr wenig
Plagioklas, fast keinem Magnetit, Nephelin , Apatit und Glas-
basis. Zwischen diesen beiden im Schliff ganz verschiedenes
Aussehen gewährenden Ausbildungsformen des Gesteins gibt es
Uebergänge.
Die Einsprenglinge sind im ganzen Gesteinskörper die gleichen,
der Olivin ist nahezu optisch neutral, enthält also rund 10 — 12°/o
Fe9Si04, häufig stark korrodiert, in den großen Korrosionsbuchten
haben sich größere Plagioklasindividuen gebildet in Gesellschaft
mit zierlichen Titaneisenskeletten, an die wiederum senkrecht
Biotitschüppchen angesetzt sind.
Der Pyroxen ist ein Titanaugit mit starkem Sanduhrbau und
mehrfacher Zonarstruktur. Häufig ist ein grüner Kern vorhanden,
an den sich zunächst eine farblose Hülle, sodann eine Hülle von
Titanaugit ansetzt. Orientierung und Lichtbrechung ändern sich
gesetzmäßig in diesen Anwachspyramiden und Zonen.
Am meisten Interesse beansprucht natürlich der Rhönit, der
in der Grundmasse auftritt und der das Aussehen der Grundmasse
stark beeinflußt. Er ist einsprenglingsartig in größeren Individuen
wie auch in feinen Körnern in der Grundmasse verteilt vorhanden;
es entspricht sein Auftreten also dem Typus 1 von J. Soellner.
Er zeigt den Pleochroismus: hellschmutziggelbgrün, dunkelbraun-
grün, rotbraunschwarz in der von Soellner angegebenen Orien-
tierung. Ebenso ergibt sich eine gute Übereinstimmung in den
Flächenwinkeln und Auslöschungsschiefen. Die überaus feine poly-
synthetische Zwillingsbildung nach b(010) ist gleichfalls häufig.
Lichtbrechung ist größer als Kanadabalsam, die Doppelbrechung
ist wegen der starken Eigenfarbe und der großen Absorptions-
unterschiede schwer abzuschätzen. Immer sind die Individuen
reichlich mit Pyroxenkörnern der Grundmasse durchspickt, woraus
hervorgeht, daß der Rhönit trotz seines einsprenglingsartigen Auf-
tretens der Effusivperiode angehört, ja sogar ein jüngerer Gemeng-
teil ist als der Pyroxen der Grundmasse.
Abhängig vom Rhönitgehalt erweist sich nun der Gehalt an
Plagioklas und Magnetit einerseits, andererseits auch das Korn,
des Gesteins. Die rhönitfiihrenden Partien des Berges liefern ein
bedeutend feinkörnigeres Gestein mit kleineren Einsprenglingen
von Olivin und Titanaugit und einer Grundmasse fast ohne Magnetit
und mit sehr wenig Plagioklas, die rhönitfreien Partien besitzen
viel größere Einsprenglinge von Olivin und Augit sowie eine an
den lichten Gemengteilen reichere und auch magnetitreichere
Grundmasse.
Es ist also der Rhönit vertreten durch Plagioklas und Magnetit.
Auf die Relation zwischen Rhönit und Magnetit haben bereits
J. Soellner und X. Galkin hingewiesen. Nach Soellner (1. c.
p. 502) kann man sich den Rhönit zusammengesetzt denken aus:
198
H. Michel. Ueber das Auftreten von Rhönitbasalten
1 Fe"Fe2"' (SiTi) 06
1 Fe" Al., (Si Ti) Os
1 Mg AI, (Si Ti) 06
3 (Mg Ca), Si04.
Aus diesen Formeln ersieht man, daß sich statt des Rhönits
ein Gemenge von Pyroxen, Olivin, Magnetit sowie einem tonerde-
reicheren Mineral bilden kann. Das tonerdereiche Mineral wird
wahrscheinlich ein Feldspat sein, der aus dem Magma Alkalien
bindet. Ersichtlich ist nur die Bildung des Plagioklases und
Magnetites, da die Olivine und Pyroxene unter den bei’eits vor-
handenen verschwinden.
Es hat also bereits im Magma nach seiner chemischen
Zusammensetzung die Möglichkeit gelegen, Rliünit zu bilden, nur
ist er lediglich in lokal beschränkten Partien gebildet worden. Es
sind Uebergänge im Rhönitgehalt vorhanden, die zwischen zwei
Extremen schwanken. Das eine Endglied ist der reine Rhönit-
basalt, das andere Endglied ist ein Nephelinbasanit.
Für die Bestandfähigkeit des Rhönits scheinen ähnliche
Bedingungen zu gelten wie für die basaltische Hornblende,
wenigstens findet sich Rhönit dort, wo Hornblende auch bestand-
fähig wäre, im Innern des Eruptivkörpers, andererseits beweisen
die Pseudomorphosen nach Hornblende, in denen der Rhönit auf-
tritt, daß doch verschiedene Existenzbedingungen für beide Minerale
notwendig sind. Da der Rhönit stets nur der Effusivperiode an-
gehört, außerdem zu den jüngeren Bildungen der Grundmasse zu
zählen ist, aber nie als intratellurischer Einsprengling auftritt,
darf man wohl annehmen, daß bei dem in der intratellurischen
Periode herrschenden Druck und bei hohen Temperaturen Rhönit
nicht bestandfähig ist, wohl aber kann Hornblende bestandfähig
sein. Dagegen muß bei den Temperaturen, wie sie gegen das
Ende der Effusivperiode auftreten, Rhönit bei höherer Temperatur
beständig sein, auch scheint ein verhältnismäßig größerer Druck
dazu erforderlich zu sein, weil der Rhönit in den inneren Partien
des Eruptivkörpers auftritt. In Anlehnung an ein von Prof. F. Becke 1
gegebenes Diagramm über die Existenzbedingungen der Hornblende
seien die hier geäußerten Vermutungen über die Existenzbedingungen
des Rhönits gleichfalls graphisch und im Verhältnis zu denen der
Hornblende wiedergegeben. (Fig. 1.)
In dieser Figur bedeutet wie im BECKE’sclien Diagramm die
Linie FF die Grenze für die Temperaturen, bei denen die Schmelze
zu erstarren beginnt, unterhalb der Linie SS ist alles erstarrt.
Die Linien HH und IiR sollen die oberen Grenzen darstellen,
bei denen Hornblende und Rhönit noch bestandfähig sind. Die
Linie AD stellt nun die Zustände dar, die ein Ergußgestein bei
1 F. Becke, Gesteine der Columbretes. Tschermak's Min. u. Petr. Mitt.
16. p 331.
im Böhmischen Mittelgebirge.
199
der Erstarrung durchmacht, und zwar gibt das stark ausgezogene
Stück A B die Zustände wieder, die eintreten müssen, damit sich
primäre Hornblende bilden kann,
das gestrichelte Stück der Kurve
AB jedoch die Zustände für den
Fall, daß es zu keiner Bildung
von primärer Hornblende kommt.
Die Existenzkurve von Rhönit
ist nun gegenüber der von Horn-
blende so eingetragen, daß die
oben vermuteten Bedingungen
erfüllt sind. Inwieweit diese
Vermutungen in der Natur erfüllt
erscheinen, ist schwer sicher zu
entscheiden. Die graphische Dar-
stellung soll nur qualitativ die
Verhältnisse darstellen und ist
nur auf Vermutungen gegründet.
Daß Rhönit auch den Magnetit zu ersetzen vermag, spricht
dafür, daß zu den Bildungsbedingungen für Rhönit auch der Um-
stand gehört , daß sich das Magma eisenreich erhalten kann bis
zum Zeitpunkt der Rhönitbildung. Gleichzeitig geht daraus hervor,
daß die Magnetitbildung nicht immer in das früheste Stadium der Ge-
steinsverfestigungfällt, sondern daß Magnetit auch als verhältnismäßig
junger Gemengteil auftreten kann. Durch die Rhönitbildung werden
dann dem Magma so viel Eisen und Tonerde entzogen, daß sich weder
Magnetit noch ein Feldspat oder Feldspatvertreter mehr bilden kann.
Mau könnte auch daran denken, daß zur Rhönitbildung eine
bestimmte chemische Zusammensetzung vorhanden sein muß, die
dadurch erreicht und erst dann erreicht wird, wenn sich die Ein-
sprenglingsgeneration von Olivin und Pyroxen ausgeschieden hat,
ohne daß dort jedoch Magnetit in größerer Menge sich gebildet hätte.
Deshalb fehlt er in der Einsprenglingsgeneration und auch überall
dort, wo sich viel Magnetit ausgeschieden hat. Wieso die Magnetit-
bildung bis zur Rhönitbildung verhindert wird, läßt sich nicht sagen.
Die Analyse eines rhönitführenden Stückes dieses Gesteins ergab :
Gewichtsprozente * Molekülprozente
Si02 . . . .
43,57
TiO, . . . .
. . . 3,32
2.45
Fea 0, • . .
. . . 4.77
—
Fe 0 . . . .
. . . 6,99
9,82
Al,0, . . . .
. . . 11,86
7,36
Mg 0 . . . .
... 11, *7
18,40
Ca 0 ... .
. . . 12,04
13,50
NaaO . . . .
. . . 1.66
1,84
k2o . . . .
. . . 3.68
2,45
P2o5 . . . .
. . . 0,76
0,61
Ht 0 ... •
. . . 1,82
—
100,48
100,00
200
H. Michel, Ueber das Auftreten von Rhönitbasalten
Die OsANN’sclien Zahlen ergaben sich folgend:
S = 46,02, A. = 4,29, F = 38,65, C = 3,07
s = 46,0, a = 2,0, c = 1,0, f = 17,0
n = 4,5 yd, m = 7,5 v <f, k = 0,65.
Diese Zahlen führen zu dem Typus Hutberg der Familie der
Limburgit.e und Augitite mit der Typenformel s = 47,5, a = 2,
c = 1, f — 17 oder dem Typus Käsegrotte der Nephelinbasalte
mit der Typenformel s = 44, a = 2, c = 1, f = 17. Die
Projektionspunkte aller drei Gesteine fallen übereinander, nur die
Kieselsäureordinaten sind verschieden. Von den Typen der Nephelin-
basanite, zu denen die nicht rhönitfülirenden Partien des Gesteins-
körpers am ehesten zu stellen wären , weicht unser Gestein ab,
so daß immerhin eine, wenn auch nur geringfügige Abweichung
in der chemischen Zusammensetzung dieser lokalen Ausbildungsform
angenommen werden könnte.
Aus den beigegebenen Molekülprozenten läßt sich leicht er-
sehen, daß in reichlichem Maße Feldspatvertreter vorhanden sein
müssen und daß das Fe in Orthosilikaten vertreten sein muß.
Das Gestein ist bei weitem nicht mit Kieselsäure gesättigt.
.T. Soellner hat einen ähnlich differenzierten größeren Eruptiv-
körper bei Forst in der Pfalz am Pechsteinkopf angetroffen und
beschrieben (1. c. p. 528).
Ganz ähnliche Verhältnisse wie in der Quellkuppe des Kahlen
Berges bei Eulau scheinen bei dem Deckenreste gewaltet zu haben,
der den
Hutberg südlich Königs w a 1 d bei Bodenbach
bildet. Nur ist es liier schwieriger, Vermutungen darüber auf-
zustellen , warum es in einzelnen Teilen zur Rhönitbildung kamr
weil es sich hier um einen Deckenrest handelt, dessen ursprüngliche
Form durch Errosion ganz verloren gegangen ist.
Die beiden Extreme, die hier anzutreffen sind, sind einerseits
wieder ein echter Rliönitbasalt, andererseits ein Nephelinbasalt.
Das gänzlich verschiedene Aussehen dieser beiden Typen wird
wiederum durch den Rhönitgehalt bedingt. Der Rliönit ersetzt
abermals Magnetit und Nephelin, die gleichzeitig statt Rliönit in
dem Nephelinbasalt gebildeten Olivine und Pyroxene verschwinden
unter den sonst im Gestein vorhandenen.
Das eine Endglied, der Rliönitbasalt, zeigt große Ein-
sprenglinge von Olivin und Pyroxen, so daß das Gestein ein grob-
körniges Aussehen gewinnt, im Gegensatz zu dem Rliönitbasalt des
Kahlen Berges, der dort die feinkörnigere Varietät darstellte. Der
Olivin ist negativ, 2 V„ = 86" entsprechend 23°/» Fe2Si04. Den
Pyroxeneinsprenglingen fehlt durchwegs der grüne Kern, sie haben
meist einen blaßvioletten bis farblosen Kern, um welchen braun-
violetter Titanaugit als Hülle angelagert ist. Sanduhrbau und
im Böhmischen Mittelgebirge.
201
Zonarstruktur fehlen auch hier nie. Die Olivineinsprenglinge über-
wiegen an Zahl und Größe weitaus.
Die Grundmasse besteht zum großen Teil ans einem dunkel-
braunvioletten Titanaugit mit einer Auslöschungschiefe c y im
Mittel — 5ö°.
Fast in gleicher Menge ist Rhönit vorhanden in großen,
einsprenglingsartigen Individuen, die jedoch durchwegs der Effusiv-
periode angehören. Reich durchspickt mit Pyroxenkörnern, kann
sich der Rhönit erst ganz zum Schluß der Pyroxenbildungsperiode
ausgeschieden haben und muß eine sehr große Kristallisationskraft
Fig. 2.
besitzen , um noch solch große Individuen mit stellenweise sehr
scharf idiomorpher Umgrenzung zu bilden. Neben den großen
Individuen finden sich auch zahlreich in der Grundmasse verstreute
kleinere Rhönitkörner. Der Rhönit zeigt den charakteristischen
Pleochroismus, Zwillinge nach b (0 1 0) sind recht häufig. Auch
gut kristallographisch begrenzte Schnitte senkrecht zu (010), also
mit scharfer Zwillingslamellierung und einer Auslöschung von
7° — 12" sowie Schnitte parallel 010 mit einer Auslöschung von
39° — 40° lassen den Rhönit mit Sicherheit erkennen.
Neben der gewöhnlichen Zwillingsbildung nach (010)b, ver-
gleichbar den Albitzwillingen der Plagioklase, finden sich Doppel-
zwillinge, von denen Fig. 2 einen zeigt.
202
H. Michel, Ueber das Auftreten von Rhönitbasalien etc.
Das in der Figur breiter erscheinende, von oben nach unten
verlaufende Individuum ist nahezu genau parallel zu b(010) ge-
troffen, das schräg von links oben nach rechts unten verlaufende
Individuum ist in der Zone der b-Achse annähernd senkrecht zur
c-Achse getroffen und zeigt daher scharfe Zwillingslamellen nacli
(010). (Ich verweise bei dieser Gelegenheit auf die von Soellner
gemachte Angabe, daß wegen der großen Undurchsichtigkeit des
Rhönits eine bedeutend stärkere Lichtquelle zur Untersuchung
nötig ist.) Über das Gesetz, das diesem Durchdringungszwilling
zugrunde liegt, lassen sich nur Vermutungen aussprechen. Es hat
den Anschein, als wäre die b (OlO)-Fläche des einen Individuums
parallel der c-Fläche (001) des anderen, als wäre die Achse a
gemeinsam. Dieses Gesetz ließe sich dann mit dem Bavenoer
Gesetz vergleichen.
Neben Rhönit und Pyroxen findet sich in der Grundmasse
noch etwas Magnetit, ab und zu ein Körnchen Nephelin, das in
der bräunlich getrübten, gekörnelten Glasbasis liegt. Apatitnädelchen
sind zahlreich vorhanden, desgleichen sind häufig skelettartige
Bildungen , wahrscheinlich Mikrolithe von Hornblende und Titan-
eisenskelette in der Grundmasse zu sehen.
Das andere Endglied, der Nephelinbasalt ohne Rhönit,
ist ein feinkörniges Gestein von violettschwarzer Farbe und fast
muscheligem Bruch. Es führt nur wenig Einsprenglinge von Olivin
und Magnetit. Der Olivin ist optiscli neutral entsprechend einem
Gehalt an 10 — 12°/o Fe2Si04 und häufig korrodiert. Magnetit
bildet gleichfalls größere Individuen, Pyroxen ist als Einsprengling-
äußerst selten.
Die Grundmasse besteht aus Pyroxen, Magnetit, Apatit,
Nephelin, Analcim und Glas mit Titaneisenskeletten. Magnetit
und Nephelin treten reichlich an Stelle des hier nicht zur Aus-
bildung gelangten Rhönits auf, und zwar in wohlbegrenzten großen
Kristallen.
In diesem Falle ist es schwer, über die Verhältnisse zu
urteilen , die bei der Eruption diese wechselnde Ausbildung ver-
ursacht haben. Der Rhönitbasalt bildet eine auf dem Nephelin-
basalt aufgelagerte Partie, vielleicht ist er nur eine Oberflächen-
fazies, vergleichbar manchen Glasbasalten am Rande und an den
Oberflächen größerer Eruptivkörper des Böhmischen Mittelgebirges.
Zwischen den beiden Endgliedern vermitteln Gesteine mit
einem Rhönitgehalt und geringerem Gehalt an Nephelin und
Magnetit, als der Nephelinbasalt besitzt. Diese Zwischenglieder
zeigen gewöhnlich Koagulationsstruktur, der Nephelin ist in größeren
lichten Flecken angereichert, die anderen Partien sind ganz nephelin-
frei und führen nur das braune Glas.
Es beeinflußt also auch hier der Rhönitgehalt wesentlich das
ganze Gestein.
Fr. Killig, lieber eine Umwandlung von Phyllit etc.
203
Beide hier angeführten Beispiele von Rhünitbasalten zeigen,
daß der Rhönitbasalt ein extremes Endglied von Reihen darstellt,
die von Nephelinbasalt und Nepheliubasanit zu ihm mit zahlreichen
Übergängen führen. Die Bezeichnung Rhönitbasalt ist aber wohl
nur bei solchen Gesteinen am Platze, die im wesentlichen aus der
Kombination Olivin, Pyroxen. Rliönit gebildet sind und wenig
Magnetit, Feldspäte oder Feldspatvertreter führen, dafür stellt sieh
ein trübes Gesteinsglas ein.
Mineralogisches Institut der Universität Wien, Jänner 1913.
Ueber eine Umwandlung von Phyllit in ein dichtes Paragonit-
gestein von der Korundlagerstätte am Ochsenkopf in Sachsen1
Yon Fr. Killig in Rüdersdorf.
Der Ochsenkopf bei Schwarzenberg in Sachsen ist von alters
her bekannt als Fundort von Schmirgel, der dem Phyllit lagerartig
konkordant eingeschaltet war und im 18. und 19. Jahrhundert
sogar bergmännisch abgebaut wurde; indessen ist von dem Berg-
bau heute fast nichts mehr erhalten : Schächte und Stollen sind
verschüttet, und selbst die Halden kaum noch zu erkennen.
Der Korund ist unzweifelhaft regionalnietamorphen Ursprungs ;
die Nähe eines im Phyllit deutlich hervortretenden Kontakthofes,
der vom benachbarten Eibenstocker Granitmassiv herrührt, läßt
zwar eine kontaktmetamorphe Entstehung näher liegend erscheinen,
doch konnte au der Hand eines Proliles, das auf Grund der An-
gaben in den vom Königlichen Bergamt in Freiberg zur Verfügung
gestellten Akten rekonstruiert wurde, der Nachweis erbracht werden,
daß zwischen Korund und Kontakthof eine mindestens 300 Meter
mächtige Masse normalen unveränderten Pli y llits einge-
schaltet ist.
Das Hauptgestein des Phyllitgebietes um den Ochsenkopf ist
ein blaugrüner oder auch grauer Phyllit von äußerst feinschiefe-
riger Beschaffenheit und mit höchst untergeordnetem Quarzgehalt,
während den Phylliten in der weiteren Umgebung ein auffallender
Quarzreichtum eigen ist. Entsprechend dem schon makroskopisch
festgestellten Befund erscheint der Phyllit im Schliff aus wasser-
hell durchsichtigen Glimmer bestehend, dessen Blättchen in Strängen
angeordnet sind und nur spärlich mit Chloritblättchen, Eisenerz-
partikelchen und Rutilkörnern vergesellschaftet sind, während Quarz
in diesen Phylliten nur selten in Augen oder Lagen auftritt.
1 Vergl. Mitteilungen des Naturw. Vereins zu Greifswald. 1912. p. 27 ff. :
Fr. Killig: „Das Korund- und Paragonitvorkommen am Ochsenkopf bei
Schwarzenberg in Sachsen*. Inaug.-Diss. Greifswald.
204
Fr. Killig, Ueber eine Umwandlung von Phyllit
Die chemische Untersuchung dieser quarzarmen bis -freien
Phyllite ergab folgende Zusammensetzung :
1. 2. 3.
Si02 .
. . . 51,79
51,63
47,02
46,97
42,69
42,41
Ti 0,
. . . 0,72
0,79
0,53
0,59
0,64
0,82
Al2 0,
. . . 30,96
30,40
33.38
33,36
40,52
40,62
Fe., ü3
. . . 0,85
0,80
0.81
0,60
0,69
0,75
Fe 0 .
. . . 1,89
1.92
2,29
2,53
1,40
1.36
MgO
. . . 1,36
1,42
2,00
1,79
1,83
1,97
CaO .
. . . 0,69
0,85
1,07
0,95
0,71
0,75
Na» 0
. . . 0,90
1,13
1,05
1,13
0,83
0.70
K2Ö .
. . . 4,96
5,11
6.14
6,12
5,99
5,50
h2o .
. . . 6,08
6,09
5,79
6,07
5,59
5,10
co2 .
... —
—
Sp.
Sp.
—
—
P20,
... —
—
Sp.
Sp.
—
—
100,20
100.14
100,08
100,11
100,89
99,99
1 Phyllit mit untergeordneten Quarzlagen. Halde am Ochsenkopf.
o J Feinschuppiger quarzfreier Phyllit vom verschütteten Schacht.
Auffällig an diesen Analysen ist der hohe Alkali- und Ton-
erdegehalt der Gesteine. Diese chemische Zusammensetzung ist
jedoch nicht nur für die Phyllite des engeren Ochsenkopfgebietes
charakteristisch, sondern auch für entsprechende Gesteine aus der
weiteren Umgebung , so z. B. für einen äußerlich sowohl wie
mikroskopisch sich vom Ochsenkopfphyllit kaum unterscheidenden
Phyllit vom oberen Sachsenstein , nördlich vom Ochsenkopf, und
von einigen Aufschlüssen in Bockau am Fuße des Ochsenkopfes.
Äußerlich durch seine schwarze Färbung und mikroskopisch durch
einen Feldspat- und Granatgehalt scheint ein Phyllit von der
„Neubeschertglückfundgrube“ bei Antonsthal am Ochsenkopf aus
der Reihe herauszufallen; wie die andern Phyllite zeigt jedoch
auch dieser den hohen Alkali- und Tonerdegehalt. Von allen aus
der Umgebung des Ochsenkopfes untersuchten Phylliten weicht
nur ein sich äußerlich wie mikroskopisch von den andern nicht
unterscheidendes Gestein vom Turm an der „Morgenleithe“ durch
einen auffallend niedrigen Alkaligehalt von den übrigen ab.
Die Analysen dieser Phyllite ergaben :
4.
5.
6.
7.
8.
SiO» .
.... 42.81
42,66
58,41
52,54
48,07
Ti 0» .
.... 0,90
0,61
0,60
0,56
0,50
A12(53
.... 30.83
38,34
23,82
32.77
37,19
Fe, 0.,
.... 3,71
0,72
0,75
0,95
1,00
Feb .
. . 2,26
1,20
1,22
1,54
2.42
MgO .
.... 3,46
2,20
1,71
1,36
1,69
CaO .
.... 1,76
0,85
1,17
0,95
1,05
Na, 0
.... 0.61
1,01
1,36
0,82
0,37
K, 0 .
.... 7,17
6,61
6.72
3.32
1,88
h2o .
.... 5,62
5,88
4.22
5.27
5,80
CO, .
.... 0,82
Sp.
—
—
—
P2 05.
.... 0,15
—
—
—
10u,10
100.08
99,98
100,08
99,97
in ein dichtes Paragonitgestein etc.
205
4. Schwarzer Feldspatphyllit von der „Neubeschertglückfundgrube“ bei
Antonsthal.
5. Phyllit, quarzführend, oberer Sachsenstein.
6. Phyllit mit Spuren kontaktmetamorpher Veränderungen. Bockau.
7. Phyllit, quarzführend, schieferig, Bockau.
8. Phyllit, Turm an der Morgenleithe.
Der K o r u n d kommt in den Phyllitmassen am Ochsenkopf
in grobkristallinen, schwarzblauen Knollen meist in einem eben-
falls schon den alten Mineralogen wohlbekannten dichten Gestein
vor, dessen Beschaffenheit einer Bestimmung nach rein äußerlichen
Kennzeichen große Schwierigkeiten bereitete; die hellgrauen oder
bräunlichgranen, bisweilen auch rötlichen oder zart grünen Massen
wurden bald mit Agalmatolith, bald mit Nephrit, Talk usw. identi-
fiziert. Eine eingehende chemische Untersuchung dieser dichten
Gesteinsmassen und der zahlreichen Abarten ergab jedoch, daß es
sich hier um eine dichte Varietät von Paragouit handelt.
Da man in den wenigen aus Sammlungen stammenden Stücken
— an Ort und Stelle war Korund nicht mehr zu finden — meist
Korund und Paragonit nebeneinander vorfindet, liegt die Annahme
nahe, daß beide in einem genetischen Zusammenhang stehen, und
es ist in der Tat bereits einmal der Versuch gemacht worden,
auf Grund des Zusammenvorkommens von Korund und Paragonit
einen Schluß auf die Entstehung des letzteren zu ziehen. F. A.
Genth stellt in seiner Arbeit „Über Korund, seine Umwandlungen
und die ihn begleitenden Mineralien“1, in der er für eine große
Anzahl von Korundvorkommen auf Grund von mehr oder minder
deutlichen Pseudomorphosen Umwandlungen von Korund in die
verschiedensten Mineralien : Glimmer, Andalusit, Cyanit und andere
tonerdereiche Substanzen unzweifelhaft nachgewiesen hat, den Para-
gonit vom Ochsenkopf als ein Umwandlungsprodukt des Korunds hin.
Indessen beweisen der geologische Befund und die petro-
graphische Untersuchung, daß der Paragonit nicht aus Korund
entstanden sein kann. Für das geologische Vorkommen ließen
die Angaben in den Akten über den Bergbau erkennen, daß zwar der
Korund nur auf einen bestimmten Horizont im Phyllit beschränkt
war, das Auftreten des Paragonits aber keineswegs an das des
Korunds gebunden war; der Paragonit durchsetzte immer in un-
regelmäßigen, sich verzweigenden Trümmern und Sclimitzen, die
sich im Phyllit vielfach verloren, in beliebigen Richtungen den
immer gleichmäßig unter dreißig Grad nach Westen einfallenden
Phyllit , trat also völlig unabhängig vom Fallen und Streichen
desselben auf und zeigte somit auch geologisch keinerlei genetische
Beziehungen zum Korund und dessen Auftreten. Hingegen ließ
die petrographische Untersuchung einiger Handstücke unzweideutig
•Touin. f. prakt. Chemie. 1874. 9. p. 93.
Fr. Killig, Ueber eine Umwandlung von Phyllit
206
erkennen, daß der Paragonit aus dem Phyllit hervor-
gegangen ist: es fanden sich Stücke, die alle denkbaren Über-
gänge von Phyllit in Paragonit bisweilen auf engstem Raume
vereinigt zeigen.
Ein Handstück besteht z. B. an einer Ecke aus normalem
schwarzgrünem Phyllit, der die feinglimmerige Beschaffenheit und
den ausgezeichneten Seidenglanz zeigt, die den Phylliten der
Hegend um den Ochsenkopf allgemein eigen sind; einige Zenti-
meter weiter wird diese Masse einen Schein heller, dann grau,
wobei sie den Glanz verliert und einen stumpfen Schimmer erhält,
hierauf allmählich rötlichgrau, und schließlich besteht das Hand-
stiick aus jenem hellen , bräunlichgrauen, dichten Paragonit, wie
er von allen Handstücken des Vorkommens am Ochsenkopf,
mögen sie nun Korund führen oder nicht, bekannt ist. Sowohl
au diesem eben beschriebenen Handstück als auch an größeren
Blöcken von dichtem Paragonit läßt sich jedoch gewöhnlich eine
undeutliche, verwischte Schieferung, zum mindesten jedoch immer
noch eine Art roher Lagenstruktur erkennen, die sich aus dem
Phyllit, wo sie deutlich ausgeprägt ist, durch eine Übergangszone
in das Paragonitgestein hinein verfolgen läßt. An einigen Hand-
stücken desselben tritt besonders auf Klüften noch ein feiner Saum
eines blätterigen Minerals auf, das schließlich auch in Nestern
in größeren Mengen gefunden wurde und auf Grund seines minera-
logischen Verhaltens sowie einer Analyse ebenfalls als Paragonit
bestimmt wurde, — das erste bis jetzt beobachtete Vorkommen von
blätterigem Paragonit.
Wie makroskopisch läßt sich auch mikroskopisch der Über-
gang des Phyllits in Paragonit beobachten: die farblose, etwas
trübe Glimmermasse des Phyllits mit den geringen Mengen von
Chlorit und Eisenerzpartikelchen bekommt allmählich einen helleren
Ton, indem Chlorit und Eisenerze seltener werden. Die beglei-
tenden Bestandmassen erscheinen etwas zersetzt und verschwinden
schließlich ganz, während die im Phyllit seltenen goldgelben
Rutilkörnchen im Übergang zahlreicher werden; im Paragonit-
gestein erfüllen sie schließlich in Scharen oder auch zu Flecken und
Schlieren vereinigt das Gesichtsfeld, das besonders bei Abblendung
des Lichtes in unzähligen Pünktchen goldgelb aufleuchtet. Zweifellos
gellen diese Rutilmengen aus den Eisenerzpartikelchen hervor, da,
wie die nachfolgenden Analysen zeigen, eine Zunahme von Titan-
säure im Paragonitgestein nicht zu verzeichnen ist.
Die chemischen Analysen einer Reihe von Proben , die
einem oben beschriebenen Handstück entnommen wurden, bestätigen
die mit dem unbewaffneten Auge und dem Mikroskop beobachtete
Umwandlung des Phyllits; der auffällig hohe Kaligehalt desselben
macht nach und nach einem zunehmenden Natrongehalt Platz, und
das Kali wird schließlich bei den reinsten Varietäten des Para-
in ein dichtes Paragonit gestern etc.
207
gonitgesteins bis auf wenige Zehntelprozente durch Natron ersetzt
Die Analysen ergaben folgende Werte:
5.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
Si02. .
. 42,66
43.09
44,82
44,54
43,86
44,01
45,12
TiO, .
. 0,61
0,57
0,60
0.62
0,57
0,67
0,71
AL 63 •
. 38,34
38,03
38,54
38,79
37,21
39,14
39,57
Fe203 .
. 0,72
0,83
0,45
0,41
0,73
0,62
0,31
Fe 0 . .
. 1,20
1,90
0,20
0,15
1,90
0,16
sp.
MgO .
. 2,20
1,11
0,59
0,36
0,28
0.22
0,11
Ca 0 . .
. 0.85
0,82
0,67
0,79
0,78
0,65
0,49
Na» 0 .
. 1,01
1,12
3,28
4.87
5,23
7.03
7,94
K20. .
. 6,61
7,31
5,32
3,88
3,62
1,76
0,47
H»0 . .
. 5,88
5.33
5,67
5,58
5,80
5,82
5,50
100,08
100,11
100.14
99,99
99,98
100,08
100,22
[5. Normaler Phyllit, vom oberen Sachsenstein (zum Vergleich).]
9. Phyllit, normal.
10. Phyllit mit ersten Anzeichen einer Veränderung.
11. — 12 Übergänge.
13. Dichter Paragonit, grau.
14. Dichter Paragonit, grau bis rosa.
Das Material zu den Analysen wurde einem einzigen Handstück
entnommen.
Es seien noch einige Analysen von Stücken angeführt, die
zwar nicht den Zusammenhang ' zwischen Phyllit und Paragonit
unmittelbar erkennen ließen , aber zweifellos derartigen Über-
gangsstücken entstammen, und zeigen, wie mannigfach das Ver-
hältnis von Kali und Natron in diesen Stücken bei äußerlich ge-
ringfügigen Unterschieden sein kann ; die Analysen ergaben :
15.
16.
17.
18.
Si 0., . . .
44,67
45,14
44,58
TiO, . . .
. . . 1,10
0,35
0,33
1,13
AL03. • •
. . . 38,92
36,17
39,38
39,87
Fe203. . .
. . . 0.41
0,87
0,74
0.70
Fe 0 . . .
0,14
0,16
0,18
MgO . .
. . . 0,10
0,82
0,35
0,55
Ca 0 . . .
. . . 1.03
2,32
0.73
0,49
Na, 0 . . .
. . . 4,47
5.08
3,98
3,10
K, 0 . . .
. . . 4,06
5,00
4,85
4,04
h2o . .
. . . 5,76
4,60
4,26
5,34
100,02
100,02
99,92
99,98
15. — 18. Übergänge von Phyllit in Paragonit.
Die Werte für Kali und Natron dieser Analysen entsprechen
Zwischengliedern, die in der vorigen Analysenreihe offenbar nur
fehlen, weil das Handstiick die Gewinnung von Material zu einer
größeren Anzahl Analysen nicht gestattete; aus beiden geht jedoch
208
Fr. Ivillig, Ueber eine Umwandlung von Phyllit etc.
mit Sicherheit hervor, daß im dichten Paragonit tatsächlich ein
Umwandlungsprodukt des Phyllits vorliegt.
Bei der Frage nacli der Ursache der Umwandlung
muß man zunächst in Betracht ziehen, daß am Ochsenkopf das
Paragon itgestein überall da, wo es in Verbindung mit Phyllit zu
beobachten war, fast ausschließlich auf Klüften auftritt, von denen
aus die Umwandlung vor sich gegangen zu sein scheint. Besonders
bedeutungsvoll aber ist der Umstand, daß nach Angabe der Akten
über den Bergbau — auf den Halden ist auch davon nichts mehr
zu linden — in Verbindung mit Paragonit meistens be-
trächtliche Lagerstätten von sulfidischen Erzen auf-
traten; dies deutet darauf hin, daß auf Klüften aufsteigende
wässerige Lösungen den Anlaß zur Umwandlung des Phyllits in
Paragonit gaben. Die natronzuführenden Wasser sind vielleicht
als eine Folgeerscheinung der Eruption des benachbarten Eiben-
stocker Granitmassivs aufzufassen.
Auch bei der Betrachtung anderer Erzlagerstätten kann man
häufig ebenso wie am Ochsenkopf feststellen , daß vielfach die
Gesteine in Verbindung mit der Erzablagerung eine teilweise schon
äußerlich sichtbare Umwandlung erlitten zu haben scheinen. Es
sei hier erinnert an die dem Paragonitgestein vom Ochsenkopf
ganz ähnlichen Bildungen von ungarischen Erzlagerstätten wie
Schemnitz ', Nagyag 2 3, Felsö Remete'4 und Kapnik4, sowie von einem
japanischen Bergbau in Satsuma5 *: von allen diesen Orten sind
Gesteine bekannt, die durch ihren Zusammenhang mit anderen Ge-
steinen erkennen lassen, daß sie aus diesen zweifellos unter der
Einwirkung der erzablagernden Lösungen hervorgegangen sind.
Merkwürdigerweise werden sie alle ohne Rücksicht auf ihre che-
mische Zusammensetzung, die meistens noch gar nicht ermittelt
ist, ohne weiteres als Agalmatolithe bezeichnet. Zu der gleichen
Art von Gesteinen gehört das sogenannte „Weiße Gebirge“ von
Holzappel a. d. Lahn, Wellmich und Wehrlau am Rhein, wo der
Zusammenhang der Umwandlung der Gesteine mit der Erzablage-
rung zuerst von A. Bauer1’ erkannt wurde; die gleiche Erschei-
nung stellte A. v. Groddeck7 im Anschluß an Bauer’s Arbeit an
Gesteinen von Erzlagerstätten von Mitterberg in Salzburg und
1 Berichte über d. Mitt. v. Freund, d. Naturw. i. Wien. ges. v. Hai-
dinger. 6. 1816—50.
J Jahrb. d. geol. Reichsanst. 8. p. 717; ferner: Klaproth, Beiträge.
2. p. 21.
3 F. v. Richthofen: Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 13. p. 261.
4 Jahrb. d. geol. Reichsanst. 2. p 245.
6 F. v. Richthofen: Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 13. p. 261.
s Karsten’s Archiv. 1841. 15. p. 137.
7 N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. II. 1883—84. p. 72.
Fr. v. Pävai-Vajna, lieber sarmatischen Daeittuff etc.
209
Agordo iu den Yenetianischen Alpen fest, wo die Bildung der als
„ Lagerschiefer“ bezw. „Weiße Schiefer“ bezeichneten glinimerigen
und sich ebenfalls fettig' anfühlenden Gesteine im wesentlichen in
einer Sericitisierung des Nebengesteins in Verbindung mit der
Eizablagerung besteht.
Das Paragonit- und Erzvorkommen am Ochsenkopf unter-
scheidet sich von den vorgenannten Lagerstätten wesentlich dadurch,
daß bei jenen eiue wenn auch sich meist in sehr beschränkten
Grenzen haltende Zuführung von Kali stattfand, während hier
n a t r o n haltige Lösungen in Verbindung mit den erzablagernden
Prozessen eine Verdrängung des Kaligehaltes verursachten ; somit
ist hier im Gegensatz zu der Sericitisierung bei den vor-
genannten Lagerstätten zum ersten Male eine „Paragoniti-
siernng" des Nebengesteins beobachtet worden.
TJeber sarmatischen Daeittuff in der Umgebung von Nagyenyed
nebst einigen Bemerkungen zur Arbeit des Herrn St. Gaal.
Von Dr. Franz von Pavai-Vajna.
Mit 3 Textfiguren.
(Schloß.)
Nun aber zur Sache!
Ich ersuche Herrn Privatdozenten Dr. Stephan Gaäi. uud alle
diejenigen, die den bewußten Artikel gelesen haben, sie mögen in
erster Reihe zur Kenntnis nehmen , daß ich nicht betreffs des
„Päräu Lazului“ nachgewiesen habe, daß dort „die auf den unteren
Horizont gelagerten sandigen, schotterigen Sedimente Blöcke des
unteren Horizontmaterials enthalten“. Ich habe mich nämlich in
diesem Sinne nur über Päräu Bärsä geäußert, nachdem meine
Untersuchungen hauptsächlich darauf Bezug haben. Jedoch muß
ich hier auch sogleich eingestehen, daß ich den von Herrn Gaal
erwähnten unteren Horizont damals noch nicht als „anstehend“
konstatiert habe und in Olählapäd auch noch heute nicht kenne
und daher die sandigen, schotterigen Sedimente auch nicht darauf
lagern lassen konnte. Ferner konnte Herr Gaal „die fossilien-
führenden Blöcke“ gar nicht untersuchen, weil von diesen nur
einer zurückgeblieben ist, die anderen habe ich selbst aufgearbeitet.
Dieser eine jedoch, welchen ich ihm gezeigt habe, stammt überhaupt
nicht aus den Sedimenten des unteren Horizontes und ich erwähne
die Cerithium-, Hydrdbia-, Limnocardhun - etc. Arten nicht aus diesem,
sondern führe Modiöla volhynica , eine gestreckte Tapes sp. und
Cardium lithopodolicum an; es ist also wieder von etwas anderem
die Rede, als wovon ich geschrieben habe. Ja selbst wenn er an
Centralblatt f. Mineralogie etc. 1913. 14
210
Fr. v. Pävai-Vajna, Ueber sarmatischen Dacittuff
das Fossilienmaterial der „Fossiliennester“ gedacht hätte, würde
seine Behauptung nicht den Tatsachen entsprechen, weil ich doch
diesbezüglich ganz bestimmt hervorgehoben habe, daß dort wieder
die „Serpeln, Ervilien, Hydrobien und Bullen die Hauptrolle spielen,
und zwar in verhältnismäßig großen Individuen und in einer großen
Artenanzahl“, wie auch an anderen Stellen, wo wir es mit unter-
sarmatischen Sedimenten zu tun haben und überhaupt nicht die
Cerithilm-, Hydrobia-, Limnocardium- Arten , wie das Herr Gaal
schreibt. Sodann erlaube mir Herr Gaäl noch, daß ich, in Er-
innerung an die oben erwähnte Donax- Art, das Vollkommen von
Dreissensia pölymorpha Pall. nov. var. und ]). Bugensis Andruss.,
welche aus dem in Frage stehenden Blocke herstammen sollen,
anzweifle, da sowohl ich selbst, wie alle diejenigen, die aus diesem
Blocke Fossilien gesehen haben, nur Modioien statt Dreissensien
Profil der Päräu Bärsä bei Olälilapäd nächst des dritten
linken Seitengrabens.
a. = sarmatischer Ton ; b. = sarmatischer sandiger Schotter mit Gevölle
und Konglomerat : c. = pannonischer Sand und Schotter mit großem Ge-
rolle : d. = pannonischer Planorbis- Mergel ; e. = pleistocänes lößartiges
Gestein und roter Ton.
erkannt haben. Übrigens möge er meine Zweifel hauptsächlich
jenem Umstande zuschreiben, daß er mir die fraglichen
Fossilien trotz meiner Bitte nicht zur Besichtigung
übersendet hat.
Schon aus dem bisher Gesagten ist es klar, mit welcher
geringen Gründlichkeit Herr Gaäl die Artikel anderer Leute hand-
habt und die eigenen verfaßt.
In Olälilapäd bestehen die sarmatischen Ablagerungen, wie
ich das schon in meiner Abhandlung wiederholt hervorgehoben
habe, aus dunklem bläulichgrauem Ton, sandigem feinkörnigem
Schotter und gröberem sandigem Schotter, welche sehr häufig
konglomeratisch sind. In diesem kommen die pannonische
Stufe bezeichnende Fossilien überhaupt nicht vor.
Im Traväs- Walde zeigt die Oberfläche dieser Ablagerungen Aus-
waschungen, welche als von einer einheitlichen Decke von grob-
körnigem losem, weniger sandigem stark abgerolltem Schotter aus-
gefüllt werden (Fig. 2). In diesen Ablagerungen sind die sarmatischen
in der Umgebung von Nagyenyed etc.
211
Ablagerungen brüchig, stark abgerollt; die Fossilien der unter-
pannonischen Stufe kommen darin in größerer Anzahl vor, so z. B. :
Congeria Partschi, ornithopsis, subglobosa, Jldanopsis Martiniana,
M. vindobonensis usw. Mit einem Worte, wir können zwischen den
beiden Sedimenten eine petrographische Abweichung gut, eine
erosionale Auswaschung, eine Verschiedenheit der Fauna gut sehen,
was jedoch Herrn Gaäl noch immer nicht genügt, beziehungsweise
sieht er auch dieä nicht richtig, denn er schreibt, daß „bei der
Einmündung des dritten Nebengrabens diese Schichte neuerdings
auftaucht, hier jedoch schon Schotter ist“. Das heißt, er sieht
etwas, sagt aber trotzdem: „Pävay hat von diesem Orte ein Proül
gezeichnet, doch muß ich bemerken, daß er dieses einheitliche
Glied unrichtigerweise in b- und c-Schichten trennt und noch
weniger kann man die c-Schicht als pannonisch bezeichnen.“
„Dasselbe steht auch von dem Profil von Puszta und Olän (p. 412).“
(Gaal, 1. c. p. 445.)
Herr Gaal möge mir erlauben zu bemerken, daß diese charak-
teristische Verneinung ohne jede Begründung etwas Ungewohntes
ist. Unwillkürlich fällt mir dabei der Fall ein, als er das Vor-
kommen der Campylca banatica (Partsch) Rm. in den Pleistocän-
Ablagerungen halb und halb nur darum abgeleugnet hat *, um in
eben derselben Mitteilung mit seinen Gyertyänoser Exemplaren
beweisen zu können, daß diese Art tatsächlich auch bei Miriszlö
im Pleistocän existiert haben konnte. Herr Gaal täuschte sich
außerordentlich, wenn er dachte, daß ich ein derartiges Vor-
gehen auch zum zweiten Male stillschweigend hinnehme, muß
aber zugleich ungemein bedauern , daß ich als junger Mensch
auch so etwas bemerke, was er und andere erst später gesehen
haben.
Nachdem ich aber befürchte, daß Herr Gaal zu guter Letzt
irgendwo auch noch das beweist, daß meine beanstandeten Profile
dennoch richtig sind, beeile ich mich, nochmals auf jene schon
wiederholt hervorgehobene Verschiedenheit der petrographischen
Verhältnisse und der Fauna wie auch auf die Erosionsauswaschung
hinzuweisen. Nun glaube ich aber, bleibt Herr Gaäl der einzige
Fachmann, der es bezweifelt, daß an der in Rede stehenden
Stelle die Sedimente verschiedenen Alters aufeinander lagen.
Ferner dürfte mich Herr Gaal noch aufklären, warum „die C-
Schichte noch weniger pannonischen Alters sein kann“ (1. c. p. 445),
wenn er doch in deren Fortsetzung (laut Gaäl!) auf die Schalen
der Congeria Partschi Crjz. gestoßen ist (1. c. p. 445). Hat er
dieses Fossil auch in sarmatischen Ablagerungen aufgefunden?
Wirklich schade, daß er dies zu publizieren vergessen hat.
1 St. Gaäl. Neuere Beiträge zur Verbreitung von Campylaea banatica
im Pleistocän. Földt. Közl. 40. p. 268.
14*
212
Fr. v. Pävai-Vajna, Ueber sarmatischen Bacittuff
Wenn nun Herr Gaal meine Neugierde derart gespannt hat.
so möge er mir noch die Frage erlauben, weshalb ich stellen-
weise auch solche Schichten als sarmatisch betrachtet habe, „die
dickschalige Congerien enthalten“ (1. c. p. 446). Es dünkt mir.
er spricht hier schon wieder von etwas anderem, als was ich ge-
schrieben habe.
Schließlich muß ich noch im Zusammenhänge mit diesen
sandigen schotterigen Ablagerungen meiner Freude Ausdruck ver-
leihen, daß er darauf hinweist, daß dieselben wahrscheinlich
im Weichbilde der Gemeinden Csäkö, Miriszlö und Örmenyes auf-
zutinden sind; nur schade, daß ich dies schon seinerzeit festgestellt
habe. Auch dies scheint seiner Aufmerksamkeit entgangen zu sein,
geradeso wie jener Umstand, daß ich der Wagehals war, der im
Fig. 3.
Die kleine Synklinale der Falte bei Marosgombäs, bevor Herr Gaal sie
aufschloß.
Marosgombäser Park auf jene gewisse steile Synklinale gestoßen
ist. Das Charakteristischste ist aber dennoch, daß Herr Privat-
dozent Gaäl diese erst noch „aufschließen“ mußte, um zu sehen,
mit was er es zu tun habe, wo wir doch zur selben Zeit, als
Herr Gaäl mit uns dort war, das Ganze derart gut gesehen haben,
daß mein Kollege diese Stelle sogar gleich photographiert hat.
(Fig. 3.) Es wäre angezeigt gewesen, wenn er auch in Lapäd
derartige Aufschlüsse gemacht hätte , dann würde er vielleicht
auch das erblickt haben, was andere auch so sehen, weil wahrlich
nicht alle Grenzen so scharf sind wie „zwischen dem Liegenden
des Planorbis- Sandmergels (Pävay, Fig. 21 Schicht d) und
dem früher oben charakterisierten Schotter“. Ferner sagt Herr
Gaäl: „Aber auch von der Lagerung von Olählapäd konnte ich
feststellen, daß sich das im Hangenden des B-Horizontes befindliche
Sediment unmittelbar oder übergänglich auflagerte. Wenn wir
in der Umgebung von Nagyenyecl etc.
213
aber voraussetzen, daß auf den mittleren Abschnitt des Obermiocäus
(Senkung) im oberen Horizont eine Hebung folgte, so müßten die
Beweise dessen gerade im Strandgürtel am besten zu sehen sein“
(1. c. p. 446). Ich bezweifle demnach die Genauigkeit des Herrn
Gaäl, nachdem er doch die Erosionsspnren an einer ganz anderen
Stelle, als an der von mir beschriebenen , sucht. Zwischen den
sandigen und schotterigen Ablagerungen der sarmatischen und
pannonisclien Stufe sind diese zu linden und nicht über den
letzteren.
In Anbetracht der Methode und wie Herr Gaal in der Um-
gebung von Xagyenyed und Olählapäd gearbeitet hat, können wir
getrost sagen, daß auch seine weiteren auf die Stratigraphie des
Siebenbürger Beckens bezüglichen Daten nicht besser und um
keinen Haarstrich verläßlicher sind. Gewiß liegt auch dort der
Fehler nicht in den bewußten Schichten, sondern darin, daß Herr
Gaal das Siebenbürger Becken nicht genügend kennt, da sich
seine Beobachtungen nur auf einzelne Partien desselben und auch
hier nur auf einzelne Glieder des Keogeus beschränken. Daß er
daraus dennoch hochwichtige Folgerungen gezogen Hat , tat er
wahrscheinlich in dem Glauben, daß „er als einziger Kenner dei
Siebenbürger neogenen Bucht“ über alle Kritik erhaben stellt.
Soviel ist gewiß, daß nur derjenige einen solchen Artikel verfassen
kann, der vergißt, daß auch noch andere in dieser Gegend arbeiten,
die man nicht mit dem einfachen Wort, sondern mit der Kraft
der Beweise überzeugen muß.
Xun aber zur Tektonik, da sich Herr Gaal im Siebenbürger
Becken auch damit befaßt hat. Seine Aufgabe war wenigstens
teilweise diese und zwar der schönste Teil der tektonischen Auf-
nahme. Leider hat aber diese Arbeit, nach meiner Meinung, keine
genießbaren Früchte gezeitigt, statt schön ausgearbeiteter Profile.
Es hat sich das Wunder ereignet, daß dort, wo 15 — 20 Fachleute
die im Becken befindlichen Faltungen erblickt haben und deren
Verlauf ein ganzes Heer von ausführlich arbeitenden Geologen
mit tausend und abertausend Fallmessuugen bewiesen haben, Herr
Gaäl gar nichts gesehen und die Schichten des Beckeninnern in
einer horizontalen, ursprünglichen Lagerung gefunden hat, und
zwar nach einer sehr eingehenden Untersuchung, was am besten
seine 30 — 40, sage dreißig bis vierzig an verschiedenen Punkten
des Beckens vorgenommenen Messungen des Fallens und Streichens
beweisen. Mit geringer Mühe können wir diese auf seiner Karte
auftinden. Allerdings liefern diese nicht den Beweis von einer
horizontalen Lagerung, was jedoch den Herrn Privatdozenten Gaäl
nicht in Verlegenheit setzt, weil doch „laut den neuesten meeres-
erforschenden Expeditionen auch mit 1 5 0 einfallende, ursprüngliche
Schichtungen Vorkommen“. Statt sich an die Meeresforscher zu
wenden, wäre es viel besser gewesen, wenn Herr Gaäl die durch
214
Fr. v. Pävai-Vajna, Ueber samatischen Dacittuff etc.
ihn vertretene Siebenbiii'ger neogene Bucht zurate gezogen hätte.
Er hätte dort zwischen den ungestörten Schichten der Ufer-
ablagerungen auch noch steiler einfällende gefunden, hätte aber
nicht einmal in diesem Falle recht gehabt, weil es im Innern des
Beckens keine Ufer gegeben hat, und wenn es auch solche in der
Tiefe gegeben hätte, so hätten diese kaum, nach einer Bedeckung
durch Tone, Sande, welche einige hundert Meter mächtig sind,
auch Herrn Gaal zuliebe nicht, ihre Wirkung an der heutigen
Oberfläche wahrnehmen lassen. Oder ist es vielleicht eine besondere
Laune des Schicksals, daß auf jenen seiner Angabe nach nicht
existierenden Antiklinalen gerade im Innern des Beckens in vielen
Kilometern Entfernung voneinander die Gasbrunnen durcligehends
alle das Gas nur so ausströmen lassen, dessen Quantität heute
täglich mehr als 2 000 000 Kubikmeter beträgt, was wir gerade
jenen verleugneten Antiklinalen wie auch jenen wahren Fachleuten
verdanken, die jene erkannt haben? Vielleicht ist auch das ein
bloßer Zufall, daß eben diese Falten in der Tiefe ein bedeutend
steileres Einfallen aufweisen?
In diesem Falle ist meiner Meinung nach wieder nur Herr
Privatdozent Gaäl der einzige Fachmann, dem ich beweisen
muß, daß die Schichtenneigungen von 2, 4, 8, 16°, bei ihrer ent-
gegengesetzten Eichtling nichts als Beweise einer antiklinalen
Lagerung sind, daß ferner der Antiklinale von Särusäs auch noch
in ihren Krümmungen 8 — 10 andere Falten parallel folgen, deren
steiles, 50 — 60 — 80° betragendes Einfallen auch er gegen den
Beckenrand zu erblickt hat. Ich kann es selbst von seinen
Schülern nicht voraussetzen , daß sie , wenn er ihnen auf der
Karte eines Beckens auch nur mit 2 — 3° in entgegengesetzter
Richtung in länglicli dahinziehenden, sich krümmenden Reihen in
einigen Zentimeter Entfernung voneinander die Streich- und Fall-
zeichen aufzeichnet, nicht erkennen würden, daß die Schichten
dieses Beckens von irgendeinem tektonischen Vorgang berührt
wurden.
Nach meiner persönlichen Auffassung gesellt sich hierzu noch
Unkenntnis des Terrains, denn ich kann nicht verschweigen, daß
Herr Gaäl schreibt: „an der südlichen Uferlinie ist die Schich-
tung in den neogenen Ablagerungen im allgemeinen horizontal",
wo ich doch am rechten Ufer des Oltflusses am Fuße der Fogaraser
Berge an den Antiklinalen der mediterranen und sarmatischen
Schichten 20°, 15°, 29°, 70° Einfallen gemessen habe? Ferner
glaube ich, daß Herr Gaäl mit folgenden Äußerungen Verwirrungen
anrichtet: „In der Umgebung von Nagyenyed, ferner bei Kis-Akna,
Kerelö Szt. Päl, Bäzna, aber hauptsächlich in der Gegend von
Szäszregen erscheinen den NW — SO streichenden Falten und be-
sonders Brüchen des Mittelmiocäns gegenüber NO — SW verlaufende
tektonische Dislokationen des ObermiocänsU Wo er doch selbst
C. Gagel, lieber das Alter etc.
215
anerkennt, daß die Schichten der sarmatischen und pannonischen
Stute auch gefaltet sind , und zwar, wie ich es mit zahllosen
Messungen, die ein Einfallen nach 3,14, 4,15 und 2,13 Stunden
ergaben, beweisen kann, in NW — SO streichenden Falten. Nun
sind aber die sarmatischen und pannonischen Ablagerungen auch
nach der Ansicht des Herrn Gaal obermiocänen Alters, konnten
sich daher noch vor ihrer Geburt im Mittelmiocän nicht gefaltet
haben. Daraus folgt, daß auch die NW — SO streichenden Fal-
tungen und Brüche kein mittelmiocänes Alter besitzen.
Natürlicherweise wird der, der diese Faltungen in der
Natur selbst noch nie studiert hat und der sich nicht einmal der
Mühe unterworfen hat, z. B. die Arbeiten von Mrazec durch-
zusehen, welche sich mit den Faltungs Verhältnissen eines ähnlichen
Gebietes befassen, oft sehr eigentümliche Faltungsformen finden.
Es scheint, daß er nicht einmal die Zeichnungen Löczv’s angesehen
hat, welche dieser nach Mrazec mitteilt, obwohl er jenen Artikel,
welchem diese beigefügt sind, ganz gewiß erhalten hat. Nur so
ist es zu verstehen, daß Herr Gaäl in seiner Kritik betreffs der
durchspießenden Falten dergleichen Fragen stellen kann: „Was
hält dann die Decke starr unbeweglich angespannt, als die von
unten wirkende Kraft den Kern hineindrückt?“ Diese Frage verrät
deutlich, daß er von der ganzen Sache nur den Namen kennt.
Das aber müßte er dennoch wissen, daß auch jene Deck-
schichten eine gewisse Festigkeit und einen Widerstand besitzen,
durch dessen Überspannung infolge des Druckes der tieferen Schichten
jene zerreissen, verdünnt werden und jene tieferen älteren Sedimente
unter den weiteren Faltungsprozessen sehr schön zwischen die
viel jüngeren Produkte hineingeraten, ohne irgendwelche größere
Hexerei. Wenn wir noch hinzufiigeu, daß der diapyre Kern nicht
im Zeiträume eines Augenblickes zur Geltung gelangt wie eine
gutgeartete Kanonenkugel, sondern Jahrtausende hindurch, so
dürfte es vielleicht genügend klar sein, wie unwahrscheinlich die
Frage des Herrn Privatdozenten Gaäl für jeden ist, der betreffs
der Durchspießungsfalten nur einigermaßen orientiert ist.
S chemnitz (Selmecbänya), den 24. Januar 1913.
Ueber das Alter der Moräne am Emmerleff-Kliff und die
Beweiskraft der „Leitgeschiebe“ für das Alter der Moränen
Von C. Gagel.
In meiner kleinen Notiz : Über einen Grenzpunkt der letzten
Vereisung (des Oberen Geschiebemergels) in Schleswig-Holstein 1
1 Jahrb. d. pr. geol. Landes-Anst. 1907. 28. p. 581.
216
C. Gagel, Ueber das Alter
habe ich mich bemüht, den Beweis dafür schlüssig zu machen,
daß die Hauptmoräne des Boten Kliff auf Sylt zur Haupteiszeit
gehöre und daß im Gegensatz dazu im Emmerleff-Kliff, 25 km
östlich davon, schon die Moräne der letzten Vereisung, der Obere
Geschiebemergel, vorhanden sei. Ich habe darin betont, daß die
früher schon vorgebrachten Beweise, besonders die von Zeise und
Petersen , für dieses Alter der Boten Kliff-Moräne schon sein-
einleuchtend seien — insbesondere die ungemein intensive, bis auf
fast 20 m Tiefe herunterreichende Verwitterungszone dort im
Boten Kliff • — , daß aber, um diesen Beweis schlüssig zu machen,
noch der Nachweis einer in demselben Gebiet und unter denselben
klimatischen Bedingungen abgesetzten, aber wesentlich we-
niger stark verwitterten Moräne erforderlich sei, damit der schon
mehrfach gemachte Ein wand , die Hauptmoräne des Koten Kliff
könne doch eventuell Moräne der letzten Eiszeit (Oberer Geschiebe-
mergel) sein , der nur unter den abweichenden klimatischen Be-
dingungen der Nordsee so wesentlich weiter verwittert sei, als die
gewöhnliche Obere Moräne hinter (östlich) der großen Endmoräue,
seiner anscheinenden Beweiskraft entkleidet würde.
Diesen bis dahin fehlenden Schlußpunkt des hier an dieser
Stelle besonders nötigen und wichtigen einwandfreien Beweises
glaube ich in der völlig frischen, z. T. noch blaugrauen
Moräne des Emmerleff-Kliff an eben derselben feuchten Nordsee-
küste und nur 25 km vom Boten Kliff entfernt gefunden zu haben
und habe als Verstärkung des so von mir m. E. schlüssig ge-
machten Beweises nebenher noch die anscheinend abweichende
Geschiebeführung des Emmerleff-Kliff, die Führung einer großen
Untereocänscholle und das anscheinende Fehlen norwegischer
Geschiebe, von denen ich bei zweistündigem Suchen keins ge-
f u n d e n hätte ’, herangezogen.
In seiner letzten Arbeit über Sylt1 2 sucht nun Herr Stoli.ey
aus der Gescliiebefiihrung der Emmerleff-Kliff-Moräne, die „neben
reichlichem baltischen -Material, einigen Schonensclien
Basalten und mehreren einheimischen Geschieben zwei Khombeu-
porphyre, einen norwegischen Blauquarz, mehrere typische Porphyre
aus Dalarne, zahlreiche Dalasandsteine und Quarzite und einige
mittelschwedische Urkalke“ enthält, zu beweisen, daß diese Emmer-
leff-Kliff-Moräne ebenfalls Moräne der Haupteiszeit sei und knüpft
daran eine seiner beliebten Polemiken gegen mich, in der er die
Beweiskraft der verschiedenen Verwitterungstiefe bei verschiedenen
1 Aus dieser sehr vorsichtigen Angabe von mir ist dann später leider
die Behauptung konstruiert worden , norwegische Geschiebe seien am
Emmerleff-Kliff nicht vorhanden.
2 Stolle y, Nochmals das Quartär und Tertiär von Sylt. N. Jabrb.
f. Min. etc. 1912. p. 154 ff.
der Moräne am Emmerleff-Kliff etc.
217
Moränen zwar nicht ganz leugnet, aber docli erheblich abzuschwächen
sucht. Merkwürdigerweise führt Herr Stolley mich und mein
energisches Eintreten für eine dreimalige Vereisung Norddeutsch-
lands als erwünschte Stütze seiner Auffassung vom Sylter Diluvium
an und übersieht dabei doch völlig, daß er mit dieser ganz un-
nötigen und unzutreffenden Polemik den Hauptstützpunkt meiner
(und seiner) Auffassung selbst zu untergraben trachtet und daß,
wenn diese seine Polemik und Argumentation richtig wäre , er
überhaupt gar keine schlüssigen Beweise für seine Auf-
fassung vom Sylter Diluvium hätte.
Ich muß hier zunächst nun wiederum feststellen, daß Herr
Stolley auch hier, wie schon öfter, über eine Frage urteilt, ohne
die wichtigste und wesentlichste Literatur dazu zu kennen oder —
was noch bedenklicher wäre — ohne sie zu beachten.
Schon Zeise 1 hat in seiner Doktordissertation nachgewiesen,
daß — im großen und ganzen betrachtet — der Obere und der
Untere Geschiebemergel (O.G. und U.G.) sich in ihrer Gesell iebe-
führung nicht wesentlich unterscheiden und Zeise’s Beweis wird
heute noch wesentlich schlüssiger als zur Zeit seiner Erhebung,
da ein Teil der von Zeise als U.G. betrachteten Vorkommen sich
ebenfalls noch als O.G. erwiesen hat (z. B. Fehmarn).
Ferner hat J. Kork2 auf Grund sehr sorgfältiger und um-
fangreicher Aufsammlungen im O.G. und U.G. bei Otersen — - Glinde —
Schulau unterhalb Hamburg mit Sicherheit festgestellt : 1 . daß
dort im Unterelbegebiet gerade die von Stolley als für U.G. so
besonders charakteristisch betrachteten Rhombenporphyre und Da-
larne-Gesteine im Oberen Geschiebemergel viel häufiger Vor-
kommen als im U.G. (6,3 °/o und 33 °/o im O.G. gegen <»,7°/o
und 20°/o im U.G.), 2. aus Aufsammlungen meiner Kollegen im
Osten Holsteins des weiteren festgestellt, daß auch dort — viel
weiter im Osten — die Ansicht Stolley’s, daß die Rhomben-
porphyre dem Oberen Geschiebemergel fehlen, ebenfalls sicher
unzutreffend ist, und auf mangelhafter Beobachtung beruht.
Endlich habe ich selbst schon vor Jahren, und zwar an mög-
lichst kenntlicher und kaum übersehbarer Stelle3 den Nachweis
geführt, daß im alleräußersten Osten Holsteins unter 10u20' ö. L.,
am Ostkliff von Fehmarn, im zweifellos Oberen Geschiebe-
mergel, der hier die typische Grundmoränenebene hinter der großen
1 0. Zeise, Beitrag zur Kenntnis der Ausbreitung sowie besonders
der Bewegungsrichtungen des Inlandeises in diluvialer Zeit. Königs-
berg i. Pr. 1889.
2 ln H. Schröder und J. Stoller, Diluviale marine und Süßwasser-
Schichten bei Ütersen — Schulau. Jahrb. d. pr. geol. Landes-Anst. 1906.
27. p. 473—479.
3 C. Gagel, Geologische Notizen von der Insel Fehmarn und aus
Wagrien. I. Jahrb. d. pr. geol. Landes-Anst. 1905. 26. p. 255 — 259.
218
C. Gagel, Ueber (las Alter
Endmoräne bildet und wundervoll aufgeschlossen ist, fast genau
dieselbe Geschiebevergesellscliaftung vorhanden ist, wie sie Stolley
jetzt vom Emmerletf-Kliff anführt und als Beweis für U.G. benutzen
will, nämlich reichliche Rhombenporphyre und Ostseegesteine,
Dalarnegesteine (Venjanporphyrit, Bred wadporphyr, Elfdalenporphyr),
Paskalawikporphyr und Basalt etc., daneben noch Ramsaasakalk
und Faxekalk. Das reichliche Vorkommen von Rhomben-
porphyren auf Fehmarn ist schon von Zeise festgestellt, und zwar
das von großen geschliffenen Geschieben (nicht etwa von
kleinen, verrollten Gerollen) ebenso wie von mir (z. T. in Gemein-
schaft mit meinen Kollegen Schröder und Schmierer). Wie diese
norwegischen Leitgeschiebe in solcher Anzahl und so weit nach
Osten kommen — östlicher als ihr Ursprungsgebiet —
ist völlig rätselhaft, aber es ist eine Tatsache.
Es ist also durch vielfache tatsächliche und kontrollier-
bare Beobachtungen sehr verschiedener Forscher erwiesen ,
und zwar schon lange erwiesen, daß die von Stolley hartnäckig
verteidigte Ansicht von der Beschränkung der Rhomben porphyre
auf den U.G. und von der angeblich für deu U.G. charakteristischen
Vergesellschaftung von norwegischen und mittelschwedischen Ge-
schieben weder für den Westen noch den Osten der Cimbrisclien
Halbinselzutreffend ist, sondern sogar anscheinend mehr für
den O.G. zutrifft, und trotzdem bringt Herr Stolley dieses längst
abgetane Argument als Beweis für U.G. immer wieder vor und
benutzt es sogar als polemisches Mittel gegen meine ganz anders
begründeten und bisher nicht widerlegten Anschauungen vom Alter
der Emmerleff-Kliff-Moräne.
Gegen die Wichtigkeit der Verwitterungsmächtigkeit für die
Beurteilung der Altersverhältnisse der Moränen, mit der ich meinen
Beweis geführt zu haben glaube, bringt zwar Herr Stotley kein
einziges Argument vor, sondern beschränkt sich nur auf die be-
weislose Anführung seiner erheblich abweichenden Überzeugung —
will aber in demselben Atemzug für sich als Ersten das Verdienst
in Anspruch nehmen, auf die Wichtigkeit dieser Verhältnisse unter
bestimmten Umständen hingewiesen zu haben, was aber tatsächlich
auch nicht der Fall ist, denn als zweifellos Erster in Norddeutsch-
land hat lange vor Stolley (1883) Jentzsch auf die inter-
glazialen Verwitterungszonen hingewiesen, was Herr Stolley auch
wieder nicht zu kennen scheint.
Ich bin natürlich nicht so unbedacht, jede Moräne mit ge-
ringer Verwitterungsrinde ohne weiteres deshalb als Oberen Ge-
schiebemergel zu betrachten, wie Herr Stolley anzunehmen scheint,
und ich bin mir natürlich völlig darüber klar, daß so unter Um-
ständen auch Moränen der Haupteiszeit beschaffen sein können,
deren vermutlich sehr mächtige Verwitterungsrinde dann größten-
teils zerstört sein würde — was schon ans meiner oben zitierten
der Moräne am Einmerleff-Klifi etc.
219
Arbeit zur Genüge hervorgeht — , aber es müßten dann doch
Anzeichen derartiger energischer Denudations- und Erosions-
wirkungen nachweisbar seiu, was am Emmerletf-Kliff keineswegs
der Fall ist, das in fast völlig ebener Landschaft mit ganz ge-
ringen Niveaudifferenzen gelegen ist , wo keinerlei energische
Erosions- oder Denudationsfaktoren bezw. -Wirkungen nachweisbar
sind, ebensowenig wie am Roten Kliff, wo diese kolossale Ver-
witteruugszone erhalten ist.
Dagegen betrachte icli das entgegengesetzte Argument, die
vorhandene, sehr mächtige Verwitterungszone, allerdings als
völlig sicher beweisend für ältere Eiszeiten.
Überall, von Ostpreußen durch Pommern, die Mark, Mecklen-
burg, bis ins äußerste Schleswig-Holstein, zeigt der sichere Obere
Geschiebemergel hinter dem Hauptendmoränenzug und noch be-
trächtlich vor diesem eine ganz geringe Verwitterung von f bis
höchstens lf m Mächtigkeit, abgesehen von einem ganz lokalen
Vorkommen in Hinterpommern, wo die Verwitterung stellenweise
auf 3 ja bis 4 m steigt.
An recht verschiedenen Stellen in Schleswig-Holstein ist nun
unter diesem völlig frischen Diluvium eine 8 — 12 ja
bis 20 m mächtige ältere Verwitterungszone nachgewiesen, die die
postglaziale Verwitterungskruste 6 bis fast 10 mal an Stärke und
an Intensität der Zersetzung übertrifft1.
Im Westen Schleswig-Holsteins kommt ferner an verschiedenen
Stellen unmittelbar neben dem völlig frischen jungen Diluvium
diese sonst darunter liegende mächtige Verwitterungszone zutage
(ebenda p. 249) — ich weiß nicht, wie man diese völlig klaren
Verhältnisse bei dem Mangel aller beobachtbaren anormalen Er-
scheinungen und Bedingungen anders deuten kann als so, daß die
sonst unter dem frischen jungen Diluvium liegende ältere — oft
intensiv braunrote bis rostrote — Verwitterungszone (die z. T. in
Verbindung mit interglazialen Pflanzenlagern mit Arten sehr ge-
mäßigten Klimas steht), hier im äußersten Westen, wo das frische
junge Diluvium sein Ende erreicht, in die Höhe kommt.
Daß alle etwa denkbaren anormalen Verhältnisse und Be-
dingungen für eine etwa vorhanden gewesene und ungewöhnlich
starke postglaziale Verwitterung in diesen westlichen Gebieten
fehlen, dafür gibt es eben nur den einen, zwingenden Be-
weis dadurch, daß tatsächlich ganz frische, also junge Moränen,
z. T. unmittelbar neben den ganz verwitterten liegen — bei
Fehlen aller Denudations- und Erosionserscheinungen.
’ C. Gagel, Die Gliederung des schleswig-holsteinischen Diluviums.
Jahrb. d. pr. geol. Landes-Anst. 1910. 31. 2. Teil, p 248. — Über inter-
glaziale Verwitterungszonen in Schleswig-Holstein. Zeitschr. d. Deutsch,
geol. Gesellsch. 62. 1910. p. 322—325.
220
C. Gagel, Ueber das Alter
Wirkliche Gründe gegen diese Auffassung, wonach die Einmer-
leff-Kliff-Moräne Oberer Geschiebemergel sein muß, hat Herr
Stolley überhaupt nicht angeführt außer der angeblich mit Oberem
Geschiebemergel unvereinbaren Geschiebeführung, deren Wert oben
beleuchtet ist; und andere Gründe für das altdiluviale Alter
der Roten Kliff-Moräne auf Sylt als eben dieselbe Geschiebe-
führung, die aber auch für den Oberen Geschiebemergel bei
Ütersen — Schulau und auf Fehmarn erwiesen ist, führt Herr
Stolley nicht an.
Herr Stolley will also diese beiden, so dicht beieinander-
liegenden Moränen, die so völlig verschieden erhalten
sind, für gleich alt erklären auf Grund einer lange als falsch
erwiesenen Voraussetzung und wundert sich dann noch, daß
Geinitz und Wolff seine Argumentation nicht für beweisend halten
und an seine Diluvial-Gliederung auf Sylt nicht glauben.
Ich möchte hinzufügen, daß auf Föhr, dicht südlich von Sylt,
die Gegensätze zwischen der völlig frischen jungen und der völlig
zersetzten alten Moräne noch viel schärfer aneinanderstoßen — auf
1,5 km bei der Laurentikirche und bei Borgs um 1 — als auf Sylt
und Emmerleff-Kliff und daß die Geschiebeführung dort auch an-
scheinend dieselbe ist.
Das m. E. einzig beweisende und jedenfalls bisher nicht wider-
legte Argument für das hohe Alter der Roten Kliff-Moräne lehnt
Herr Stolley also ab — ohne diese Ablehnung objektiv zu be-
gründen — und führt statt dessen immer wieder ein Argument
an, das, wenn es richtig wäre, das Gegenteil von dem be-
weisen würde, was Herr Stolley damit bezweckt und zu beweisen
wünscht.
Tatsächlich hat ja auch schon seit Meyn’s Zeiten lange die
Meinung geherrscht und wird z. T. heute noch vertreten, daß die
Hauptmoräne des Roten Kliff Oberer Geschiebelehm sei, und zu-
erst ist Zeise in seiner Doktordissertation (1. c.) dieser Auffassung
energisch entgegengetreten, allerdings mit Gründen, die wir heute
großenteils nicht als zutreffend oder zwingend mehr anerkennen.
Ziehend von den ZEisE’schen Argumenten ist m. E. heute eben
nur noch das von ihm zuerst beobachtete, fast völlige Fehlen von
Kalk- und Kreidegeschieben, also die nahezu völlige Verwitterung
der bis 20 m mächtigen Moräne, die nur an ihrer mächtigsten
Stelle bei Kämpen am Grunde noch eine kleine unverwitterte Partie
enthält.
Die Mitwirkung Zeise’s an der Aufklärung der Sylter Ver-
hältnisse ist von Stolley ebenso unbeachtet und unerwähnt ge-
lassen wie die meine (1. c. p. 164), wo Stolley zwar die Auf-
1 Haeberlin, Beiträge zur Kenntnis des Diluviums auf Föhr. Zeitschr.
d. Deutsch, geol. Gesellsch. 1911. p. 587.
der Moräne am Emmerleff-Kliff etc.
221
fassnng Wolff’s, als ob nur eine Moräne am Roten Kliff vor-
handen sei, energisch bekämpft, aber mit keinem Wort erwähnt,
daß ich schon vor zwei .Jahren die Auffassung Wolff’s mit sehr
zwingenden Gründen widerlegt habe (Zeitschr. d. Deutsch, geol.
Gesellsch. 62. 1910. p. 81 — 84), was besonders bei Herrn Stolley,
der aus dem Übersehen selbst ganz versteckter Notizen seiner
eigenen Arbeiten die unerquicklichsten Polemiken herleitet, einiger-
maßen sonderbar anmutet.
Dieses Argument, das sich implicite aus Zeise’s Beobachtungen
ergibt — die fast völlige Verwitterung der sehr mächtigen Mo-
räne — hat man verschiedentlich abzuschwächen gesucht mit dem
Hinweis auf das sehr feuchte Nordseeklima und das Sprühwasser
der Brandungsgischt, die diese so ungewöhnlich mächtige Ver-
witterung bedingt haben sollen, und mit der Behauptung, die Haupt-
moräne des Roten Kliffs sei ganz ungewöhnlich sandig und daher
so sehr stark verwittert, was aber tatsächlich nicht der Fall ist.
Die Rote Kliff-Moräne ist größtenteils ganz normal lehmig
und gar nicht besonders wasserdurchlässig, wie ich schon mehrfach
betont habe.
Das einzige, gegen diese Ansicht und Begründung von dem jungen
Alter der Sylter Hauptmoräne vorgebrachte und m. E. schlagende
Argument ist meine Beobachtung der ganzfrischen Moräne unte r
denselben Bedingungen des Nordseeklimas dicht dabei am
Emmerleff-Kliff, die obenein als besonders charakteristisch die
Untereocänscholle führt, ein Umstand, der schon vielfach in Holstein
und Schleswig im sicheren Oberen Geschiebemergel, aber noch
niemals im sicheren Unteren Geschiebemergel beobachtet ist; und
auch in der Sylter Hauptmoräne, die so viel fremde große Schollen
enthält, fehlt, soviel bis jetzt bekannt, das Untereocän.
Wenn Herr Stolley also mit ruhiger Überlegung und mit
der nötigen Kenntnis der einschlägigen Literatur an die erneute
Diskussion der auch nach meinem Dafürhalten besonders wichtigen
Sylter Verhältnisse herangegangen wäre, so wäre er wohl zu
anderen Resultaten gekommen und wäre vor seinen völlig hin-
fälligen Schlüssen und seiner ganz gegenstandslosen und über-
flüssigen Polemik bewahrt geblieben.
Nach meinen nunmehr 12jälirigen Erfahrungen in ganz Schles-
wig-Holstein scheint die einzige, einigermaßen sichere Tatsache in
bezug auf die Geschiebeführung von O.G. und U.G. der ganz auf-
fällig hohe Kalk-(Kreide-)Gehalt der oberen Grundmoräne zu sein,
der stets sehr viel höher zu sein scheint als der der älteren Ge-
schiebemergel, sowie der Gehalt an verschleppten Tertiär- (vor
allem Untereocän) Schollen in der oberen Grundmoräne (vergl.
auch die Erläuterungen zu Blatt Kiel. Berlin 1912).
Ich habe diese anscheinend durchgehende Tatsache mit
den interglazialen tektonischen Störungen in Beziehung gebracht.
222
C. Gagel. Ueber das Alter
die die bis dahin tief begrabenen älteren Schichten plötzlich in
die Höhe brachten und den Angriffen des letzten Inlandeises aus-
setzten. Diese Tatsache in Holstein wird bestätigt durch die
Beobachtungen von Korn und Jentzsch aus Ost- und Westpreußen,
wo ebenfalls die oberste Moräne erheblich kreidereicher ist. Ob
sie eine wirklich durchgehende, unverbrüchliche Kegel darstellt,
wird sich hoffentlich bei der Untersuchung der sehr zahlreichen
Geschiebemergelproben am Kaiser- Wilhelm-Kanal mit größerer
Sicherheit ergeben.
Im übrigen kennen wir im wesentlichen denselben Ge-
schiebeinhalt jetzt aus allen drei Moränen und aus allen
Gegenden Schleswig-Holsteins und Jütlands1, und alle Angaben
über die absolute Beschränkung gewisser Geschiebe (besonders der
norwegischen) auf bestimmte Horizonte (U.G.) oder bestimmte
Gebiete (den Westen des Landes) sind jetzt schon als falsch
erwiesen, als vorschnelle Verallgemeinerungen unvollständiger Be-
obachtungen.
Aus den relativen Mengungsverhältnissen der norwegischen,
mittelschwedischen und baltischen Geschiebe in bestimmten Moränen
einen Schluß auf ihr Alter zu ziehen, dazu sind die vorhandenen
Beobachtungen erst reclit viel zu lückenhaft und obenein viel zu
sehr von Zufälligkeiten der gerade vorhandenen Aufschlüsse ab-
hängig und auch hier kann man jetzt schon sagen, daß gewisse
mit Vorliebe festgehaltene Vorstellungen von den Bewegungs-
richtungen des Inlandeises in den verschiedenen Eiszeiten sicher
nicht zutreffend sind.
Das sicher erwiesene, relativ häufige Vorkommen großer,
geschliffener Rhombenporphyrgeschiebe im sicheren Oberen
Geschiebemergel der Fehmarner Ostkliffs von Marienleuchte bis
südlich Gahlendorf — also östlicher als ihr Heimatsgebiet — ist
eine mit diesen ziemlich allgemein verbreiteten Anschauungen über
die vorwiegende NS. -Bewegung während der Haupteiszeit und
den vorwiegend baltischen Eisstrom zur letzten Eiszeit - — beson-
ders am Schlüsse derselben — völlig unvereinbar und zeigt, daß
unsere Kenntnisse in dieser Beziehung noch in den ersten An-
fängen stecken.
Erheblich westlicher, in der Gegend von Kiel und Ratzeburg,
sind diese Rhombenporphyre offensichtlich ganz wesentlich seltener
und auch viel kleiner, was nach unseren bisherigen Anschauungen
1 Sehr interessant und lehrreich in dieser Beziehung siud die alten
und sehr sorgfältigen Geschiebezählungen des ausgezeichneten Geologen
Forchhammer. die leider wegen der schwer zugänglichen Stelle ihrer Ver-
öffentlichung ganz in Vergessenheit geraten sind und der heutigen Gene-
ration völlig unbekannt zu sein scheinen. Forchhammer: .Die Bodenbildung
der Herzogtümer Schleswig-Holstein und Lauenburg.“ Festgabe für die
Versammlung Deutscher Landwirte in Kiel 1847. p. 22.
der Moräne am Emmerleff-Kliff etc.
223
über die Eisbewegung eine ganz unverständliche Anomalie be-
deutet.
Wenn in einem en gb egre n z ten Gebiet zwei übereinander-
liegende Moränen einen so verschiedenen Geschiebeinhalt haben,
wie die unterste und die Hauptmoräne von Sylt, so wird man das
wohl als Argument (neben anderen, wichtigeren) für ihr verschie-
denes Alter verwenden dürfen; solche Resultate aber auf größere
Entfernungen zu verallgemeinern, ist nach unseren jetzigen Kennt-
nissen schon absolut unzulässig.
Ich möchte z. B. daran erinnern, daß der Unterste Geschiebe-
mergel unter dem letzteii Interglazial in Skerumhede in Jütland
zwar ostbaltische Geschiebe führt1, aber keine norwegischen und
nordöstlichen Geschiebe, also einen völlig anderen Geschiebeinhalt,
hat als die Hauptmoräne von Sylt und Hamburg, trotzdem Skerum-
hede viel nördlicher (näher dem Christianafjord) liegt als Sylt und
Hamburg.
Ebenso hat schon Forchhamjier festgestellt (1. c. p. 23), daß
auch oberflächlich die Rhombenporphyre nördlich vom Oddesand
ganz plötzlich rapide abnehmen, während sie weiter südlich reich-
lich vorhanden sind.
Das ist eine ebenso schwer erklärliche „Anomalie“ wie die
zahlreichen Rhombenporphyre im Osten von Fehmarn im jüngsten
Geschiebemergel und beweist die Notwendigkeit äußerster Vorsicht
in allen diesbezüglichen Schlüssen.
Dagegen ist das von mir herangezogene Argument für das
verschiedene Alter von Emmerleff-Klift- und Roten Kliff-Moräne —
die lOfach so tief gehende Verwitterung in letzterem — jetzt
nicht nur an dieser Stelle, sondern auch noch von verschiedenen
anderen Stellen Schleswig-Holsteins, Nordhannovers und der Lau-
sitz in derselben Weise bekannt geworden, z. B. von Föhr, von
Siiderstapel, von Elmshorn und von der Gegend von Ütersen-
Schulau bei Hamburg ; und von der letzten Stelle ist es auch
stratigraphisch durch Kartierung erwiesen (siehe die erwähnte
Arbeit von Schröder und Stoeler), daß die außerordentlich tief-
gründig und intensiv verwitterte (ferrettisierte) Moräne die ältere
ist, weniger norwegische Geschiebe enthält, unter der jungen
Moräne der letzten Eiszeit mit den zahlreichen norwegischen
Geschieben liegt , und obenein noch von verschiedenen sicheren
Interglazialbildungen bedeckt wird2.
Wer trotz dieses m. E. jetzt völlig schlüssigen Beweises durch
die verschiedenen Verwitterungsmächtigkeiten im bewiesenen
1 Jessen, Milthers, Nordmann, Herzog, Hartz: En Boring gennem
de kwartäre Lag ved Skerumhede. Danmarks geol. Unders. II R. No. 25.
2 Vergl. auch eine im Druck befindliche Arbeit: C. Gagel, Das
Ratzeburger Diluvialprofil und seine Bedeutung für die Gliederung des
Diluviums. Jahrb. pr. geol. L.-A. für 1913. I. 1.
224
[Besprechungen. — Miscellanea. — Personalia.
O.G. und U.G. nicht von dem verschiedenen Alter der beiden
Moränen am Emmerleff-Kliff und am Roten Kliff überzeugt ist, für
den ist tatsächlich der Beweis für das höhere Alter der Roten
Kliff-Moräne überhaupt nicht zu führen, der muß sie dann auch
folgerichtig beide für dasselbe, für Oberes Diluvium halten bezw.
kann das ganze Diluvium für eine einheitliche Ablagerung ansehen.
Berlin, den 16. November 1912.
Besprechungen.
Karl Anton Henniger: Die Metalle nach York om-
ni e n . G e w innu n g , Y e r w e n d u n g und wirtschaftliche r
Bedeutung. Leipzig bei Theod. Thomas, o. .T. 223 p. Mit
22 Abbildungen im Text.
Das Bändchen, No. 17 — 21 der naturwissenschaftlich-tech-
nischen Yolksbücherei der deutschen Naturwissenschaftlichen Ge-
sellschaft gibt eine kurze Darstellung der bekannteren Metalle und
ihrer wichtigsten Yerbindungen hinsichtlich ihres Yorkommens,
ihrer Gewinnung und ihrer Verwendung. Es ist für das große
Publikum bestimmt und daher in allgemein verständlicher Weise
abgefaßt, ohne eingehendere und spezielle naturwissenschaftliche
Kenntnisse vorauszusetzen. Auch die Glasfabrikation , das Löten
der Metalle und das Färben und Patinieren derselben sind in be-
sonderen Abschnitten berücksichtigt. Einige statistische Mitteilungen
bilden den Schluß. Max Bauer.
Miscellanea.
Ferienkurse Jena. Vom 4. — 16. Aug. 1913. (Für Damen
und Herren.)
Diese Kurse finden in diesem Jahre zum 25. Mal statt.
Es werden im ganzen mehr als 50 verschiedene Kurse ge-
halten, meist zwölfstündige.
Naturwissenschaftliche Abteilung: Naturphilosophie;
Botanik; botanisch-mikroskopisches Praktikum; Zoologie; zoo-
logisches Praktikum; Astronomie; Mineralogie; Chemie; Physik;
Physiologie ; physiologische Psychologie.
Ferner sei auf die pädagogischen , literaturgeschichtlichen,
religionswissenschaftlichen und staatswissenschaftlichen Kurse hin-
gewiesen.
Ausführliche Programme sind kostenfrei durch das Sekretariat
der Ferienkurse (Jena, Gartenstraße 4) zu haben.
Personalia.
Gestorben: Prof. Dr. Georg Böhm in Freiburg i. Br. am
18. März 1913.
F. Grünling, Maucherit Ni, As,, ein neues Nickelmineral etc. 225
Original-Mitteilungen an die Redaktion.
Maucherit Ni3 As,, ein neues Nickelmineral aus den Kobalt-
rucken des Mansfelder Kupferschiefers.
Von F. Grünling, München.
(Vorläufige Mitteilung.)
Im Januar vorigen Jahres erhielt das mineralogische Institut
■der Ivgl. Universität hier vom Inhaber der süddeutschen Mineralien-
zentrale, Henm Dipl. -Ing. W. Maucher, hier, eine Anzahl Stufen
I eines unbekannten Minerals zur näheren Untersuchung. Herr
Maucher hielt das Mineral zuerst für Bammelsbergit, da die
äußeren Merkmale mit dessen Beschreibung völlig übereinstimmen.
Bald erkannte er aber auf Grund des anderen Lötrohrverhaltens,
daß ein neues Mineral vorliegen müsse. Er veranlaßte zunächst
im hüttenmännischen Institut der Kgl. Technischen Hochschule zu
Breslau durch Herrn Professor C. Friedrich eine Bestimmung der
Hauptbestandteile und hierauf im Kgl. Bayer. Staatslaboratorium
hier durch Herrn Professor Dr. Prandtl eine Gesamtanalyse des
Minerals, wodurch mit Sicherheit festgestellt war, daß es sich
um eine bisher im Mineralreich nicht bekannte Nickelverbindung
handle. — Wegen dringender anderer Arbeiten konnte die nicht
ganz einfache kristallographische Untersuchung des Minerals bisher
nicht ausgeführt werden, weshalb ich im Nachstehenden eine Be-
schreibung des Minerals, das ich mit dem Namen seines Entdeckers
belege und Maucherit nenne, unter Zurückstellung der Kristall-
beschreibung folgen lasse.
Als Fundort für das neue Mineral wird Eisleben in Thüringen
angegeben. Die Mineralvergesellschaftung läßt erkennen, daß man
es mit einem Vorkommen der bekannten Kobaltrücken des Kupfer-
schiefergebiets zu tun hat. Die Begleiter des Maucherits sind nämlich
Nickelin, Chloanthit, gediegen Wismut, Manganit, Calcit, Baryt,
Anhydrit und Gips. Das Nebengestein ist Kupferschiefer, z. T.
auch Weißliegendes oder Fäule. Als älteste Bildung dieser Bücken,
das sind Gänge von kurzer Erstreckung im Streichen und Fallen
bei einer Mächtigkeit von wenigen Millimetern bis etwa 20 cm,
erweist sich Nickelin in dünnen Krusten zarter spitzpyramidaler
Kriställchen. Dieser Nickelin erfüllt auch die feinsten Klüftclien
des Nebengesteins. Hierauf folgt Calcit in Skaleuoedern, mit deren
letzter Wachstumsphase die Bildung des Maucherits zusammenfällt,
so daß beim Auslösen des Calcits die Negative der Skalenoeder
in der Maucheritmasse sichtbar werden. Dann folgt rötlicher
Baryt in rechteckigen Tafeln, die auch etwas in den Maucherit
Centralblatt f. Mineralogie etc. 1913. 15
226 F. Grünling, Maucherit Ni3As2, ein neues Nickelmineral etc.
hineinragen und deren letzte Bildungsphase von der Ausscheidung
der Hauptmasse des Nickelins begleitet wird. Dieser jüngere
Nickelin tritt in parallelfaserigen Krusten und in stumpf-
pyramidalen Kristallen auf, die nicht selten Durchkreuzungs-
zwillinge nach einer Pyramidenfläche oder, wenn rhombisch, nach
einer Domenfläche erkennen lassen. Auf dem Nickelin findet sich
selten gediegen Wismut in kleinen undeutlichen Kriställchen und
manchmal auch dünne Krusten eines zinnweißen undeutlich kri-
stallisierten Minerals, das seinen Lötrohrverhalten nach als Chlo-
anthit anzusprechen ist. Auf dem Baryt sitzen manchmal zarte
Kristallbündel von Manganit. Hierauf folgt wieder Calcit und röt-
licher, blätteriger Anhydrit, der stellenweise in Gips umgewandelt
ist. Die Gänge sind fast stets völlig geschlossen, so daß die Kri-
stalle der Erze erst nach dem Auslösen des Kalkspats mit H CI
und Ausstechen des Baryts und Anhydrits sichtbar werden.
Der Maucherit zeigt im frischen Bruch rötlich silberweiße
Farbe, die sich nach einiger Zeit in ein rötliches Platingrau oder
in ein graues Kupferrot ändert. Die derben Massen zeigen un-
deutlich faserige, dichte oder zellige Struktur. Nicht selten sind
die Räume zwischen den Fasern oder Blättern mit Nickelin erfüllt,
wie auch oft die Kristallblätter ganz mit Nickelin überwachsen
sind. Die Kristalle bilden dünne, stark glänzende, rechteckige
Täfelchen mit zugeschärften Kanten von 1 bis 10 mm im Geviert
und sind fast stets zu quirlförmigen Viellingen gruppiert dergestalt,
daß die einen Kanten der Quadrate in eine Ebene fallen, die
anderen sich parallel laufen. Die Kanten der Kristallblättchen
zeigen eine scharfe Riefung. Das Kristallsystem konnte noch nicht
festgestellt werden ; wahrscheinlich ist es tetragonal oder rhombisch.
Die Härte ist 5. Die Dichte ist nach der Bestimmung des
Herrn Professors Dr. Prandtl bei 19° C 7,83. Der Strich ist
schwärzlich grau, der Bruch uneben, spröde.
Im geschlossenen Röhrchen ein ganz schwaches Sublimat von
arseniger Säure gebend, dekrepitiert nur ganz wenig, verändert
die Farbe kaum. Auf Kohle schmilzt er unschwer zur blanken
Kugel, die im Oxydationsfeuer Arsenrauch ausstößt und die Kohle
mit As., 03 beschlägt.
Mit Boraxglas erhält man zunächst die Kobalt-, dann die
Nickelperle.
Die chemische Zusammensetzung ist gemäß den
Analysen von Friedrich (I) und Praxiitl (II):
As
S
Ni
Co
Pb
Fe
Gangart Summe
Ni, As,
. . 46,00
—
54.00
—
—
—
— 100,00
I .
. . 45,66
—
49,51
0.93
—
—
- 96.10
11 . .
. . 43,67
0,17
52,71
2,15
0,20
0,40
0,40 99,70
Sie
entspricht
also
fast
genau
der
Formel
(Ni, Co)3As, und
somit der Zusammensetzung mancher Nickelspeisen.
V. Schumoff-Deleano, Einige Versuche etc.
227
Einige Versuche über das Zusammenkristallisieren von
Diopsid und Jadeit.
Von Vera Schumoff-Deleano (St. Petersburg).
Mit 1 Textfigur.
C. Hintze1 führt in seinem Handbuche Analysen von Jadeiten
an, deren Gehalt an CaO und MgO im Maximum bis zu 14 bis
15°/o bezw. 8,62 o/0 beträgt. Nur wenige Jadeite scheinen Ca-frei,
aber alle enthalten Mg und dieses Element in um so größerer
Menge, je geringer der Ca-Gehalt wird. MgO wird isomorph
durch FeO vertreten. Würde man aus dem CaO- und MgO-Gehalt
auf Beimengung der Diopsidkomponente schließen, so käme man
mit Vernachlässigung der Alkalien, wenn man die Rechnung durch-
führt, bei z.B. Analyse XXII auf einen Diopsidgehalt von 4U — 42 °/o2,
bei Analyse IX auf einen Diopsidgehalt von nahezu 50°/o3.
Schon Kenngott4 wies darauf hin, daß der Jadeit sich als
ein mit Diopsid gemengtes Silikat berechnen lasse. Die Anwesen-
heit von Ca 0 und Mg 0 dürfe nicht immer auf mechanische
Beimengungen zurückgeführt werden.
E. Cohen 5 fand stets einen Überschuß an Si 02 in Jadeiten,
auch dann, wenn er die MgO als MgAl2Si06 und RO Si02 in
Rechnung brachte. E. Cohen glaubte daher, daß im Jadeit noch
eine kieselsäurereichere Verbindung existieren müsse, wie etwa
MgAl2Si40)2 oder CaAl2Si4Ol2, Verbindungen, wie sie auch zur
Erklärung des Ägirinsilikates angenommen werden. C. Doelter6
versuchte zuerst Jadeit rein darzustellen, aber ohne Erfolg.
Auch Mischungen von NaFeSi206 mit dem Jadeitsilikat kamen
nicht zur Kristallisation. Auch bei großem Na-Gehalt der künst-
lichen Pyroxenmischungeu kristallisiert nur ein Na-armer oder -freier
Augit aus. Im allgemeinen beobachtete C. Doelter ein Anwachsen
der Auslöschungsschiefe im Diopsid mit Zunahme des A1203-
Gehaltes.
Die monoklinen Pyroxene lassen aus ihren optischen Eigen-
schaften Unterschiede in ihrer chemischen Zusammensetzung erkennen.
Der Zusammenhang ist ein sehr verwickelter und es ist bisher nicht
gelungen, alle Grundverbindungen mit Sicherheit zu erkennen7.
Die Beimengung des MgO- und Fe O-Gehaltes im Jadeitmolekül
und ihr Einfluß auf die optischen Eigenschaften des letzteren
1 C. Hintze, Handbuch der Mineralogie. 1897.
3 Ca 0 = 1 1 °/o, Mg 0 (+ Fe 0) = 7,24 “/„.
3 CaO = 14,57 °/0, MgO (+ FeO) = 14,11 o/o.
4 Kenngott (Übers, min. Forsch. 1862—65. p. 199) und Hintze
(Mineralogie. II. 1898).
5 E. Cohen. N. Jahrb. f. Min. etc. 1884. II. p. 52.
6 C. Doelter, N. Jahrb. f. Min. etc. 1884. II. p. 63; 1885. I. p. 48.
7 Fr. Becke, Optische Eigenschaften der Silikate in C. Doelter,
i Handbuch der Mineralchemie. II. 1. 1912.
15*
228
V. Sclmmoff-Deleano, Einige Versuche über das
Minerals sind noch nicht studiert und eine Abhängigkeit ist bisher
noch nicht festgestellt worden.
Zwischen Diopsid und gemeinem Augit, also einem
tonerdehaltigen Gliede, existieren Mischungsglieder, welche durch
Zunahme des Winkels cy von 40 — 90° und Verstärkung
der Doppelbrechung ausgezeichnet sind. Ein gesetzmäßiger
Zusammenhang fehlt jedoch.
Mischkristalle von Diopsid und Jadeit herzustellen, ist noch
nicht versucht worden, obwohl das nahe übereinstimmende Mol. -Volu-
men 72 bei Diopsid und 68 bei Jadeit, sowie die durch Spaltbar-
keit und optische Verhältnisse bedingte Verwandtschaft der beiden
Pyroxene die Möglichkeit einer Mischkristallbildung vermuten ließ.
Es wurde reinster Jadeit von Tibet gepulvert und in kleinen
Portionen mit künstlichem Diopsid aus dem Schmelzflüsse aus-
kristallisieren gelassen. Der zu den Versuchen verwendete Jadeit
zeigte in einem orientierten Dünnschliff 010 eine Auslöschungs-
schiefe c y 33° 76'. Bis zu einem Zusatz von 5°/'o Jadeitsilikat
zum Diopsid ergaben sich nach zwölfstündiger Auskristallisation
nahezu glasfreie Kristalle mit einer Auslöschungsschiefe c y‘ 39°;
die Doppelbrechung der Pyroxene war positiv. Die Lichtbrechung
in Jodmethylen gemessen nach n,„ = 1,689. Für reinen Diopsid
wird für n„ = 1,70 angegeben. Bei mehr als 5% Jadeit finden
sich zwischen den großen Kristallen noch körnige Kristalle mit
einer Maximalauslösclmng von c y‘ zu 35° und 38° in unregel-
mäßiger Durchwachsung. Die Schmelzpunktbestimmung ergab In-
homogenität, indem sich nach der C. DoELTER’sclien Methode im
Heizmikroskop fand :
Intervall I 1150 — 1200° für die kleinen Kristalle,
Intervall II 1260 — 13"0° für die großen Individuen.
Das letztere Intervall stimmt überein mit den von C. Doelxer
angegebenen Schmelzpunkten für Diopsid 12s0 — 1310° L
Auch die folgenden Versuche: Diopsid mit 10% und 15%
natürlichem Jadeit, ergaben ein ähnliches Besultat. Immer fanden
sich (teilweise neben schon viel Glas bei Mischung 3) neben fast
reinem Diopsid Kristalle mit einer beträchtlich kleineren Aus-
löschungsschiefe cy‘ bis zu 35°, welche offenbar als Mischkristalle
von Diopsid und Jadeit gedeutet werden müssen. Diese Misch-
kristalle sind später erstarrt als die Diopside und bilden eine Art
Eutektikum ; denn das Schmelzintervall der leichter schmelzbaren
Zwischenmasse war wie bei Mischung 1 1150 — 1200°.
Bei einem Mehrzusatz von Jadeit als 15°/o erstarrten die
Schmelzen vollkommen glasig. Reiner Jadeit schmilzt bei 1000
bis 1060° 1 2. Bei einem Versuch, die Kurve zu konstruieren und
1 C. Doelter, Zeitschr. f. Elektrochemie. 12. (1906.)
2 C. Doelter, Tschermak’s Min.-petr. Mitt. 22. (1903.)
Zusammenkristallisieren von Diopsid und Jadeit.
229
die erhaltenen Zahlen in dieselbe einzutragen, würde sich ungefähr
folgendes etwas schematisierte Bild ergeben :
Fig. 1.
Die Kurve ist nur bis zur Mischung mit 1 5 °/o Jadeitsilikat-
zusatz gezeichnet und deutet sehr beschränkte Mischbarkeit (inner-
halb weniger Prozente) an. Bei mehr als 5 % Jadeitsilikat ent-
stehen neben Mischkristallen Diopsid — wenig Jadeit eutek-
tische Schmelzen mit Diopsid als erstes Ausscheidungsprodukt.
Nachfolgend die Belege 1 :
1. Diopsid + 1 °/o Jadeit
ein Schmelzintervall 1260 — 1300 u;
2. Diopsid + 3°/o Jadeit
ein Schmelzintervall 1240 — 1260°;
3. Diopsid -f- 4% Jadeit
ein Schmelzintervall 1200 — 1220°;
4. Diopsid -j- 5°/o Jadeit
zwei Intervalle: I. 1150—1200°,
U. 1260—1300°;
5. Diopsid + 10 °/o Jadeit
zwei Intervalle: I. 1140 — 1200°,
II. 1250—1280°;
6. Diopsid -f- 15% Jadeit
zwei Intervalle: I. 1150 — 1190°,
II. 1250—1290°.
Das hier gegebene Bild ist nur ein vorläufiges, es soll vor-
nehmlich zeigen, daß künstlich homogene Diopsidmischungen mit
mehr als 5% Jadeit nicht hergestellt werden können.
Um den Einfluß des Al2 Oä-Gehaltes auf das Diopsidmolekül
festzustellen, wurde folgender Versuch ausgeführt:
1 Die Erhitzungsdauer im Heizmikroskop betrug 3 Stunden. Die
Vergrößerung war 250 fach.
230
J. Soellner, Ueber das Auftreten
NaA102 wird von Diopsid in geringer Menge aufgenommen,
wie folgender Versuch beweist:
Zu 19.5 g CaMgSi206 wurden 5 g käufliches Na A102 (= 25°/o)
gemischt und einer Temperatur von zuerst l 300 °, dann 800 0 durch
10 Stunden hindurch ausgesetzt. Es entstanden neben stark doppel-
brechenden Kristallskeletten, welche durch Ausziehen mit heißem
Wasser leicht sich entfernen ließen , Diopside mit einem Aus-
löschungsmaximum c y‘ von 39 — 41°. Der Tonerdegehalt drückte
die Schiefe der Auslöschung offenbar hinauf. In dem wässerigen
Auszug befand sich noch feines NaA102. Die Versuche hierüber
wären fortzusetzen.
Resultat:
1. Diopsid kann aus dem Schmelzfluß bis etwa 5°/o Jadeit
aufnehmen, ohne daß eine wesentliche Änderung der optischen Eigen-
schaften (Auslöschungsschiefe, Lichtbrechung) eintritt.
2. Jadeit kristallisiert „frei“ nicht ans, auch nicht bei
Zusatz von Kristallisatoren, wie Wolfram säure, molybdän-
saures Na t r i u m u. a.
3. Bei mehr als 5°/o Jadeitzusatz zur Diopsidmischuug kri-
stallisiert Diopsid und daneben bildet sich eine kleinkörnige Grund-
masse, bestehend aus Diopsid und Jadeit (+ Diopsid) mit
Glas. Das Glas drückt die Schmelzpunkte herab , so daß die
Kurven in Wirklichkeit um etwa 20 0 höher zu liegen kämen.
4. Aus einer Na Al 0,-Schmelze scheint Diopsid A1203 auf-
zunehmen und kristallisiert dann in Nadeln mit einer etwas höheren
Auslöschungsschiefe als 39°.
Mineralogisches Institut des Hofrats C. Doelter der k. k. Univer-
sität Wien.
Ueber das Auftreten von Essexit im Kaiserstuhl.
Von J. Soellner in Freiburg i. Br.
Die Essexite wei’den von Rosenbusch 1 definiert als „liypidio-
morphkörnige Tiefengesteine, welche bei beträchtlichem Gehalt an
farbigen Gemengteilen durch die Vorherrschaft eines basischen
Kalknatronfeldspates in Verbindung mit einem Pyroxenmineral bei
völliger Abwesenheit des Quarzes und einem der Menge nach
wechselnden Gehalt an Orthoklas und Mineralien der Nephelin-
gruppe neben dem Kalknatronfeldspat, von barkevikitischem Am-
phibol und braunem Biotit neben dem Pyroxen stofflich charakte-
risiert sind. Titanhaltiger Magnetit und Apatit liefern die reich-
lichen Nebengemengteile. Olivin ist ein sehr, fast allgemein ver-
breiteter, Titanit ein nicht gerade seltener Übergemengteil“.
1 Rosenbusch, H., Mikr. Physiogr. IV. Aufl. II, 1. p. 391.
von Essexit im Kaiserstuhl.
231
Gesteine dieses Charakters sind bisher aus Mitteleuropa nur
sehr wenig bekannt geworden. Berühmt ist der von Hibsch 1 näher
untersuchte Essexit von Bongstock in Böhmen. Das einzige deutsche
Vorkommnis war bisher der sogenannte Dolerit von der Löwen-
burg im Siebengebirge, der von Busz2 und Rosexbusch3 zu den
Essexiten gestellt wird. Um so interessanter ist es, daß im Kaiser-
stuhl, einer Gesteinsprovinz von ausgesprochen foyaitisch-thera-
lithischem Charakter in größerer Ausdehnung ein Gestein vorkommt,
das der oben angeführten Definition des Essexits vollständig ent-
spricht und das auch seinem ganzen geologischen Verhalten nach
den Eindruck eines Tiefengesteins erweckt. Das Auftreten von
Essexit im Kaiserstuhl ist um so bedeutungsvoller, weil man von
hier schon seit längerer Zeit Ergußgesteine wie Tephrite, Trachy-
dolerit etc. und Ganggesteine wie Monchiquite, Mondhaldeit etc.
kennt, die auf ein essexitisch-theralitliisches Tiefengestein schließen
lassen. Von Graeff4 ist vor 20 Jahren ein Stück körnigen
Tephrits (Theralith) kurz beschrieben worden, das sich unter den
älteren Beständen der Freiburger Sammlung vorfand. Nach der
alten FrscHEn’schen Etikette stammt dasselbe vom Horberig bei
Oberbergen. Anstehend konnte das Gestein daselbst nicht aufge-
funden werden. Nach Graeff handelt es sich bei diesem Vor-
kommnis allem Anschein nach nur um einen körnigen Einschluß
aus einem porphvrischen Gestein (wahrscheinlich Tephrit). Das
hier zu beschreibende Gestein dagegen ist auf größere Strecken an-
stehend aufgeschlossen, und zwar hauptsächlich in dem sogenannten
, Krummen Graben“ zwischen Oberbergen und Oberrotweil. Der
Krumme Graben ist ein tiefeingeschnittenes Tal im zentralen Teile
des Kaiserstuhls, das auf der Nordwestseite des Todtenkopfes 5
zwischen Scheibenbuck und Strümpfekopf in nordwestlicher Dich-
tung verläuft und zwischen Oberrotweil und Obei’bergen in das
Haupttal, das Krottenbachtal, einmiindet. Die Ausmündung des
Tales liegt ca. 240 — 245 m ii. d. M. und 50 — 55 m höher als
die Sohle des Bheintales westlich von Niederrotweil. Geht man
das Tal des „Krummen Grabens“ nach Südosten aufwärts, so steigt
1 Hibsch, J. E., Erläuterungen zu Blatt Bongstock-Bodenbach der
geol. Karte des Böhm. Mittelgebirges. Min. u. petr. Mitt. 19. 1900. p. 1. —
Erläuterungen zu Blatt Großpriesen d. geol. Karte des Böhm. Mittelgebirges.
Ibid. 21. 1902. p. 465.
2 Busz, K., Essexit von der Löwenburg im Siebengebirge a. Rh. Ver-
handl. naturhist. Ver. d. preuß. Rheinlande u. Westf. 62. Jahrg. 173.
Bonn 1905.
3 Rosenbüsch, H.. Mikrosk. Phys. IV. Aufl. II, 1. p. 404.
* Graeff, Fr., Über körnigen Tephrit (Theralith) aus dem Kaiser-
stuhl. Bericht über d. XXVI. Versammlg. des oberrhein. geol. Vereins. 1893.
3 Siehe die Blätter Breisach und Eichstetten der topograph. Karte
1:25000 des Großherzogtums Baden oder die Karte in Knop, Der Kaiser-
stuhl i. Br. Leipzig 1892.
232
.1. Soellner, Feber das Auftreten
dasselbe auf eiue Entfernung- von ca. 1 400 m nur sehr schwach
unter 3 — 4° an. Im Hintergrund des Tälchens, ehe der steilere
Anstieg beginnt, steht nun in ca. 340 m Höhe ü. d. M. uud rund
220 m unter dem Gipfel des Todtenkopfes (558,7 m), der höchsten
Erhebung des Kaiserstuhls, am geographisch rechten Talhang nahe
der Talsohle ein mittel- bis feinkörniges, schwarz und weiß ge-
sprenkeltes festes Gestein an, das in seinem Aussehen den mittel-
bis feinkörnigen Varietäten des Rongstocker Essexits so täuschend
ähnlich sieht, daß Stücke von beiden Fundorten fast miteinander
verwechselt werden könnten. Das Gestein ist längs des Weges
und Waldrandes auf eine Strecke von ca. 120 m gut aufgeschlossen.
Überlagert wird es am Hang vou Löß. In geringer Menge finde!
man den Essexit auch in unmittelbarer Umgebung von Oberbergen,
am Südfuß des Heßleterbucks und in losen Stücken auf der Höhe
des Scheibenbucks südlich von Oberbergen. In beiden letzteren
Fällen handelt es sich wahrscheinlich nur um Apophysen des in
der Tiefe anstehenden Essexitstockes, während im Krummen Graben
dieser selbst angeschnitten sein muß. Wie groß die Ausdehnung
des Essexitstockes im zentralen Teile des Kaiserstuhles ist, steht
noch nicht fest. Die weitere Kartierung wird das Nähere ergeben.
Gut aufgeschlossen und bekannt ist er zurzeit nur an der
vorerwähnten Stelle im Hintergrund des Krummen Grabens. Hier
wird der Essexit auch deutlich von Gängen von Mondhaldeit und
von Tracliydolerit durchsetzt.
Der Essexit ist z. T. außerordentlich frisch, erscheint schwarz
und weiß gesprenkelt und hat eine mittlere Korngröße von ca. 1 mm.
Schon makroskopisch sind zahlreiche dunkle Kriställcheu von
Pyroxen und schwarze Biotitblättchen zu erkennen. Unter den
weißen Partien ragen zuweilen frische, glasige Orthoklaskriställchen
hervor. U. d. M. erweist sich das Gestein als bestehend aus :
A u g i t , Biotit, Hornblende, basischem Plagioklas,
Orthoklas, einem Mineral der Nephelin- oder Soda-
1 ithgruppe, Magnet eisen, Apatit und Titan it in hyp-
i d i o m o r p h - k ö r n i g e r Ausbildung.
Unter den dunklen Gemengteilen ist der wichtigste und ver-
breitetste ein blaßrötlich-violetter Titanaugit in zahlreichen,
zuweilen bis 2,5 mm großen idiomorphen Kristallen. Er ist tafelig
nach { 1 0()J entwickelt, zeigt zuweilen Zonarstruktur und poly-
synthetische Zwillingslamellierung nach JlOO). Die Auslösclmngs-
schiefe beträgt C : c im stumpfen Winkel ß ca. 50 °. Der Augit
enthält reichlich Einschlüsse von Magneteisen, Apatitsäulchen und
Biotitfetzen.
Neben Pyroxen tritt allgemein rotbrauner Biotit in bis
1 mm großen Blättchen auf. Dieselben sind nicht regelmäßig
umgrenzt, sondern in der Regel in Fetzen und Lappen entwickelt.
Der Pleochroismus desselben ist kräftig, zwischen blaßgelb und
von Essexit im Kaiserstulil.
233
dunkelrotbraun , auf (00 1) kleiner, aber deutlicher Achsenwinkel
sichtbar, die Achsenebene verläuft parallel (oio}, also Glimmer
zweiter Art. Aufschnitten nach (010) ist eine kleine Auslöschungs-
schiefe wahrnehmbar. Die Biotitfetzen umschließen häufig Augit,
Plagioklas, Apatit und Eisenerze. Umgekehrt Biotit auch als Ein-
schluß in Augit.
Hornblende tritt in dem Gestein vom Krummen Graben
nur spärlich auf, dagegen ist sie in Stücken vom Südfuß des
Heßleterbucks und von der Höhe des Scheibenbucks reichlicher
entwickelt. Es ist eine braune, anscheinend barkevikitische Horn-
blende mit starkem Pleochroismus a blaßgelb, b und c annähernd
gleich braun. Die Auslöschungsschiefe c : c auf {010} = ca. 10°.
Zwillingsbildung nach (100} zuweilen wahrnehmbar. Sehr ver-
breitet ist auch hier die bei Essexit fast konstante Verwachsung*
von Pyroxen, Amphibol und Biotit. Fetzen von Hornblende sind
in paralleler Orientierung und ohne eigene Umgrenzung dem Augit
eingewachsen, das gleiche gilt für Biotit. Bei Biotit läßt sich
zuweilen beobachten , daß die Spalttracen desselben denen der
Hornblende oder des Augits parallel liegen. Hornblende und Biotit
erscheinen auch beide als regelmäßige Umhüllungen von Pyroxen.
Unter den wesentlichen farblosen Gemengteilen ist der älteste ein
basischer Plagioklas. Derselbe ist tafelig nach (oioj ent-
wickelt mit vorwiegend idiomorpher Ausbildung. Zwillingsbildung'
nach Albit- und Karlsbader Gesetz ist verbreitet. Seinem optischen
Verhalten nach gehört er in die Labradorreihe mit geringen
Schwankungen im Kalkgehalt. Eine deutliche Zonarstruktur fehlt
.jedoch. Durch Verwitterung sind die Kristalle in manchen Stücken
schon stark getrübt unter Ausscheidung eines farblosen Glimmer-
minerals und von Calcit.
Orthoklas kommt neben Plagioklas teils als schmaler Saum
um diesen, teils als regelrechte Füllmasse vor. Wenn die Menge
des Orthoklases sehr beträchtlich ist, hat er häufig die Form von
hypidiomorphen Täfelchen. Diese, tafelig nach (Oll], werden bis
3 mm lang und 1 mm dick und zeigen in der Kegel Zwillings-
bildung nach dem Karlsbader Gesetz. Der Orthoklas besitzt
normalsymmetrische Achsenlage mit kleinem Achsenwinkel. Ist die
Orthoklasfüllmasse auf größere Strecken einheitlich orientiert, so
hält sie zahlreiche andere Mineralien, vor allem idiomorphe Plagio-
klaskristalle, umschlossen. Das Mengenverhältnis zwischen Plagio-
klas und Orthoklas schwankt recht beträchtlich. Manche Stücke
sind reich an Orthoklas neben zurücktretendem Plagioklas , in
andern Stücken ist Orthoklas stark in der Minderheit. Bemerkens-
wert ist der völlig frische Habitus des Orthoklases selbst dann,
wenn der Plagioklas schon ziemlich stark verwittert ist. Neben
den Feldspäten kommt als letztes Kristallisationsprodukt teils eine
trübe isotrope Füllmasse mit geringer Lichtbrechung, teils schwach
234
M. Semper, Zur eocänen Geographie
doppelbrechende zeolithische Aggregate, untermengt mit Carbonaten,
in den Zwickeln des Gesteins vor. Die trübe isotrope Füllmasse,
wahrscheinlich Analcim, ist vermutlich aus ursprünglichem
Nephelin hervorgegangen. Frischer Nephelin konnte aller-
dings nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. Ob die doppel-
brechenden Aggregate auf Zersetzung eines Minerals der Sodalith-
gruppe zurückzuführen sind, steht dahin. Die Menge dieser
Füllmassen ist ebenfalls eine sehr wechselnde. In orthoklasreichen
Partien treten sie sehr stark zurück, in orthoklasarmen Stücken,
wie z. B. in denen von der Höhe des Scheibenbucks, wird dagegen
ihre Menge eine recht beträchtliche. Als akzessorische Gemeng-
teile kommen in Betracht: Magnet eisen in größeren, schlecht
ausgebildeten Kristallen, häufig von einem Kranz von Biotit um-
geben, Apatit in ziemlich dicken Säulchen und schließlich
Titanit in blaßgelben, bis 0,5 mm großen spitzrhombischen
Durchschnitten mit kleinem Achsenwinkel. Olivin, der in manchen
Essexiten eine Rolle spielt, fehlt hier vollständig.
Die eingehende Untersuchung dieses interessanten Vorkommens,
insbesondere auch in chemischer Beziehung, erfolgt sobald als
möglich, sowie die Verbreitung des Essexits im Kaiserstuhl etwas
näher festgelegt ist.
Freiburg i. Br., den 11. März 1913.
Zur eocänen Geographie des nordatlantischen Gebiets.
Von Max Semper, Aachen.
Wenn die folgenden Bemerkungen an die Darstellung geknüpft
sind, die E. Haug in seinem Traite de geologie über die paläo-
geographischen Verhältnisse des Eocän gegeben hat1, so muß
gleich von vorneherein der Verdacht polemischer Absichten ab-
gewehrt werden. Ich beabsichtige viel weniger eine dort über-
sehene Einzelheit zu verbessern, als an einem besonders prägnanten
Beispiel eine in der heutigen Geologie übliche Anschauungsweise
zu charakterisieren und daran anschließend die Frage zu berühren,
ob hier nicht für manche in neuerer Zeit lebhaft verfolgte Zwecke
ein bedeutsames Hindernis verborgen liegt.
Die geographische Beschaffenheit des nordatlantischen Gebiets
wird nämlich an genannter Stelle in dreifachem Zusammenhang
beschrieben , erstens auf Grund der Verbreitung der unter- und
mitteleocänen Säugetierfaunen, zweitens auf Grund der Verbreitung
der neritischen Meeresbewohner, drittens auf Grund gewisser Eigen-
tümlichkeiten im Auftreten der Nummuliten. Hieraus ergäbe sich
— in der gleichen Reihenfolge aufgezählt — erstens, daß die im
1 E. Haug, Traite de geologie. Bd. II. p. 1397 — 1598. 1911.
des nordatlantischen Gebiets.
235
Untereocän bestehende Landverbindung im Mitteleocän unterbrochen
worden sei ', zweitens, daß während des ganzen Eocäns, besonders
aber im Mitteleocän, eine zusammenhängende Küstenlinie Europa
nnd Nordamerika verband1 2, drittens, daß während des ganzen
Eocän boreale Meeresströme die amerikanische Ostkttste bespült
und für die (erst im Oligocän einwandernden) Nummuliten un-
bewohnbar gemacht hätten 3. Diese borealen Meeresströme können
nur angenommen werden, wenn man sich den Atlantischen Ozean
mit einem arktischen Meer verbunden denkt. Es besteht also ein
scharfer Widerspruch zwischen den Ergebnissen dieser drei Schluß-
reihen, um so mehr, als die sich zunächst einstellende Vermutung,
es möchten sich diese Angaben doch auf irgend eine Weise ver-
einigen lassen, sich bei genauerer Betrachtung als nicht stichhaltig
erweist.
Man könnte der weiteren Betrachtung entgegenhalten , daß
eben die bisherige Kenntnis der Tatsachen nicht ausreiche, um zu
einer klaren Vorstellung über die Paläogeographie des eocänen
Atlantik zu gelangen, und daß hier nur ein neuer Beweis für die
Unmöglichkeit einer wirklichen Paläogeographie vorläge. Doch
wäre die hierin sich aussprechende Resignation erst zulässig, wenn
es erweislich gar keine Möglichkeit gäbe, diese Widersprüche zu
beseitigen. Jedenfalls sind sie unauflöslich, solange die oben-
genannten Aussprüche unverändert stehen bleiben. Woher sollten
die borealen Meeresströme ausgegangen sein , die im Untereocän
den Nummuliten die Besiedlung der ostamerikanischen Gewässer
verboten, wenn der Atlantische Ozean vom arktischen durch eine
Landbrücke getrennt war? Wie konnten im Mitteleocän diese
Ströme auf die Wassertemperaturen im Golf von Mexiko einwirken,
wenn sie doch weiter im Norden nicht imstande waren, den da-
mals gerade besonders engen Zusammenhang der neritischen Faunen
zu unterbrechen? Wie konnte schließlich dieser Zusammenhang
so deutlich sein, wenn der nordatlantische Kontinent durch einen
(natürlich als breit vorzustellenden) Meeresarm in eine europäische
und eine amerikanische Hälfte zerlegt war4, also schon durch die
räumliche Entfernung zwischen den neritischen Zonen der außer-
dem noch klimatisch ungleichartigen Küstengebiete tiergeographische
Verschiedenheiten bewirkt oder begünstigt werden mußten?
Läßt sich nun keine Beschaffenheit dieses Gebiets ausdenken,
welche all diesen Anforderungen genug täte , so sind doch diese
Anforderungen selbst keineswegs unvermeidlich. Am auffälligsten
1 Ebenda, p. 1553, 1558.
2 Ebenda, p. 1523, 1559.
3 Ebenda, p. 1567.
4 Haüg spricht zwar nur ohne nähere Angabe von „Unterbrechung
des Zusammenhangs“, gemeint ist aber offenbar „Unterbrechung durch
einen Meeresteil“.
236
M. Semper, Zur eocänen Geographie
ist dieses bei den au die Nummuliten geknüpften Schlüssen. Für
das Untereocän kann das Bestehen einer landfesten Verbindung
zwischen Afrika und Südamerika noch mit den verhältnismäßig
triftigsten Gründen behauptet werden darf man mit ihr rechnen,
so bleibt es unverständlich, weshalb die Nummuliten nicht schon
damals entlang dieser Küstenlinie überwanderten, da zu dieser Zeit
der Atlantik vom arktischen Meer entschieden abgeschnitten war.
Freilich kennen wir auch keine mit Bestimmtheit dem Untereocän
augehörigen Bildungen in den Antillen oder sonst im amerikanischen
marinen Tertiär1 2. Im Mittel- und Obereocän liegt für die Annahme
der südlichen Landbrücke kein direkter Anhaltspunkt mehr vor;
im Gegenteil widersprechen ihr andere Tatsachen , nämlich die
Verwandtschaften zwischen den Eocänfaunen von Kamerun und
Angola3 und den entsprechenden Westeuropas und des Mittelmeers.
Trotzdem begannen damals mediterrane Formen nach Mittelamerika
überzuwandern4, die Nummuliten als die letzten, im Oligocän. Sie
treten dort in kleinen Formen auf, wie sie in Europa stets sich
vorfinden, wenn die übrigen Merkmale der Faunen auf den Einfluß
kühlerer Meeresströme deuten 5 *, jedoch sind andere übergewanderte
Foraminiferen , denen sonst größere Empfindlichkeit gegen Tem-
peraturerniedrigung zugeschrieben wird M, in Amerika ihre Vorläufer
und Begleiter ; auch zeigt die sonstige Fauna, die unverändert aus
den unteren, nummulitenfreien Vicksburg-Schicliten in die oberen,
nummulitenführenden übergeht, keine Spur, daß irgend eine Ver-
änderung in den Lebensbedingungen eingetreten sei 7. Unzweifel-
haft setzten zu niedrige Meerestemperaturen der Nummuliten-
verbreitung eine Grenze, und wohl mit Recht beruft sich Stromek
hierauf, um das Fehlen dieses Typus in den Eocänbildungen an
der Westküste Südafrikas zu erklären8, aber da die Existenz
der Nummuliten außerdem an Seichtwasser gebunden war, so würde
ein Afrika und Südamerika trennender Meeresteil ebenfalls ihre
Ansiedlung an den amerikanischen Küsten verhindert haben. Dieses
alles spricht mehr für die ältere Annahme, wonach im Mittel- und
Obereocän kein brasilianisch-afrikanisches Festland mehr bestand,
sondern nur eine Inselkette zwischen Nordafrika und den Antillen,
die sich — vielleicht im Zusammenhang mit naclx-mitteleocänen
1 Hai’g, 1. c. p. 1558, 1559 ff.
2 Ebenda, p. 1528, 1525.
s Ebenda, p. 1526.
4 Ebenda, p. 1525, 1560.
ä Ebenda, p. 1567.
3 Ebenda, p. 1567.
7 Dall und Harris, Neocene. Bull. U. 8. geol. Surv. No 84. 1892.
p. 181, 182, 185.
3 Stromer, Die Geschichte des afrikanischen Festlandes nach neueren
Forschungen. Xaturwiss. Wochenschrift. 1910. p. 163.
des nordatlantischen Gebiets.
237
Gebirgsbildungen in Marokko 1 — gegen Ende des Eocäns erhob
und sich erst zu Beginn des Oligocäns so dicht schloß , daß die
Nummuliten eine Brücke geschlagen fanden, zu freilich anderweitig
nicht besonders günstigen Lebensbezirken.
Scheint demnach die Verbreitung der Nummuliten verständlich
zu werden auch ohne Annahme borealer Meeresströme an der
amerikanisch-atlantischen Küste, so wird die Existenz solcher
Ströme aus andern Erwägungen direkt unwahrscheinlich. Nach
j>e Geer brach der nordatlantische Kontinent im späteren Tertiär
nieder2: mit diesem Ereignis, das den arktischen Gewässern den
Zutritt zum Atlantischen Ozean eröffnete und dort den heutigen
ähnliche Zirkulationsverhältnisse hervorrufen mußte, läßt sich das
plötzliche Vordringen der Chesapeakefauna kühlen Charakters bis
in den Golf von Mexiko3 ungezwungen in Zusammenhang setzen.
Ein ähnlich scharfer Fauneuwechsel hätte auch durch die ver-
mutete mitteleocäne Meeresverbindung hervorgebracht werden müssen,
jedoch findet sich davon nicht die mindeste Spur. Auf der europä-
ischen Seite läßt sich eocäner Laterit in Irland4 wenig mit der
Annahme eines benachbarten kühlen Meeres vereinen und bei Be-
trachtung der marinen Faunen zeigt sich , daß der im Pariser
Becken zur Mitteleocänzeit sehr auffällige tropische, speziell indo-
pazifische Einschlag sich au benachbarten , aber unmittelbar am
Atlantik gelegenen Äquivalenten noch verstärkt5 6. Man kann also
nirgendwo eine Spur der vermuteten arktischen Meeres Verbindung
in der Zusammensetzung der Faunen entdecken. Vielmehr ging
die einzige Verbindung beider Ozeane, die sich erkennen läßt,
durch das Pariser Becken hindurch , und sie bestand in einem
Meeresarni , dessen weiterer Verlauf nach den Darstellungen
de Geer’s und nach der Verbreitung der diluvialen Eocängeschiebe5
vermutlich nicht im Gebiet der Nordsee und westlich von Skan-
dinavien zu denken ist 7 8, sondern im Gegenteil östlich von Skan-
dinavien, quer durch das später vereiste Gebiet hindurch s.
Soweit also marine Organismen in Betracht kommen, spricht
alles mehr für die während des ganzen Eocän unveränderte Exi-
stenz eines nordatlantischen Kontinents. Die gegenteilige Annahme
1 Haug, 1. c. p. 1573.
1 G. de Geer, Kontinentale Niveauveränderungen im Norden Europas.
Compte rendu intern. Geol. Congr. 1910. p. 849 ff.
3 Dali, und Harris, 1. c. p. 186.
4 Cole. The red zone in the basaltic series of the County of Antrim.
Geol. Mag. 1908. p. 341.
5 Hadg, 1. c. p. 1457.
6 Ebenda p 1444.
7 Ebenda p. 1559.
8 M. Semper, Das paläothermale Problem. II. Zeitschr. d. deutsch, geol.
Ges. 1899. p. 202.
238
M. Semper, Zur eocänen Geographie
führt nur zu Schwierigkeiten und Unverständlichkeiten, und so ist
zu fragen, oh das ihr hauptsächlich zugrunde liegende Argument,
die Verbreitung der eocänen Säugetiere Europas und Amerikas,
ihre Übereinstimmung im unteren, ihre Verschiedenheit im mitt-
leren und oberen Eocän, nicht einer gleichberechtigten Umdeutung
zugänglich ist.
Die nordamerikanischen Fundorte eocäner Säugetiere liegen
ganz im Westen des Kontinents ; der gesuchte, von Europa trennende
Meeresarm braucht nicht im atlantischen Gebiet , sondern konnte
auch weiter westlich gelegen sein , in demselben nord-südlichen
Streifen, der schon in der Kreidezeit einmal überflutet war. Die
eocänen Sedimente im Mississippital enden fast genau an der Stelle,
bis zu der von Norden her das diluviale Inlandeis reichte. Man
könnte vermuten, daß die nördliche Fortsetzung der Eocängebilde
zerstückelt und daher übersehen worden sei, ähnlich wie das nord-
deutsche Eocän größtenteils vernichtet wurde und sich bis zum
Beginn der Detailaufnahmen der Beobachtung so gut wie ganz
entzog. Jedoch weisen die Eocänbildungen von Kentacky und
Missouri, sowie die südlicheren von Texas und Arkansas deutlich
auf unmittelbare Nähe des Landes und scheinen sämtlich in einem
breiten Flußästuar gebildet zu sein '.
Dafür gelangt man im Verfolg einiger Andeutungen in
Osborn’s zusammenfassender Schilderung der eocänen Säuger1 2 3 auf
einen aussichtsreicheren Weg. Obwohl die von ihm übernommene
paläogeographische Karte Matthew’s für das Mitteleocän den
Atlantischen Ozean ungefähr in der gegenwärtigen Umgrenzung
zeigt, erwähnt der Text, daß die damalige Isolation von Europa
und Amerika auch durch klimatische Verschiedenheiten hervor-
gebracht sein könne, daß zwischen den Faunen beider Erdteile
ähnliche Unterschiede beständen, wie allgemein zwischen „konti-
nentalen“ und „peninsularen“ Faunen usw. Wenn sich nun be-
legen läßt, daß im Untereocän und im Oligocän die Lebensverhält-
nisse in Europa und Amerika sich ähnlich, im Mittel- und Ober-
eocän aber unähnlich waren , so ist damit manches für die Ent-
scheidung obigen Problems erreicht, vielleicht sogar mehr, als einer
umständlichen Analyse von Gattungs- und Artmerkmalen mit Aus-
deutung auf klimatische oder sonstige bionomische Anpassung über-
haupt in Aussicht steht.
Europa bildete im Untereocän nach Ausweis der zahlreichen
Siißwasserablagerungen ein zusammenhängendes, freilich wohl ebenes
und reich bewässertes Festland, war also darin, wie auch in der
Flora zum Ausdruck kommt8, dem Westen Nordamerikas sehr
ähnlich. Das Meer drang nur in ziemlich schmalen und flachen
1 W. B. Clark, Eocene. Bull. U. S. geol. Surv. No. 83. 1891. p. 202.
2 Osborn, The age of mammals. 1910. p. 137 ff.
3 Haug, 1. c. p. 1530.
des nordatlantischen Gebiets.
239
Buchten ein, überflutete aber durch die mitteleocäne Transgression
die ganze Fläche bis auf eine Anzahl alter Gebirgskerne, die
wenig umfangreiche Inseln bildeten. Damit zugleich trat eine
völlige Umwandlung der Floren und marinen Faunen ein durch
Zuwanderung von jetzt indischen Elementen, deren Heimat auch
für damals im indopazifischen Gebiet zu suchen ist, und zwar
weisen nicht nur Meeresbewohner, sondern auch Landbewohner,
offenbar verschleppt durch Meeresströmungen, auf solche Herkunft1.
Im Oligocän ward die Meeresbedeckung in Europa zwar nicht wesent-
lich geringer, eher in manchen Teilen noch verbreitert; da aber
die Meere nunmehr ihre Hauptzuflüsse nicht mehr aus tropischen,
sondern aus nördlichen kühleren Regionen erhielten, so entstand ein
klimatischer Typus, der sich vom kontinentalen weniger stark unter-
schied, als der ozeanisch-warme der vorhergehenden Epochen.
Zu solchen Schwankungen findet sich in Nordamerika keine
Parallele 2. Die Verschiedenheiten , welche zwischen den sich
folgenden Faunen bemerkbar werden, erklären sich z. T. daraus,
daß durch die Zufälle der Erhaltung andere Ausschnitte aus der
Gesamtfauna überliefert worden sind; in vielen Fällen aber ver-
folgte, durch äußere Einflüsse ungestört, die Entwicklung die an-
fänglich eingeschlagenen Bahnen weite]1. Die Zeiten der faunistischen
Übereinstimmung weisen also nach andern Erwägungen zugleich
eine Annäherung der allgemeinen Lebensverhältnisse in Europa
und Amerika auf; umgekehrt sind zu andern Zeiten faunistische
und bionomische Verschiedenheiten miteinander verbunden. Man
ist also auch nicht gezwungen, für diese letzteren Fälle, aller
sonstiger Argumente zum Trotz, auf räumliche Trennung der Kon-
tinente zu schließen, kann auch unkontrollierbare Annahmen über
die Beschaffenheit des unbekannten nordatlantischen Landes, Un-
passierbarkeit infolge von Wüstenbildung oder Hinweise auf die
Tse-tse-Fliege und Ähnliches 3 beiseite lassen und wird bei der An-
sicht stehen bleiben müssen, daß Europa im Mittel- und Obereocän
maringeographisch und fioristisch , aber auch in bezug auf die
Säugetierfauna zu einer östlichen, indischen Provinz gehörte, daß
diese nur so weit auf das nordatlantische Festland Übergriff, als
der klimatische Einfluß des mediterran-indischen Meeres reichte,
daß aber die Grenzgebiete unbekannt und wahrscheinlich jetzt
unter dem Atlantischen Ozean begraben sind.
Es ist also keineswegs unmöglich, in dieser Weise eine in
sich widerspruchslose Auffassung von den tiergeographischen und
maringeographischen Zuständen des atlantischen Gebiets im Eocän
zu entwickeln; nur bleibt diese Auffassung zu einem wesentlichen
Teil, wie man sagt, „hypothetisch“, d. h. es fehlt ein Beweis, und
1 Haus, 1. c. p. 1549.
2 Osbokn, 1. c. p. 138, 181, 208.
3 Osborn, 1, c. p 38, 285.
240
51. Semper. Zur eocänen Geographie
es läßt sich auch wohl kaum beweisen, daß z. B. die Gattungs-
und Artmerkmale der mitteleocänen Säuger außer für begrenzt-
lokale auch für allgemein-regionale Lebensbedingungen charak-
teristisch sind, also liier für ozeanisch-warmes, dort für kontinen-
tales Klima. Es bliebe auch nach Durchforschung eines denkbar
reichen Materials doch nur ein Glaube, eine durch Willensakt
übernommene Überzeugung, wenn man den von Osborn, wie er-
wähnt, in zweiter Linie angeführten, von Haug ganz in den Hinter-
grund geschobenen Faktoren der tiergeographischeu Begrenzung
den Vorrang zuschreibt und die von ihnen dargebotene Erklärung
für ausreichend erachtet. Demgegenüber machen die zu Anfang
wiedergegebenen Schlüsse Haug’s, solange man jeden für sich allein
betrachtet, den Eindruck positiver Beweisbarkeit und Bestimmtheit,
und es ist kein Zweifel, daß sie, isoliert genommen, den einzelnen
hier entgegengestellten weit überlegen scheinen. Die Schwäche
jener ersteren tritt erst hervor, wenn man sie zu einem Gesamt-
bild vereinigt; umgekehrt leiten diese letzteren ihre Berechtigung
hauptsächlich daraus ab, daß sich mit ihrer Hilfe ein widerspruch-
loses Gesamtbild gewinnen läßt.
Wie man sich aber auch gegen diese Sätze im einzelnen
verhalten möge, so viel ist doch unzweifelhaft: daß eine wider-
spruchsvolle Gesamtanschauuug auch im einzelnen nichts erklärt
und nicht aufrecht erhalten werden kann. Dadurch wird man vor
die schwierig zu handhabende Frage gestellt: wie ist es zu er-
klären, daß Haug das Vorhandensein dieser Widersprüche nicht
bemerkte, oder es, was wahrscheinlicher ist, absichtlich mit Still-
schweigen überging? An einer andern Stelle des Traite wird ein
ähnlicher Widerspruch angemerkt, als nämlich das Auftreten nah-
verwandter permischer Landbewohner auf der nördlichen und süd-
lichen Halbkugel zur Annahme eines die Tethys überquerenden
Landweges zwang, während die marinen Fossilien für ungestörten
Zusammenhang der westlichen und östlichen Meere zu sprechen
schienen '. Nun handelt es sich beim Eocän um verschiedene,
untereinander unabhängige Tatsachenreihen ; Widersprüche ent-
stehen erst, wenn aus den Beobachtungen mit Hilfe hypothetischer
Prämissen (Annahmen über die Ursachen der Tierverbreitung und
Faunenbegrenzung) Schlüsse gezogen werden; im Perm aber sind
es viel unmittelbarer die Tatsachen, die sich kreuzen. Die Be-
reicherung der geologischen Erfahrung, die im letzten Jahrhundert
errungen wurde, ist wesentlich dadurch geschaffen, daß sich die
Forschung mit ausschließlicher Energie der ersten Aufgabe der
Geologie und Paläontologie, der Beschreibung des gegenwärtigen
Befundes, zuwandte. Hierbei war nur geringes Handwerkszeug an
Hypothesen erforderlich und dieses brauchte niemals in Diskussion
1 Haug, 1. c. p. 821.
des nordatlantischen Gebiets.
241
gezogen zu werden. In der Gegenwart aber wird auch die andere
Aufgabe: Rekonstruktion der vorzeitlichen Zustände, immer um-
fassender in Angriff genommen. Bei ihr ist ein beträchtliches
Rüstzeug an Hypothesen unentbehrlich, wenn man überhaupt zu
Schlüssen gelangen will, aber die Forschung verhält sich ihrem
gedanklichen und begrifflichen Material gegenüber mit wenigen
Ausnahmen genau so, wie sie es in der vorhergehenden Tätigkeit
mit Erfolg geübt hatte: sie diskutiert es so wenig wie möglich,
ja, in manchen Fällen scheint es, als suche sie es völlig zu
ignorieren, und als habe sie das Bewußtsein dafür verloren, daß
Tatsachen einerseits und andererseits Schlüsse, die liier notwendig
immer mindestens zur Hälfte Hypothesen als Prämissen haben, zu
unterscheiden sind1 und wissenschaftlich ganz verschiedene Be-
handlungsweisen erfordern .
Wenn also in dem hier besprochenen Werk und bei diesem
Thema entweder die Aufmerksamkeit erlahmte oder die Diskussion
abgebrochen wurde, sobald es auf eine Prüfung der verwendeten
Hypothesen ankam, so ist das nicht für den Autor, sondern für
das heute in der Geologie als maßgebend anerkannte Verhalten
bezeichnend, ein prägnantes Beispiel und nicht bloß eine zufällige
Einzelheit. Es verrät sich darin der Wunsch und die Überzeugung,
positiv gesicherte, exakt gewonnene Ergebnisse zu besitzen und
sich auf solche zu beschränken. Widersprechen sich dann bei der
Rekonstruktion der Vorzeit die als exakt und Tatsaclien-gleich
gewerteten Schlüsse, so wird man dem nur geringe Bedeutung bei-
messen, weil man von diesem Standpunkt aus die Fehlerquelle nur
in unvermeidlichen Lücken der Tatsachenkenntnis suchen kann.
Das Aufsuchen von Widersprüchen und Unstimmigkeiten erscheint
dann überflüssig oder gar irreführend ; in Wirklichkeit ist es aber
für die rekonstruierende Geologie als eine mit Hypothesen arbei-
tende Wissenschaft weit wichtiger als das Herbeischaffen von Be-
stätigungen, denn es ist das einzig vorhandene Mittel um Wahrheit
und Irrtum der Hypothesen, ursprünglich reiner Phantasiegebilde,
aber von entscheidendem Einfluß auf die Resultate, zu prüfen und
Notwendigkeiten zur Abänderung oder Verbesserung aufzuflnden.
Gegen Hypothesenänderungen, die unter Berücksichtigung be-
kannter, aber bisher beiseite gelassener Tatsachen Widersprüche
hinwegräumen, wird sich niemand wehren. Eine andere Frage ist,
wie man sich Widersprächen gegenüber verhalten solle, wenn zur
Veränderung der mitwirkenden Hypothesen, anders wie in vor-
1 Zu vergleichen ist u. a. die Diskussion zwischen G. Andersson und
H. Brockmann-Jerosch (Compte rendu intern. Geol. Congr. 1910. p. 373.
413) über „Tatsachen“ und „Hypothesen“ betr. das Klima der Eiszeit und
Nacheiszeit, d. h. also über Schlüsse, die aus Prämissen von teils Tatsachen,
teils Hypothesen gezogen sind und daher niemals reine Tatsachenfeststel-
lungen werden künneri.
Centralblatt f. Mineralogie etc. 1913
16
242
A. Monsen, Ueber die Packung
liegendem Fall, aus Mangel einschlägiger Beobachtungen keine
Handhaben gegeben sind. Man wird sich dann darauf beschränken
müssen, solche Hypothesen als reine „Arbeitshypothesen“, nur
gültig zu bestimmten Zwecken und in begrenztem Bereich, stehen
zu lassen. Im übrigen aber darf man sich vielleicht auf einen
Ausspruch Goethe’s beziehen, der an Cuvier’s Neigung zu positiv-
bestimmter Ausdrucksweise Anstoß nahm und im Anschluß an
dessen discours sur le revolutions de la surface du globe bemerkte:
„Der Mensch gibt überall Probleme zu und kann doch keines
ruhen und liegen lassen; und dieses ist auch ganz recht, denn
sonst würde die Forschung aufhören; aber mit dem Positiven muß
man es nicht so ernsthaft nehmen, sondern sich durch Ironie
darüber erheben und ihm dadurch die Eigenschaft des Problems
erhalten; denn sonst wird man bei jedem geschichtlichen Rückblick
konfus und ärgert sich über sich selbst.“
Die Geologie ist schon oft in der Lage gewesen, sich in dieser
Weise ärgern zu müssen, und es steht bis jetzt zu befürchten,
daß gleiches ihr in Zukunft nicht erspart bleiben wird.
Ueber die Packung tertiärer, diluvialer und rezenter Sande
und das Porenvolumen von Sandsteinen.
Von stud. geol. Astrid Monsen in Königsberg Pr.
In seiner Abhandlung: „Die Annahme der submarinen Erhebung
des Alpenzuges und über Versuche, Vorstellungen über submarine
Gebirgsbewegung zu erlangen“, zeigt Professor Tornquist auf Grund
eingehender Versuche, die mit Seesand ausgeführt wurden, wie
außerordentlich verschieden locker und fest sedimentierte Sande
in ihren physikalischen Eigenschaften sind und weist darauf hin,
daß diese Tatsache für Lösung wichtiger, geologischer Probleme
in Betracht zu ziehen ist.
Das verschiedene physikalische Verhalten des Sandes ist durch
die verschiedenen Porositätsverhältnisse des Sandes bedingt. Die
Porosität, d. h. das Volumen der Poren des Sedimentes zum Gesamt-
volumen desselben, oder die Packung des Sedimentes schwankt
in sehr weiten Grenzen, je nachdem die Sandkörner sich mit
größeren Flächen oder an den Kanten berühren. Als Maximum
der Porosität kann 47,54 Volumenprozent Poren, als Minimum
25,95 ü/o Poren eines Sandes angesehen werden.
Es schien von Bedeutung, die in der Natur vorkommenden
Sande an Ort und Stelle ihrer natürlichen Ablagerung auf ihre
Porosität und Packung hin zu untersuchen. Es wurden zu diesem
Zwecke die in der Umgegend von Königsberg anstehenden Sande
von mir einer Prüfung unterzogen, über die ich hier vorläufig kurz
tertiärer, diluvialer und rezenter Sande etc.
243
berichte, da ich den Abschluß der Arbeit noch eine Zeitlang hinaus-
schieben muß.
Es kamen hierfür Sande des Tertiär, Diluvium, Alluvium
und die rezenten Diinensande in Betracht, deren einzelne Elemente
durch kein Zement verbunden sind, was in älteren Formationen
nur ausnahmsweise der Fall ist, wie z. B. bei den untersilurischen
Glaukonitsanden der russischen Ostseeprovinzen und den im Unter-
gründe Ostpreußens erbohrten Jurasanden.
A. Tertiäre Sande
a) des Zipfelberges bei Groß-Kuhren, Samland:
1. Unteroligocänes Sediment der fernei’en Uferzone des Oligocän-
meeres.
2. Grober Quarzsand, Grenzschicht zwischen Unter-Oligocän
und Miocän. Litoralsediment.
3. Miocäner Quarzsand zwischen unteren und oberen Letten.
Limnisches Flach wassersediment.
b) der Seeberge zwischen Palmnicken und Dirschkeim:
Miocäner, feinkörniger Sand. Limnisches Flachwassersediment.
c) Tertiärer Quarzsand, etwa 10 cm breiter Streifen, anstehend
in der Bernsteingrube von Palmnicken.
B. Diluviale Sande.
a) Diluvialer Sand, anstehend in Palmnicken, Tagebau der Bern-
steinwerke.
C. Alluviale Sande.
a) Diinensande der Wanderdüne der Kurischen Nehrung zwischen
Eossitten und Pilikoppen.
1. Sand der Sturzdüne des Predinberges.
2. Sand des Dünenkammes des Predinberges.
3. Sand der Luvseite des Predinberges.
4. Sand des Perwellberges bei Eossitten.
5. Sand der Kunzener Berge bei Alt Kunzen.
b) Seesand.
1. Seesand am Strande der Kurischen Nehrung bei Eossitten.
2. am Strande bei Groß-Kuhren.
a ) Seesand in der Schälung.
(3) Sand in der See.
y) Strandsand an Schälung.
Das Porenvolum, d. h. die Summe der Hohlräume (Poren) in
einem bestimmten, zumeist lockeren oder verkitteten Sediment,
wurde durch Prüfung der genannten Sande am Orte ihrer Ablagerung
mit eigens dazu konstruierten Apparaten wie folgt ermittelt und
in Volumprozenten berechnet:
16*
244
A. Monsen, Ueber die Packung
Tertiäre Sande.
Fundort
Mittelwerte des
Porenvolums d. h.
Porenvolumen durch
Sedimentvolumen
1. Zipfelberg bei Groß-Kuhren, Samland: Unter-
oligocäner glaukonitischer Quarzsand.
40,5 °/o.
2. Zipfelberg : grober Quarzsand. Grenzschicht
zwischen Unteroligocän und Miocän.
40 °/o.
Zipfelberg: Gestreifter, miocäner Quarzsand zwischen
unteren und oberen Letten.
36,5 °/c.
Seeberge zwischen Palmnicken und Dirschkeim:
Miocäner Glimmersand.
33 #/o.
Palmnicken: Kgl. Bernsteinwerke, in der Grube,
etwa 10 cm mächtiger, zwischen blauer Erde
anstehender Streifen groben Quarzsandes.
Diluviale Sande.
35,9 °/o.
Fundort
Mittelwerte
des Porenvolums
Palmnicken, Bernstein werke, Tagebau: Diluvialer
Quarzsand unter Geschiebemergel.
32 o/o.
Alluviale Sande.
Fundort
Dünensande der Wanderdüne der Kurischen Nehrung
zwischen Bossitten und Pilikoppen.
1. Rezenter Dünensand der Sturzdüne des Predin-
berges :
«) Ganz unten am Fuß der Sturzdüne.
37.5 o/o.
ß) An verschiedenen Höhen des Abhanges
der Sturzdüne.
42 o,'o.
Sand des frisch aufgewehten Dünenkammes.
46 °/o.
y) An der Luvseite.
2. Sand des Perwellberges bei Rositten :
40 o/o.
«) Ganz am Fuße der Düne.
ß) In verschiedenen Höhen.
37,6 o/o.
40 o/o.
Rezenter Dünensand der Kunzener Berge bei Kunzen.
Sturzdüne.
43,5o/o.
Seesand.
1. Seesand am Strande der Kurischen Nehrung
bei Rossitten.
40° 0.
2. Am Strande bei Groß-Kuhren:
«) Sand in der See.
43 «/o.
ß) Straudsand an der Schälung.
35 0/0.
y) Lockerer, trockener Strandsand.
42,8 0/0.
tertiärer, diluvialer und rezenter Sande etc.
245
Die Untersuchung ergab demnach, daß marine Saude, die nicht
der uferfernen Litoralzone angehören, feste Packung besitzeu. Da-
gegen gehen die Sande des oberen Unter-Oligocän häutig in lockere,
offenbar litorale, ufernahe Packung über.
Dagegen sind Süßwasserablagerungen fester gepackt, ebenso
die diluvialen. Dünensande zeigen direkt anstehend lose, aber
unter dem Druck der darauflagernden Düne festere Packung.
Hiermit stehen Beobachtungen über Porosität in Sandsteinen
im Einklang.
Ich untersuchte bisher folgende Sandsteine:
A. Kreidesandsteine.
1. Quadersandsteine aus dem Cenoman, Turon, Senon.
a) Über-Quader von Herrenleite.
b) Sandstein von Quedlinburg, Senon.
c) Cenomaner Sandstein, Unter-Quader, Götzenbruch bei
Kabenau.
d) Quadersandstein, Kommunebruch bei Königstein.
e) Labiatus-Qnadev , Bildhauersandstein, Groß-Cotta bei
Pirna, Turon.
f) Zflbiafws-Quader, Bildhauersandstein, Bosen (?) Bosen-
dorf bei Pirna, Turon.
g) Unter-Quader, untere Schicht, Dohna, Branamiihle.
h) Oberer Quader, Ucketaler Grund.
i) Unter-Quader, obere Schicht, Dohna, Branamiihle.
j) Muschelquader, Coschütz bei Dresden.
k) Elbsandstein, Bodenbach.
l) Unterer Quadersandstein von Bannewitz bei Dresden.
2. Bunter Sandstein, Heidelberg am Neckar.
3. Bunter Sandstein, Casseley in der Eifel.
Die Prüfung der erwähnten Sandsteine hatte zur Aufgabe,
das ursprüngliche Porenvolum der Sandsteine festzustellen, d. h.
das absolute Poren volum ohne Ce ment zu bestimmen, um da-
durch der Frage über die natürliche Ablagerung des Sediments
näher zu kommen. Wie zwei Beispiele zeigen mögen :
1. Ldbiatus- Quader, Bosendorf bei Pirna, Turon, mit ur-
sprünglichem Porenvolum 38,6 °/o;
2. Unter Quader und Schicht, Dohna, Brauamülile, mit ur-
sprünglichem Porenvolum 32,7 %,
steht hier das Porenvolum mit dem bei den fossilen und rezenten
litoralen, küstenfernen und küstennahen Sanden ermittelten im
Einklang.
Meine weitere Arbeit soll sich auf die Betrachtung möglichst
vieler Sandsteine, besonders auf deu Buntsandstein, beziehen.
Königsberg Pr., 28. Januar 1913, Geologisches Institut.
246
H. P. Cornelius, Geologische Beobachtungen
Geologische Beobachtungen im Gebiete des Fornogletschers
(Engadin).
Von H. P. Cornelius.
Auf der Exkursion in die Alpen , welche die Geologische
Vereinigung im Sommer 1912 veranstaltete, erfuhr ich zu meiner
großen Überraschung aus dem Munde von Herrn Geheimrat
G. Steinmann dessen Ansicht, nach welcher die Granitmasse der
Albigna-Disgrazia-Gruppe tertiären Alters wäre. Steinmann gründete
diese Ansicht auf das Auftreten des Granits im allgemeinen, sowie
auf dessen petrograpliische Beschaffenheit, welche keinerlei An-
zeichen einer stärkeren mechanischen Beanspruchung erkennen läßt.
Ich unternahm darauf, um über diese Frage ins klare zu kommen,
zu Anfang September des letzten Jahres einige Exkursionen in
das Fornogebiet. Dieselben lieferten Resultate , welche mir in
mancher Beziehung interessant genug scheinen, um die Bekannt-
gabe eines kurzen vorläufigen Berichts zu rechtfertigen.
Fassen wir zunächst die tektonische Situation unseres Gebietes
ins Auge! Wie ich kürzlich1 mitgeteilt habe, wird der aus
Gneisen und Phylliten der Malojaserie bestehende kristalline Kern
der rhätischen Decke in Val Maroz , unmittelbar westlich von
Casaccia , von Grünschiefern unterlagert , welche dem verkehrten
Schenkel der nämlichen Decke angehören. Desgleichen bilden die
Grünschiefer und Serpentine von Val Malenco die Unterlage der
Gneise der rhätischen Decke in der Kette Piz Fora — Sasso d’Entova,
wie aus den Untersuchungen F. Zyndel’s2 und des Verfassers
hervorgeht. Wir haben also zu erwarten, daß die Kontaktfläche,
welche jene beiden Gesteinsgruppen trennt, auch zwischen Casaccia
und den Bergen östlich des Murettopasses ausstreicht. Und in der
Tat: steigen wir von Maloja südwärts hinauf nach der Terrasse
Salacina (nördlich des gleichnamigen Gipfels), so erreichen wir
dort die Südgrenze der E-W streichenden und steil (bis 50°) N
fallenden Malojagneise. Den im Süden sich erhebenden, felsigen
Grat, welcher vom Piz Salacina gegen NE zieht, bauen die unter-
lagernden Grünschiefer auf. Sie ziehen gegen NE hinab nach
dem Knie der Ordlegna , ca. 1 km nördlich des Lej da Cavlocc,
und treten dort noch auf die Nordseite jenes Flusses. Der Kontakt
mit den hangenden Gneisen ist leider auf dieser ganzen Strecke
1 H. P. Cornelius, Über die rhätische Decke im Oberengadin und
den südlich benachbarten Gegenden. Dies. Centralbl. 1912. p. 632 ff. —
Petrograpliische Untersuchungen in den Bergen zwischen Septimer- und
Julierpaß. N. Jalirb f. Min. etc. Beil. -Bd XXXV. 1918. Karte Tafel XIX.
2 F. Zyniiel, Über den Gebirgsbau Mittelbündens. Beitr. z. geol.
Karte d. Schweiz. Neue Folge XLI. 1912. p. 25. — Die Ergebnisse
Zyndel’s stimmen bezüglich der Tektonik von Val Malenco (wie auch in
vielen anderen Punkten) vollkommen mit den meinigen überein.
im Gebiete des Fornogletschers (Engadin).
247
nirgends aufgeschlossen, doch läßt sich leicht erkennen, daß letztere
stets von dem Grünschiefer weg, nach N bis NW einfallen. An
dein erwähnten Ordlegnaknie nun erfährt die Grenze der beiden
Gesteinsgruppen einen scharfen Knick: sie wendet sich, ungefähr
dem Tallaufe folgend, fast genau gegen Süden. Die unterste Fels-
mauer auf der Ostseite besteht bereits aus Gesteinen der Gneis-
serie; Grünschiefer stehen zusammenhängend bis zum Lej da Cavlocc
an, dann noch in einzelnen Aufschlüssen ; den südlichsten fand ich
am N-Fuß des Pizzo dei Rossi. Auf dieser ganzen Strecke herrscht
im Norden flacheres (20 — 30°), gegen Süden immer steileres Ge-
fälle nach ENE bis E ; am Murettopaß steht der Gneis sogar
vertikal, ja, etwas südlich der Paßhöhe ist derselbe, wenigstens
lokal, ein wenig gegen E überkippt.
In die Grün schiefer ist jedoch nochmals eine Gneisschuppe
eingebettet. Dieselbe bildet den Gipfelkopf des Piz Salacina,
sowie (infolge des ENE-Gefälles) fast das ganze Gehänge westlich
der Strecke Lej da Cavlocc — Plancanin ; ich möchte sie der Kürze
halber als Cavloccschuppe bezeichnen. Sie schießt überall
unter die bisher betrachteten Grünschiefer (vom P. Salacina-NE-
Grat etc.) ein : ihr Liegendes wird wiederum von Grünschiefern
gebildet, welche ich indessen nur am Südgrat des Piz Salacina,
sowie zwischen Plancanin und dem Ende des Fornogletschers an-
stehend kenne. An ersterer Lokalität enthalten dieselben ein
kleines Lager von hochkristallinem , schieferigem Kalk — teils
grau, ziemlich homogen, teils hell, mit Bänderung durch erhaben
herauswitternde Lagen ; in ersterer Varietät könnte man vielleicht
ein hochmetamorphes Äquivalent der Liasschiefer, in letzterer ein
solches des -Hyänenmarmors“ des Septimer-Juliergebiets erblicken.
Über die tektonischen Beziehungen zwischen der Cavlocc-
schuppe und der Gneismasse der rhätischen Decke habe ich noch
keine Klarheit erlangen können. Wahrscheinlich ist die erstere
nur eine lokale Digitation des Kerns der rhätischen Decke ; ich
vermute einen Zusammenhang beider am Pizzo dei Rossi, dessen
Hochregion ich noch nicht besuchen konnte; die vollkommene
Identität vieler Gesteinstypen der Cavloccschuppe mit solchen der
Murettogegend verdient jedenfalls hervorgehoben zu werden.
Bei den bisherigen Betrachtungen haben wir das orographisch
wie geologisch wichtigste Element, das sich am Aufbau des Forno-
gebiets beteiligt, noch gar nicht erwähnt: den Granit, der die
zahlreichen prachtvollen Hochgipfel auf der Süd- und Westseite
■des gewaltigen Gletschers wohl ausschließlich aufbaut. Längs einer
Linie, welche von P 2562 südlich des Piz Salacina gegen SE
nach dem Tal unterhalb der Zunge des Fornogletschers läuft, stößt
er an die kristallinen Schiefer des Cavloccgebiets. Am besten
sind die Kontaktverhältnisse im Tale des Fornogletschers zu be-
obachten. Bei Plancanin stehen wir auf den ca. 30° NE fallenden
248
H. P. Cornelius, Geologische Beobachtungen
Gneisen der Cavloccschuppe. Dieselben nehmen gegen SW erst
noch steilere, dann ganz flache Lage an ; südlich lassen sie , im
Tal des Fornogletscliers , die unterlagernden Grünschiefer hervor-
treten. Am ersten bedeutenden Couloir (von Plancaniu aus ge-
rechnet) , das von W herabzieht , werden beide Gesteine
gegen SW vom Granit scharf abgeschnitten; die Grenze
steht saiger. — Gehen wir von hier weiter taleinwärts, so treffen
wir nach Durchschreitung von ca. */1 2 km Granit, nahe dem Ende
des Fornogletscliers, abermals Schiefergesteine «an: eine nördliche
Zone von Gneis, eine südliche von Grünschiefer, alles mit vertikaler
Schieferung. Diese Gesteine sind nach allen Lichtungen durch-
adert von großen und kleinen Granitgängen !, vollständig in
Schollen aufgelöst, deren Dimensionen von ganz kleinen bis zu
Hausgröße schwanken. Injektions- und Einschmelzphänomene sind
namentlich an kleinen Einschlüssen vielfach zu beobachten. Gegen
W setzt diese Schollenzone hinauf an den Grat südlich der Cima
di Murtaira; gegen SE findet sie eine Fortsetzung in größtem
Maßstabe im Pizzo dei Eossi, auf dessen E-Seite besonders die
Durchaderung der dunklen Schiefergesteine durch helle Granit-
gänge schon aus der Ferne prächtig sichtbar ist. — Auch nörd-
lich der Granitgrenze setzen bereits einzelne Gänge auf, wohl
der bedeutendste im Gneis des Salacinagipfels ; au dessen Süd
grat sind mehrere kleinere gut aufgeschlossen , welche sowohl
die Grünschiefer, «als auch die oben erwähnten Kalke dureli-
dringen. An allen diesen Gängen läßt sich die Beobachtung
machen, daß sie im Gneis Neigung zur Lagergangbildung zeigen,
während sie den Grünschiefer senkrecht zur Schieferung zu durch-
setzen pflegen und dabei parallel zu derselben einzelne Apophyseu
abgeben.
Der Granit besteht aus Orthoklas (bezw. Mikroperthit) und
saurem Plagioklas in wechselnden Mengenverhältnissen , reichlich
Quarz und im allgemeinen spärlichem dunklem Glimmer. Das
Gestein ist seiner überwiegenden Masse nach porphyrartig aus-
gebildet — die Orthoklase können mehrere Centimeter Länge er-
reichen — - und erinnert im Handstück stark an Vorkommnisse des
südlichen Schwarzwaldes. Im Dünnschliff erkennt man häufig
beginnende Umwandlung der Feldspäte zu Serizit , des Biotits zu
Chlorit, sowie gelegentlich undulöse Auslöschung am Quarz, doch
nie in starkem Grade. Die Textur des Gesteins ist stets voll-
kommen massig; nur ausnahmsweise findet man in Granitgängen
Parallelorientierung der Glimmerblätter, welche ungezwungen als
primäre Fluidalerscheinung gedeutet werden kaun. — Nach dem
1 Wie dies schon Theobald beobachtet hat; vergl. Beitr. z. geol.
Kurte d. Schweiz. III. 1866. p. 245. Über die Fortsetzung dieser Er-
scheinungen gegen W siehe ebendort p. 265 ff.
im Gebiete des Fornogletschers (Engadin).
249
Gesagten kann icli mich nicht der Ansicht G. Melzi’s 1 anschließen,
welcher das (nach seiner wie Thkobald’s Beschreibung mit dem
Granit vom Fornogletscher vollkommen übereinstimmende) Gestein
des Hintergrundes von Yal Masino als Gneis („gneiss porßroide“)
bezeichnet. Eine Begründung dieser Bezeichnung habe ich in der
im übrigen schönen Arbeit Melzi’s vergebens gesucht; im Gegen-
teil geht ans dem Text wie aus den beigegebenen Mikrophoto-
graphien hervor, daß das fragliche Gestein eine ganz normale
granitische Struktur besitzt, bei vollkommen massiger Textur.
Bei einem Granitmassiv von solchen Dimensionen wie sie das
in Rede stehende besitzt — ca. 20 km Länge, 12 km Breite —
darf man von vornherein Kontakterscheinungen in beträcht-
lichem Maße erwarten. Und solche sind in der Tat vorhanden.
Während nämlich die Gneise der Malojaserie bis auf Salacina ihr
normales Gepräge tragen , wie wir es bei Maloja und auf der
Xordseite des Silsersees kennen lernten2, ändert sich ihr Gepräge
sehr wesentlich, wenn wir weiter nach Südosten gehen : die typo-
morphen Mineralien der obersten Zone der kristallinen Schiefer
(nach Becke und Grubenmann), Sericit bezw. Phengit und Chlorit,
welche die normale Ausbildungsweise der Malojagesteine charak-
terisieren, verschwinden vollständig; Biotit und manchmal etwas
Muskovit treten an ihre Stelle. Dazu kommen in vielen Gqsteinen
noch typische Kontaktmineralien: Granat und Andalusit, im un-
mittelbaren Kontakt auch Sillimanit. Quarz und Feldspäte fehlen
selbstverständlich auch nicht im Mineralbestand. Wir erhalten
also als wichtigste Gesteinstypen : Biotitlagengneise (Piz Fadöz,
S-Seite), porphyroblastische Biotit-Granatgneise (Murettopaß; Forno-
gletscher); granatführende Andalusit-Biotitgesteine (Lej da Cavlocc,
mit bis 3 cm langen Andalusitprisinen) ; hinzu treten noch fein-
schieferige , sehr graphitreiche Gesteine , ähnlich den Graphit-
phylliten von der Xordseite des Silsersees, doch in unserem Falle
auch reichlich Biotit führend (Piz Salacina), sowie Quarzite mit
z. T. hohem Gehalt an diopsidartigem Pyroxen (Murettopaß ; Lej
da Cavlocc). Vollständig massige Texturen , Hornfels- und Sieb-
struktur sind vielen dieser Gesteine eigen. Mit den Grünschiefern
vollzieht sich eine analoge Veränderung: die normalen Epidot-
chloritschiefer der obersten Zone, wie sie westlich von Casaccia
herrschen, treffen wir noch am XE-Grat des Piz Salacina; von
dort gegen S und SE gehen sie sehr rasch über in Ampliibolite,
die im wesentlichen aus grüner Hornblende und Plagioklas be-
stehen; letzteren konnte ich in vielen Fällen als Labrador bestimmen.
Ein bedeutender Gehalt an Biotit ündet sich in vielen, ein geringer
1 G. Melzi, Ricercbe geologiche e petrografiche sulla Valle dcl
Masino. Giorn. di Min. IV. 1893. p. 120 f.
2 H. P. Cornelius, a. a. 0. N. Jalirb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXXV,
p. 389 ff.
250
H. P. Cornelius, Geologische Beobachtungen
an monoklinem Pyroxen in manchen dieser Gesteine; vereinzelt
trifft man auch Granatfiihrung. Ehemalige porphyrische und
Gabbrostrukturen sind in manchen Fällen noch erkennbar (Lej
da Cavlocc). Die kristallinen Kalke vom Südgrat des Piz Salacina
geben sich unter dem Mikroskop ebenfalls als reichlich Diopsid
führend zu erkennen.
Wenn es auch bei vielen dieser Gesteine zurzeit, und ohne
chemische Untersuchung wohl überhaupt nicht möglich ist, die stoff-
liche Identität mit bestimmten , nicht veränderten Typen nachzu-
weisen, so ist doch eines sicher: alle erwähnten Gesteine aus dem
Raum zwischen der Granitgrenze und der Linie Murettopaß — Lej
da Cavlocc enthalten Mineralien , welche zu ihrer Bildung einer
hohen Temperatur bedürfen (Andalusit, Sillimanit, Biotit,
Diopsid, basischer Plagioklas). Und da die fraglichen Gesteine in
ihrer Verbreitung an die Nachbarschaft des Granits gebunden sind,
werden wir nicht fehlgehen , wenn wir denselben für die statt-
gehabte Hitzezufuhr verantwortlich machen — jene Gesteine mit-
hin als Kontaktprodukte des Granits betrachten. Die Breite
des Kontakthofs ist freilich eine außergewöhnliche: die liochmeta-
morphen Andalusitgneise am Lej da Cavlocc sind über 1 1 /2 km
vom nächsten anstehenden Granit entfernt; die äußersten Ausläufer
der Umwandlung dürften noch erheblich weiter reichen. Immerhin
siud Kontakthöfe von ähnlichen Dimensionen auch schon aus anderen
Gebieten bekannt geworden.
Was lassen sich nun für Schlüsse bezüglich des Alters der
Granitintrusion aus den bisher beschriebenen Verhältnissen ableiten ?
In dieser Beziehung steht zunächst eines fest: Der Granit
durchsetzt in Gangform alle Gesteine seiner Umgebung ohne Aus-
nahme, und muß folglich jünger sein als dieselben, wie schon
E. Bonakdi 1 geschlossen hat, der freilich, den zu jener Zeit,
herrschenden Anschauungen entsprechend , sämtliche kristalline
Gesteine ins Archaikum stellt. Für die Gneise etc. unseres Ge-
bietes ist nun tatsächlich, wenn auch nicht ein archäisches, so
doch ein vortriadisches Alter sicher; die Kalke vom Piz Salacina
dürften dagegen mit großer Wahrscheinlichkeit ins Mesozoikum zu
stellen sein, wenn ich auch einen direkten Beweis für diese An-
sicht einstweilen nicht erbringen kann. Eine größere Sicherheit
haben wir bezüglich des Alters der grünen Gesteine. G. Stein-
mann 2 hat ein mindestens postjurassisches Alter derselben für
Graubünden im allgemeinen nachgewiesen; und ich glaube a. a. 0.
gezeigt zu haben, daß ihre Intrusion in eine Zeit gefallen ist, zu
welcher eine erste Phase der gebirgsbildenden Tätigkeit bereits
1 E. Bonardi, II gruppo cristallino delU Albigna e della Disgrazia
Rendiconti del R. istituto Lombardo di scienze e lettere. Serie II. Vol XV.
1882. p. 554.
s G. Steinmann, Ber. naturf. Ges. Freiburg i. B. XVI. 1906.
im Gebiete des Fornogletschers (Engadin).
251
begonnen hatte. Der Granit der Albigna — Disgraziagruppe, welcher
die Grünschiefer seinerseits durchbricht, muß demnach auch jünger
sein als jene erste Phase der faltenden Bewegung. Wir können
jedoch noch einen Schritt weiter gehen: Zur Zeit der Granit-
intrusion müssen sich auch die Grünschiefer schon in ihrer jetzigen
Stellung zu den Gneisen des Kerns der rhätischen Decke, sowie
der Cavloccschuppe befunden haben. Dies geht hervor einmal aus
der Tatsache, daß die Gesteine der genannten tektonischen Elemente
sämtlich in der Nachbarschaft des Granites kontaktmetamorpli um-
gewandelt sind, sowie aus der weiteren, daß der Granit den Gneis
der Cavloccschuppe mitsamt dem unterliegenden Grünschiefer ein-
heitlich abschneidet. Mag man auch, da die tektonische Bedeutung
der Cavloccschuppe noch nicht mit Sicherheit feststeht, den Wert
jener zweiten Tatsache für die Altersbestimmung des Granits
minder hoch einschätzen , die Beweiskraft der erstgenannten läßt
sich nicht einschränken : die Auflagerung der Gneise der rhätischen
Decke auf die grünen Gesteine ist, wie die Verhältnisse bei Casaccia
und in Val Malenco beweisen , durch Überfaltung zustande ge-
kommen ; im Bereich des Granites zeigen beide Gesteinskomplexe
Kontaktmetamorphose, folglich muß die Überfaltung voll-
zogen gewesen sein, als das Aufdringen des Granits
sta ttf and.
Unterstützt wird dieser Schluß durch die petrographisclie
Beschaffenheit des Granits , auf welche Steinmann auf der oben
erwähnten Exkursion hingewiesen hat. Wenn auch im Dünnschliff
mancherlei Erscheinungen sichtbar werden, die man als Wirkungen
des Gebirgsdrucks deuten kann, so ist doch der Unterschied
zwischen dem mikroskopischen Bilde dieses Granits und demjenigen
etwa des Juliergranits ein ganz enormer. Daß der erstere stärkere
faltende Bewegungen mitgemacht haben könnte, erscheint demnach
ganz ausgeschlossen. Auch die vertikalen Grenzen der Granit-
masse und zahlreicher Gänge sprechen dagegen , daß nach dem
Empordringen des Granits noch horizontale Bewegungen einzelner
Teile seiner Umgebung stattgefunden haben könnten ; solche hätten
zu Knickungen und Verbiegungen der Granitgänge führen müssen,
welche ich nie beobachten konnte. Höchstens an einer Block-
bewegung des gesamten lepontinischen Gebiets (von nicht zu großem
Ausmaß) könnte der Granit noch teilgenommen haben.
Wir gelangen also auf verschiedenen Wegen stets zu dem
nämlichen Besultat: die Intrusion unseres Granitmassivs
ist jünger als die Deckenbewegungen in diesem
Teile der Alpen, jünger als der lepontinische Schub
F. Heritsch’s j, nach der Zeitbestimmung dieses Autors für die
einzelnen Deckenschiibe also jünger als Oligocän.
1 F. Heritsch. Das Alter des Deckenschubes in den Ostalpen. Sitzgsb.
lc. Akad. Wien. CXXI. Abt. I. 1912. p. 622 f.
252
H. Mylius,
Eine obere Altersgrenze ist meiner bisherigen Erfahrung nach
erst durch die glazialeii Ablagerungen gegeben , in welchen sich
Blöcke unseres Granits sehr häufig finden.
Ein Vergleich der periadriatischen Massen Salomon’s 1 (und
der vermutlich tertiären1 2 piemontesischen Stöcke) mit dem Disgrazia-
massiv führt uns einige Unterschiede gegenüber den ersteren vor
Augen. Erstens eiuen petrographischen : dort handelt es sich meist
um ziemlich basische Gesteine (Tonalite bis Diorite), während in
unserem Falle wenigstens die Hauptpartie des Massivs von einem
zweifellosen Granit gebildet wird. Ein weiterer Unterschied besteht
hinsichtlich der tektonischen Stellung: alle jene Massen — die
Kerne des Rieserferner ausgenommen — befinden sich teils un-
mittelbar an der alpin-dinarischen Grenze, teils ganz auf dinarischem
Gebiet; das Disgrazia massiv hingegen liegt voll-
ständig im alpinen Deckenland. Dieser Umstand macht
es hier leichter als es vielleicht irgendwo sonst in den Alpen ist.
das der Gebirgsbildung gegenüber jüngere Alter des Intrusiv-
komplexes nachzuweisen.
Zürich, Ende Januar 1913.
Entgegnung an A. Tornquist.
Von H. Mylius.
Mit 1 Textfigur.
Prof. Dr. A. Tornquist hat in No. 24 des vorigen Jahrganges-
dies. Centralbl. gegen meine Entgegnung Einspruch erhoben und
denselben in vier Punkten zusammengefaßt, auf die ich folgendes
zu erwidern habe:
Zu Punkt 1 der „außerordentlichen Zerknitterung der Klippen-
gesteine im Gegensatz zu den meist unzerdrückten Schichten der
aus dem Untergrund aufgefalteten Kreide“. Zugegeben, daß dem
so ist, daun kann es einem durchaus nicht wundern, wenn der
massige, oft gänzlich ungeschichtete Schrattenkalk, wie er an den
Gauchenwänden zwischen Flysch verkeilt ist, sich bei den gebirgs-
bildenden Vorgängen anders, d. h. widerstandsfähiger verhielt als
wie die sich durch schnellste Wechsellagerung der verschiedensten
Gesteinssorten auszeichnenden Klippengesteine, unter denen weiche
Mergelschiefer eine wesentliche Rolle spielen. Jener hat sich daher
1 W. Salomon, Über Alter, Lagerungsform u. Entstehungsart d. peri-
adriatischen, granitischkörnigen Massen. Min. u. petr. Mitt. XVII. 1898.
2 Vergl. V. Novarese, Zt. f. prakt. Geol. X. 1902. p. 179, sowie
E. Aröand, Spezialkarte 64 der geol. Karte der Schweiz. 1911. — ln der
Legende zu der genannten Karte stellt Akgand die fraglichen Intrusiv-
massen mit den jüngsten Sedimenten zusammen!
Entgegnung an A. Tornquist.
253
in seiner Massigkeit erhalten ; diese sind mehr oder weniger intensiv
gefaltet worden.
Von einer „ Zerknitterung“ der Klippengesteine kann indes
überhaupt nicht die Rede seiu. Man betrachte Tornquists Tafeln V
bis IX; wo ist da etwas von Zerknitterung zu sehen ? Kulissen-
artig ragen auf der Tafel VII die Aptyclienkalke in die Luft;
was man auf den Tafeln V und VI im Vordergrund sieht, Ge-
Tobnquist inzwischen selbst zugegeben, ist keine dynamische hat
steinszerknitterung, keine „Überschiebungsbreccie“ mehr, sondern
Gehängeschutt; nur Tafel IX läßt „Fältelungen“ in der Kalkklippe
erkennen.
Skizze der Allgäuer und Vorarlberger Juraklippen nach A.Tornquisf.
ObJurakh'ppe. Flysch Kalkiger Krystallinische Alluvium,
meist sandig , Chondriten- Conglomerate u.
conglomeratisch. Ft y sch. Blöcke im Flysch.
Zu Punkt 2 „die enge Verbindung der Klippen mit den
kristallinen Exotica“ betreffend, „die bisher noch niemand aus dem
Untergrund hergeleitet hat“. — Warum soll icli nicht eine An-
sicht äußern dürfen, die „bisher noch niemand“ hatte?
Was die „enge Verbindung der Klippen mit kristallinen
Exotica“ betrifft, so verstehe ich nicht recht, welche Erklärung
Tornquist eigentlich von mir verlangt. Beide Erscheinungen einer-
seits der kristallinen Exotica, andererseits der Klippen werden von
ihm selbst getrennt behandelt. Jene sollen sedimentäre Einlage-
rungen im Flysch sein, die in diesem sogar ein bestimmtes „strati-
graphisches Niveau“ einnehmen und später mit ihm alle Phasen der
Gebirgsbildung mitmachten. Diese hingegen sollen auf dynamischem
Wege und zu einem späteren Zeitpunkt von oben in den schon
gefalteten Flysch hinabgestoßen worden sein.
Um die Polemik zum Abschluß zu bringen und die Erledigung
dieses mir unklaren Punktes 'nicht auf eine spätere Erwiderung
verschieben zu müssen, gehe ich hier auf die von Tornquist „ent-
deckten und im Flysch weit verbreiteten Breccien und Konglo-
merate“ etwas ausführlicher ein.
254
H. Mylius,
Tornquists geologische Karte seiner Arbeit über „die Allgäu-
Vorarlberger Flyschzone usw.“ verzeichnet an vier Stellen das Vor-
kommen kristallinischer Gesteine im Flysch : bei den Grämpl- Alpen,
der Lenzenberg- Alp, der Grasgern-Alp (Böigen) und der Mittel-Alp
am Riedberghorn.
An der Grämpl- Alp konnte ich von einer kristallinen Breccie
nichts finden; statt ihrer in weiter Verbreitung nur die übliche
Flyscharkose, die bekanntlich viel kristallines Material, besonders
Glimmer und Quarz und auch Gneis und Granit in kleinen Par-
tikelchen enthält.
An der Lenzenberg-Alp machte ich die gleiche Erfahrung.
Am Böigen tritt bekanntlich ein mächtiger Granitblock von
mindestens 1000 Kubikmeter Volumen auf; von einer kristallinen
Breccie oder einem Konglomerat ist auch hier nichts zu sehen.
Das Riedberghorn' zu besuchen, langte mir die Zeit nicht
mehr, und ich glaube auch nicht, daß ich zu einem wesentlich
anderen Resultat gekommen wäre, als wie an den genannten Alpen.
Da nun Tornquist auf die „enge Verbindung“ der kristallinen
Gesteine mit den Klippen Wert legt, will ich derselben hier einige
Worte widmen, ohne auf die 'soeben genannten, nicht zu Torn-
quists Gunsten sprechenden Beobachtungen Rücksicht zu nehmen.
Ich beleuchte dieselbe zunächst im Sinne von Tornquist.
Die kristallinen Breccien und Konglomerate sollen Einlagerungen
im Flysch sein, ein bestimmtes „stratigraphisches Niveau“ in ihm
bezeichnen. Da nun der Flysch gefaltet war, ehe die Klippen in
ihn hinabgestoßen wurden, sollen seine Schichten ungestört, d. h.
mit gleichem Streichen und Fallen unter jenen hindurchziehen.
Was vom Flysch im allgemeinen gilt, gilt naturgemäß auch von
seinen „kristallinen Einlagerungen“. Die interessante Erscheinung
soll besonders auffällig an der Neu-Grämpl-Alp, im Ränktobel und
am Schelpen sein.
Der Leser betrachte Tornquists Karte in der Umgebung der
Grämpl-Alp, die ich nebenstehend in Fig. 1 wiedergebe und frage
sich, wie es dort mit der Beziehung der kristallinen Gesteine zur
Klippe bestellt ist. Ich komme um folgenden von Tornquist be-
gangenen kartographischen AViderspruch nicht herum : entweder
ist die zur Klippe spitzwinkelige Streichrichtung des Flysch richtig,
wie sie ausdrücklich betont und in der Karte durch den Verlauf
des kalkigen Chondritenflyschstreifens gekennzeichnet wird; dann
können die kristallinen Gesteine im Flysch kein stratigraphisches
Niveau einnehmen, sondern müssen wie die Klippe, die sie begleiten,
tektonischer Herkunft sein. Oder aber die kristallinen Gesteine
bezeichnen doch ein stratigraphisches Niveau, dann ist es wieder
mit der zur Klippe spitzwinkeligen Streichrichtung des Flysch nichts.
Dasselbe was von der Grämpl-Alp gesagt wurde, gilt vom
Schelpen und dem Ränktobel. Man betrachte wieder Tornquists
Entgegnung an A. Tornquist.
255
Karte aus dieser Umgebung, und abermals wird sich der Leser
sagen müssen: Entweder stimmt es nicht mit der „stratigraphischen
Einlagerung“ oder nicht mit der so oft betonten, „zur Klippe spitz-
winkeligen Streichrichtung des Flysch“.
Meine Stellung zu der von Tornquist behaupteten „engen
Verbindung der kristallinen Exotica mit den Klippen“ muß ich.
da ich erstere bei den Grärnpl- und Lenzberg-Alpen nur als
Flyscharkosen entwickelt fand, auf den Böigen beschränken ; und
an diesem trage ich bei der Frage nach der Herkunft seines
Granits der auffälligen Erscheinung Rechnung, daß dieser haar-
scharf auf der Linie der Schelpenklippen liegt und daher am besten
durch sie erklärt wird. Wo die Juraklippe des Schelpen her-
kommt, da kommt auch der Boigengranit her.
Die Gründe, die mich veranlassen, an einen Weg aus dem
Erdinnern zu glauben, habe ich in meinem Buch auf den p. 86—90
anseinandergesetzt.
Zu Punkt 3 „die Fazies der Klippen“ betreffend, „welche
im Mynus’schen , sekundär tektonischen' Fjord nicht erklärt ist“.
Man muß glauben, daß Tornquist nicht einmal dasjenige Kapitel
meiner Arbeit gelesen hat, gegen das seine Kritiken gerichtet sind.
Wenn ich in meiner Arbeit auf den p. 73 — 75 eigens einen
Abschnitt des „die Algäuer- und Vorarlberger Juraklippen“ be-
treffenden Kapitels als „die Fazies der Klippen“ bezeichne und
in demselben zu dem Schluß komme:
„Da nach diesen Gesteinslisten in den Klippen nur solche
Gesteine auftreten, die, gleichgültig welcher Formation sie
angehören, entweder ostalpinen oder helvetischen Charakter
tragen, oder solchen, der zwischen diesen steht, aber niemals
solchen, der den Klippen allein eigen ist, so muß der Schluß
gezogen werden : die Sedimente der Klippen wurden au der
Grenze zwischen dem ostalpinen und dem helvetischen Meer
abgesetzt“,
und wenn ich ferner einem dritten Abschnitt1 des gleichen Ka-
pitels (p. 80 — 82) für die Erklärung der heutigen „Lage der
Klippen“ eigens eine Tafel beifüge, in der einerseits zu sehen ist,
in was für einer breiten Bucht die Gesteine der Klippen ursprüng-
lich sedimentiert wurden, andererseits wie diese Bucht durch tek-
tonische Vorgänge sekundär „fjordartige“ Gestalt annahm, dann
bin ich der Mehrzahl meiner Leser keine weitere Erklärung schuldig,
um gewiß zu sein, daß meine Ansicht von ihnen eindeutig und
sogar sehr leicht verstanden wird. Tornquist kann ich nur bitten,
die p. 72 — 83 meiner Arbeit nochmals zu lesen.
Zu Punkt 4 über „die Verjüngung und das wahrscheinliche
Auskeilen der Klippen nach unten in den Flysch hinein“. Wiese
1 Der zweite Abschnitt behandelt den „Bau der Klippen“.
256
Personalia.
Tornquist das scharfe Auskeilen der .Juraklippen nach unten in
den Flyscli hinein als ein Argument auf fassen kann, das für seine
Ansicht der Herkunft der Klippen von oben, aus dem Hangenden
der Algäuer Schubmasse und gegen meine Ansicht ihrer Herkunft
aus der Tiefe sprechen soll, ist mir unbegreiflich. Stammen nicht
in jedem Gebirge, das sich durch Schuppenstruktur auszeiclmet,
und in welchem man ältere Schuppen zwischen jüngeren verkeilt
findet, erstere nicht auch aus der Tiefe?
Tornquist hätte besser getan, gerade an diesem Punkt nicht
zu rühren, denn er spricht am meisten gegen seine Auffassung.
Wie soll man sich vorstellen können, daß ein Gestein, das von
oben auf ein anderes hinabgestoßen wird, statt bei seinem Aufprall
zu einer breiten Masse flachgedrückt zu werden, scharf in jenes
eindringt? Mögen die Gesteine der Klippen auch um einen wesent-
lichen Betrag härter sein wie die des umgebenden Flyscli, so groß
ist der Unterschied zwischen ihnen doch nicht, daß sich der Vor-
gang mit einem Spaten vergleichen ließe, den man in weichen
Erdboden stößt. — Im Einverständnis mit den beiden Herren Ver-
fassern schließt die Redaktion hiermit die Erörterung.
M ü n c li e n , im J anuar 1913.
Personalia.
Berufen wurde: der Privatdozent für Geologie und Mineralogie
au der Technischen Hochschule in Dresden Dr. K. Riemann als
Nachfolger von E. Hussak an die Geologische und Mineralogische
Landesanstalt in Rio de Janeiro , wo er den Posten des Chef-
mineralogen übernehmen wird.
Ernannt wurden: der Landesgeologe Dr. W. Koert zum
Vorsteher der seit 1. April 1912 bei der Geologischen Landes-
anstalt errichteten Geologischen Zentralstelle für die deutschen
Schutzgebiete ;
der außeretatmäßige Geologe Dr. A. Fuchs-Berlin zum Be-
zirksgeologen bei der Geologischen Landesanstalt;
Prof. Dr. K. Redlich von der Montan. Hochschule Loeben zum
ord. Professor für Geologie und Mineralogie an der Deutschen
Technischen Hochschule in Prag;
a. o. Professor für Kristallographie, Mineralogie und Petro-
graphie P P. Sustschinsky zum ord. Professor an der Tech-
nischen Hochschule in Novotcherkassk.
A. L. W. E. van der Veen, Die Beweglichkeit des Silbers etc. 257
Original-Mitteilungen an die Redaktion.
Die Beweglichkeit des Silbers in Zinnobererde.
Von A. L. W. E. van der Veen in Leiden. (März 1913.)
Einige Belegstücke aus der Leidener mineralogischen Exposi-
tionssammlung veranlaßten mich, einen Satz aus dem bekannten
Werke „Die Erzlagerstätten“ 1 näher zu verfolgen. Es handelt
sich um einige Proben vom Stahlberg bei Rockenhausen (Pfalz).
Die drei zu besprechenden Mineralien sind alle in einem sandig-
porösen, weißen bis grauweißen erhärteten Ton eingebettet.
No. 442 der Sammlung : Zinnober in roten, in der Form denen
von Mangan ähnelnden Dendriten, und als feine Imprägnation in
einem porösen nicht gesprungenen Gesteine.
No. 235: Amalgam in der Umwandlung zu gediegenem Silber
begriffen, auf Kluftflächen eines weißen feinkörnigen, sich fettig
anfühlenden, erhärteten Tones. Nach Stei.zxek-Bergeat kommt
diese Form des Amalgams in den Gruben St. Philipp und Erz-
engel vor.
No. 185: Silberblech auf einer geriefelten Rutschfläche. Auf
der Rutschfläche ist die Richtung der Bewegung noch in dem
plötzlichen Einsetzen und allmählichen Abschwächen jeder Riefe
zu erkennen. Das Gestein ist mit Zinnober bis zu einer pfirsich-
blütenroten gleichmäßigen Färbung imprägniert, jedoch bis etwa
1 cm hinter der Rutschfläche verblaßt. Der Zinnober wurde so
längs der Kluftfläche oxydiert und sein Silbergehalt (vielleicht als
Sulfid mechanisch oder chemisch beigemischt) von dem freiwerdenden
Quecksilber mitgenommen. Das Quecksilber verflüchtigte sich und
eiue Silberplatte blieb zurück. Diese wurde auf der Rutschfläche
noch etwas ausgei-ieben.
Der Prozeß wird gehemmt, sobald Kieselsäurelösungen dem
Ton eine jaspisähnliche Konsistenz zu verleihen anfangen und jede
Zirkulation aufhört No. 230: Frischenmutgrube auf dem Stahlberg).
Später finden wir das Silber auf sekundärer Lagerstätte in
dem erhärteten steatitischen Zement einer Jaspisbreccie bei Ims-
bach (No. 2 1 6 der Sammlung).
1 Stelzner-Bergeat II. p. 892. Leipzig 1905—06. „Die Sublimier-
barkeit des gediegenen Quecksilbers sowie des Schwefelquecksilbers legte
schon frühzeitig den Gedanken an eine Bildung seiner Lagerstätten durch
Sublimation nahe.“
Centralblatt f. Mineralogie etc. 1913.
17
258
M. Lazarevic.
Zu Tucans Bauxitfrage“.
Von M. Lazarevic.
In dem jüngst erschienenen Heft dieser Zeitschrift sprach
F. Tucan 1 aus, daß die von E. Dittlek und C. Doeltek1 2 veröffent-
lichten Untersuchungen über Bauxit seiner Meinung nach „einer
Berichtigung bedürfen“ ferner, daß die Ansichten von Cornu und
Lazarevic3 „über den Bauxit und seine Adsorptionsverbindungen“
nicht weniger als hinfällig sein sollten.
In der ersten Angelegenheit wird Tucan von berufener Stelle
das Entsprechende demnächst mitgeteilt, ich aber werde mir er-
lauben, die durch das sehr autoritative „hinfällig“ Tucans nieder-
gerissenen Ansichten Cornus und Lazarevic trotzdem aufrecht zu
erhalten versuchen.
Vor allem handelt es sich hier nicht „um den Bauxit und
seine Adsorptionsverbindungen“, sondern um Bauxit als eine Ad-
sorptionsverbindung und einige Stoffe, die Bauxit zu adsorbieren
vermag.
Tucan behauptet, daß die nach Cornu nnd Lazarevic als
von Bauxit adsorbiert betrachteten Substanzen nicht als solche in
dem Bauxit vorhanden sind, sondern als Apatit, Calcit, G3rps nnd
Anhydrit, welche Minerale Tucan „im unlöslichen Rückstände der
Kalke und Dolomite und in der Terra rossa“ gefunden haben will.
Ich habe seinerzeit die Bauxite vom Tollingraben bei Leoben
untersucht und in der Substanz ließ sich nach kurzem Umrühren
mit warmem Wasser im Filtrate freie Schwefelsäure nachweisen.
Cornu, der die Prüfungen auf Phosphorsäure vorgenommen hatte,
untersuchte unter anderen auch einige Stufen von dem nämlichen
Fundorte und konnte die Anwesenheit der Phosphorsäure ebenfalls
durch Behandlung mit warmem Wasser allein feststellen. Oft
wurden von uns gelegentlich der Untersuchungen fremde Einschlüsse
von ausgesprochen kristalliner Natur beobachtet, da aber Cornu
und icli im Gegensatz zu Tucan zwischen einfach mechanischem
Gemenge (Inhomogenität im engeren Sinne) und einem Gelgemenge
einen Unterschied machten, so war auch ein besonderes Hervor-
heben dieser Erscheinung durchaus nicht erforderlich. Eins würde
jedenfalls Cornu und mir unmöglich sein und das dürfte außer
Tucan kaum einem anderen gelingen, nämlich aus Kalk und
Dolomit unter anderen Mineralen auch Calcit „im unlös-
lichen Rückstände“ zu erhalten. Es wäre denn genau so,
wie wenn man Kupferkies auflösen würde und im unlöslichen
Rückstände Chalkopyrit erhalten würde. Bezüglich der Vana-
1 Dies. Centralbl. 1913. p. fi5.
2 Dies. Centralbl. 1912. p. 19. — Zeitschr. f. Chem. u. Ind. d. Koll.
IX. 1911. Heft 6. p. 282.
3 Zeitschr. f. Chem. u. Ind. d. Koll. IV. 1909. Heft 6. p. 295.
Zu Tucans „Bauxilfrage“.
259
dinsäure, die in Bauxiten konstatiert wurde, führt Tucax an, daß
sie von Vanadinmineralen stammen .kann“ (?).
Außerdem konnte Cornu nachträglich in einer bauxitischen
Substanz noch Molybdänsäure nachweisen.
Es kann nun mit Rücksicht auf unsere Untersuchungsmethode
kein Zweifel bestehen, daß die genannten Stoffe vom Bauxit auf-
genommen werden können.
Als Untersuchungsmerkmale
gaben Cornu und Lazarevic im
Jahre 1909 folgendes an:
1. Bauxit ist eine Substanz,
die im wesentlichen aus einem
Gemenge von Aluminiumhydro-
xydgelen nebst den entsprechen-
den kristalloiden Verbindungen
besteht.
2. U. d. M. erweisen sich
eisenreiche Bauxite als eine
vollkommen homogene und iso-
trope Masse.
KiSpatic und Tucax geben
diesbezüglich im Jahre 1912 an:
1. Bauxit ist eine Gesteins-
art, deren Hauptgemengteil aus
Tonerdehydrat besteht, welches
in den meisten Fällen eine
kolloide Modifikation des Dia-
spors ist.
2. U. d. M. erweist sich
Bauxit von Grgin brieg in Kroa-
tien als eine vollkommen homo-
gene und isotrope Masse. (Die
Angabe von Tucax.)
Und dennoch sind unsere (Corxus und meine) Ansichten hin-
lällig (! !). Warum? Weil dazwischen eine große Entdeckung
Tue ans fällt, nämlich die eines mikrokörnigen kristallisierten Si O2,
deren tatsächliche Existenz nebenbei bemerkt noch sehr problema-
tisch ist. In Nr. 10, p. 296 — 299, 1912 d. Centralbl. ver-
öffentlichte Tucax eine Arbeit über ein „mehliges Siliciumdioxyd “
und, soweit Tucax die mineralogische Literatur kennt, ist eine solche
Varietät des kristallinischen Siliciumdioxydes nicht bekannt, allen-
falls sehr richtig, aber nur insoferne als es bisher niemanden ein-
gefallen ist, die mineralogische Systematik nach der Korngröße
einzelner Minerale zu richten.
Als Merkmale dieses neu entdeckten Siliciumdioxydes gibt
Tucax an: unlöslich in kaustischen Alkalien, wenig löslich in
Alkalikarbonaten (4°/ 0) und aufschließbar durch Kochen in kon-
zentrierter Schwefelsäure, indem es dabei in einen flockigen Zu-
stand übergeht. Dieses letzte, gleichzeitig für die neuentdeckte
Substanz kennzeichnende Verhalten ist jedenfalls sehr merkwürdig.
Wenu man aber bedenkt, daß Tucax imstande ist, aus dem Kalk
und Dolomit im unlöslichen Rückstände Calcit zu erhalten, so wird
man freilich auch hier gegen die Richtigkeit dieser Angaben be-
rechtigte Bedenken tragen müssen.
Und nun meint Tucax, daß es dieses Siliciumdioxyd ist, das
den Kieselsäuregehalt der Bauxite bildet.
17*
260 G. Wulff, Grundlagen der Kristallröntgenogrammetrie.
Wenn man Bauxit mit Terra rossa identifiziert, wenn man
sich ferner der Existenz einer sehr hypothetischen Substanz als
Unterlage zu gewissen Schlußfolgerungen bedient und schließlich
einer ganz willkürlich aufgestellten Nomenklatur ohne weiteres
eine allgemeine Anerkennung erzwingen will, so kann man endlich
ohne Schwierigkeiten zu einer so verallgemeinerten „Eigenmeinung“ :
„Daß viele amorphe Minerale, welche man heute als wasserhaltige
Aluminiumsilikate betrachtet, nichts anders sind als Tonerdehydrate
mit verschiedenen mechanisch adsorbierten Gelgemengen“ gelangen.
Die Untersuchung der Wahrscheinlichkeit, wie weit man dazu oder
wie wenig man dazu berechtigt ist, fällt jedoch außer den Bahmen
dieser Bemerkungen.
Wien, 15. Februar 1913.
Mineralogisches Institut der Universität.
Grundlagen der Kristallröntgenogrammetrie.
Von Georg Wulff in Moskau.
Mit 2 Textfiguren.
In meinem iu der „Physikalischen Zeitschrift“ 14. p. 217. 1913
veröffentlichten Aufsatze beweise ich, daß man die Erscheinung1,
die sich beim Durchgänge der X-Strahlen durch die Kristalle
photographieren läßt, auf die Spiegelung der X-Strahlen auf den
inneren Netzebenen der Kristalle zurückführen kann und daß
nicht alle Netzebenen spiegelnd auf
P/t 0 p m X-Strahlen wirken , sondern solche ,
für die das Produkt aus dem Abstande
der benachbarten parallelen Netzebenen
und dem Kosinus des Inzidenzwinkels der
ganzen Zahl von halben Wellenlängen
der Strahlung gleich ist. Nun kann man
leicht ein Kristallröntgenogramm iu die
Projektion der Netzebenen verwandeln,
die diejenigen Strahlen reflektieren, die
die schwarzen Punkte des Photogramms
geben.
Es sei (Fig 1) K der Kristall, SO
der primäre Strahl, 0 der zentrale Punkt
des Photogramms Ph, m ein schwarzer
Punkt des Photogramms, Km der diesen Punkt bildende sekun-
däre Strahl, so halbiert die den Strahl SK in Km reflektierende
Netzebene E den Winkel OKm. Indem wir den Abstand Z
Fig. 1.
1 M. Friedrich, P. Knipping und M. Laue, Interferenzersclieinungen
bei Böntgenstrahlen. Sitzungsber. der K. Bayerisch. Akad. d. Wiss. 1912.
P. Kaemmerer, Weitere Studien etc.
261
zwischen dem Kristall und dem Photogramm kennen , finden
wir leicht
„ Om .
tg2 <p = , Op = Ztg <p.
Ziehen wir auf dem Pliotogramm
eine in p zu Om (Fig. 2) senk-
rechte Gerade, so stellt diese Gerade
die lineare Projektion der Netz-
ebene E dar. So kann man leicht
das Photogramm in eine lineare Pro-
jektion des Kristalls verwandeln und
den Kristall vollständig bestimmen.
Das ist insofern wichtig , als für
die Herstellung eines Kristallrönt-
gen ogramms ein Bruchstück eines
Kristalls genügen kann. Damit ist
eine neue Methode der Kristallbestimmung
, Kristallröntgenogrammetrie “ nennen möchte.
Moskau, Kristallographisches Laboratorium der Städtischen
Schaniawski-Universität, 14. März 1913.
gegeben , die ich
Weitere Studien über die Struktur des Meteoreisens von
Carthage (Tennessee).
Von Paul Kaemmerer in Dresden.
Mit 6 Textfiguren.
A. Allgemeiner Überblick.
An deu im Kgl. Mineralog. Museum zu Dresden befindlichen
Stücken des Meteoreisens von Carthage (Tennessee)
hatte sich die merkwürdige Tatsache herausgestellt, daß die Ka-
mazitlamellen nicht parallel den Flächen des Oktaeders gehen.
Bei ihnen fand sich vielmehr die Annahme gut bestätigt, daß
sie nach zwei Zonen des Dodekaeders angeordnet sind1.
Durch das äußerst dankenswerte Entgegenkommen des Herrn Geh.
Bergrat Prof. Dr. Liebisch wurde es mir ermöglicht, die Studien
über die Struktur des Eisens an den im Kgl. Mineral. -petr. Museum
zu Berlin aufbewahrten Stücken desselben fortzusetzen, indem
mir diese Stücke für längere Zeit zur Verfügung gestellt wurden.
Das Hauptergebnis der Untersuchungen war, daß sich die
beiden Berliner Stücke der gleichen Annahme unterordnen lassen,
die ich zur Erklärung der Struktur der Dresdener Stücke machte,
1 P. Kaemmerer, Versuch zu einer neuen Deutung der Struktur des
Meteoreisens von Carthage (Tennessee). Dies. Centralbl. 1913. p. 17.
262
P. Kaemmerer, Weitere Studien über die Struktur
d. li. auch in diesem vierten und fünften Stück des
M e t e o r ei s en s von C a rt h ag e haben die Kamazitlamellen
nichteine oktaedrische Anordnung, sondern scharen
sich nach zwei Zonen des Rhombendodekaeders.
Merkwürdig bleibt ja immer, daß die dritte Zone des
Dodekaeders vollständig unterdrückt erscheint. Nur an einer ein-
zigen Stelle wurden Lamellenspuren gefunden, die als der dritten
Zone angehörig gedeutet werden könnten. Sie treten als Um-
grenzung eines Troiliteinschlusses auf. (Vergl. T in Fig. 1.) Da-
gegen spricht, daß andere Troiliteinschlüsse ganz unregelmäßig
von Kamazit umgrenzt sind.
Wenn man nun bedenkt, daß die Anordnung von zwei Zonen
des Dodekaeders der Anordnung nach Oktaeder flächen
nicht unähnlich ist, so könnte etwa noch der Vermutung
Raum gegeben werden, daß die Oktaedritstruktur durch eine De-
formation des gesamten Eisenkörpers in die dodekaedrische
übergegangen wäre. Dann wäre allerdings erstaunlich, wie gleich-
mäßig und störungsfrei die neue Strukturform sich gebildet hätte,
und daß sie sich so gut gerade durch das Dodekaeder erklären läßt.
Während die bisherigen einschlägigen Arbeiten meist nur
mit der Orientierung der Schnittflächen bei voraus-
gesetzter Oktaeder Struktur zu tun hatten, wurde bei den
gegenwärtigen Untersuchungen eine Methode gebraucht, nach der
aus den Spurenwinkeln auf den Schnittflächen die gegenseitige
Lage der Kamazitlamellen, also die Kristallform bestimmt
werden kann, die der Struktur zugrunde liegt. Eine dahingehende
Anregung war mir schon bei der Untersuchung der Dresdener Stücke
von Herrn Cfeheimrat Prof. Dr. Kalkowsky gegeben worden. Es
wurde ein rechnerisches, sowie ein parallel gehendes gra-
phisches Verfahren benützt, worüber im folgenden Näheres
berichtet werden wird.
ß. Einzelheiten (1er Strukturstudien.
1. Das Eisen IV.
a) Beobachtungen. Das größere der Berliner Stücke
des Meteoreisens von Carthage soll als Eisen IV bezeichnet
werden. Es ist 771,5 g schwer und hat ungefähr die Form eines
dreiseitigen steilen Pyramidenstumpfes von 12,6 cm Höhe. Eine
Seitenfläche ist eine natürliche Begrenzungsfläche, an der be-
sonders eine ihr parallel angelagerte rhombusförmige La-
melle auffällt. Die beiden anderen Seitenflächen F2 und F3,
sowie die größere Grundfläche Fj wurden in Fig. 1 als Netz dar-
gestellt. Die fünfte Begrenzungsfläche ist annähernd parallel zu Ft.
In Fig. 1 sind auf jeder Fläche die Spurenrichtungen der vier
Lamellenscharen a, b, c, d eingezeichnet. Unter Beachtung der
des Meteoreisens von Carthage (Tennessee).
268
Zusammengehörigkeit der Spuren auf benachbarten Flächen ergab
die Messung der Winkel zwischen den Spuren im Mittel folgende
Werte :
F,
f2
f3
a. b . ■ .
. . 62°
19°
33°
b, d . . .
. . 30
78
60
d. c ■ . . .
. . 58
13
2
Fig. 1. Netz von drei Flächen des Eisens IF mit Lamellenspuren a, b. c, d. —
T ein Troiliteinschluß, von Kamazit umgeben.
Auf F„ fanden sich außerdem noch zwei Richtungen x und 3r
als Umgrenzung eines Troiliteinschlusses : x liegt zwischen b und d.
so daß b, x = 45 °, v zwischen a und c, wobei a, y = 3 3° ist.
Auf F3 schienen zunächst nur drei Spurenrichtungen vorhanden
zu sein. Doch bestätigte sich sehr gut die Annahme, daß hier
c und d nahe zusammenfallen.
b) Graphische Bestimmung der Orientierung der
Schnittflächen. Unter Zugrundelegung der Polfigur des
Rhombendodekaeders wurd e nach dem Isoklinen verfahren
von A. Himmelbauer *, das ich schon bei der Untersuchung der
Dresdener Stücke auf das Rhombendodekaeder übertragen hatte1 2,
1 A. Himmelbauer, Orientierung von Schnittflächen an Meteoreisen.
Min. u. petr. Mitt. 28. p. 153. 1909.
2 P. Kaemmerer, a. a. 0. p. 23.
264
P. Kaemmerer, Weitere Studien über die Struktur
die Lage der Flächen F,, F2, F3 bestimmt. Sie sind in Fig. 2
durch die Großkreise f,, f2, f3 dargestellt. F, liegt sehr nahe
einer Oktaeder fläche, wie die Hauptschnittflächen der Dres-
dener Eisen I und II. Der Pol von f, ist P, . Bei den Polen
P2 und P3 von f„ und f3 ist der Verlauf der Isoklinen, durch die
sie bestimmt werden, durch punktierte Linien angedeutet.
Fig. 2. Polfigur des Rhombendodekaeders (a, b, c, d, x, y), geschnitten
durch die am Eisen IV vorkommenden Flächen f,, f2, f3.
Auf dem Kreis f2 sind die Punkte Tx und T2 markiert. Sie
bedeuten die Richtungen, die die rhombusförmige Begrenzung
des Troiliteinschlusses (T in Fig. 1) zeigt und haben nahezu
die Lage, die den Spuren der gewöhnlich fehlenden Zone des
Dodekaeders mit den Flächen x und y auf F2 zukommt.
Jedenfalls lassen sich alle geometrischen Einzel-
heiten des Eisens IV ebenfalls mit der für die Dres-
dener Eisen I — III angenommenen dodekaed rischen
Struktur in Einklang bringen.
Aus der Lage der Pole Pj , P2 und P3 gegen die Koordinaten-
achsen X, Y, Z wurden noch die Parameterverhältnisse
der Schnittflächen F,, F2 und F3 berechnet. Es wurde
gefunden :
1,11 : 1:1 für F, ,
1,19: — 1 : 1,56 „ F2,
- 0,52 : 1:1 „ F3.
des Meteoreisens von Cartliage (Tennessee).
265
2. Das Eisen V.
a) Beobachtungen. Das zweite untersuchte Stück soll als
Eisen Y bezeichnet werden. Es wiegt 33 g, ist tafelförmig, etwa
0.5 cm dick und hat als Grundfläche ungefähr ein Trapez. In
Fig. 3 sind fünf Flächen des Eisens als
Netz gezeichnet. Die Größe geht aus dem
beigefügten Maß hervor. Der Verlauf der
Lamellenspuren ist eingetragen. Man sieht,
daß auf der Vorderfläche Fv, sowie auf
den Seitenflächen Fi und Fr nur je drei
Spuren vorhanden sind. Auf Fv rührt das
daher, daß c und d sehr nahe zusammen-
fallen, bei Fi und Fr ist es in der Lage
der Flächen begründet, indem sie bezw.
parallel zu den Lamellen b und d ge-
schnitten sind. Übrigens waren die Flächen
z. T. etwas gekrümmt, so daß die Winkelmessung darunter
litt, die außerdem auch durch die ziemlich kleinen Flächen
beeinträchtigt wurde.
Folgende Winkel der Spuren wurden festgestellt :
| a, c = 20 0
auf F0 c, b = 90
| b, d = 22
[ a, b = 44 0
auf Fv | b, d = 54
[ d, c nicht vorhanden, oder sehr klein
auf F, — b f a’ c = 00 °
( c, d = 55
auf Fr = d ( a> b = 05 °
r ( b, c = 70
b) Allgemeine Methoden zur Bestimmung der
Lamellenstruktur aus Winkelmessungen auf zwei
Schnittflächen. Da das Eisen V bei der Annahme von Dode-
kaederstruktur zunächst gewisse Schwierigkeiten bot, schien es
nützlich, eine Methode zu besitzen, nach der man aus den
Spuren auf den Schnittflächen die gegenseitige
räumliche Lage der Lamellen, m. a. W. den Winkel
ihrer Ebenen, bestimmen kann. Ich folgte hierbei gleichzeitig
einer schon früher gegebenen Anregung von Herrn Geheimrat
Prof. Dr. Kai.kowsky.
I. Rechnerische Methode.
Man habe an einem Eisen zwei zueinander senkrechte Schnitt-
flächen, und die Schnittkante sei OX (Fig. 4). In jeder Fläche
Fig. 3. Netz von fünf
Flächen des Eisens V
mit Lamellenspuren a,
b, c, d.
266
P. Kaemmerer, Weitere Studien über die Struktur
sei eine zur Kaute senkrechte Gerade 0 Y bezw. 0 Z gedacht,
so daß OX, OY, OZ das Achsenkreuz eines rechtwinkligen
Koordinatensystems bilden, das in Fig. 4 in einer Ebene gezeichnet
ist. Haben zwei Lamellenebenen L, und L2 die Spuren a} und a2
in der XY-Ebene, die Spuren b, und b„ in der X Z-Ebene, und
werden die Winkel gj, tpv q>2 der Spuren gegen die X-Achse
in dem aus der Figur ersichtlichen Sinne gerechnet, so ergibt die
analytische Geometrie für den Winkel <1> der Ebenen L, und L2
die Formel
cos <t> =
+
tk>, tg*- + G 7 , tg«/s + tgft tgf„ tg 7, tg,/.,
V (tgO, + tgG/, + tg2f,tg >,) (tg2 12 + tg2 7 2 + tg2 12 tg* (f2)
Hiernach k a n n
Fig. 4. Zur Berechnung
des Winkels zweier La-
mellenebenen L, und Lo.
man den Winkel zweier Lamellen-
eben e n berechnen, deren Spuren
auf zwei zueinander senkrechten
Schnittflächen des Eisens man
kenn t. Damit wird dann die vor-
liegende Kristallform bestimmt
sein.
Sind die Schnittflächen nicht senkrecht
zueinander , so kann man ebenfalls eine
Fonnel für cos O finden. Auf deren Ab-
leitung habe ich verzichtet, da schon die
obige kompliziert genug und für die loga-
rithmische Rechnung nicht sehr bequem
ist. Übrigens hat man in dem allgemeinen
Falle nicht senkrechter Schnittflächen
einen Ersatz in der graphische n
Methode.
II. Graphische Methode.
Statt mit den Winkeln qq und q>2 der Lamellenspuren
gegen die Schnittkante in die Formel für cos <I> einzugehen, kann
man mit ihrer Hilfe die Lage der Lamellenspuren in eine stereo-
graphische Projektion eintragen , in der die Schnitt-
flächen die Koordinatenebenen sind. Danach sind die
durch die Spuren bestimmten Ebenen als Großkreise der Projektion
einzuzeichnen, etwa mit Hilfe des auch bei der Isoklinenmethode
verwandten Wur.Fr’schen Netzes unter durchsichtigem Papier. Die
Winkel zwischen diesen Großkreisen kann man dann aus der Figur
entnehmen und hiernach die Kristallform festlegen.
Es leuchtet ein, daß das graphische Verfahren auch ohne
Schwierigkeit sofort auf den allgemeinsten Fall zweier beliebigen
Schnittflächen am Eisen übertragen werden kann, wenn man nur
den Winkel dieser Flächen und die Winkel zusammengehöriger
Lamellenspuren gegen die Schnittkante kennt.
des Meteoreisens von Cartbage (Tennessee).
267
Das graphische Verfahren geht bei einiger Übung und
Verwendung des WixFF’schen Netzes so leicht von der Hand,
daß ihm der Vorzug vor der Rechnung gegeben werden
muß, um so mehr, als es auf äußerste Genauigkeit nicht ankommt.
c. Anwendung auf das Eisen V.
I. Berechnung der Winkel zwischen den Lamellen.
Die Fluchen F„ und Fv am Eisen V sind nahezu senkrecht
zueinander und boten sich daher zur Durchführung der Methode
dar. Die Spuren der Lamelle a haben die Winkel eA= 25°,
ff a = 36°, die der Lamelle b die Winkel ab = 70°, ffb = 106°
gegen die Schnittkante. Hieraus wurde nach der Formel für cos <1>
berechnet :
cos
= - 4.499
a' b + 9,794 '
woraus
<#>^ b = 62° 39' bezw. 117" 21'.
folgt.
Für die Lamellen d und b erhält man. da für d die Winkel
fd=120°, <fA—8b° sind,
cos «/'
o, d
145.1
242.1
und
*/>b d = 53° 11' bezw. 126° 49'.
Diese Winkel deuten unzweifelhaft auf das Dodekaeder.
Die Ungenauigkeit ist wohl mit der etwas unsicheren Winkel-
messung, besonders auf Fv , und der nicht genau senkrechten Lage
von F0 und Fv genügend erklärt. Wie die graphische Methode
zeigt, beträgt übrigens der Winkel d ungefähr 90°. Das ist
eine weitere Stütze für die Annahme der Dodekaeder-
struktur.
II. Ermittelung der Winkel zwischen den Lamellen durch
Zeichnung.
In Fig. 5 ist dargestellt, wie die Lage der Lamellen a, b
und d graphisch ermittelt wurde. Die Fläche F0 ist durch die
XZ-Ebene (f„), Fv durch die XY-Ebene (fv), den Grundkreis der
Projektion, dargestellt. In diesen Ebenen wurden mit Hilfe der
gemessenen Winkel ea und ff der a-Spuren gegen die Schnitt-
kante (die X-Achse) die Punkte E und F bestimmt. Dann wurde
der Großkreis E Q P F = a gezogen. Analog sind die Kreise b (fO
und d (fr) gefunden. In dem sphärischen Dreieck PQR ist Q
der vorhin berechnete (ß, b, ^ E der <1>
b, d-
während
268
P. Kaemmerer, Weitere Studien etc.
Fig. 5.
Graphische Ermittelung der Lage der Lamellen a, b und d im Eisen Y.
P
X
Fig. 6.
Polligur von zwei Zonen des Dodekaeders (a, b, c, d) mit den am
Eisen V vorkommenden Schnittflächen f0, fv, f„ fr.
H. Quiring. Eifeldolomit und alttriadische Verebnung.
269
P = ^ <1>A ist und, wie sich hier zeigt, annähernd 'JO 0 be-
trägt. Damit ist entschieden, daß die drei Lamellen
a, b. d die Lage von drei Flächen des Rhombendode-
kaeders zueinander haben.
Die Fig. 5 wurde weiter in die Fig. 6 umgewandelt, wo die
Pölfigur des Dodekaeders in der gewöhnlichen Form erscheint und
die vierte Fläche c noch hinzugefügt ist. Im übrigen stellt sie
dasselbe dar wie Fig. 5. Natürlich sind jetzt die Koordinaten-
ebenen nicht mehr die Schnittflächen. Diese sind f0 und fv mit
den Polen P0 und Pv. Aus deren Lage gegen X, Y, Z wurde
ermittelt, daß die Flächen F0 und FT folgende Parameter-
verhältnisse besitzen:
F0 0.43 : 1 : 7,47.
Fv 3.3 : — 1:1,47.
Fi und Fr sind zwei Dodekaederflächen.
C. Zusammenfassung.
1. Die im Kgl. Mineral. -petr. Museum zu Berlin befind-
lichen beiden Stücke des Meteoreisens von Carthage
(Tennessee) zeigen dieselbe Anordnung der Kamazit-
lamellen wie die früher untersuchten Stücke aus dem Kgl.
Mineralogischen Museum zu Dresden und aus der Sammlung der
Kgl. Technischen Hochschule zu Dresden. Es gilt also für diese
fünf Stücke und wahrscheinlich wohl auch für das ganze Eisen,
daß seine Struktur nicht oktaedrisch ist, sondern daß die
Anordnung der Kamazitlamellen am besten durch zwei Zonen
des Rhombendodekaeders dargestellt wird.
2. Da also außer der Oktaedritstruktur bei Meteoreisen auch
die Struktur uach zwei Zonen des Rhombendodekaeders Vorkommen
kann und beide Strukturen viel Ähnlichkeit miteinander haben,
so wird es nicht zulässig sein, ein Eisen, das auf
manchen Schnittflächen vier, auf manchen drei ver-
schiedene Spuren rieht ungen von Lamellen zeigt,
ohne weiteres zu den Oktaedriten zu rechnen. Viel-
mehr ist erst auf rechnerischem, oder ampraktisch-
sten auf graphischem Wege (vergl. p. 266) die Ent-
scheidung über die Strukturart zu fällen.
Dresden - A, März 1913.
Eifeldolomit und alttriadische Verebnung.
Von H. Quiring. Breslau.
Die höheren Schichtenglieder des Mitteldevons der Eifelkalk-
mulden sind bekanntlich dolomitisch ausgebildet, doch hat bereits
270
H. Quiring,
E. Kayskr 1 und zuletzt H. Raufe1 2 darauf aufmerksam gemacht,
daß auch tiefere Schichten ganz verschiedener stratigraphischer
Stellung — selbst bis hinunter zur Cultrijugatus-Stxxfe — von der
Dolomitisierung ergriffen worden sind.
Arbeiten des Verfassers3 über die stratigrapliischen Verhält-
nisse der Eifelkalkmulde von Sötenich haben nun zu einigen Be-
obachtungen geführt, die zur Deutung diesir eigenartigen Dolomit-
bildungen des Eifler Mitteldevons, insonderheit ihrer Verbreitung
und ihrer Entstehung, einen Beitrag geliefert haben dürften.
Auch in der Sötenicher Mulde war festzustellen, daß zwar
der Dolomit in der Hauptsache den oberen Teil der Schichtenfolge
bildete, daß andererseits aber auch im allgemeinen kalkig ent-
wickelte Stufen des Unteren Mitteldevous dolomitisch ausgebildet
waren. Daneben hatte ein dem Dolomitisierungsprozeß vergleich-
barer Auslaugevorgang sogar Sandsteine des Mittel- und Unter-
devons — z. T. unter Erteilung eines quarzitischen Habitus —
ergriffen und umgewandelt.
Ohne im einzelnen auf die gefundenen Verhältnisse einzugehen,
mögen hier nur die Schlußfolgerungen Platz finden, die aus diesen
Beobachtungen gezogen worden sind.
Wie es scheint, haben wir im Gebiete der Sötenicher Mulde
mit zwei Dolomitbildungen zu rechnen, die sich nach Ent-
stehungsart und -zeit voneinander trennen lassen. Es erschien
angängig, den älteren Dolomit, der nur Schichten des Oberen
Mitteldevons umfaßte, in seiner Bildung — es war zweifelhaft, ob
es sich um einen primären Dolomit oder das Produkt eines späteren
Dolomitisierungsprozesses handelte — der Zeit vor der varistischen
Faltung zuzuweisen und ihm, mit gewissen Einschränkungen, die
Bedeutung eines stratigraphischen Horizonts beizulegen.
Die Entstehung des jüngeren Dolomits, der zweifellos
ein sekundäres Umwandlungsprodukt ursprünglich kalkiger Schichten
darstellte, konnte dagegen in die Zeit nach der Faltung gelegt
werden. Zu diesem Schlüsse berechtigte nicht nur die Tatsache,
daß an einzelnen Stellen Glieder des tiefsten Mitteldevon, ja selbst
des Unterdevons beeinflußt waren, sondern vor allem der Umstand,
daß gerade in der Nähe der die Mulde und ihr Bandgebiet
diskordant überlagernden Buntsandsteininseln diese nach-
trägliche Dolomitisierung festgestellt werden konnte. Auch an den
Punkten, wo allem Anschein nach die Buntsandsteinbedeckung erst
in jüngster Zeit der Denudation und Erosion zum Opfer gefallen
1 E. Kayser, Studien aus dem Gebiete de' Rh< inischen Devon. Ztschr.
d. Deutsch, geol. Ges. 23. p. 289— 37H U. i .in 1871.
* H. Raufe, Entwurf zu einem Fü ie dmch die Gerolsteiner Mulde.
Berlin 1911
3 H. Quiring, Zur Stratigraphie de Nordosthälfte der Sötenicher
Mulde. Berlin 1913.
Eifeldolomit und alttriadisehe Verebnnng.
271
war, ließ das anstehende Gestein Einwirkungen dieses jüngeren (post-
varistischen) Auslaugungs- bezvv. Dolomitisierungsprozesses erkennen.
Der Verfasser hält demnach, ohne die eigenartige Erscheinung
weiter zn belegen — bedeutet sie doch nur eine Xebenbeobachtung
seiner Arbeit — , es für sehr wahrscheinlich, ja gewiß, daß die
p o s t v a r i s t i s c li e Auslaugung und Dolomitisierung-
der Schichten des Unterdevons und der tieferen Schich-
ten des Mitteldevons an die Auflagerungsfläche des
Buntsandsteins geknüpft ist und eine tiefgründige —
bis 50m e i n w i r k e n d e — Umwandlung des in der
permischen oder alttriadischen Verebnnngsperiodc
anstehenden Gesteins hervorgerufen hat.
Mit großer Entschiedenheit deuten weiter die gefundenen Ver-
hältnisse, namentlich die Auslaugung der Sandsteine daraufhin,
daß lediglich ein oberflächlicher Verwitterungsvorgang in
Frage kommen kann, ohne daß eine untermeerische Zufuhr nennens-
werter Mengen von Magnesiumkarbonat stattgefunden hat. Die
nachträgliche Dolomitisierung der Kalke des Unteren Mitteldevons
wäre demnach fast ausschließlich auf eine Auslaugung des leichter
löslichen Calciumcarbonats und eine Anreicherung des mehr oder
weniger zurückbleibenden Mangesiumcarbonats zurückzuführen.
Das gewonnene Kesultat ist jedoch auch aus dem Grunde von
Bedeutung, als es die Frage der Beantwortung nähert, ob wir die
Auflagerungsfläche des Buntsandsteins der Eifel als das Ergebnis
eines Denndations- oder Abrasionsvorganges zu betrachten haben.
Diese Frage dürfte dahin zu beantworten sein, daß es sich
aller Wahrscheinlichkeit nach bei der permischen bezw. alttriadischen
Verebnung um eine langandauernde Phase der Denudation
handelte, welche die Erhebungen des varistischen Gebirges mor-
phologisch ausgelöscht und eine tiefgehende Verwitterung der
damaligen Landoberfläche bewirkt hat.
Auch aut' die sich hierbei aufdrängende zweite Frage, ob der
Buntsandslein der Eifel als marine oder terrestre Bildung anzu-
sprechen ist, wirft dieses Ergebnis ein gewisses Streiflicht, sodaß
es sich wohl verlohnen dürfte, den hier mitgeteilten und noch
recht dürftigen Beobachtungen nachzugehen.
Ergebnisse:
1. Die Bildung des mitteldevonischen Eifeldolomits hat in
zwei getrennten Zeiträumen stattgefunden.
1 Die beobachtete Auslaugung und eigenartige Umwandlung der
Sandsteine steht in einer bemerkenswerten Übereinstimmung zu der von
Bornhardt (Zur Oberflächengestaltung Deutsch-Ostafrikas. Berlin 1900)
beschriebenen Umwandlung (Uhalzedonisiernng) von Kreidesedimenten
(„Newalasandstein-) im Siidosten Deutsch-Ostafrikas unter dem Einfluß
einer langandauernden Denudations(Yerwitterungs-)periode.
272
E. Spengler,
2. Der ältere Dolomit ist vor Beginn der varistischen Faltungs-
periode gebildet worden. Der jüngere ist postvaristisch und durch
Auslaugung mitteldevonischer Kalke entstanden.
3. Der Auslaugeprozeß hat auch mitteldevonische und unter-
devonische Sandsteine beeinflußt und umgewandelt.
4. Die Auslaugung ist an die Auflagerungsfläche des den
paläozoischen Rumpf überlagernden Mittleren Buntsandsteins ge-
knüpft und wahrscheinlich auf einen Verwitterungsvorgang zurück-
zuführen, der in der Phase der permisch-alttriadischen Verebnung
das in der damaligen Landoberfläche anstehenden Gestein er-
griffen hat.
Einige Bemerkungen zu E. Haug: Les nappes de charriage
des Alpes calcaires septentrionales, 3eme partie, le Salz-
kammergut.
Von E. Spengler in Graz.
In dem „Bulletin de la societe geologique de France“, 1912,
p. 105, ist der schon lange angekündigte 3. Teil der epoche-
machenden Arbeit E. Haug’s über die Decken der nördlichen Kalk-
alpen erschienen. Leider war es mir wegen der verspäteten
Lieferung der Hefte durch die „Societe geologique de France“
und infolge der Gewohnheit E. Haug’s, keine Sonderabdrücke zu
versenden, nicht mehr möglich, in meiner in den Sitzungsberichten
der Wiener Akademie im Drucke befindlichen Arbeit1 zu den hoch-
interessanten Ausführungen Haug’s Stellung zu nehmen ; ich möchte
dies daher an dieser Stelle nachtragen.
E. Haug begründet in seiner Arbeit in eingehenderer Weise
als in einem 1908 erschienenen Vorberichte2 die Aufstellung der
„Decke des Toten Gebirges“, welche zwischen die „bayrische
Decke“ und die „Salzdecke" eingeschaltet ist. Im Toten Gebirge
selbst ist diese Decke sehr gut begründet; auf weite Strecken
läßt sich der schmale, meist von steil stehenden Liasfleckenmergeln
gebildete Streifen an der Nordwestseite des Toten Gebirges ver-
folgen, der die nördlich vorgelagerte „bayrische“ Trias von der
gewaltigen Dachsteinkalkmasse des Toten Gebirges trennt. Die
Erscheinung, daß unterhalb der Hallstätter Decke eine Decke von
ausgesprochener Dachsteinfazies (Berchtesgadener oder hochalpiner
Fazies) liegt, braucht uns nicht zu befremden: Wir haben die-
selbe Erscheinung im Westen , da die unter die Hallstätter Ge-
1 E. Spengler, Untersuchungen über die tektonische Stellung der
Gosauschichten. I. Teil : Die Gosauzone Ischl — Strobl — Abtenau. Sitzungs-
berichte der Wiener Akademie. 1912.
2 E. Haug, Sur les nappes du charriage du Salzkammergut C. R.
Academie des Sciences. 1908. p. 1428 — 1430.
Einige Bemerkungen etc.
273
steine bei Berchtesgaden einfallende Watzmannmasse, wenigstens
in der Trias, ausgesprochen Berchtesgadener Fa2ies zeigt und doch
der bayrischen Decke aD gehört (vergl. E. Haug, J. Nowak, F. Hahn);
eine analoge Erscheinung haben wir aber auch im Osten : die
oberste Teildecke des unteren ostalpinen Deckensystems Kober’s,
die „Ötscherdecke“, zeigt in ihrer Fazies bereits außerordentlich
starke Anklänge an die hochalpine Entwicklung1. Überhaupt sind
die „Ötscherdecke“ Kober’s und die „Decke des Toten Gebirges“
Haug’s zwei durchaus vergleichbare Gebilde, wenn auch die Frage,
ob sie zu parallelisieren sind, erst dann wird entschieden werden
können, bis die dazwischen gelegenen Gebiete untersucht worden sind.
Hingegen kann ich mich für die Gleichstellung der Schafberg-
gruppe mit der Decke des Toten Gebirges2 * durchaus nicht er-
wärmen. Denn abgesehen davon, daß, wie Haug selbst hervor-
hebt, die Fazies der Trias der Schafberggruppe gar
nicht mit dem Toten Gebirge übereinstimmt, läßt sich
auch Haug’s Annahme , daß die Schafberggruppe eine tektonisch
höhere Einheit als die Osterhorngrnppe darstellt , mit den zu
beobachtenden Lagernugsverhältnissen nicht in Einklang bringen.
Nach der Darstellung auf Taf. I Fig. 1 in Haug’s Arbeit ist die
Schafberggruppe über die Osterhorngruppe deckenförmig über-
schoben. Der Ausbiß dieser Überschiebung wird durch eine Linie:
Elsenwang — Sattelalm auf der Südseite des Felblingberges —
Tiefbrunnau — Lueg — Südivestfuß der Blechwand gebildet. Dem-
gegenüber habe ich in meiner Schafbergarbeit angenommen, daß
sich an einer mit der Linie Haug’s nicht vollständig zusammen-
fallenden Dislokationslinie (Elsenwang — Nordseite des Felbling-
berges— Tiefbninnau — Lueg — Fitz am Berg — Nordseite der
Blechwand — Sattel zwischen Blechwand und Sparberhorn [Nessner
Scharte] — Weißenbachtal) die Oberalmer Schichten der Osterhorn-
gruppe über den Hauptdolomit, der weiter im Norden den Lias
und Jura der Schafberggruppe trägt , hinweggeschoben haben s.
In meiner späteren Arbeit brachte ich die „Plassenkalküber-
schiebung“ in der Schafberggruppe mit diesem Vorschub der Oster-
horngruppe in Verbindung4. Die Osterhorngruppe liegt daher
nach meiner Auffasssung tektonisch höher als die Schafberggruppe.
Nach Haug spricht für seine Auffassung: Das Neocom des
Schmiedhorn-Nordhanges kommt mit dem Hanptdolomit des Felb-
linggipfels in Kontakt, Oberalmer Schichten mit dem Hauptdolomit
1 L_ Kober, Der Deckenbau der östlichen Nordalpen. Denkschriften
der Wiener Akademie. 1912. p. 20.
* E. Hatto, 1. c. p. 129.
! E. Spengler, Die Schafberggruppe. Mitt. der Geologischen Gesell-
schaft in Wien. 1911. p. 263.
* E. Spengler, Untersuchungen über die tektonische Stellung der
Gos&uschichten. I. Sitz.-Ber. der Wiener Akademie. 1912. p. 28.
CentralblaU f. Mineralogie etc. 1913 18
274
E. Spengler,
des Sonnberges *. Tatsächlich scheinen nach der geologischen
Spezialkarte , Blatt Salzburg , die Jura- und Neocomgesteine der
Osterhorngruppe unter die nördlich vorgelagerten Triasmassen ein-
zufallen.
Dagegen konnte ich mich auf meinen Exkursionen von
folgendem überzeugen : Der Gipfel des Felblingbergs besteht nicht,
wie die geologische Karte angibt, aus Hauptdolomit, sondern aus
steil südfallenden, Hornstein führenden Kalken (Oberalmer Schichten).
Der Neocomzug Elsenwang — Sattelalm liegt daher hier in einer
regelmäßigen , von Oberalmer Schichten gebildeten Mulde. Erst
die tieferen Gehänge des Felblingberges bestehen tatsächlich aus
Hauptdolomit, der von den überlagernden Oberalmer Schichten
durch Spuren roter Kalke (Lias?) getrennt ist. Dieses Vorkommen
erinnert sehr stark an die zerdrückten Juravorkommnisse an der
Südseite des Wolfgangsees 2 und ist sicherlich deren westliche Fort-
setzung. Wir müssen dabei die Schafberg und Osterhorn trennende
Linie auf die Nordseite des Felbling verlegen. Für die Über-
lagerung des Hauptdolomits durch die Juragesteine der Osterhorn-
gruppe sprechen vor allem folgende Punkte: 1. An der Südseite
des Sonnberges fallen triadisclie Plattenkalke 60° gegen SW ein
und werden von Fleckenmergeln überlagert (Neocom oder Lias,
jedenfalls ein Gestein der Osterhorngruppe). 2. Auf der Höhe der
Kühleiten (Sattel zwischen Tiefbrunnau und Wolfgangsee) stehen
ähnliche Mergel , ferner Oberalmer Schichten an , welche deutlich
10° — 45° gegen Südwesten einfallen. 3. Die auch von Haug3
erwähnte Hauptdolomitzone südlich von St. Gilgen bildet eine
senkrechte Wand von etwa 250 m Höhe (Gamswand; auf ihrer
Höhe führt der Maria-Lenkweg); der darüber folgende, weniger
steile Abhang .besteht bis auf den Gipfel des Zwölferhorns aus
Oberalmer Schichten. Es ist daher schon aus topographisch-
morphologischen Gründen ausgeschlossen, daß diese Oberalmer
Schichten unter die w an db i 1 d e n den Hauptdolomite
am Fuße des Berges ein fallen, zumal da man am Maria-
Lenkweg, unmittelbar dem Hauptdolomit auflagernd, sehr stark
reduzierte rote Adneter Schichten und Hornsteinkalke * trifft, deren
Einfallen etwa 60° gegen SSW gerichtet ist. 4. Diese Zone
erreicht das Ufer des Wolfgangsees östlicli von Lueg bei der
sogenannten Franzosen schanze. Hier und weiter östlich ist an
vielen Stellen das SSW-Fallen sämtlicher Schichten deutlich zu
erkennen5. Nur an zwei Stellen kann es den Anschein haben,
daß die Osterhorngesteine die nördlich vorliegende Hauptdolomit-
1 E. Haug, 1. c. p. 109.
2 E. Spengler, Die Schafberggruppe, p. 263.
3 E. Haug, 1. c. p. 110.
4 E. Spengler, Die Schaf berggruppe, p. 263.
6 Vergl. E. Spengler, Die Schafberggruppe, p. 262 u. p. 263.
Einige Bemerkungen etc.
275
masse unterteufen. Am Eingänge des Grabens , welcher bei der
Brunnbauermühle in die Tiefbrunnau mündet, fallen Oberalmer
Schichten unter einem Winkel von etwa 30° gegen NNW, also
gegen den Hauptdolomit des Felblingzuges ein, ferner scheint der
Hauptdolomit beim Gasthaus Gsch wandt am WTolfgangsee steil nach
N einzufallen, doch kann hier das Fallen wegen der Undeutlich-
keit der Schichtung nicht sicher festgestellt werden. Die zwei
räumlich sehr beschränkten Aufschlüsse können keinesfalls gegen
die überwiegende Anzahl von Punkten sprechen (insbesondere nicht
gegen die unter 3 angeführten Verhältnisse), w'elche mit Sicherheit
ein Einfallen des Hauptdolomits und somit der Schafberggesteine
unter die Osterhorngruppe erkennen lassen. Wir können also
die Schafberggruppe nicht als eine höhere Decke
als die Oster horngruppe, sondern eher noch für eine
tiefere erklären; doch spricht, wie ich in der „Schafberg-
gruppe“ gezeigt habe, trotz des außerordentlich großen Fazies-
kontrastes, einiges gegen die Annahme einer großen Decken-
überschiebung an dieser Stelle. Das Nordfallen der Schichten in
den Bergen der nördlichen Osterhorngruppe südlich der Tief-
brunnau kann vielleicht als Andeutung einer Stirnbildung gelten.
Die Erscheinung, daß nördlich der Adneter Entwicklung nochmals
Hierlatzfazies folgt, braucht uns nicht zu verwundern; denn in
den niederösterreichischen Kalkalpen haben wir eine ganz ähnliche
Erscheinung (Hierlatzkalk von Gießhiibl bei Mödling1.
Ferner widerspricht es den Faziesverhältnissen , wenn man
mit Haug die Blechwand in die Schafbergserie einbezieht. Denn
die Blechwand stellt eine gegen SW geneigte Schichtserie von
typischer Osterhornfazies vor; vom mittleren Strobl-Weißenbach-
tale aus möchte man glauben , daß sich sogar dieselben fels-
bildenden Bänke in den Oberalmer Schichten der Blechwand und
in dem südlich sich anschließenden Zwechenberge verfolgen lassen.
Die Blechwand ist auf ihrer Südwestseite sicherlich von einer
Dislokation begrenzt, doch ist dies eine Parallelstörung zu der
Grenzdislokation zwischen Schafberg- und Osterhorngruppe, die
zwischen Sparberhorn und Blechwand verläuft.
Nach Haug gehört ferner nur der südliche Teil und das
Gipfelgebiet der Schaf berggruppe zur Decke des Toten Gebirges,
die Nordhänge hingegen unterhalb der „Grünseescherfläche“ wiederum
zur bayrischen Decke2. Diese Trennung trifft im Westen auf
Schwierigkeiten, da sich hier die nach Haug zwei verschiedenen
Decken angehörigen Hauptdolomite der Nord- und Südseite des
Schafberges zu einer untrennbaren Masse vereinigen. Ferner
1 A. Spitz, Der Höllensteinzug bei Wien. Mitt. der Wiener geolog.
Gesellschaft. 1910. p. 375. — L. Kober, Der Deckenbau der östlichen
Nordalpen. Denkschriften der Wiener Akademie. 1912. p. 17, 18.
2 E. Haug, 1. c. p. 111.
18*
276
E. Spengler,
sucht Haug das plötzliche Aufhören der Schafbergfalten an der
Westseite des Leonsberges dadurch zu erklären, daß sich hier die
an der Basis der Schafbergdecke gelegene Schubfläche gegen Osten
heraushebt1. Dagegen ist einzuwenden, daß das nach Haug der
höhereu Decke angehörige Gebiet der Schafbergfalten meist oro-
graphisch bedeutend tiefer liegt als das Gebiet der tieferen Decke
(der Gipfel des Leonsberges, der aus dem Hauptdolomit der tieferen
Decke besteht, liegt um 700 m höher als die nur 1 km weiter
westlich liegende Schlucht des Kühnbaches , die in Hierlatzkalk
und Spongienlias der höheren Decke eingeschnitten ist) ; wir müßten
daher hier ein außerordentlich steiles Aufsteigen der Schubfläche
an der Basis der Schafbergdecke im Streichen annehmen. Daher
erscheint die Annahme einer vertikalen, N — S verlaufenden
Dislokation in den Westhängen des Leonsberges
ungleich wahrscheinlicher; doch möchte ich hier zu dem in der
„Schaf berggruppe“ Gesagten noch folgendes nachtragen: Ich stelle
mir vor, daß nur westlich der Leonsberglinie die Schichten bei
der vorgosauischen Faltung durch einen von Süden wirkenden
Tangentialdruck in Falten gelegt wurden, östlich hingegen nicht.
Daher müssen an der Leonsberglinie die Falten des Schafbergs
gegen die ungestörte Hauptdolomitmasse des Leonsbergs abstoßen;
die Leonsberglinie muß naturgemäß bei den Leonsberger Almen
ihr nördliches Ende finden; der Hauptdolomit des Leonsberges ist
mit demjenigen auf der Nordseite des Schafberges in ungestörter
Verbindung2.
Ferner muß ich mich gegen die Annahme des vor-
gosauischen Aufschubes der Gamsfeldgruppe auf die
Osterhorn gruppe aussprechen3 *, eine Annahme, in der E. Haug
CI. Lebling 4 gefolgt ist ; doch kann ich hier auf meine oben
erwähnte Arbeit in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie
verweisen. Das Bild des Kontaktes zwischen dem Gosaustreifen
Strobl — Abtenau und dem Dolomit der Gamsfeldgruppe ist dem
Kontakt zwischen den Gosauschichten und den Triasgesteinen des
Buchbergriedels bei der Zwieselalpe vollkommen analog, für
welchen auch E. Haug nachgosauisches Alter annimmt5 6.
1 E. Haug, 1. c. p. 111.
2 Zur Veranschaulichung dieser Lagerungsverhältnisse diene folgender
Versuch : Man nehme eine Karte des Schafberggebietes und führe von
Süden her längs der Leonsberglinie einen Schnitt bis zu den Leonsberger
Almen ; hierauf lege man durch einen Druck von Süden nur das westlich
(links) des Schnittes gelegene Stück der Karte in Falten, wodurch man
ein der Natur entsprechendes Bild erhält.
3 E. Haug, 1. c. p. 114.
“ Cl. Lebling, Beobachtungen an der Querstörung „Abtenau— Strobl“
im Salzkammergut. N. Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. XXXI. p. 570.
6 E. Haug, 1. c. p. 121.
Einige Bemerkungen etc.
277
Die tektonische Auflösung der Umgebung des Gosautales durcli
Haug scheint mir wenigstens nach meinen bisherigen Beobachtungen
eine außerordentlich glückliche zu sein ; doch möchte ich bei der
Zugehörigkeit des Plassen zur Dachsteindecke glauben, daß dieser
nicht dem verkehrten Mittelschenkel der Dachsteindecke angehört
— denn Mittelschenkel treten bei den wohl nicht als liegende
Falten zu deutenden Decken des Salzkammergutes niemals auf — ,
sondern annehmen, daß der Plassen als Stirnpartie der von Haug
aufgestellten nachgosauischen Schubmasse zu deuten ist. Übrigens
scheint sich hier in den Darstellungen E. Haug’s ein Widerspruch
zu befinden: Auf p. 425, Zeile 16, erklärt er den Plassen sowie
den Lias bei Waldbach — Strub als verkehrten Mittelschenkel der
Dachsteindecke1, also einer vorgosauischen Schubmasse2; dieser
Darstellung entspricht auch das Profil Taf. I, Fig. 2. Wenige
Zeilen später hält er jedoch die Aufschiebung des Jura auf die
Triasgesteine des Salzbergfensters für ein Produkt der nach-
gosauischen Überschiebung 3 ; letzterer Ansicht habe ich mich oben
im wesentlichen angeschlossen.
Anschließend an die Ausführungen über Haug’s Arbeit sei
mir an dieser Stelle noch eine Bemerkung zu der kürzlich er-
schienenen Arbeit meines Freundes J. v. PtA4 gestattet. Pia
spricht hier den Gedanken aus, daß zwischen den Falten des
Schafberges und der Höllengebirgsüberschiebung eine Art Kompen-
sationsverhältnis bestehe. Mir scheint gegen diesen sonst sehr
plausiblen Erklärungsversuch vor allem die in der „Schafberg-
gruppe“ p. 233, Zeile 2 — 7 besprochene und auf Profil I, Taf. V
dargestellte 5 6 Erscheinung zu sprechen, die ein höheres Alter der
Grünseescherfläche gegenüber der Höllengebirgsstirn mit Sicherheit
erkennen läßt.
1 . . . mais il me paralt plus vraisemblable de l’attribuer ä la nappe
D. Dans cette hypothöse, eile (der Plassen) appartiendrait au flanc ren-
verse de cette nappe.
2 Les quatre nappes etaient döjä empilöes, — lorsque la mer neo-
crötacöe a envahi la rögion.
* J’ajouterai cependant que , posterieurement on döpöt des couches
de Gosau, le bord sud de la fenßtre a etö pousse vers le Nord et charrie
sur le Cretace , en se renversant partiellement , sur les terrains de la
fenßtre, si bien que le Jurassique du flanc inverse est venu reposer directe-
ment sur divers termes de la Serie triasique.
4 J. v. Pia: Geologische Studien im Höllengebirge und seinen nörd-
lichen Vorlagen. Jahrb. der geol. Reichsanstalt. Wien 1912. p. 557 — 612.
6 Das Profil ist zwischen Eibenberg und Schärfling sehr stark schiel
aufs Streichen geführt und läßt daher das kuppelförmige Abfallen der
Schichten gegen den Mondsee weniger deutlich erkennen.
278
H. Ändert,
Inoceramus inconetans Woode und verwandte Arten.
Von Hermann Ändert, Ebersbach i. S.
Mit 2 Textfiguren.
Eine von Herrn Dr. Seemann in Aussig mir freundlichst zur
Bearbeitung überlassene Kollektion von Inoceramen aus den Kalk-
mergeln von Leitmeritz und Teplitz im böhmischen Mittelgebirge
sowie anderes reiches Material von Originalen oder deren getreuen
Abgüssen, das mir zur Beui’teilung vorlag, geben mir Veranlassung,
die von Woods aufgestellte Formengruppe des Inoceramus inconstans 1
näher ins Auge zu fassen. Zum größten Teil kann ich mich in
meiner hier vertretenen Auffassung auf authentisches Material
stützen und nicht nur auf Abbildungen, bei denen selbst gute irre
führen können.
Bereits in der Festschrift des Humboldtvereins zu Ebersbach
vom Jahre 1911 2 3 habe ich mehrere dieser Gruppe zuzurechnende
Arten eingehend behandelt und u. a. daselbst p. 44/45 erwähnt,
daß die in der böhmischen Kreide aus den Priesener und noch
tieferen Schichten zu I. Cuvieri gestellten Exemplare meist sehr platt
gedrückt sind, an denen einer der Hauptcharaktere der Art, das
Dickenwachstum, nicht nachgewiesen werden kann, und daß wohl
ein großer Teil dieser Stücke als I. latus Mantell wird angesprochen
werden müssen.
Währenddessen ist der zweite Teil der Monographie von
Woods 3 über die englischen Inoceramen erschienen und hat die
lang ersehnte Aufklärung über die bisher so zweifelhaften alten
englischen Originale gebracht. Nur wird die Durchführung einiger
von dem Autor angewendeter Sammelnamen, die erst künftig wieder
in Varietäten gespalten werden sollen4, für die deutschen Ver-
hältnisse auf große Schwierigkeiten stoßen. Die Stratigraphie der
oberen deutschen Kreide stützt sich zu einem guten Teil auf das
Auftreten oder Fehlen bestimmter Inoceramenformen. Deshalb er-
scheint es dringend geboten, die Inoceramen, soweit sie charakteri-
stische Unterscheidungsmerkmale besitzen, aus diesen Kollektiv-
namen herauszulösen. Die Fassung des Begriffes als Art oder als
Varietät ist bei der vorliegenden Gattung, da die Unterschiede oft
nur durch die äußere Form bedingt sind und der Schloßapparat
selten vollständig bekannt ist, wenig von Bedeutung. Die vor-
handenen Bezeichnungen möchten jedoch, da sie mit der Strati-
graphie eng verknüpft sind, möglichst gewahrt bleiben.
1 Woods, A Monograph of the cretaceous Lamellibranchia of England.
2. Palaeont. Soc. 1912 p. 285.
a Andekt, Die Inoceramen des Kreibitz-Zittauer Sandsteingebirges.
Sonderabdruck bei Max Weg in Leipzig in Kommission.
3 Woods, a. a. 0.
1 Woods, a. a. 0. p. 288.
Inoceramus inconstans Woods und verwandte Arten.
279
Ein großer Teil der herrschenden Verwirrung in den Inoceramen-
bezeiclinungen ist den alten englischen Antoren zuzuschreiben, deren
Abbildungen, zum Teil von minderwertigen Originalen, zur sicheren
Wiedererkennung ziemlich unbrauchbar sind, und die gegenseitig
durch Trennung gleicher bezw. Zusammenlegung verschiedener Arten
von Anfang an große Unstimmigkeiten in die Literatur hinein-
g;etragen haben. Eine Nachprüfung der Originale ist in dieser
langen Zeit nicht erfolgt. Unsere deutschen Autoren mußten bei dem
Versuch, ihre einheimischen Formen, die zudem sehr oft in mangel-
haftem Erhaltungszustände waren, mit den englischen zu identi-
fizieren, unter diesen Umständen zu einer Menge Fehlschlüsse ge-
langen. Trotzdem habe ich in den von mir besuchten deutschen
Sammlungen eine ziemlich einheitliche Auffassung der wichtigsten
Formen des Turon gefunden, so daß, wenn man die verschiedenen
Deutungen in der früheren Literatur nicht berücksichtigt, die gegen-
wärtige Lage für unsere Leitfossilien aus der Inoceramengruppe
durchaus nicht so trostlos ist, als wie man nach den weitaus-
greifenden Zusammenlegungen von Woods wieder annehmen sollte.
Im Emscher und Senon liegt die Angelegenheit in Rücksicht auf die
größere Zahl der noch wenig bekannten Formen nicht so günstig,
nach meinen Erfahrungen wird aber auch hier Klarheit hinein-
zubringen sein. Bei der Eigenart der Gattung wird jedoch kaum,
wenn man nicht große Formeukreise zusammenfassen will, wodurch
jeder stratigraphische Wert unnütz verloren gehen würde, die
Klärung soweit durchzuführen sein, daß der zufällig vor die Be-
stimmung einiger mangelhaft erhaltener Stücke Gestellte ohne viel
Mühe das Richtige herausfindet.
Durch Überlassung von Originalen, Gipsabgüssen und sonstigem
Material aus den ihnen unterstellten Sammlungen sowie durch wert-
volle Mitteilungen fühle ich mich zu Dank verpflichtet den Herren
Dr. A. Smith Woodwakd und Bullen Newton am British Museum
in London, Herrn Professor Dr. J. Böhm, Kustos an der König-
lichen Geologischen Landesanstalt in Berlin , Herrn Professor
Dr. Hibsgh in Tetschen, Herrn Dr. Seemann in Aussig und Herrn
Dr. Wanderer in Dresden.
I. Lamarcki und I. Cuvieri sind bereits von Herrn Professor
Böhm 1 einer kritischen Bearbeitung unterzogen worden. Nach dem
mir ebenfalls von Herrn Dr. A. Smith Woodward freundlichst über-
lassenen Gipsabguß möchte ich jedoch die Längsfurche am Original
des 1. Lamarcki Park.1 2 als ein morphologisches Merkmal der Art
ansehen. Die Schale ist lediglich zwischen der höchsten Rücken-
wölbung und dem Vorderrande zerdrückt; die hintere Partie, in
1 J. Böhm, I. Lamarcki auct. und I. Cuvieri auct. Zeitschrift der
deutschen geol. Ges. 64. 1912. Monatsbericht No. 7. p. 399.
1 Woods, a. a. 0. p. 312. Textfig. 63; J. Böhm, a. a. 0. p. 401.
280
H. Ändert,'
der auch die Längsfurche gelegen ist, erscheint nach dem Gips-
abguß vollständig unbeschädigt. Auch ist die Form ganz besonders
schlank und der Flügel vom Rücken sehr tief abgesetzt. Das
Exemplar dürfte wohl in die Nähe des I. percostatus G. Müller1
gehören, mit dem auch die von Woods angegebene Fundzone un-
gefähr übereinstimmen würde. Auch das Original des I. Brongniarti
Mantell2, von dem mir ebenfalls ein Gipsabguß zur Verfügung
steht, ist verschieden von den Formen der sogenannten Brongniarti-
Stufe, wie sie von Woods in Textfig. 65 und 67 auf p. 313 dar-
gestellt werden. Die engen, mehr scharfkantigen, auf dem Flügel
sich gegen den Wirbel hin biegenden Rippen und Falten, sowie
der kurze, vom Rücken nicht abgesetzte Flügel geben der Muschel
ein ganz anderes Gepräge. Woods stellt sie zu der Varietät
Websteri 3, die von dem mittelturonen I. Lamarclti entschieden zu
trennen ist. Wenn er auch p. 318 Übergangsformen erwähnt, so
ändert das wenig an meiner Ansicht, denn Taf. 53 Fig. 2 bei
Woods, von dem mir ein Gipsabguß vorliegt, und vielleicht auch
Fig. 1 auf dieser Tafel sind mit Textfig. 72 und 68 kaum identisch.
Ähnlichkeit besitzt auch I. Glatziac Flegel4 aus dem Emscher.
Solange man so zweifelhafte Formen, wie besonders die hier zuerst
angeführte, als Originale zu behandeln gezwungen ist, wird eine
sichere Grundlage für die Inoceramen nie erreicht werden. Es
erscheint mir für die Praxis viel richtiger, bei den ohnedies
schwierigen Verhältnissen der Inoceramen derartige Originalstücke
bei ferneren Arbeiten unberücksichtigt zu lassen und das eine
oder andere gut ausgebildete Stück späterer Autoren, wenn ein
solches vorhanden ist, als maßgebendes Original festzulegen.
I. Cuvicri Sturm 5 = I. Sturmi Ändert 6, der von Woods eben-
falls der Lamarcki-Gnvppe zugeteilt wird, besitzt die gleiche Flügel-
ausbildung wie Woods Textüg. 68 und ist von I. Lamarcki zu
trennen. I. Koegleri Ändert 7 gehört hingegen wohl der Gruppe
an, bewahrt aber durch seine steil abgestutzte Vorderseite, deren
kantiges Umbiegen zur Rückenwölbung und die scharfen konzen-
trischen Rippen seine Sonderstellung als Art.
Ein weiteres Eingehen auf den I. Lamarcki muß hier unter-
bleiben, jedoch dürfte die Benützung der Synonymenliste bei Woods
in jedem Falle mit Vorsicht zu geschehen haben. Nur durch
1 G. Müller, Beitrag zur Kenntnis der oberen Kreide am nördlichen
Harzrande. Jahrb. d. Kgl. preuß. geol. L.-A. 1887. Taf. 17 Fig. 3a — c. p. 413.
3 Woons, a. a. 0. p. 314. Textfig. 68.
8 Wooes, a. a. 0. p. 315. Textfig. 72.
4 Ändert, a. a. 0., Taf. 1 Fig. 3.
5 Woods, a. a. 0. p. 310; Stürm, Der Sandstein von Kießlingswalde usw.
Jahrb. d. Kgl. preuß. geol. L.-A. 1900. 21. p. 92. Taf. 10 Fig. 1.
6 Ändert, a. a. 0. p. 58.
7 Ändert, a. a. 0. p. 57. Taf. 1 Fig. 6, Taf. 5 Fig. 6, Taf. 7 Fig. 4 :
Woods, a. a. 0. p. 310.
Inoceramus inconstans Woods und verwandte Arten.
281
Heranziehung der Originalstücke ist es bei dem Chaos in der
Inoceramensystematik möglich, mit annehmbarer Sicherheit die Zu-
sammengehörigkeit der Formen festzustellen. Trotzdem sind auch
dann noch, da die Exemplare selten normal oder vollständig er-
halten sind, Irrtümer nicht ausgeschlossen1.
Unter I. inconstans Woods 2 vereinigt der Autor ebenfalls eine
Gruppe von Inoceramen mit sehr charakteristischen gegenseitigen
Unterscheidungsmerkmalen. Der Charakter der Gruppe tritt beson-
ders in dem schwach gewölbten oder fast flachen Wachstum der
Schale in der Jugend und einem hierzu mehr oder weniger senk-
rechten Umbiegen derselben nach innen in der späteren Wachstums-
periode hervor. Hierdurch erhalten die Exemplare ein aufgeblähtes
Aussehen. Der erste Teil der Muschel ist gewöhnlich annähernd
regelmäßig mit An wachsstreifen, Rippen oder Falten versehen, die
nach dem Umbiegen der Schale nach innen im allgemeinen sehr
unregelmäßig und verschieden vom früheren Wachstum aufzutreten
pflegen. Länge und Höhe sind annähernd gleich, es kann aber
auch erstere ganz bedeutend überwiegen. Sehr selten sind Exem-
plare, bei denen die Höhe die Länge in geringem Maße übertrifft.
Die Schalen sind nur wenig ungleichklappig, die Wirbel klein,
wenig hervortretend und nur schwach gebogen. Ein hinteres Ohr
(Flügel) ist meist vorhanden.
Die Formen ans der Zone des Actinocamax quadratus, wie sie
in den Textfig. 47. 48, 49 und 50, sowie auf Taf. 51 Fig. 3
und 4 und Taf. 52 Fig. 2 und 3 bei Woods dargestellt sind,
sollen, da weiteres Vergleichsmaterial nicht zur Verfügung steht,
hier unberücksichtigt bleiben. Sie unterscheiden sich aber auch
vom allgemeinen Charakter der Formengruppe teils durch mehr
dickglobige Wölbung der gesamten Schale, teils durch Andeutung
einer flachen Furche auf der hinteren Schalenhälfte oder auch durch
Verlängerung des Schloßrandes über den Wirbel hinaus nach vorn.
Die von Woods gezeichnete Entwicklung dieser Formen aus den
hier behandelten soll hierdurch jedoch keinen Widerspruch erfahren.
Nach dieser Abtrennung lassen sich folgende Arten unter-
scheiden :
Inoceramus inconstans Woods
„ inconstans var. planus Elbert
„ ScMoenbachi J. Böhm
„ Scldoenbachi var. cripsioides Elbert
„ crassus Petrascheck
, Weisei Ändert
„ Waltersdorf ensis Ändert
„ balticus J. Böhm.
1 Vergl. auch Hennig, Zur Inoceramenfrage. Zeitschr. d. deutschen
geoL Ges. 1912. Monatsber. No. 11. p. 527/528.
* Woods, a. a. 0. p. 285.
282
H. Ändert,
1. Inoceramus inconstans Woods.
Zu I. inconstans Woods ziehe ich die Formen aus der Zone
des Holaster planus, wie sie von Woods (a. a. 0.) in Textfig. 39,
42, 43 und 46, auf Taf. 51 Fig. 2 und Taf. 52 Fig. 1 dargestellt
sind. Das Exemplar Taf. 51 Fig. 1, das als fraglich aus der Zone
der Terebratulina lata aufgeführt, wird, gehört ebenfalls unzweifel-
haft hierher, wie mir eine von Herrn Bullen Newton übersandte
Photographie der Vorderansicht bezeugt.
Die Art ist durch die dem kreisförmig abgerundeten Fünfeck
sich nähernde Form, die deutlichen Anwachsstreifen und flach-
welligen Falten im .Jugendstadium gekennzeichnet. Die Falten
sind zuweilen sehr schwach und nähern sich dann der Form Taf. 52
Fig. 1 bei Woods, die von ihm als Inoceramus inconstans var. striatus
unterschieden wird. Nach dem mir vorliegenden Material halte ich
jedoch eine Trennung für undurchführbar. Hingegen dürfte das
Exemplar Taf. 51 Fig. 5, das ebenfalls als I. inconstans var. striatus
bezeichnet ist , auf Grund seiner Flügelausbildung (kein Flügel
oder scharf abgesetzt?) eine Sonderstellung einnehmen. Von diesem
Stück liegt mir ein Gipsabguß vor. Im späteren Wachstum zeigt
die Schale des I. inconstans gewöhnlich unregelmäßige Falten, die
aber auch ganz verschwinden können. Der Flügel ist nicht scharf
abgesetzt. In dieser Art lassen sich Übergangsformen vom flachen
I. labiatus var. latus Sowerby zu der Gruppe mit einem späteren
Wachstum mehr oder weniger senkrecht zum früheren verfolgen.
I. latus Mantell ist nach Woods 1 und wie ich auch an dem
von Herrn Professor Böhm mir gütigst zur Verfügung gestellten
Gipsabguß des englischen Originales ersehen konnte, eine Form der
Gruppe des I. Lamarcki Park., deren Flügel abgebrochen ist und
die mit dem, was bisher in der deutschen Kreideliteratur als I. latus
geführt worden ist, nichts gemein hat. Von Böhm 2 wird die Auf-
rechterhaltung der Art befürwortet.
I. latus Sowerby, von Woods als I. labiatus var. latus Sow.
bezeichnet1 2 3, ist schwach gewölbt. Besonders die Partien des
unteren Randes sind sehr flach gegenüber dem mehr oder weniger
stark gewölbten und nach innen gebogenen Unterrande des 1. in-
constans. Nach den Abbildungen bei Woods ist man versucht, die
als I. latus bezw. I. Cuvieri aus der böhmischen Kreide bisher
gedeuteten Formen zu I. labiatus var. latus Sow. zu stellen. Auch
die für die Bearbeitung von Blatt Leitmeritz der Karte des böh-
mischen Mittelgebirges von Herrn Dr. Seemann mir freundlichst
überlassenen Inoceramen sind von mir als I. latus Sow. bestimmt
1 Woods, a. a. 0. Textfig. 76.
2 J. Böhm, a. a. 0. p. 403.
3 Woods, a. a. 0. p. 284. Textfig. 38 und 40. Fig. 41 könnte vielleicht
auch noch zu Inoceramus inconstans gehören.
Inoceramus inconstans Woods und verwandte Arten.
283
worden. Seitdem erhielt ich aber durch Herrn Bullen Newton
eine Photographie der Vorderansicht des Originals von Textfig. 38
bei Woods, an dem der Unterschied gut ersichtlich ist. Ferner
teilte er mir mit, daß das kalkige Muttergestein normalen Charakter
besitzt, sodaß eine Verdrückung der Exemplare ausgeschlossen ist.
Leider sind die Originale sonst nicht besonders gut erhalten.
Da nun beide Formen, I. läbiatus var. latus Sow. und I. in-
constans Woods, in England der Zone des Holaster planus an-
gehören, müssen wir bei uns mit demselben Auftreten rechnen.
Für die in den Priesener Tonen und Mergeln zusammengedrückten
Inoceramen wird deshalb auch eine genaue Bestimmung schwierig
werden, ja oft unmöglich sein. Wie später noch ausgeführt werden
soll, scheint Inoceramus labiatus var. latus Sow. mehr den unteren
Lagen anzugehören. Daran schließen sich Formen des I incon-
stans Woods, an denen das Umbiegen der Schale im späteren
Wachstum nur gering ist. Zu diesen gehören fast sämtliche
Stücke aus dem Gebiet von Leitmeritz im böhmischen Mittelgebirge,
wie sie mir SO. von Kamaik, Tattermann, Trnovan, Dreihäuseln.
Lopata, Biela, Mirschowitz, Vysoka, Heidenstern und auch einige
von Hundorf bei Teplitz vorliegen, und z. T. im Besitze des Stadt-
museums zu Aussig, zum anderen in dem der k. k. böhmischen
landwirtschaftlichen Akademie zu Tetschen-Liebwerd sind. Sie
vereinigen sich alle in die Form, wie sie bei Woods Textfig. 39
dargestellt ist und die wohl allgemein für die oberste Scaphiten-
zone1 in Sachsen und Böhmen als charakteristisch gelten kann.
Die Übereinstimmung besteht besonders in dem stumpfen Winkel,
den die spätere Waclistumsrichtung gegenüber der früheren bildet,
wodurch sich diese Formen sehr dem I. labiatus var. latus Sow.
nähern.
Hieran schließen sich die Stücke, die von mir unter I. latus
Mantell2 von Kreibitz aufgeführt sind. Sie scheinen alle eine
Scheidung zwischen früherem und späterem Wachstum zu besitzen
oder vor der Deformierung besessen zu haben, was mir durch das
gegenwärtige Material von Leitmeritz und Teplitz wahrscheinlich
geworden ist. Nahe treten einige aber auch dem I. labiatus var.
latus Sow. Die zwei aus 480 m Höhe im Kreibitzer Tale auf-
geführten, dem Emscher angehörenden Stücke sind, da mangelhaft
erhalten, unsicher. Bei den an dieser Stelle weiter zitierten Exem-
plaren, die nicht aus dem Kreibitzer Gebiet stammen, muß es vor-
läufig offen bleiben, ob sie zu I. inconstans oder zu I. labiatus
var. latus gehören.
Gelegentlich einer Ende 1911 in Niederkreibitz bei Herrn
F abrikbesitzer Fritsclie vorgenommenen Brunnengrabung erbeutete ich
1 In der Auffassung wie bei Ändert, a. a. 0. p. 42. Fußnote 3.
’ Ändert, a. a. 0. p. 43. Taf. 4 Fig. 4.
284
H. Ändert, Inoceramus inconstans Woods etc.
in 325 m Höhenlage unter anderen Fossilien auch einige Inoceramen,
die sich, obwohl sie dem I. inconstans Woods noch zuzureclmen
sind, im allgemeinen sehr dem I. labiatus var. latus Sow. nähern.
Der tiefste Fundort im Kreibitzer Tale, der mir bis dahin Ino-
ceramen geliefert hatte, liegt in 352 m Höhe (2 Stück), die anderen
Exemplare stammen aus ca. 390 m Höhe. Sie müssen alle als
I. inconstans Woods bezeichnet werden. Nach diesem Auftreten
scheint sich sonach die von Woods angenommene Abstammung des
I. inconstans Woods von I. labiatus var. latus Sow. zu bestätigen1 2.
Weiter gehört zu I. inconstans Woods das eine der Exem-
plare, die von mir zu I. Cuvieri var. planus Münster 2 gezogen
worden sind. Die daselbst von Salder und Liebenburg mit dem
genannten identifizierten Stücke sind auch hierher zu stellen. Die
Vermutung von Woods 3, daß das Kreibitzer Exemplar ein Zwischen-
glied zwischen I. labiatus und I. labiatus var. latus darstellen
könne, ist irrtümlich, denn dieses Stück besitzt im späteren Wachs-
tumsstadium eine ausgeprägte Umbiegung der Schale nach innen.
Schließlich liegt mir die Art in einem schönen Gipsabguß der
geologischen Landesanstalt Berlin von Salder vor. Er stellt sie
in ihrer vollkommensten Ausbildung mit vollständig rechtwinkeligem
Umbiegen des späteren Schalenteiles zum früheren Wachstum dar.
Der umgebogene Schalenteil zeigt keine Falten, sondern nur kräftige
An wachsstreifen. Das Exemplar besitzt Größe und Form von
Taf. 51 Fig. 2 bei Woods, jedoch erreicht das umgebogene Schalen-
stück einer Klappe die Höhe von 3 cm. Bei reichlicliex'em Material
von dieser Form wäre es vielleicht möglich, sie von den Leit-
meritz-Kreibitzer Stücken und den diesen sonst entsprechenden
abzutrennen.
Die Art ist charakteristisch für die obere Scaphitenzone in
der erwähnten Auffassung, sie steigt aber auch in den schärfer
charakterisierten Formen wie die zuletzt aufgeführte in die Zone
des I. Schloenbachi hinauf. Das Auftreten im unteren Emscher
ist unsicher, aber nach den Funden nicht ausgeschlossen.
Nach unserer gegenwärtigen Kenntnis und bei dem meist
mangelhaften Erhaltungszustände der Stücke bleibt es sehr schwierig,
die Unterscheidung zwischen I. labiatus var. latus Sow. und I. incon-
stans Woods zu treffen.
. 2. Inoceramus inconstans var. planus Elbkrt.
Diese Varietät könnte ebensowohl als selbständige Art be-
zeichnet werden. In meiner mehrfach zitierten Arbeit4 ist sie als
1 Woods, The evolution of Inoceramus in the cretaceous period.
Quart. Journ. Geol. Soc. 68. 1912, February. p. 16.
2 Ändert, a. a. 0. p. 45 z. T., Taf. 1 Fig. 5.
3 Woods, Monograph, a. a. 0. p. 288. Anmerkung 1.
4 Ändert, a. a. O. p. 45 z. T., Taf. 1 Fig. 2, Taf. 7 Fig. 8.
Besprechungen.
285
I. Cuvieri var. planus Münster (Elbert)1 aufgeführt. Hiervon
sind jedoch das daselbst Taf. 1 Fig. 5 dargestellte Exemplar und
die beiden mit diesem identifizierten Stücke von Salder und Lieben-
burg abzutrennen und wie vorstehend bemerkt, dem I. inconstans
Wooos zuzurechnen. Der Varietätsname erscheint mit Rücksicht
auf die bisherige Bearbeitung empfehlenswerter, wenn auch die
regelmäßige, genähert bis enge, kräftige Berippung im ersten
Wachstumsstadium die Form sehr charakteristisch hervorhebt.
Im Umriß gleicht die Varietät wie I. inconstans Woods einem
dem Kreis genäherten Fünfeck. Nach der Umbiegung zeigt die
Schale im späteren Wachstum nur einige unregelmäßige schwache
Falten. Ein Flügel fehlt vollständig (Steinkerne), oder, wenn das
eine Exemplar von Leitmeritz 2, das an der Flügelpartie ein Stück
dicker Schale aufweist, zu dieser Art zu rechnen ist, es ist ein
sehr schmaler Flügel vorhanden.
I. inconstans Woods Textfig. 44 3 ist, wenn nicht etwa bloß
ein Bruchstück eines viel größeren Exemplars, auch hierher zu
stellen. Der von Woods p. 288 erwähnte Unterschied betreffs
Wachstumsachse und Schloßlinie erscheint mir unwesentlich, da
an meinen Steinkernen die Stellung der Achse zur Schloßlinie
nicht sicher nachzuweisen ist und auch bei dem Original von
Woods die Partie gegen den Schloßrand beschädigt zu sein scheint.
Ich halte die von mir angenommene Stellung, die auch dem Leit-
meritzer Stück entsprechen würde, für richtiger.
Die von mir zu der Varietät gestellten Exemplare stammen
aus der Zone des I. Schloenbachi von Kreibitz und dem unweit
davon gelegenen Nassendorf in Nordböhmen. Ferner befinden sich
an der geologischen Landesanstalt Berlin Stücke dieser Varietät
aus dem Bahneinschnitt östlich von Burgdorf bei Börßum und vom
Windmühlenberge bei Salzgitter aus der gleichen Zone. Da das
von Woods dargestellte Exemplar unsicherer Herkunft ist und nur
mutmaßlich der Zone des Micraster cor-anguinum zugerechnet wird,
kann bis auf weiteres als Lager dieser Varietät die Zone des
Inoceratnus Schloenbachi angesehen werden. (Schluß folgt.)
Besprechungen.
Ernst Cohen: Jacobus Henricus van’t Hoff. Sein Leben
und Wirken. (Leipzig, Akademische Verlagsgesellschaft m. b. H.
1912. 638 p. Mit 2 Gravüren und 90 Abbildungen im Text.)
(Vergl. auch das nächstfolgende Referat.)
1 Elbert, Das untere Angoumien in den Osningbergketten des Teuto-
burger Waldes. Verh. d. preuß. Rheinlande. 38. p. 112.
2 Im Stadtmuseum zu Aussig.
3 Woons, Monograph, a. a. 0. p. 287.
286
Besprechungen.
Obwohl van’t Hoff nicht Mineraloge von Fach war, hat er
doch die Mineralogie in mehr als einer Hinsicht so wesentlich
gefördert, daß auch von diesem Gesichtspunkt aus sein zu früher
Hingang als ein herber Verlust für die Wissenschaft empfunden
werden muß. Vor allem durch die Untersuchung der ozeanischen
Steinsalzablagerungen mit ihren Abraumsalzen und durch die
mustergültige und vorbildliche Anwendung seiner eigentlichen
Wissenschaft, der physikalischen Chemie, auf dieses wichtige Pro-
blem hat er der mineralogischen Wissenschaft neue Wege gewiesen,
deren konsequente Verfolgung zu den bedeutungsvollsten Ergebnissen
geführt hat und noch weiter führen wird. Sein Leben und sein
Wirken ist in dem vorliegenden Buche von einem seiner Freunde
und Fachgenossen nach der rein menschlichen, wie nach der wissen-
schaftlichen Seite sehr anziehend geschildert, so daß niemand es
unbefriedigt aus der Hand legen wird. Es enthält zwei Bildnisse
des Verstorbenen in Gravüre und in den Textfiguren außer einigen
.Jugendbildnissen die Portraits aller der Gelehrten, die mit ihm in
irgendwelcher Beziehung gestanden haben , die Örtlichkeiten , in
denen er gelebt und gewirkt hat und manches andere. Dem be-
rühmten Toten ist hier ein seiner würdiges Denkmal gesetzt worden.
Max Bauer.
J. H. van’t Hoff: Untersuchungen über die Bildungs-
verhältnisse der ozeanischen Salzablagerungen, ins-
besondere des Staßfurter Salzlagers. Herausgegeben
von H. Precht (Neustaßfurt) und Ernst Cohen (Utrecht). Leipzig,
Akademische Verlagsgesellschaft m. b. H. 1912. XX u. 374 p.
Mit 8 Tafeln und 39 Textfiguren.
Der stattliche, gut ausgestattete Band enthält einen Wieder-
abdruck der bekannten 52 Abhandlungen, die van’t Hoff und
seine Mitarbeiter, von denen vor allen der leider zu früh ver-
storbene W. Meyerhoffer zu nennen ist, verfaßt haben, um die
Bildungsverhältnisse der ozeanischen Salzablagerungen aufzuklären.
Bis zu welchem Grade dies gelungen ist, braucht hier nicht weiter
auseinandergesetzt zu werden, jeder der sich mit Mineralogie und
Geologie beschäftigt, muß davon eingehend Notiz nehmen. Detail-
schilderungen sind hier um so weniger erforderlich, als dies. Jahr-
buch über den Gang dieser wichtigen Untersuchungen von Anfang-
an bis zum Schluß (1897 — 1908) fortlaufend durch Referate Be-
richt erstattet hat (1898. II. -380- und folgende Bände). Heraus-
geber und Verleger haben sich durch ihr Werk ein großes Ver-
dienst erworben, da die Sitzungsberichte der Berliner Akademie,
in denen die hierhergehörigen und hier wiedergegebenen Arbeiten
erschienen sind, immerhin nicht zu den überall vorhandenen und
jedem leicht zugänglichen Zeitschriften gehören und da die zu-
sammenfassende Darstellung von van’t Hoff : Zur Bildung der
Besprechungen.
287
ozeanischen Salzablagerungen (1. Heft 1905. 2. Heft 1909) doch
die Originale nicht vollständig ersetzen können. Es wird auf diese
Weise auch leichter sein, das von van’t Hoff begonnene Werk
fortsusetzen und zu vervollständigen und die noch vorhandenen
Lücken auszufüllen. Zu diesem Zweck hat sich im Dezember 1905
ein Verband zur wissenschaftlichen Erforschung der deutschen
Kalisalzlagerstätten gebildet, an dessen Gründung (in Verbindung
mit H. Precht und F. Rinne) auch van’t Hoff selbst noch teil-
genommen und über dessen Ziele und Absichten er selbst noch
zwei Berichte veröffentlicht hat. Auf die Veranlassung dieses
Verbands, der sich schon in der verdienstvollsten Weise durch
zahlreiche wichtige Untersuchungen betätigte, hat Prof. A. Gutbier,
jetzt in Stuttgart, es übernommen, mit Hilfe von Assistenten die
van’t HoFF’schen Arbeiten fortzuführen. Dem Abdruck der letzteren
ist außer einem kurzen Vorwort die Gedächtnisrede von Emil
Fischer auf van’t Hoff vorangesetzt, so daß der Leser in Stand
gesetzt ist, sich auch über die sonstige wissenschaftliche Tätigkeit
unseres berühmten Forschers in ausgezeichneter Weise zu unter-
richten. Vielleicht wäre es bei einer weiteren Auflage nicht un-
zweckmäßig, für jeden einzelnen der abgedruckten Aufsätze genau
anzugeben, wo er in den Berliner Sitzungsberichten zu finden ist,
auch ein alphabetisches Register wäre sehr wünschenswert. Ebenso
könnten vielleicht noch einige anderwärts erschienene einschlägige
Arbeiten van’t Hoff’s zur Ergänzung mit abgedruckt werden
(siehe auch das vorhergehende Referat). Max Bauer.
Detlev Lienau: Die Entstehung der Ackerböden, er-
läutert an den geologisch-agronomischen Verhält-
nissen in der Provinz Sachsen, im Herzogtum Anhalt
und in den Thüringischen Staaten. Halle a. S. bei Ludw.
Hofstetter, 1912. 223 p. Mit 5 Textfig., 3 farbigen Karten und
einer Übersichtstabelle.
Verf., Abteilungs Vorsteher an der Laudwirtschaftskammer für
die Provinz Sachsen, will in diesem in erster Linie für Landwirte
bestimmten Buche eine allgemeine, auch für Leser ohne eingehendere
geologische Kenntnisse verständliche Bodenkunde auf geologischer
Grundlage schaffen, da das Grenzgebiet zwischen Geologie und
Bodenkunde in den Büchern beider Wissenschaften stets stark ver-
nachlässigt wird. Die Darstellung des Stoffs geschieht in Form
einer kurzen erläuternden Übersicht. Er ist in folgender Weise
eingeteilt: 1. Wechselbeziehung zwischen Gestein, Boden und Lebe-
wesen. 2. Entstellung und Beschaffenheit der bodenbildenden Mutter-
gesteine. 3. Geologische Geschichte der Provinz Sachsen, des
Herzogtums Anhalt und der Thüringischen Staaten. 4. Die Boden-
bildung. 5. Die geologisch-agronomische Kartierung und ihre Be-
288
Besprechungen. — Berichtigung. — Personalia.
deutung für den Landbau. In einem zahlreiche Anmerkungen zum
Text enthaltenden Anhang wird u. a. auch die wichtigste ein-
schlägige Literatur angeführt, für Leser, die sich auf der Grund-
lage des Buchs weiter bilden wollen. Die drei Karten geben eine
geologische Übersicht über das im Titel genannte Gebiet und eine
Verteilung der Bodenarten auf demselben, beidemal im Maßstab
1 : 1 OOO 000, sowie eine Darstellung der geognostisch-agronomischen
Verhältnisse der Gegend nördlich von Tangermünde im Maßstab
1 : 25 000 nach der Aufnahme der geologischen Landesanstalt in
Berlin. Auf der Übersichtstabelle sind die geologischen Formationen,
ihre Verbreitung und das Klima der einzelnen Perioden, die in
den verschiedenen Perioden gebildeten Gesteine und deren Ver-
breitung in dem hier behandelten Gebiet, sowie die aus den ver-
schiedenen Gesteinen entstandenen Hauptbodenarten übersichtlich
zusammengestellt. Max Bauer.
R. Brauns: Mineralogie. 4. Aufl. Sammlung Göschen.
1911. 142 p. Mit 132 Textfiguren.
Die weit verbreitete, zuerst 1894 erschienene kleine Mineralogie
von R. Brauns ist jetzt in um einige Seiten erweiterter, vierter
Auflage mit derselben Figurenzahl herausgekommen. (3. Aufl.
vergl. dies. Centralbl. 1905. p. 281.) Diese neue Auflage ist in
vielen Punkten nach den neuesten Anschauungen berichtigt und
ergänzt. Im allgemeinen Teil sind die Abschnitte über Anwachs-
pyramiden, Schichtenbau und Ätzfiguren neu hinzngekommen. Unter
den Mineralien wird jetzt auch das wegen seines Radiumgehalts
wichtige Uranpecherz erwähnt und die künstliche Darstellung des
Rubins usw. besprochen, sowie bei vielen Mineralien neue wichtige
Fundorte beigefügt. Auch in dieser neuen Form wird das Büchlein
viele Freunde finden. Max Bauer.
Berichtigung.
In dem Aufsatze von K. Walther „Über ein Vorkommen von
Epidotadinole und gefritteten Sandsteinen aus dem Süden der Re-
publik Uruguay“ (dies. Centralbl. 1913. p. 68) wurden die beiden
Abbildungen unrichtig gestellt, ein Versehen, das schon aus dem
Text (p. 76) hervorgeht. Die Figuren sind 90 Grad um ihren
Mittelpunkt nach rechts zu drehen.
Personalia.
Habilitiert für Mineralogie an der tschechischen Univer-
sität in Prag Dr. Boh. Jezek, Assistent des Min. Institutes der
Universität und Adjunkt der Min.-Petrographischen Abteilung dep
Museums für das Königreich Böhmen. — An derselben Universität
wurde der bisherige Titularprofessor Dr. F. Slavik zum wirklichen
außerordentlichen Professor für Mineralogie ernannt.
Georg Böhm f.
289
Original-Mitteilungen an die Redaktion,
Georg Böhm, f
Ganz unerwartet erlag am 18. März mein lieber Freund und
Kollege Professor Dr. Georg Böhm einer akuten Gehirnentzündung,
als er gerade im Begriff war, für eine Ferienreise in die Schweiz
sich zu rüsten. Wiederum ist ein Wirken vorzeitig zu Ende
gegangen und so mancherlei nicht abgeschlossen, was zu der
Lebensarbeit des Verstorbenen gehört hätte.
Georg Böhm wurde am 21. Dezember 1854 in Frankfurt a. 0.
geboren, ist also nur etwas über 58 Jahre alt geworden. Er
studierte in Berlin, Straßburg und Göttingen und promovierte 187 7
mit einer Dissertation über die Geologie der Hilsmulde in Göttingen
unter Prof. Seebach. In Straßburg gehörte er zu der ersten
Gruppe von Geologen und Paläontologen, die am Ende der sieben-
ziger Jahre des vorigen Jahrhunderts die Blüte der BENECKE’sclien
Schule bezeichnen. Er wandte sich aber bald nach München und
blieb dort bis 1885, von Zittel und von einem großen, mannig-
fach zusammengesetzten Freundeskreise festgehalten. Auch genügte
er dort seiner Militärpflicht im Artillerie-Regiment Prinz Luitpold,
zu dessen Reserveoffizieren er später zählte. Ein heiteres Leben
in den anregenden Münchener Künstlerkreisen erfüllte diese Jahre.
Aber gleichzeitig widmete sich Böhm, von Zittel veranlaßt, der
Beschreibung der Bivalven des Kelheimer Zhceras-Kalkes, einer
Monographie, (He 1879 in der Palaeontographica erschien. Diese
führte weiter zu einer zweiten ähnlichen Arbeit, einer Revision
der Stramberger Bivalven, welche mit vielen Tafeln in den Ab-
handlungen des Museums des Kgl. Bayer. Staates gedruckt wurde.
So bildete sich Böhm zu einem Spezialisten der fossilen Bivalven
aus, und es ist nicht zu verwundern, daß er, durch das Material
der Münchener Sammlung verlockt, sich ferner der Untersuchung
ähnlicher, nur schwierigerer Faunen, denen der Grauen Kalke in
Yenetien und der Südtiroler Oberkreide zuwandte. Zahlreiche
Aufsätze und Notizen befassen sich in dem nächsten Jahrzehnt
mit Durga, Pachymegalodon, Lilhiotis, Caprina, Coralliocliama , Bi-
hippurites etc., bis im 51. Bande der Palaeontographica in der Be-
arbeitung der Faunen von Col dei Schiosi und von Calloneghe
gewissermaßen der Abschluß dieser Untersuchungen erfolgte.
Inzwischen hatte er sich 1885 in Freiburg i. Br. habilitiert
und begann 1 886 gleichzeitig mit dem als Nachfolger von Prof.
Fischer berufenen Prof. G. Steinmann seine Lehrtätigkeit. Diese
Centralblatt f. Mineralogie etc. 1913. 19
290
Georg Böhm f.
erstreckte sich auf Paläontologie und einzelne Kapitel aus der
Geologie. Am Institutsunterricht nahm Böhm regen Anteil, vor
allem stellte er seine Sammlungen und seine Lehrmittel zur Ver-
fügung, was um so nötiger war, als in Freiburg damals für die
genannten Fächer nur sehr wenig Unterrichts- und Sammlungs-
material vorhanden war. Auf vielen Reisen ergänzte Böhm seine
Sammlungen und zugleich beschaffte er sich Vergleichsstücke für
seine eben erwähnten Tiroler Arbeiten. Er besuchte Frankreich,
England, reiste nach Sicilien, Algier, Spanien und fand bei einem
Besuche in der Ecole des Mines zu Paris seine Durga- Fauna in
Stücken aus dem Dept. de la Sarthe wieder. Es hat ihn sehr
gefreut, daß Herr Wanner in neuester Zeit diese bezeichnende
Fossilgruppe auch in Timor entdeckte.
Nachdem die Großh. Bad. Geologische Landesanstalt gegründet
war, widmete er sich als Mitarbeiter auch der geologischen Auf-
nahme, und zwar auf dem Blatte Kandern. Indessen lag ihm diese
Art der Arbeit nicht recht, er gab sie bald wieder auf; aber seine
Beobachtungen sind bei der nunmehr vollendeten Aufnahme des
Blattes durch Herrn Dr. Schnarrenberger verwertet worden.
Einige kleine Aufsätze über die Geologie seines Aufnahmegebietes,
über einige sehr schöne Opliiuren aus dem oberen Dogger von Vögis-
lieim, über Tapir-Fährten im Tertiär und über einen Strudelkessel
in den Beiiggeri-T onen von Kandern bezeichnen diesen Lebens-
abschnitt.
Juli 1890 hat er geheiratet; der Ehe sind zwei Söhne und
eine Tochter entsprossen, von denen der älteste frühzeitig starb.
Mit dem Jahre 1897 beginnt in seinem Leben ein neuer Abschnitt,
nämlich eine Folge außereuropäischer Reisen. Im Anschluß an
den Internationalen Geologenkongreß in Rußland besuchte er Trans-
kaspien und Turkestan zusammen mit Joh. Waltheu und entdeckte
dort mehrere Vorkommen von mariner Unterkreide. 1899 nahm
er auf 5 Semester Urlaub und reiste über Ägypten nach Indien,
vor allem nach Niederländisch-Indien und Neu-Seeland. Die ver-
einzelten Funde mesozoischer Fossilien, die Verbeek ihm zeigte,
veranlaßten ihn, diesen Vorkommen näher nachzugehen, und es
glückte ihm, auf den Sula-Inseln, auf Misöl und in Buru fast alle
Abteilungen des mittleren Mesozoicums teils direkt anstehend zu
beobachten, teils durch lose Versteinerungen nachzuweisen. Eine
Anzahl von Reisenotizen gaben 1900 und 1901 von seinen Ent-
deckungen und Forschungen den Fachgenosseu Kunde und riefen
große Ueberraschung hervor, weil man mesozoische marine Sedi-
mente in diesem Umfange im Molukkengebiete nicht erwartet hatte.
Er brachte sehr reichhaltige Sammlungen mit und hat einen Teil
derselben auf dem 9. Geologenkongreß zu Wien weiteren Kreisen
vorgeführt. Von 1903 bis zu seinem Tode widmete er sich nun
der gründlichen und sorgfältigen Durcharbeitung dieser paläonto-
Georg Böhm f.
291
logischen Ausbeute, von allen Seiten durch Vergleichsmaterial und
von seinem Freunde Wichmann in Utrecht durch viele neue Funde
aus den Nachbargebieten unterstützt. So entstanden die Mono-
graphien zur Geologie von Niederländiscli-Indien als Supplementband
zur Palaeontographica, und die Mitteilungen aus Indo-Australien
im Neuen Jahrbuch, die beide von Böhm mit einigen Fachgenossen
herausgegeben wurden. Er selbst beschrieb die Titlion- und Cal-
lovienfaunen der Sula-Inseln und von Misöl, beai’beitete ferner für
das große Sammelwerk „Nova Guinea“ die Ammoniten der Macro-
cephalus- und Sphaeroceras - Schichten , welche die holländische
Expedition auf jener Insel entdeckt hatte. Die Herren Kossmat,
John, Waxner, Richarz, Krumbeck, Sörgel, v. Seidlitz haben
unter redaktioneller Leitung von Böhm dann andere Vorkommen
und Gruppen beschrieben oder besprochen. Alle diese von ihm
verfaßten Monographien sind mit größter Sorgfalt gearbeitet ; be-
sonderer Wert ist auf eine mustergültige Darstellung auf den
Tafeln gelegt, wobei Böhm keine Mühe und keine Kosten scheute,
bis diese seinen hochgestellten Ansprüchen genügten. Leider hat
ihm der Tod die Feder aus der Hand genommen; denn die letzte
Monographie über den Dogger der Molukken hat er nicht fertig
machen können und somit sein Lebenswerk über Niederländisch-
Indien nicht wirklich voll zum Abschluß gebracht. Trotzdem wird
niemand leugnen, daß wir Böhm eine der bedeutendsten Erweite-
rungen unserer Kenntnisse mesozoischer Meere und Faunen ver-
danken und daß wir bei allen weitergreifenden Betrachtungen
paläogeographischer Natur auf seine Forschungen immer wieder
zurückgehen müssen.
Von seiner großen Reise heimgekehrt, wurde Böhm 1902 zum
ordentlichen Honorarprofessor ernannt, etwas später erhielt er das
Offizierkreuz des Ordens von Oranien und Nassau; auch war er
Ritter des Zähringer Löwenordens I. Kl. Seine Entdeckungen
veranlaßten bald neue Expeditionen in jene Gebiete, so die Reisen
von Wanner und Deninger; seine Arbeiten aber bewirkten, daß
die Geological Survey of New-Zealand an ihn herantrat mit der
Bitte, das aus der Juraformation stammende Neuseeländer Fossil-
material monographisch zu behandeln. Auf diese neue ehrenvolle
Aufgabe, welche die nächsten Jahre ausfüllen sollte, hatte Böhm
sich besonders gefreut. Er hat nur einen kleinen Teil noch selbst
gesehen; an die Arbeit direkt heranzutreten, ist ihm nicht mehr
vergönnt gewesen.
Wie die nachstehende Liste seiner Veröffentlichungen zeigt,
hat G. Böhm viel geschrieben, aber sich doch nur auf ein ver-
hältnismäßig enges Gebiet beschränkt. Mesozoische Mollusken-
faunen, besonders Bivalven und. Ammoniten, waren sein Spezial-
gebiet; auch hat sich die Methode kaum geändert; nur in seiner
Auffassung der Speziesgrenzen war er etwas weitherziger geworden.
19*
292
Georg Böhm f.
Für die mannigfaltigen geologischen Probleme besaß er zwar reges
Interesse, jedoch nicht derart, daß er selbsttätig in den Kampf
der Meinungen eingegriffen hätte.
In Freiburg hat er das Wachsen der Universität, die be-
deutende Erweiterung des Geologischen Instituts und das Aufblühen
des Institutsunterrichtes miterlebt. Seine allgemeine paläonto-
logische Sammlung ging in den Besitz des Instituts über. Obwohl
Böhm sich vom Unterrichte und von den Exkui'sionen in den letzten
Jahren mehr zurückgezogen hatte, bewahrte er sich doch reges
Interesse für das Colloquium und für die älteren Praktikanten.
Auch hat er wiederholt jungen strebsamen Leuten die Erfüllung
bestimmter Aufgaben erleichtert und dem Institut manche wert-
vollen Bücher und Sammlungsstücke zugewandt. Alle, die mit
dem liebenswürdigen weltgewandten Kollegen in irgend eine Be-
ziehung getreten sind, werden ihm ein freundliches Gedenken be-
wahren, und seine indischen Arbeiten werden für viele Forschungen
die Grundlage bleiben !
Freiburg, 21. März 1913. ___ ,
ö ’ W. Deecke.
Liste der von Georg Böhm verfaßten Druckschriften.
1877. Beiträge zur geognostischen Kenntnis der Hilsmulde. Zeitschr. d.
D. Geol. Ges. 29. p. 215—251.
1881. Die Bivalven der Schichten des Diceras Münsteri (Diceras- Kalk) von
Kelheim. Zeitschr. d. I). Geol. Ges. 33. 67 — 74.
1882. Die Fauna des Kelheimer ZH'ceras-Kalkes. II. Abt. Bivalven. Pa-
laeontographica. 28. p. 141 — 192. Taf. 23 — 40.
— Über die Bivalven-Fauna des Zhcerns-Kalkes von Kelheim. Zeitschr.
d. D. Geol. Ges. 34. p. 200—201.
— Über die Beziehungen von Pachyrisma, Megalodon, Diceras
und Caprina. Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 34. p. 602 — 627. Taf. 22
und 23.
— Zur Kritik der Gattung Praeconia. Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 34.
p. 618—628. Taf. 24-27.
1883. Die Bivalven der Stramberger Schichten. Paläont. Mitt. aus d.
Mus. d. Kgl. Bayer. Staates. Abt. II. H. 4. I — IV. p. 493 — 680.
Taf. 53—70.
1884. Geologisches aus Oberitalien. Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 36. p. 180
—181.
— Über neue Versteinerungen aus den Grauen Kalken von Ober-
italien. Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 36. p. 190 — 191.
— Beiträge zur Kenntnis der Grauen Kalke in Venetien. Zeitschr.
d. D. Geol. Ges. 36. p. 737—782. Taf. 15—26.
1885. Über südalpine Kreideablagerungen. Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 37.
Sitz.-Ber. p. 544 — 549.
1886. Die Gattungen Pachymegalodon und Durga. Zeitschr. d. D. Geol.
Ges. 38. p. 727—734.
Georg Böhm f.
293
1887. Das Alter der Kalke des Col dei Schiosi. Zeitsclir. d. D. Geol.
Ges. 39. p. 203 — 204.
— Die Facies der venetianischen Grauen Kalke im Departement de
la Sarthe. Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 39. p. 204 — 211.
— Note sur les calcaires ä Penia et Megalodon du Moulin de
Jupilles pres Fve (Sarthe) [zusammen mit E. Ciielot], Bull. d. 1.
Soc. Geol. de France. 3e Ser. 15. p. 403 — 414.
1888. Neues Liasvorkommen auf dem Dinkelberge bei Basel. Ber. d.
Naturf. Ges. Freiburg i. Br. 3. p. 129 — 132.
— Über die Fauna der Schichten mit Durga im Departement der
Sarthe. Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 40. p. 657 — 665. Tat'. 27.
1889. Ein Beitrag zur Kenntnis fossiler Ophiuren. Ber. d. Natuif. Ges.
Freiburg i. Br. 4. p. 232—287. Taf. 4-5.
1891. Über Lithiotis problematica Gümbel. Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 43.
p. 531—532.
— Megalodon, Pachgrisma und Diceras. Ber. Naturf. Ges. Frei-
burg i. Br. 4. H. 2. p. 33 — 56.
1892. Über die Zugehörigkeit von Rothpletzia zu Hippongx. Zeitschr. d.
D. Geol. Ges. 44. p. 557 — 561.
— Lithiotis problematica. Ber. Naturf. Ges. Freiburg. 4. H. 3. p. 65
bis 80. Taf. 2—4.
— Über Coralliochama. Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 44. p. 560.
— Über Rudisten vom Col dei Schiosi. Ibid. p. 561.
— Über den Fußmuskeleindruck bei Pachgrisma. Ber. d. Naturf. Ges.
Freiburg i. Br. 4. p. 119 — 120.
— Über eine Anomalie im Kelche von Millericrinus mespiliformis.
Zeitschi-, d. D. Geol. Ges. 43. p. 741 — 743.
1893. Über Cornucaprina. Neues Jahrb. f. Min. etc. II. p. 129 — 130.
— Über fossile Ophiuren. Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 45. p. 158 — 161.
— Coelastarte und Heteropis. Ber. d. Naturf. Ges. Freiburg i. Br. 7.
H. 2. p. 169—178. Taf. 8.
1895. Beiträge zur Kenntnis der Kreide in den Siidalpen I. Die Schiosi-
und Calloneghe-Fauna. Palaeontographica. 41. p. 81 — 148. Taf. 8 — 15.
1896. Tierfährten im Tertiär des badischen Oberlandes. Freib. Univ.-
Festprogr. zum 70. Geb. S. K. H. d. Großli. Friedrich, p. 229—238.
Mit Tafel.
— Über Bihipparites. Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 48. p. 687—688.
1897. Geologische Beobachtungen zwischen Badenweiler und Kandern.
Ber. d. 30. Vers. d. Oberrhein. Geol. Yer. zu Mülhausen i. E.
— Beitrag zur Gliederung der Kreide in den Venetianer Alpen.
Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 49. p. 160 — 181. Taf. 4 — 6.
— Geologische Bemerkungen aus Transkaspien. Ibid. p. 696 — 697.
1898. Über das fossile Trittpaar im Tertiär des badischen Oberlandes.
Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 50. p. 204 — 206.
— Über Caprinidenkalke aus Mexiko. Ibid. p. 323 — 332.
— Geologische Beobachtungen am Lago di Santa Croce. Ibid. p. 430 — 434.
294
Georg Böhm f.
1898. Zur Kenntnis der Gattung Joufia. Ibid. p. 591 — 592.
— Mitteilungen aus dem Aufnahmegebiete des Blattes Kandern.
Mitteil. d. Großh. Bad. Geol. Landes-Anst. 3. p. 667 — 687.
1899. Beiträge zur Kenntnis mexikanischer Caprinidenkalke in: Felix
& Lenk. Geologie und Paläontologie von Mexiko. 2. No. 4. Leipzig
p. 143—154.
— Aptien und Hauterivien im Kleinen Balchan. Zeitschr. d. D. Geol.
Ges. 51. p. 335-340.
— Über einige Fossilien aus Buchara. Ibid. p. 455— 470. Taf. 29 — 30.
1900. Reisenotizen aus Neu-Seeland. Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 52.
p. 169—177.
— Reisenotizen aus Ostasien. Ibid. p. 554 — 558.
1901. Aus den Molukken. Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 53. p. 4 — 10.
1902. Weiteres aus den Molukken. Ibid. 54. p. 74—78.
— Zur venetianischen Kreide. Ibid. p. 72 — 73.
1903. Eurydesma und Leiomyalina. Dies. Centralbl. p. 296 — 300.
— Geologische Ergebnisse einer Reise in den Molukken. Compt.
Rend. d. Congr. Geol. Intern. 9e Sess. Vienne, p. 657—662.
1904. Über tertiäre Brachiopoden von Oamaru. Südinsel Neuseeland.
Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 56. Monatsber. p. 146 — 150. Taf. 15.
1905. Ein Strudelkessel im Renggeri- Tone von Kandern. Mitt. d. Großh.
Bad. Geol. Landes-Anst. 5. p. 35 — 38. Taf. 2.
1906. Neues aus dem Jndo- Australischen Archipel. N. Jahrb. f. Min. etc.
Beil.B. XXII. p. 385-412. Mit Karte.
— - Zur Stellung von Lithiotis. Dies. Centralbl. p. 161 — 167.
— Apicalhöhlung bei Ostrea und Lage des Muskeleindruckes bei
Lithiotis. Ibid. p. 458—461.
1907. Vorjurassische Brachiopoden von Ambon. — Jüngeres Palaeozoicum
von Timor. — Jura von Rotti, Timor, Babar und Buru. N. .Tahrb.
f. Min. Beil.B. XXV. p. 293-343. Taf. 9—13.
1908. Zur Geologie des Indo-Australischen Archipels. Nachträge I. Dies.
Centralbl. p. 503 — 504.
1909. Über Macrocephalites und die Längen seiner Wohnkammer. Dies.
Centralbl. p. 174 — 179.
— Über „Absoluti" und ihre paläogeographische Verwendbarkeit. Ibid.
p. 563—566.
1910. Zur neuen obertriadischen Fauna aus den Molukken. Dies. Cen-
tralbl. p. 161 — 163.
— Zur Kenntnis der Südküste von Misöl. Ibid. p. 197 — 209,.
Über Korallenriffe. Ibid. p. 504.
— Fossilien aus der oberen Trias von der Südinsel Neu-Seelands.
Ibid. p. 632—636.
1911. Posidonomya Becheri in Niederländisch-Indien ? Dies. Centralbl.
p. 350—352.
— Grenzschichten zwischen Jura und Kreide von Kawhia (Nordinsel
Neu-Seelands). N. Jahrb. f. Min. etc. I. p. 1 — 24. Taf. 1 — 2.
H. Ändert, Inoceramus inconstans Woods etc.
295
1912. Unteres Callovien und Coronatenschichten zwischen Mac Cluer-Golf
und Geelvink-Bai, „Nova Guinea.“ 4. Abschn. 1. Leiden, p. 1—20.
Taf. 1—5.
1904. Die Südküsten der Sulainseln Taliabu und Mangoli :
1. Abschnitt: Grenzschichten zwischen Jura und Kreide, p. 1 — 46.
Taf. 1—7.
1907. 2. Abschnitt: Der Fundpunkt am oberen Lagoi auf Taliabu. p. 47 — 58.
Taf. 8.
1912. 3. Abschnitt: Oxford des Wai Galo. p. 59 — 120. Taf. 9 — 31.
— 4. Abschnitt: Unteres Callovien. p. 121 — 179. Taf. 32 — 44.
In : Beiträge zur Geologie von Niederländisch Indien. Suppl. Palaeonto-
graphica.
Inoceramus inconstans Woods und verwandte Arten.
Von Hermann Ändert, Ebersbach i. S.
Mit 2 Textfiguren.
(Schluß.)
3. Inoceramus Schloenbachi J. Böhm.
Diese von Goldfuss1 zuerst als I. Cuvieri Sowerby beschrie-
bene und abgebildete Art hat nach J. Böhm 2 ebenfalls ihre selb-
ständige Stellung zu behalten. Woods hat sie in die Synonymen-
liste seines I. Lamarcki Park. 3 aufgenommen , wohin sie ganz
entschieden nicht gehört. Ihrem Wesen nach muß sie der hier
behandelten Gruppe zugeteilt werden.
Der Flügel besteht in einem schmalen, in scharfer Biegung
abgesetzten Bande. Auch der Umriß dieser Art bildet ein Fünfeck,
das sich dem Kreise nähert oder auch etwas in die Länge gezogen
ist. Die Schale ist im Jugendstadium mit groben, kräftigen, ent-
fernt stehenden Falten bedeckt, zwischen denen gewöhnlich zwei
bis drei schwächere sichtbar sind. Während des späteren Wachs-
tums, nach der Umbiegung der Schale nach innen, besteht die
Verzierung aus mehr gleichmäßigen schwächeren bis schwachen
Bippen. Die Abbildung Taf. 2 Fig. 2 in meiner Abhandlung4
gibt ebenfalls eine gute Darstellung der Berippung im ersten
Wachstum. Woods5 hält mein Stück für eine flache Form des
I. inconstans Woods. Wenn auch das Dickenwachstum in der Ab-
bildung nicht ersichtlich ist, so weist es doch der Text p. 44 nach.
Die Anwachsstreifen erscheinen bei der Art sehr verschwommen
oder sind nicht sichtbar.
1 A. Goldfuss, Petrefacta Germiniae. Düsseldorf 1834 — 40. II. p. 114
Taf. 111 Fig. 1.
5 Joh. Böhm, a. a. 0. p. 403.
3 Woods, Monograph, a. a. 0. p. 308.
4 Ändert, a. a. 0.
s Woods, Monograph, a. a. 0. p. 288. Anmerkung 2.
296
H. Ändert,
Die Art charakterisiert die Zone des I. Schloenbaclii in Deutsch-
land. Unter den von Woods aufgeführten Formen vermag icli sie
nicht zu erkennen.
4. Ino ceramus Schloenbaclii var. cripsioides Elbert.
Textfig. 1 und 2.
Der Freundlichkeit von Herrn Professor J. Böhm verdanke
ich einen Gipsabguß des Originals von Elbert1. Die seither als
I. Cuvieri var. cripsioides Elbert geführte Varietät dürfte wohl
nunmehr an I. Sclüoenbaclü anzugliedern sein. Der Umriß hat die
Fig. 1. Inoceramus Schloenbaclii var. cripsioides Elbert.
Original von Elbert, nach einem Gipsabguß an der Künigl. Geologischen
Landesanstalt Berlin.
Rechte Klappe, Seitenansicht. Natürliche Größe.
Form eines Rechtecks, Unter- und Hinterrand sind schwach konvex.
Die Schalenverzierung besteht an dem Original im ersten Wachs-
tum aus nicht allzu kräftigen Rippen, die fast regelmäßig durch
eine Mittelfurche geteilt sind. Feinere Anwachsstreifen sind nicht
sichtbar. Die Rippen biegen vom Unter- zum Hinterrande in einer
deutlichen Ecke um. Nach dem Umbiegen der Schale nach innen
im späteren Wachstum behalten die Rippen die gleiche Ausbildung,
sind aber weniger kräftig. Die Ausfüllung des Steinkernes besitzt
an dieser Stelle nur schwache Falten. Der Flügel ist au dem von
mir vom Hochwald 2 mit dieser Varietät identifizierten schlecht
1 Elbert, a. a. 0. p. 111.
2 Ändert, a. a. 0. p. 46.
Inoceramus inconstans Woods und verwandte Arten.
297
erhaltenen Stücke schmal und scharf abgesetzt, an dem Gipsabguß
des ELBERT’schen Originals ist die Beobachtung des Fliigelansatzes
Fig. 2. Inoceramus Schloenbachi var. cripsioides Elbert.
Original von Elbert, nach einem Gipsabguß an der Königl. Geologischen
Landesanstalt Berlin.
Rechte Klappe von vorn. Natürliche Größe.
nicht möglich (fehlt?). Mein Exemplar hat sich in der Zone des
I. Schloenbachi gefunden. Das Original von Elbert stammt aus
dem Breviporuspläner von Halle i. W.
5. Inoceramus crassus Petrascheck.
Diese Art, die in meiner Schrift 1 eingehend behandelt worden
ist, schließt sich ebenfalls hier an. Sie ist stark nach hinten aus-
gezogen, im Grundriß rechteckig, Vorder- und Unterrand schwach
konvex , Hinterrand gegen den Flügel stark eingezogen. Der
Flügel ist schmal, bei der verschiedenartigen Wölbung der Exem-
plare teils wenig, teils schärfer abgesetzt. Die Schale ist im
Jugendstadium mit gut ausgeprägten , engen und regelmäßigen
Rippen und Falten bedeckt, die später immer kräftiger und ent-
fernter voneinander auftreten und sogar scharfe Kämme bilden.
Auf dem nach innen gebogenen Schalenstück fehlen Rippen und
Falten fast vollständig und sind da, wo sie auftreten, nur schwach
angedeutet.
Textfig. 45 auf p. 287 bei Woods2 gehört ebenfalls dieser
Art an und ist von ihm zu I. inconstans Woods gezogen. Das
Stück stellt ein kleineres, mäßig nach hinten ausgezogenes Schalen-
exemplar dar. Der mir von diesem vorliegende Gipsabguß zeigt
deutliche Anwachsstreifen. Die Schale ist gemäß diesem Stück in
der Flügelpartie nicht außerordentlich dick, was in meiner
erwähnten Abhandlung zu berichtigen wäre.
1 Ändert, a. a. 0. p. 46. Taf. 3 Fig. 4; Taf. 6 Fig. 1, 2.
2 Woods, Monograph, a. a. 0.
298
H. Ändert,
Die Art findet sich besonders im Emscher von Kreibitz und
Innozenzendorf in Nordböhmen, erscheint aber im Kreibitzer Tale
auch schon in der obersten Scaphitenzone und in der Zone des
I. Schloenbaclii in einzelnen Exemplaren. Wahrscheinlich schließt
sie ohne Zwischenglied an I. labiatus var. latus Soav. an.
6. I noc er amu s Weiset Ändert.
Auch diese Art hat von mir bereits eine ergiebige Behand-
lung erfahren1. In der Form erscheint sie als unregelmäßiges
Vier- bis Fünfeck, das eine ausgeprägte schnauzenförmige Ver-
längerung nach vorn besitzt. Sie unterscheidet sich hierdurch von
allen anderen Arten. Der Flügel ist schmal und abgesetzt. Die
Verzierung der Schale im Jugendstadium gleicht vollständig der
des I. inconstans A'ar. planus Elbert, und zwar besteht sie aus
engen, kräftigen und regelmäßigen Rippen. Die Ausdehnung der
ersten Wachstumsrichtung ist jedoch geringer als die der späteren,
was die Art ebenfalls gut unterscheidet. Im späteren Wachstum
nach dem Umbiegen der Schale ist letztere von unregelmäßigen,
teils kräftigen bis kammförmigen Falten bedeckt und besitzt gegen
den Unterrand eine kielförmige Einschnürung.
Die Art ist bisher nur im Emscher des Kreibitz-Zittauer
Sandsteingebirges in einer Anzahl Steinkerue gefunden worden.
7. Inoceramus Walter sd orfensis Ändert.
Diese von mir vom Sonnenberg bei Waltersdorf i. Sa. be-
schriebene Art 2 ist auch dieser Gruppe zuzurechnen. Der Umriß
ist quadratisch bis rhombisch, Vorder-, Unter- und Hinterrand sind
gerundet. Der Rücken der Schale dacht sich allmählich zu dem
kleinen Flügel ab. Im ersten Wachstum ist die Schale nur mit
schwach-rippeuartigen An wachsstreifen verziert, Falten fehlen voll-
ständig oder es sind eine oder zwei derselben schwach angedeutet.
Nach dem Umbiegen der Schale nach innen im späteren Alter
gewahrt man auf dem Steinkern mehr oder Aveniger unregelmäßige
flache Falten. Sie können aber auch fast A'ollständig fehlen. In
meiner zitierten Abhandlung muß es im Text heißen, daß Fig. 5
die Charaktere am besten Aviedergibt, Avährend Fig. 2 Aveniger gut
gelungen ist. An Fig. 2 ist der Vorderrand bei der Reproduktion
abgeschnitten Avorden. Auch die nachgetuschte Zeichnung der
Oberflächenverzierung entspricht nicht der Wirklichkeit.
Die Art ist nur in Avenigen Exemplaren im Emscher des
Kreibitz-Zittauer Sandsteingebirges, und ZAvar bei Waltersdorf i. Sa.
gefunden Avorden. Im letzten Sommer habe ich Avieder ZAvei neue
Stücke erhalten.
1 Ändert, a. a. 0. p. 47. Taf. 4 Fig. 2 und 3: Taf. 6 Fig. 3.
2 Ändert, a. a. 0. p. 53. Taf. 5 Fig. 5.
Inoceramus latus Mantell Ändert : Inoceramen des IV 4 43 (11): — Inoceramus inconstans Woods. 283
Kreibitz-Zittauer Sand- ! z. Teil j
5°
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6
PQ
300
H. Ändert,
Tabelle II.
Name
Form
Flügel
No. 1
Seite 282
Inoeeramus inconstans
Woods
fünfeckig kreisförmig
vorhanden, nicht
abgesetzt
No. 2
Seite 284
Inoeeramus inconstans
var. planus Elbert
fünfeckig kreisförmig
fehlend (?) oder
schmaler Band
No. 3
Seite 295
Inoeeramus Schloen-
bachi J. Böhm
fünfeckig , kreisförmig
bis etwas in die Länge
gezogen
schmal, abgesetzt
No. 4
Seite 296
In ocera m us Sch loen-
bachi var. cripsioides
Elbert
rechteckig, Unter- und
Hinterrand schwach
konvex
schmal, (abge-
setzt ?)
No. 5
Seite 297
Inoeeramus crassus
Petrascheck
rechteckig, stark nach
hinten ausgezogen ,
Vorder- und Unter-
rand schwach konvex,
Hinterrand gegen den
Flügel stark einge-
zogen
schmal, teils we-
niger, teils schär-
fer ahgesetzt
No. 6
Seite 298
Inoeeramus Weisei
Ändert
unregelmäßiges Vier- bis
Fünfeck , nach vorn
schnauzenförmig ver-
längert
schmal, abgesetzt
No. 7
Seite 299
Inoeeramus Walters-
dorf ensis Ändert
quadratisch bis rhom-
bisch, Vorder-, Unter-
u.Hinterrand gerundet
vorhanden, nicht
ahgesetzt
No. 8
Seite 303
Inoeeramus balticus
J. Böhm
rechteckig gerundet ,
stark nach hinten aus-
gezogen
fehlend oder nur
schwach ange-
deutet
Inoceramus inconstans Woods und verwandte Arten.
301
Tabelle TI.
Verzierung
in der ersten Wachstumsrichtung in der späteren Wachstums-
(Jugend)
richtung
flachwellige, annähernd regelmäßige Falten,
deutliche Anwachsstreifen
Falten unregelmäßig bis fehlend.
Anwachsstreifen bei den älteren
Formen wenig deutlich
regelmäßige, genähert bis enge, kräftige
Rippen
einige unregelmäßige schwache
Falten
grobe, kräftige, entfernt stehende Falten,
zwischen denen gewöhnlich 2 — 3 schwä-
chere Rippen sichtbar sind. Anwachs-
streifen sehr undeutlich
gleichmäßigere, schwächere bis
schwache Rippen
schmale, nicht allzu kräftige Rippen, meist
durch eine Mittelfurche geteilt
wie in der Jugend, aber weniger
kräftig
Rippen deutlich , zuerst eng und regel-
mäßig, später immer kräftiger bis kamm-
förmig und entfernter voneinander, auf
dem Flügel fast verschwindend , vom
Unter- zum Hinterrand eckig umbiegend.
Anwachsstreifen sichtbar
Falten fehlen fast ganz, einzelne
schwache Rippen zuweilen vor-
handen, ziemlich glatt
Rippen deutlich, eng, regelmäßig. Jugend-
wachstum von geringerer Ausdehnung
als der im späteren Wachstum
Falten zahlreich vorhanden, un-
regelmäßig, teils kräftig bis
kammförmig, gegen den Unter-
rand eine Einschnürung der
Schale vorhanden
Anwachsstreifen schwachrippenartig, Falten
fehlend oder nur eine oder zwei schwach
angedeutet
unregelmäßige Falten vorhanden
oder fehlend
starke kräftige Rippen, bis an die Band-
grubenleiste reichend, vom Unter- zum
Hinterrande in rundem Bogen umbiegend
Falten fehlen fast vollständig,
meist glatt
302
H. Ändert, Inoceramus inconstans Woods etc.
Tabelle 111.
Name
Auftreten
Typus
No. 1
Seite 282
Inoceramus inconstans
Woods.
obere Scaphitenzone,
Zone des Inocera-
mus Schloenbachi,
unterster Emscher ?
Woods Monograph :
Texttig. 39. 42, 43, 46
Taf. 51 Fig. 1, 2
No. 2
Seite 284
Inoceramus inconstans
var. planus Elbf.rt
Zone des Inoceramus
Schloenbachi
Ändert, Inoc. Kreibitz
Zitt. Sandsteingeb.:
Taf. 1 Fig. 2, Taf. '
Fig. 8
Woods, Monograph :
Texttig. 44
No. 3
Seite 295
Inoceramus Schloen-
bachi J. Böhm
Zone des Inoceramus
Schloenbachi
Goldfubs, Petr. Germ.
Taf. 111 Fig. 1
Ändert, Inoc. Kreibitz
Zitt. Sandsteingeb. :
Taf. 2 Fig. 2
No. 4
Seite 296
Inoceramus Schloen-
bachi var. cripsioides
Elbert
Zone des Inoceramus
Schloenbachi , Bre-
ciporus-P\ä,r\er
Texttig. 1. p. 296
2. p. 297
No. 5
Seite 297
Inoceramus crassus
Petrascheck
oberste Scaphiten-
zone, Zone des Ino-
ceramus Schloen-
bachi, Emscher
Ändert, Inoc. Kreibitz
Zitt. Sandsteingeb.:
Taf. 3 Fig. 4,
Taf. 6 Fig. 1, 2
Woods, Monograph:
Texttig. 45
No. 6
Seite 298
Inoceramus Weisei
Ändert
Emscher
Ändert, Inoc. Kreibitz
Zitt. Sandsteingeb. :
Taf. 4 Fig. 2, 3,
Taf. 6 Fig. 3
No. 7
Seite 299
i Inoceramus Walters-
dorfensis Ändert
Emscher
Ändert, Inoc. Kreibitz
Zitt, Sandsteingeb. :
Taf. 5 Fig. 5
No. 8
Seite 303
Inoceramus balticus
.T. Böhm
im Senon weit ver-
breitet
J. Böhm, subhercyne
Kreidemulde :
Taf. 11 Fig. 2,
Taf. 12 Fig. 1
Woods, Monograph :
Texttig. 51 — 53
Fr. Heritsch, Melongena Deschmanni R. Hoernes etc.
303
8. Inoccr a m u s balticus J. Böhm.
Dieser von ,T. Böhm 1 und Woods 2 gut beschriebenen Art
vermag ich, da mir Vergleichsmaterial fehlt, nichts hinzuzufügen.
Der Umriß ist rechteckig gerundet, die Muschel stark nach hinten
ausgezogen. Ein Flügel fehlt vollständig oder ist nur ganz schwach
angedeutet. Starke kräftige Rippen mit breiten Zwischenräumen
bedecken die Schale im Jugendstadium. Sie reichen bis an die
Bandgrubenleiste hinauf und biegen vom Unter- zum Hinterrande
in einem runden Bogen um, im Gegensatz zu I. crassus Petkascheck,
da sie auf dem Flügel fast verschwinden und vom Unter- zum
Hinterrande eine deutliche Ecke bilden 1 * 3. Nach dem Umbiegen der
Schale nach innen ist diese meist glatt und zeigt nur selten An-
deutungen von schwachen Falten.
Die Art ist im Senon weit verbreitet.
Die Bezeichnung der Inoceramen in meiner mehrfach zitierten
Schrift über die Inoceramen des Kreibitz-Zittauer Sandsteingebirges
sowie in der Monographie von Woods erleidet somit die Verände-
rungen, wie sie in Tabelle I noch einmal übersichtlich zusammen-
gestellt sind.
Für die Unterscheidung der Arten und Varietäten möge Ta-
belle II eine Gegenüberstellung bieten. Eine Entwicklungstabelle
derselben ließe sich nach verschiedenen Gesichtspunkten hin ver-
schieden aufstellen und soll deshalb fortbleiben. Schließlich soll
noch Tabelle III einer schnellen Orientierung über Lager und
Literatur der hier behandelten Arten dienen.
Melongena Deschmanni R. Hoernes — Melongena Rotkyana
J. Knett.
Von Dr. Franz Heritsch (Graz).
In den Beiträgen zur Paläontologie und Geologie Österreich-
Ungarns und des Orients, 25. 1912. Heft II u. III, beschreibt
.1. Knett eine neue Melongena als Melongena Rotkyana. Es ist
festzustellen, daß diese in jeder Beziehung mit der von R. Hoernes
als Melongena Deschmanni (Sitzungsberichte der Kais. Akademie der
Wissenschaften in Wien, Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse,
115. Abt. I. 1906) beschriebenen und abgebildeten Form iiberein-
1 J. Böhm, Geologie und Paläontologie der subhercynen Kreidemulde.
Abhandl. d. kgl. preuß. geol. L.-A. Neue Folge. Heft 56. p. 47. Taf. 11
Fig. 2 ; Taf. 12 Fig. 1.
5 Woods, a. a. 0, Monograph. p. 293. Textfig. 51 — 53.
3 Woods, a. a. 0. Monograph, p. 296. Anmerkung 2, vereinigt der
Autor beide Arten.
304
H. Baumhauer.
stimmt. Der Fundort der von J. Knett irrtümlich als neu be-
schriebenen Melongena wird von diesem Autor als fraglich (Maljek-
graben beiPreska, nordwestlich von Laibach) bezeichnet. R. Hoernes
hat festgestellt , daß die Melongena von Soteska , nördlich von
Moräutsch, herstammt, und zwar aus aquitanisclien Schichten. Be-
züglich des Vergleiches von Melongena Deschmanni mit den anderen
Formen sei auf R. Hoernes Abhandlung hingewiesen. Es ist
klar, daß weiterhin von einer Melongena liotky aua
J. Knett nicht mehr die Rede sein kann.
Ueber die goniometrischen Verhältnisse, Aetzerscheinungen
und Symmetrie des Natroliths.
Von H. Baumhauer in Freiburg (Schweiz).
Mit 7 Textfiguren.
a) Vizinalflächen. Für den rhombischen Natrolith wurden
von einer Reihe von Forschern (Cf. Rose, Haidinger, v. Lang,
Seligmann, Brögger, Palla, Gonnard, Artini, Negri u. a.)
ziemlich abweichende Fundamentalwerte bezw. Achsen Verhältnisse
angegeben, deren Zusammenstellung nach den verschiedenen Fund-
orten in Hintze’s Handbuch der Mineralogie zu finden ist. Hintze
bemerkt mit Recht, daß die Kristallwinkel des Natroliths nicht
nur bei verschiedenen Vorkommen, sondern auch bei verschiedenen
Typen desselben Vorkommens verschieden seien. Dabei führt er
als im allgemeinen anzunehmendes Achsenverhältnis das von
Brögger an wahrscheinlich von Arö stammenden Kristallen ermittelte
an: a : b : c = 0,97852 : 1 : 0,35362 , entsprechend (111) : (1T1)
= 36°47|', (111): (1 11) = 37“ 37f', (110) : (HO) = 88° 45^'.
Die betreffenden Kristalle, wie auch solche von Salesl und aus
der Auvergne, weisen nun außer {lll} eine oder mehrere dazu
vizinale Pyramiden auf. Solche vizinale Formen wurden nament-
lich von Brögger, Palla, Negri und Gonnard beobachtet ; es
werden angeführt: (li.10.ll), {21.20.21), (31.31.30),
(44 . 40 . 43), (27 . 25 . 27), {40 . 40 . 39). Ihr Auftreten ist wohl
die Ursache, weshalb für den Natrolith abweichende Achsen Ver-
hältnisse angegeben werden; zuweilen stimmen auch die berechneten
Winkelwerte mit den beobachteten nur mangelhaft überein. Ja,
es kann zweifelhaft erscheinen, ob in der Regel die eigentlichen
Flächen von (lll) zur Messung gelangten und nicht vielmehr
solche, welche als vizinale zur Grundform zu betrachten sind.
Oft weicht der aus den Polkanten winkeln von {lll) berechnete
Prismenwinkel ziemlich von dem beobachteten ab. Eine gute
Übereinstimmung zwischen Messung und Rechnung fand jedoch
Negri (Zeitschr. f. Krist. 20. p. 629) für Kristalle vom Monte
Baldo (Tirol ) :
lieber die goniometrischen Verhältnisse etc.
305
beob.
36° 43'
37 28 40"
53 28 40
88 54 42
ber.
36u 44' 4"
37 28 2
53 28 44
88 54 28
(111): (111) •
(111) : (TU) .
(111): (III) .
(110): (110) .
Hieraus folgt a: b : c = 0,981 118:1: 0,352837. Die Polyedrie
bezw. die Vizinalflächen auf { 1 1 1 } und (110} der Kristalle von
Salcedo (Italien) sucht Negri durch Zwillingsbildung nach (110}
zu erklären. Ich selbst untersuchte zunächst goniometrisch eine
Reihe von ca. 3 — 10 mm langen, wasserhellen Natrolitlikristallen
aus der Auvergne (Pu3r de Marman), welche einer einzigen schönen
Stufe entnommen waren und sich durch gute Beschaffenheit der
Pyramideuflächen auszeichnen, ferner ein paar Kristalle von anderen
Handstiicken, aber vom nämlichen Fundorte. Weitere, mir zur
Verfügung stehende Kristalle gleicher Herkunft, sowie von Salesl,
vom Neubauerberg bei Bühmisch-Leipa, von Moß in Norwegen,
Bergen Hill N. J., Cape Blomidon Kings Co. Nova Scotia eigneten
sich leider nicht zu genaueren Messungen h Bei der goniometrischen
"Untersuchung der Kristalle war es nicht meine Absicht, die ver-
schiedenen von anderen Forschern angegebenen vizinalen Pyramiden
auf ihre Realität zu prüfen oder eventuell neue zu ermitteln,
sondern Einsicht in die allgemeine Entwicklung solcher Flächen
zu gewinnen. Dabei zeigte sich nun, daß die Flächen der Grund-
pyramide ( 1 1 1 } im allgemeinen in je drei Felder zerfallen, welche
mehr oder weniger von der Lage
der Grundform ab weichen, so- so-
weit man von einer solchen
Grundform als wirklich existie-
rend sprechen kann. Denn ich
selbst fand niemals Flächen,
welche nach den erhaltenen
Winkelwerteu unzweifelhaft &
ihren Charakter als solche der
Grundform zu erkennen gaben.
Fig. 1 (schematisch) zeigt als
Ergebnis meiner Beobachtungen
eine Projektion der vier, im
ganzen als (111), (111), (111)
und (1 11) zu deutenden Flächen
mit ihrer Teilung in je drei
Felder, welche miteinander sehr stumpfe ausspringende Winkel
bilden; dieselben sind mit Xj — x4, p, — p4 und y, — y4 bezeichnet,
in, — m4 sind die anstoßenden Flächen von (llt»J, a, und a2 die
1 Für freundliche Überlassung von Material zu nachstehenden
goniometrischen Studien und zur Beobachtung der Ätzerscheinungen bin
ich den Herren v. Groth und Seligmanx zu Dank verpflichtet.
Centralhlatt f. Mineralogie etc. 1913. 20
306
H. Baumhauer,
von (100), bj und b2 von {010}. Do,ch wurde niemals die
vollständige polyedrische Entwicklung, wie Fig. 1 sie darstellt,
in allen vier Oktanten zugleich beobachtet (die Kristalle waren
zudem immer nur an einem Ende frei ausgebildet). Häufig
fand ich die Dreiteilung auf drei Pyramidenflächen, dann waren
aber auf der vierten nur zwei Teile, wohl x und p entsprechend,
zu erkennen, oder die vierte Fläche war nur winzig klein und
ließ, vielleicht infolgedessen, eine Knickung überhaupt nicht wahr-
nehmen. Insgesamt aber führen meine Beobachtungen zu dem
Resultat, daß im vollkommensten Falle im ganzeu zwölf (zu je
vier gleichartige) Vizinalflächen vorhanden sind; andernfalls sind
dieselben, soweit man dies sagen darf, zufällig nicht alle deutlich
ausgebildet '. Die goniometrisclie Untersuchung von sieben, der
zuerst erwähnten Stufe entnommenen Kristallen ergab folgendes.
1>. Der Winkel Pj : p2 (resp. p3 : p4) schwankt nur innerhalb
r-elativ enger Grenzen, nämlich zwischen 36°48|' und 36° 56';
die zuverlässigsten Werte bewegten sich sogar nur zwischen
36 0 48|' und 36 0 52' (Mittelwert 36 0 50J'). Desgleichen schwanken
die Werte für p2 : p3 (resp. p, : p4) nur sehr wenig, im ganzen
zwischen 37 0 23 *' und 37°28', die besten zwischen 37° 26|'
und 28' (Mittel 37° 27'). Der Winkel m, : m2, an Spaltflächen
bestimmt, wurde an drei Kristallen zu 88° 53' — 58', im Mittel
zu 88°55|' gefunden. Letzterer Wert stimmt gut mit dem oben
angeführten von Negri, nicht so gut hingegen mit dem aus dem
BRÖGGER’schen Achsenverhältnis berechneten überein; Brögger
gibt aber zugleich an, diesen Winkel an mehreren Spaltungs-
prismen eines großen Kristalls übereinstimmend zu 88° 50' 50"
gefunden zu haben. Der brachydiagonale Winkel des zu p als
Grundpyramide gehörenden vertikalen Prismas berechnet sich aber
aus obigen Mittelwerten 36° 50|' und 37° 27' zu 89° 5f', also
um etwa 10' zu groß gegenüber dem für {l 10} gefundenen Werte
88° 55-2-'. Hieraus ist zu schließen, daß die an meinen Kristallen
auftretenden Flächen p in Wirklichkeit nicht die Grundform { 1 1 1 }
darstellen, vielmehr einer dieser Form sehr nahestehenden vizinalen
Pyramide angehören. Eine Verkleinerung des Winkels p, : p2 und
eine Vergrößerung von p2 : p3 um wenige, etwa nur drei Minuten
würde zur vollkommenen Übereinstimmung zwischen dem hieraus
berechneten und dem beobachteten Prismenwinkel führen. Als
kleinsten Wert für pt : p2 erhielt ich einmal (an Kristall V) 36° 48|'
und (an einem anderen Kristall, VI) als größten für p., : p3 37 ° 28',
1 Wie ich nachträglich sah, wies F. Gonnard in einer jüngsten Ab-
handlung (Bull. soc. min. Paris 1910. 33. p. 280) schon auf diesen Flächen-
bau der Kristalle von Marman hin : „j’ai mesurö de nouveau, sur de petits
cristaux tres miroitants, les angles des trois faces (40.40.39), (111)
et (11 . 10. 11), dont la reunion constitue, sur chaque quart de la section
perpendiculaire ä l axe principal, une pyrainide tres surbaissee.“
Ueber die goniometrisclien Verhältnisse etc.
307
woraus sich für den Prismenwinkel nur mehr 89° 1^' berechnet.
Dennoch glaube ich daran festhalten zu müssen, daß die in Rede
stehenden P}rramidenflächen p hier nur als sehr nahe vizinale zur
eigentlichen Grundpyramide zu betrachten sind1.
x. Je zwei Flächen x, , x2 bezw. x3, x4 liegen mit den beiden
an sie anstoßenden p4, p2 bezw. p3, p4 mehr oder weniger genau
oder doch annähernd in einer Zone. Für x, : x2 (oder x3 : x4)
wurden Werte von 34° 16' bis 34°47A' gefunden. Die zuver-
lässigsten Zahlen schwanken zwischen 34° 17^' und 47^'. Diese
großen Differenzen erlauben es nicht, einfach einen Mittelwert als
im allgemeinen gültig anzunehmen, denn sie sind darauf zurück-
zuführen , daß die Neigungen x, : p, und x2 : p2 , ebenso x3 : p3
und x4 : p4 nicht, wie es die rhombische Symmetrie verlangt, stets
einander gleich sind. So wurden z. B. folgende Winkel gefunden :
Kristall II . . x, : p, = 1° 184'; x, : p, = 1° 21' ; x .: x, = 34° 17p
. V. . x,':pP; = l 2IU:p! = 1 Bel
„ VI . . x, : Pj = 0 50| ; x2 : p, = 1 13f ; x, : x2 = 34 474
„ X . . xt : p, = 1 2\ ; x2 : p, = 1 12f ; x, : x2 = 34 364
Im ganzen schwanken die hier erhaltenen Werte x : p zwischen
0° 50^' und 1 0 28'. Setzt man sowohl x, : p, als auch x2 : p2
gleich diesen beiden Werten, so würden für x, : x2 (unter Zugrunde-
legung des obigen Mittelwertes für p, : p2 = 36u50|') folgen die
Winkel 35° 10' und 33° 5444. Die Flächen x würden nach dem
Gesagten mehr oder weniger genau solche von Makropyramiden
Pn {h 1 li} sein, deren Symbol indes von Kristall zu Kristall wechseln
kann, wie es bei vizinalen Formen zu erwarten ist. Dabei schwanken
andererseits die makrodiagonalen Polkantenwinkel x4 : x4 und x2 : x3
bei verschiedenen Kristallen nur innei’halb sehr enger Grenzen.
Ich fand in sechs Fällen Werte von 37° 49' — 51^', bei den besten
Messungen nur solche zwischen 37° 49^' und 50^'. Von mehreren
Forschern sind diesen Flächen bestimmte Symbole beigelegt
woi’den. So wird insbesondere {l 1 . 10 . 11} P-j^ mehrfach an-
gegeben, wie von Preis und Vrba2 (Kuchelbad bei Prag); Negri3
(Monte Baldo, (1 1 1) : (l 1 . 10 . 1 1) = 1 0 27^', berechnet nach
obigem Achsenverhältnis zu 1°34/), Gonnard4 (Puy de Marman,
(1 1 . 10 . 11) : (11 : 1Ö . 11) = 33 0 43' , berechnet aus a:b:c
= 0,98270: 1 : 0,35201 zu 33° 32', (1 1 1) : (1 1 . 10 . 1 1) = 1°37', be-
1 Palla bemerkte schon: „Die Messungen, welche ich am Natrolith
von Salesl ausgeführt habe, zeigen, daß die Zahl der vizinalen Pyramiden-
Üächen an jener Spezies viel größer ist, als man vermutet, ja, daß die-
selben eigentlich die wirkliche Grundpyramide fast immer verdrängen und
statt derselben Vorkommen.“
2 Zeitschr. f. Krist. 4. p. 628.
3 Ebenda. 20. p. 629.
4 Bull. soc. min. Paris 1885. 8. 123; 1892. 15. p. 221; 1910. 33. p. 279.
20*
308
H. Baumhauer,
rechnet 1° 33'), Brögger 1 (Arö, (11 . 10. 11): (11 -3Ö. 11) aus dem
von dem genannten Autor angenommenen Aclisenverliältnis (s. oben)
berechnet zu 33° 38;}', woraus folgt (1 1 1) : (1 1 . 10 . 1 1) = 1 0 34^').
Brögger und Palla 1 führen ferner, letzterer für Salesl, die
vizinale Makropyramide {21 . 20 . 2l}p§£ an, wobei Palla das
Achsenverhältuis b : a : c = 1,01820 : 1 : 0,35909 , also a:b:c
= 0,98212:1:0,35267 zugrunde legt. Brögger berechnet für
die brachydiagonale Polkante dieser Form 35° 9' (beobachtet
35° 10'), für (21 : 20 : 21) : (1 11) 0° 49£' (beobachtet 0° 480; Palla
erhalt durch Eechnung für ersteren Winkel 35° 6', für die
makrodiagonale Polkante 37° 35' (beobachtet 37° 480, für
(21 . 20 . 21) : ( 1 1 1) 0° 49'. Die von mir erhaltenen Zahlen stehen
nun allerdings hier und da den für {11 . 10 . 11} und {21 .20.21}
geforderten mehr oder weniger nahe, dennoch macht die starke
Schwankung derselben, wie auch die oft ungleiche Neigung zweier
sonst als zusammengehörig aufzufassender Flächen (x, und x2)
zum brachydiagonalen Hauptschnitt es wenigstens für meine
Kristalle bedenklich, hier bestimmte Symbole anzunehmen. Damit
ist natürlich nicht ausgeschlossen, daß solche Flächen in gewissen
Fällen eine fast vollkommene Übereinstimmung mit einem relativ
einfachen Symbol ergeben.
y. Die dritte vizinale Pyramide3 y lieferte für die beiden
Polkantenwinkel nur wenig schwankende Werte. Ich erhielt für
y, :y2 37 0 3'— 14A' (Mittel 37° 7$'), für y2 : y3 37°42'— 49£'
(Mittel 37° 46|2)* Hieraus berechnet sich für den Prismenwinkel
89° 2'. Geht man, wie es auch oben einmal entsprechend für p
geschehen, von dem kleinsten Werte y, : y, und dem -größten y0 :y3
aus, also von 37° 3' und 37°49|' — welche an demselben
Kristall VI gemessen wurden — , so erhält man für den Prismen-
winkel 88°51|'. Wenn auch die so berechneten Prismen winkel
den aus den Winkeln von p abgeleiteten nahe kommen — also
hier für y: 89° 2' bezw. 88° 5 1^', für p: 89° 53-' bezw. 89° — ,
so dürfen sie doch damit nicht etwa gleichgesetzt werden, weil,
wie Fig. 1 zeigt , die Richtung der Kanten p : y, verglichen mit
den Kanten y : m, darauf hindeutet, daß bei y die Makrodiagonale
etwas länger, der vordere innere Prismenwinkel also entsprechend
größer ist als bei p. Ja, bei Betrachtung der einzelnen Kristalle
kommt man leicht zu der Ansicht, es müsse dieser Unterschied
noch größer sein, doch ist dies vielleicht auf eine, wenn auch
sehr schwache Krümmung der Flächen y zurückzuführen.
Da der oben für y bei Kristall VI berechnete Prismenwinkel
1 Zeitschr. f. Frist. 3. p. 479.
2 Ebenda. 9. p. 386.
3 Der Lage nach wohl dieselbe, welche Gonk^rd als b §§ = (40 . 40 . 39)
bezeichnet und für die er auch mit diesem Symbol meist gut stimmende
Winkelwerte erhielt.
lieber die goniometrischen Verhältnisse etc.
309
88°5l£' dem wirklichen Winkel des Protoprismas 88° 55j' sein-
nahe kommt, so könnte man y hier wohl als eine Protopyramide
auffassen, welche ein wenig steiler wäre als die Grundform. Es
ergibt sich nämlich aus y, : y2 = 37 0 3' und y2 : y3 = 37 0 4 9 .('
das Achsenverhältnis
a : b : c = 0.980233 : 1 : 0,356559,
welches, verglichen mit dem oben angeführten nach Negiu,
a : b : c = 0,981118: 1 : 0,352837
auf das angenäherte Symbol {89 .89 . 88} |-| P führt. Die Mittel-
werte (yl : v2 = 37 0 y2 : y3 — 37 0 46f') führen natürlich wieder
auf ein etwas abweichendes Achsenverhältnis :
a : b : c := 0.983273 : 1 : 0,357273,
demnach auch auf ein anderes, kompliziertes Symbol. Doch ist
diesen Symbolen kein besonderer Wert beizumessen, sie können
nur zur Orientierung über die allgemeine Lage solcher Vizinal-
flächen dienen. Überdies ist hier mit der Schwierigkeit zu rechnen,
die Winkel der Grundform bezw. das wirkliche Achsenverhältnis
für die jedesmal untersuchten Kristalle festzustellen, woher es
kommt, daß für weitere Vergleiche und Ableitungen die sichere
Grundlage fehlt.
An zwei von andern Stufen des
menen Kristallen fand ich noch : p,
! : x2 = 33° 51';
(am gleichen Kristall)
gleichen Fundortes entnom
= 36° 47', 18'
16f
: P,
x, :
== 1
284-':
37° 544';
Pi
Pi
27 V
ui,
P*
Xj
nu
== 37° 16',
resp. p2 : x2
= 88° 554'.
b) Natürliche Ätz-
figuren. Bei genauerer,
eventuell mikroskopischer
Betrachtung der Pyramiden-
und Prismenflächen mancher
Natrolithkristalle findet man,
daß dieselben mit natürlichen
Ätzfiguren bedeckt sind. Von
vollkommenster Ausbildung
sind letztere auf den Pyra-
midenflächen , wo sie auf
Teilen p (Fig. 2) als äußere
Begrenzung die Form gleich-
schenkliger Dreiecke zeigen,
während ihre vertieften Kan-
ten hierzu unsymmetrisch
liegen. Doch sind die Eindrücke benachbarter Pyramidenflächen
nach (100) und (010) symmetrisch angeordnet. Etwas abweichend
gestaltet erscheinen sie auf Teilen x. Solche Ätzeindrücke, oft von
Fig.
310
H. Baumhauer
großer Schärfe, beobachtete ich an mehreren Kristallen vom Puy de
Marman. Daneben bemerkt man auch schmale, glänzende Pi’ärosions-
flächen an den makrodiagonalen Polkanten der Pyramide, sowie
breitere, rauhe an den Kanten (111): (III) und (lll) : ( 1 1 1 ),
falls solche ausgebildet sind. Schmale Prärosionsflächen erscheinen
endlich an den Kanten (110) : (lll), (HO) : (III), bezw. (110) : (1 11)
und (HO) : (lll).
Von besonderem Interesse sind die natürlichen Ätzfiguren auf
den Prismenflächen. Sie sind nämlich nicht, wie es der rhom-
bischen Holoedrie entsprechen